Deutsche Reichstagsakten, Reichsversammlungen 1556 – 1662 Der Reichstag zu Regensburg 1556/57 bearbeitet von Josef Leeb
Schriftliche Aufforderung an den Landmeister des Deutschen Ordens in Livland, Ebf. und Koadjutor von Riga aus der Haft zu entlassen. Strittige Restitution des Ebf. Schriftliche Aufforderung an beide Parteien, die Kampfhandlungen zu beenden und die Söldner zu entlassen. Spätere Friedensvermittlung durch eine Kommission von Kg. und Reichsständen in Lübeck. Ansonsten rechtlicher Austrag am RKG. Sofortige Waffenstillstandsverhandlungen in Livland durch Gesandte Kg. Ferdinands I. und der Hgg. von Pommern. Aufforderungen an den Kg. von Polen und an Hg. Albrecht von Preußen, keine Partei zu unterstützen.
Im RR verlesen und gebilligt am 17. 12. 15561. Dem Kg. übergeben am 18. 12.2 Von den Reichsständen kopiert am 19. 12.
HHStA Wien, RK RTA 40, unfol. (Kop. Überschr.: Der churfursten räte, erscheinenden fursten unnd stenndt, auch der abwesennden gesandten bedennckhen über die fürbrinngen und bericht inn der lifflendischen sachen. Aufschr.: Lectum Regenspurg, den 19. Decembris anno 56.) = Textvorlage. HHStA Wien, MEA Zollsachen 1 Fasz. 3, fol. 126–135 (Konz. überwiegend von Hd. Bagen. Aufschr. von Schreiberhd.: Der churfursten rethe, erscheinenden fursten und stendt, auch der abwesenden gesandten bedencken uber die fürbringen und bericht in der liefflendischen sachen. Hd. Bagen: Nr. 8. Den 17. Decembris abgehort und verglichen und den 18. der kgl. Mt. ubergeben.) = B. HStA Düsseldorf, JB II 2297, fol. 134–141 (Kop. Überschr. wie 1. Satz in Textvorlage. Zusätzlich: Den 17. Decembris abgehort und verglichen und den 18. kgl. Mt. ubergeben. Aufschr.: Lectum Ratisponae, 19. Decembris anno 56.) = C. HStA München, KÄA 3172, fol. 487–493’ (Kop.). HStA Dresden, Loc. 10192/5, fol. 337–344’ (Kop.). GStA PK Berlin, I. HA Rep. 10 Nr. Y Fasz. F, fol. 34–40 (Kop.). Regest (mit abweichender Zuordnung als Stellungnahme der Kurbrandenburger Gesandten): Hartmann, Herzog I, Nr. 1956 S. 418–420. Kurzregest: Wieser I, Nr. 1922 S. 226.
Die Reichsstände verweisen zur Koadjutorfehde in Livland auf die Eingaben des Kf. von Brandenburg vom 18. 8. und Hg. Johann Albrechts von Mecklenburg vom 23. 11. 1556, die Gegenberichte der Deputierten des Landmeisters vom 22. 9. und 1. 12. [!] sowie auf den Bericht der Gesandten Pommerns3 . Nachdem der Kg. die Reichsstände von seinen Kommissaren am 26. 11. 1556 hat auffordern lassen4 , über Mittel und Wege zur Herstellung des Friedens in Livland zu beraten, haben sie beschlossen:
Dem herr maister in Liffland zuschreiben5, dz er die gefangne und verstrickhte ertzbischoffen zu Riga und hertzog Cristoffen zu Meckhlburg widerumb ierer gefenckhnus, custodien oder verhafftung (doch dz ir f. Gnn. auch zuvor caution thuna, versprechen, sich verpflichten und verbinden, den friden gegen dem hern maister und orden, auch iren adherenntenb zuhallten und thattliche handlung zumeiden) ledig stellen, in ir sicher gewarsam khommen lasse c–(unnd sein der churfursten rät hiebei deß bedenckhenß, dz auch dises ortts dem schreiben einverleibt werde dz wortt „restituieren“, aber die stend deß fursten rats ermessen, dz sollich wort „restituieren“ deß ortts in dem schreiben zu underlassen6)–c. Dz auch der gedacht her maister, orden und iere adherentend hinwider sich der tattlichene handlung gegen dem ertzbischoff zu Riga und dem ertzstifft, hochgedachtem hertzog Christoffen und seinem brueder, hertzog Johanß Albrechten, so sich diser handlung auch thailhafftig gemacht und mit kriegß rustung angenomen7, und andern adherenten, so der sachen verwandt sein möchten, endthallten. Da er aber vorderung und zusprüch gedechte zu haben, dz er dieselbig durch der kgl. Mt. und der churfursten, fursten und stennd ir zuf deputierte underhendler in der guette hinlegen oder aber, dag guete endtstuende, sich deß rechtenß am ksl. camergericht benüegen lasse.
