Deutsche Reichstagsakten, Reichsversammlungen 1556 – 1662 Der Reichstag zu Regensburg 1556/57 bearbeitet von Josef Leeb
Bekräftigung des Religionsfriedens. Keine Rechtsgültigkeit des Geistlichen Vorbehalts als eigenmächtig vom Kg. erlassener, von den CA-Ständen nicht anerkannter Bestimmung. Ablehnungsgründe. Förderung der Verhandlungen zum Religionsvergleich durch die Aufhebung des Geistlichen Vorbehalts. Zusage, die Hstt. im Fall des Glaubenswechsels nicht zu profanieren und keine Erbfolge zuzulassen. Beibehaltung des Stifterwillens. Ausstehende Erklärung des Kgs. zur Freistellung. Bedingte Beratung zu den HAA der Proposition durch die CA-Stände unter Vorbehalt. Bitte, die Freistellung vorrangig zu behandeln und den Geistlichen Vorbehalt aufzuheben. Andernfalls Beharren auf der bedingten Verhandlungsführung.
Konzipiert im Anschluss an die Beratung der CA-Stände zuletzt am 13. 12. 1556 vom kursächsischen Gesandten L. Lindemann1. Von den CA-Ständen gebilligt am 19. 12.2 Dem Kg. übergeben am 22. 12.3
HHStA Wien, RK RTA 38, fol. 194–201 (Kop. Überschr.: Per freistellung. Der augspurgischen confession verwannte stende suplication umb die freistellung der geistlichen, mit wider erhollung voriger gethaner protestation, sonst in den andern artiggln nichtz verpuntlichs zuhandlen, und dann von neuem eräferung, nochmalln also dabei zubleiben etc.) = Textvorlage. HStA München, K. blau 107/2b, unfol. (Kop. Aufschr.: Freistellung. Dorsv.: Der augspurgischen confessions verwandten stenndt anmanung bei der kgl. Mt. von wegen des punctens der freistellung etc. Dinstags, den 22. Decembris anno 56 irer Mt. uberraicht.) = B. HStA Düsseldorf, JB II 2295, fol. 82–87’ (Kop.) = C. HStA Stuttgart, A 262 Bü. 47, fol. 472–481’ (Kop.). HStA Weimar, Reg. E Nr. 181, fol. 13–17’ (Kop.). GStA PK Berlin, I. HA Rep. 10 Nr. X Fasz. C, fol. 48–53 (Kop.). Druck: Erstenberger, Autonomia, 19–22’; Lünig, Reichsarchiv, Partis generalis continuatio [1], [2. Teil], [1. Fortsetzung], 3–5; Moser, Staatsrecht XII, 190–195. Teildruck: Lampadius, Deduction, 88 f. Referiert bei Häberlin III, 154 f.; Wolf, Geschichte, 46 f.; Janssen, Zustände, 63 f.; Westphal, Kampf, 62 f.; Laubach, Ferdinand I., 172 f. Auszüge: Gotthard, Religionsfrieden, 335, 337 f.
/195’–197’/ Aus welchen Gründen4 die CA-Stände den Artikel der Freistellung oder den Vorbehalt der Geistlichen, der nicht zur Disposition des Religionsfriedens gehört, auf dem RT 1555 abgelehnt haben, weiß der Kg. aus den damaligen Erklärungen: Die CA-Stände konnten nicht zulassen, dass mit ihrer Zustimmung anderen Menschen der Weg zur Erkenntnis des wahren Wortes Gottes verwehrt wird, dass Angehörige ihrer Religion als unwürdig deklariert werden, geistliche Ämter und Benefizien zu übernehmen, und dass damit ausgedrückt wird, ihre Religion könne die Intentionen der Stifter von Benefizien nicht erfüllen. Deshalb hat der Kg., wie er weiß, den Geistlichen Vorbehalt aufgrund der nicht erfolgten Zustimmung der CA-Stände eigenmächtig angeordnet, dabei aber den Dissens der Religionsparteien in den Artikel aufgenommen. Die Gesandten der CA-Stände wiederholen und bekräftigen nunmehr die damalige Ablehnung des Artikels. Die CA-Stände können dem Kg. darin zwar keine Vorgaben machen, sie bringen den Artikel dennoch erneut vor, um zu verhindern, dass anderen der Weg zur Seligkeit verschlossen bleibt.
Zu dem bedencken ihr chur- und f. Gnn. und Gunsten, zu was mehrerm freundtlichen willen unter den stenden des Heyligen Reichs diese christliche und billiche freistellung gereichen und dardurch mehr guts vortrauens gestifftet und gepflantzt werden mocht.
