Vgl. dazu die persönliche Äußerung Ferdinands gegenüber dem kursächsischen Sondergesandten U. Mordeisen): Nachdem Mordeisen Kf. August über die Behauptung des Kgs., die CA-Stände hätten 1555 den Geistlichen Vorbehalt bewilligt [Nr. 504], informiert und ihm geraten hatte, seine Reaktion darauf mit der Werbung Ferdinands um die Anreise nach Regensburg zu verbinden (vgl. Anm. 4 bei Nr. 376), übernahm der Kf. diese Empfehlung. Er beauftragte Mordeisen (o. O., 11. 2. 1557), den Kg. darauf hinzuweisen, falls
/236’/ solche freistellung nicht gentzlich cassirt, ausgelassen oder suspendirt werden solte, das es gantz bedencklich wehr, eigener person anzukomen, wan gleich die andern churfursten zur stedt komen, auch sonst keine andere verhinderunge und ursachen verhanden, sonder die andern euch bevolne conditiones alle sein wegk hetten, verricht und erledigt wehren, dan wir durch unsere kegenwertikeit das nicht stercken können, das man der augspurgischen confession verwanten auflegen wil, als hetten sie den articul der freistellunge also bewilligt;
/237/ zugeschweigen, das uns gantz ungelegen, das wir solchs unsers anwesens halben von andern in viel wege beredt und dermassen angezogen werden solten, als hetten wir solche freistellung hiebevor gewilligt. Dardurch wir dan nicht allein vil unglimpfs auf uns laden, sonder auch unsere gewissen beschweren und bei vielen in schedlich mißtrauen geraten wurden
(HStA Dresden, Loc. 10192/6, fol. 236–237’. Konz.). Noch bevor die Weisung in Regensburg ankam, verdeutlichte Mordeisen dem Kg. die Enttäuschung Augusts, als er im Anschluss an die offizielle Audienz am 12. 2. in vertraulicher Atmosphäre allein mit Ferdinand ohne dessen Räte ein persönliches Gespräch über private Belange des Kf. führte, in dem der Kg.
/121/ mit hocher bedaurung angezeigt, wie gar lieb sie euer
kfl. Gn. hettenn; mit dem anhang, das es euer
kfl. Gn. bruder, hertzog Moritz, auch euer
kfl. Gn. selbst
/121’/ wol umb ire
kgl. Mt. verdinet, unnd hetten auch nit weniger vertrauen zu euer
kfl. Gn. als zu derenn bruder.
Mordeisen brachte das Gespräch auf den Geistlichen Vorbehalt, für den der Kf. dem Kg. Abhilfe mittels einer
/123/ suspension
empfahl. August habe die Antwort des Kgs. [Nr. 504] mit beschwertem gemut
vernommen und müsse aus Gewissensgründen die Behauptung zurückweisen, er habe 1555 den Geistlichen Vorbehalt bewilligt. Daraufhin ist der Kg.
/123’/ etwas bewegt wordenn, mich
[Mordeisen] nit recht ausredenn lassenn unnd gesagt, sie hettenn auch ein gewissenn, des misten ire
Mt. nit weniger als andere das ire bedenckenn. Unnd hetten ire
kgl. Mt. in der resolution die handlung erzelt, wie sie an ir selbst ergangenn. Dann sie hetten noch so ein gut memori wol, das sie wistenn, wie es sich allenthalbenn zugetragenn, unnd hettenn ire
kgl. Mt. mit wissenn der stende gehandlet.
Zur Replik Mordeisens, die CA-Stände hätten dem Artikel widersprochen, der Kg. habe ihn für sich ex plenitudine potestatis
gesetzt, erwiderte Ferdinand: Die Stände beider Religionen haben 1555 an diesem Artikel geflickt, darzu unnd davon gesetzt, unnd hetten also dise suppenn gekochet, die hettenn alsdann ire
kgl. Mt. austrinckenn mussenn:Das ist, in irem nahmen den artickel setzenn lassenn. Unnd wan es also solte zugehen, das man das widerumb wolte stritig machenn, was uff einem reichstagk verabschidet, so wurde man sich uff nichts gewisses verlassen konnen,
/124/ sonder einem idenn nach seiner begirden unnd gelegenheit die abschide endern mussen. Wie dan wir in unserer religion gute gewonheit hettenn, das, wen man uns einmal etwas nachlisse, so woltenn wir alsdann immer ein mehrers habenn. Unnd wusten ire
kgl. Mt. wol, wer diese dinnge drunge und wem die bistumb in die augenn stechenn
(HStA Dresden, Loc. 10192/7, fol. 118–127’, hier 121–124. Or.; präs. o. O., 19. 2. Vgl.
Wolf, Geschichte, 54, 57;
Luttenberger, Kurfürsten, 272 f.;
Pollet, Pflug, 335 f.;
Laubach, Ferdinand I., 193). Unterstützt wurde der Kg. von Hg. Albrecht von Bayern, den Mordeisen in München aufsuchte:
/289’/ Dz ime
[Mordeisen] dann euer
f. Gn. in causa freistellionatus also rain abgekert etc., dz ist vast wol hingangen. Die
kgl. Mt. hatt es auch auß euer
f. Gn. schreiben desto lieber vernommen, domit ir
Mt. an derselben ain gesellen gehabbt. Dann ee der man zu euer
f. Gn. verraisst, hatt im ir
Mt. sauber und gar abgeputzt, also dz ine nitt mehr lust, mitt irer
kgl. Mt. zu freistellionieren oder dz selbe freistellionistisch werckh bei ir
Mt. zu defendieren oder excusieren und vertädingen
(Zasius an Hg. Albrecht; Regensburg, 27. 2. 1557: HStA München, KÄA 4296, fol. 289–291’, hier 289’. Or.; präs. o. O., 1. 3. Teildruck:
Goetz, Beiträge, Nr. 42 S. 57–59). Zasius hatte den Kontakt mit Hg. Albrecht gefördert, damit
/274/ ain anfang dardurch gemacht würde gutten vertreulichen verstands zwischen euer
f. Gn. und dem churfursten zu Sachsen zu ettwz widerverneuung voriger vertreulicheitt, so sich zwischen iren und herzogg Moritzen, löblicher gedächtnuß, erhalten. Wellches dann etwa inn fürfallenden sachen zu allerseits wol nüzlich sein mag
(Zasius an Hg. Albrecht; Regensburg, 25. 2. 1557: HStA München, KÄA 4296, fol. 274–275’. Or. Auszüge:
Goetz, Beiträge, 57, Anm. 1;
Pflüger, Kommissare, 264, Anm. 908).