Enntgegen so soll dem ertzbischoff zu Riga und hertzog Cristoffen auch zuschreiben sein, dz sy inn der ledig zelung ierer custodienh, so der her maister in Liffland thun soll, caution thuni, versprechen, sich verpflichten und verbinden, den friden gegen dem hern maister und orden für sich und hochbenanten hertzog Johanß Albrechten, so sich der sachen thaillhafftig gemacht und mit kriegß rüstung angenomen, und anndern adherennten, so der sachen verwandt, zuhallten, thättliche handlung zumeiden; und da der ertzbischoff oder sein ertzstifft, beede hertzogen, herr Johanß Albrecht und Christoff, gebrueder, und andere adherenten, so der sachen verwandt sein möchten, in kriegß rüstungen oder werbungen stuenden, kriegß volckh zu roß oderj fueß irethalb versamblet oder angenommen were, dz sy dasselb nit gebrauchen unnd zum fürderlichisten one der stennd deß Reichs und der underthanen verlust oder schaden abschaffen, dergestallt, dz solch kriegß volckh zu roß und fueß nit regiments- oder fendleins weiß abziechen oder dardurch andere vergarderungen oder auffwiglungen den stennden deß Reichs, ieren underthanen und zugewandten zu nachteil widerumb endtsteen. Da aber ir f. Gnn. gedächten, vorderung und zuspruech an den hern maister und orden zu haben, dz sy dieselbigen liessen durch obbemelte der kgl. Mt., auch der churfursten, fursten und stende deputierte underhendler in der guete hinlegen oder, da die guette auch nit statt gewinne, sich deß rechtenß am ksl. camergericht zuvermugenk.
l–Verrer bedenckhen die stennde, rät, pottschafften und gesandte, dz zu obberuerter guettlicher underhandlung die kgl. Mt., auch churfursten, fursten und stennd iere commissarien und pottschafften ordnen und abferttigen sollten, sichm zu erster gelegenheit der sachen notturfft nach in der statt Lübeck auf den 1. tag Aprillißn schierist khunfftig erscheinen, dahin die partheyen auch in dem obberuerten schreiben zufertigen auff jetz bemellten tag beschaiden werden. Unnd sollen die commissarien und geordnete zuvorderist bei denselbigen partheyen handlen , dz sy beederseitts ire anstellung und kriegß rüstung zu roß und fueß, wie die alberait furgenomen oder furgenomen werden mochte, abschaffen und abwenden, und alßdann sy darauff gegen ainander ierer irrungen halben zu hören, guettliche underhandlung zwischen inen fürzunemen, aufo zimlich, billiche und tragliche mittel, wie sy zuvergleichen, zugedenckhen, die fürzuschlagen und darauff zuvertragen.
Im fall aber die vergleichung zwischen disen strittigen partheyen nit gefunden oder erhallten werden möchte, inen von wegen der röm. ksl. und kgl. Mtt. zugebieten, von den waffen und kriegß üebungen gegen ainander abzusteen, sich derselbigen gentzlich zu enthallten, und dz sy sich deß rechtenß am ksl. camergericht (da ainer den andern vorderung oder zuspruch nit zuerlassen gedechte) gebrauchen und desselben außtrags gewerttig sein.