Und haben derwegen aus solchen und andern mehr angebrachten und außgefurtenn ursachen ihr chur- und f. Gnn. und Gunsten in rethen
Daneben haben sich ihr chur- und f. Gnn. und Gunsten hiebevorn zu Augspurg und itzt auf diesem gehaltenem reichstag des geistlichen standes ehr, wirden und der kirchen guter halben ausdrucklichen erklert6, berhuen auch darauf nochmahls, das ihr gemuet nicht sei, solche gueter den Reichs stifften zu nachteil von abhanden oder in zerruttung und prophanation bringen zulassen, sondern viel mehr neben andern Reichs stenden
Viel weniger ist ihrer chur- und f. Gnn. und Gunsten wille und meinung, das die ertz- unnd bischofe, auch andere prelaten ihr recht officium, derhalben sie aus vormuetlichen willen der fundatoren ihre beneficia haben, mit reiner lehr des worts Gotts, reichung der sacrament nach Christi einsetzung, auch anstellung anderer christlichen ceremonien nicht uben sollen, sondern sie begeren nits hohers, dan das sie ihr ambt recht nach der evangelischen, prophetischen und apostolischen lehr zu besserung und auffnemung
Wiewol nun auf diesen in Reichs [Räten] angebrachten sachen unsere gnedigste und gnedige herren uns anfangs also zuvorharren bevehlich geben, das berurter hochwichtiger punct fur allen andern erledigt und auf christliche, billiche und den gewissen leidliche wege abgehandlet werden mocht7, so haben doch ihr chur- und f. Gnn. und Gunsten auf euer röm. kgl. Mt. in euer Mt. derhalben eroffneter resolution gegebener gnedigster vortrostung, die sache der freistellung zu euer röm. kgl. Mt. persohnlichen ankunfft allergnedigst eingedenck zu sein8, geschehen lassen, das mitler zeit in andern proponirten artikeln beratschlagung furgenommen wurde; doch mith dieser ausdrucklichen maß, bedingung und furbehalt, wo vielbemelte freistellung nachmahls nicht vorhandt genomen, tractirt und erledigt wurde, das wir ahn statt ihrer chur- und f. Gnn. und Gunsten uns keines weges in ettwas vorgreifflichs und entlichs eingelassen oder beschliesslich gehandlet
Dieweil dan, allergnedigster romischer konig und herr, euer röm. kgl. Mt. aus hohem, erleuchtem koniglichen vorstande selbst allergnedigst behertzigen und ermessen konnen, das an diesem obberurten punct dem Heyligen Romischen Reich, dem geliebten vatterlandt, nicht weniger, sondern viel mehr dan an andern obligen gelegen, auch derselbige von wegen der ehr Gottes, befreiung der christlichen gewissen, so auf Gots wort sich grunden sollen, der furstehenden religions vorgleichung, mehr gut vortrauen im Reich zu pflantzen und andere obligen zubefurdern, fur andern billich erledigt werden soll, so bitten euer röm. kgl. Mt. wir ahn stadt unserer gnst. und gnedigen herren aller unterthenigst, euer röm. kgl. Mt. geruhen allergnedigst, berurten artikel der freistellung aufs schirst und erst fur die handt zunhemen und denselbigen auff
Und haben euer röm. kgl. Mt. allergnedigst zubedencken, do dieses furnembsten puncts abhandlung vorschoben und eingestelt werden solt, das es den andern dieses reichstags sachen nicht wenig hinderung und vortzug bringen mocht. Dan wir gleichwoll aller unterthenigst euer röm. kgl. Mt. nicht vorhalten sollen, das wir nochmals von unsern gnst. und gnedigen herren a–und den stenden der augspurgischen confession–a keinen andern bevhelich haben, dan auff den 24. Novembris ihrer chur- und f. Gnn. und Gunsten halben referirten furbehalt zuvorharren. Und wurden uns derwegen on andere resolutionen, der wir uns doch nach gestalt dieser sachen nicht vormueten mogen, in nichts schliesslichs einlassen konnen. Wir wissen aber unserer gnst. und gnedigen herrenb gemuet auch dahin gericht, das ihr chur- und f. Gnn. und Gunsten nach abhandlung dieses artikels der freistellung in andern dieses reichstags puncten kein
Bitten um förderliche Antwort des Kgs. Schlussformel. Unterzeichnet von den Gesandten der CA-Stände10 auf dem RT.