Es sollen auch die deputierte dise fürsehung thun, dz den hievor angeregten schreiben nachgesetzt und dz kriegß volckh allerseitts mit solcher fürsehung abgeschafft, damit sy nit regiments- oder fendleinß weiß abziechen oder in andere vergarderung oder auffwiglung, den stenden deß Reichs, iren underthanen und zugewandten zu nachteil, sich widerumb zusamen thun.
p– Falls der Kg. die Friedenskommission billigt, verordnen die Reichsstände dafür: Die Kff. von Köln und Sachsen, die Bff. von Münster und Paderborn, den Hg. von Jülich und beide Hgg. von Pommern sowie die Stadt Goslar –p.
Da diese Kommission erst Anfang April stattfinden wird, aber mittlerweil dieq partheien gegen ainander in ferrer thattliche handlung geraten oder sich noch mer umb kriegß volckh bewerben und zu veindtlichen handlungen in weittere beraittschafft stellen mochtenr, welches nach der hands, da die sachen ainmalls in fernern furgang erwuechse, desto beschwerlicher ab[zu]schaffen und one der genachparten schaden, auch ierer, der partheyen, selbst nachteil nit wolt abzutreiben: Damit dann abermals an dem, wz imer zu gemainem friden, rue und sicherheit fürtreglich, möglichs vleiß nichts underlassen und auch, vor dem berürte schickhung abgeferttigt unnd die sachen der underhandlung an die hannd genommen werden mög, hiezwischen solcher underhandlung ain guette vorberaittung gemacht, so ermessen die stenndt, räte, pottschafften und gesandten ratsam und fürtreglich sein, derwegen auch die röm. kgl. Mt. inn underthenigkheit pitlich anlangend, dz ir Mt. unbeschwert sein welle, ire commissarien fürderlich und eilenndsu zu disen partheyen abzufertigen, darzu auch hochgedachte beede hertzogen zu Pomern8 durch ir Mt. und die stenndt zuersuechen, dz sy, die hertzogen, die iren auch abfertigen wöllen, mit dem bevelch, dz dieselben commissarien, rät oder bevelchhaber dise strittige partheyen dahin weisen unnd möglichs vleißv bewegen, zu allem thaillw die kriegß rüstungen one nachtaill und schaden der stendt deß Reichs und underthanen abzuschaffen, den frieden gegen ainander zuhallten unnd dann die obangeregt furgenomene guettliche underhanndlung zubewilligen, der kgl. Mt., auch der stenndt geordneten einzuraumen, auch verrer mit dem herr maister und orden zuhandlen, dz sy vil hochgedachten ertzbischoffen zu Riga, doch mit zimblicher caution, wie hievor auch meldung darvon geschechen, seiner custodien in sein gewarsamx ledig stellen und restituirn wellen. Dz auch die kgl. Mt. gleichvalls unbeschwert sein wollt, den kunig von Pollen anzulangen und dahin zuvermögen, dz sein kgl. W. sich diser sachen entschlagen9, aim oder den andern thaill khain fürschub thun wollten, damit irenthalben der gemain frid zwischen den stennden teutscher nation desto weniger beunruet, auch die stennd sovil weniger zu ainiger entporung durch seiner kgl. W. beistandt gesterckht wurden oder ursach haben möchten.
Die Reichsstände sagen ihrerseits zu, zur Beförderung des Friedens den Kf. von Brandenburg zu bitten, er wolle mit seinem Vetter, Hg. Albrecht von Preußen, handlen, dz sein f. Gn. sich der sachen auch weitter nit, dann zu der guettlicheit oder im rechten annemen10 und durch ire hulff zu thättlichen handlungen weitter nit ursach geben11.
Schlussformel.