Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XIV. Band. Der Reichstag zu Nürnberg 1543 bearbeitet von Silvia Schweinzer-Burian, mit Vorarbeiten von Friedrich Edelmayer
Der Band umfasst dreizehn Kapitel von der Vorbereitung des Reichstags bis zum Reichsabschied und den ihn begleitenden Abschieden jener Versammlungen, die parallel zum Reichstag stattfanden. Die Kapitel sind folgendermaßen aufgebaut:
Kap. I (Vorbereitung, Organisation und Eröffnung des Reichstags) ist in vier Abschnitte gegliedert. Der erste Abschnitt (Kap. I.A) behandelt die im Vorfeld des Reichstags stattfindende Kommunikation König Ferdinands mit seinem in Spanien weilenden Bruder Karl V., die sich wegen Hindernissen auf dem Postweg durch Unwetter und Kriegsvorkommnisse schwierig gestaltete und alle Hoffnungen Ferdinands auf persönliche Präsenz des Kaisers am Reichstag zerstörte (Nr. 1, Nr. 5, Nr. 9, Nr. 17). So musste König Ferdinand eigenständige Entscheidungen treffen, wie z.B. die Prorogation des Reichstags vom 14. November auf den 14. Dezember 1542 (Nr. 2–4). Die kaiserlichen Vollmachten und Abfertigungen für den Reichstag wurden auf Grund der widrigen Umstände erst spät an die drei kaiserlichen Reichstagskommissare weitergeleitet (Nr. 16). Wie vor jedem Reichstag erhielten die Reichsfürsten Aufforderungen, persönlich zu erscheinen (Nr. 8), was die meisten von ihnen ablehnten (Nr. 13–14, Nr. 18). Für den König galt es, die Haltung Kursachsens und Hessens zum Konflikt des Kaisers mit Herzog Wilhelm von Jülich zu sondieren, weshalb er seinen Rat Dr. Andreas von Könneritz zwei Mal zu Kurfürst Johann Friedrich von Sachsen und einmal zu Landgraf Philipp von Hessen entsandte (Nr. 6, Nr. 15), die ihr Kommen nach Nürnberg aus mehreren Gründen nicht in Betracht zogen (Nr. 7, Nr. 10–11, Nr. 19), sondern um Geleit für ihre Räte ersuchten (Nr. 12). Die Geleitwünsche der Schmalkaldener und der übrigen evangelischen Stände wurden vom König erfüllt (Nr. 21–22), während die Fürsten den nochmaligen königlichen Aufforderungen zu persönlichem Erscheinen (Nr. 23–25, Nr. 28–29) nicht nachkamen (Nr. 27). Da die Kreiseinnehmer ihre Abrechnungen über die Türkenhilfe 1542 vorlegen sollten, erging ein Ausschreiben des Königs an sie (Nr. 26).
Kap. I.B ist der organisatorischen Durchführung des Reichstags gewidmet, wozu Fragen der Quartierbeschaffung (Nr. 30, Nr. 32), Mandate von Bgm. und Rat von Nürnberg zum Verhalten während des Reichstags (Nr. 31), die Reichstagsordnung (Nr. 34) und der Konflikt um das Recht des Judengeleits zwischen Reichserbmarschall Wolfgang von Pappenheim und dem Rat von Nürnberg gehören (Nr. 35).
In Kap. I.C findet man die Abrechnungen verschiedener Reichsstände und Reichsstädte über die in Zusammenhang mit dem Besuch des Reichstags entstandenen Reise- und Aufenthaltskosten, darunter auch die Ausgaben der Malstatt Nürnberg (Nr. 36–40).
Das Warten auf die sich verzögernde Eröffnung der Reichsversammlung, das langsame Eintreffen der Reichsstände, die geringe Präsenz der Reichsfürsten (Anwesenheitslisten) und die zur Eröffnung des Reichstags am 31. Januar 1543 vorgetragene Proposition König Ferdinands bilden den vierten Abschnitt des Vorbereitungskapitels (Kap. I.D, Nr. 41–43).
In Kap. II ist eine große Anzahl von Vollmachten und Instruktionen der Reichsstände und des Hauses Habsburg zusammengestellt, denen für diesen Reichstag eine besondere Bedeutung zukommt, da nur wenige Kurfürsten, Fürsten und Stände die Reichsversammlung persönlich besuchten. Die Instruktionen bieten Einblick sowohl in die reichs- und religionspolitischen Absichten des Kaisers, Königin Marias und der konfessionell gespaltenen Reichsstände als auch in ihre jeweils partikularen Interessen. Den Gesandten wurde in ihren Anfangsinstruktionen aufgetragen, wie sie sich in den zur Beratung stehenden Fragen verhalten sollten; diese Richtlinien änderten sich in den meisten Fällen im Verlauf des Reichstags kaum, sondern sie wurden höchstens entsprechend dem Gang der Verhandlungen leicht modifiziert oder ergänzt. Da im Korrespondenzkapitel (Kap. XII) nur wenige Weisungen an die Gesandten abgedruckt wurden, geben die anfänglichen Instruktionen über die Haltung der habsburgischen oder reichsständischen Auftraggeber zu den Verhandlungsthemen Aufschluss. Sie wurden daher alle mit einer eigenen Aktennummer versehen und zumeist in extenso abgedruckt, wobei auch Instruktionen für die Versammlungen der Schmalkaldener und der Reichsstädte Berücksichtigung fanden. An erster Stelle finden sich die habsburgischen Weisungen (Nr. 44–45), denen jene der Kurfürsten (Nr. 46–47), der geistlichen und weltlichen Fürsten und Stände (Nr. 48–70) sowie der Reichsstädte (Nr. 71–79) folgen.
Kap. III enthält die während des Reichstags im Auftrag der geistlichen Fürsten Bischof von Hildesheim (Nr. 80), Bischof von Würzburg (Nr. 81), der weltlichen Fürsten Pfalzgraf Ottheinrich von Pfalz-Neuburg (Nr. 82), Herzog Albrecht von Preußen (Nr. 83), Herzog Ulrich von Württemberg (Nr. 84) und der Reichsstädte (Nr. 85–90) verfassten Protokolle. Das Fehlen bzw. der Verlust von Votenprotokollen aus dem Kurfürsten- oder Fürstenrat erschwert es, das Abstimmungsverhalten der einzelnen Fürsten bei den zur Verhandlung kommenden Themen festzustellen. Diese Lücke konnte leider nur zum Teil durch den Abdruck relevanter Korrespondenzen geschlossen werden. Die Protokollanten berichteten nicht nur über die Beratungen des Reichsrates, sondern auch über jene der Schmalkaldener, der Reichsstädte und der Reichskreise. Ihre Aufzeichnungen wurden zumeist in extenso wiedergegeben, außer bei starken Überschneidungen der Protokolle. In einem solchen Fall wurde der Wortlaut des aussagekräftigeren, ausführlicheren Protokolls für den Abdruck ausgewählt.
Kap. IV umfasst die Akten zur Türkenhilfe, deren Beratung von Seiten des Königs und der altgläubigen Reichsstände als Hauptaufgabe des Reichstags betrachtet wurde. Da die Protestanten Verhandlungen über die Türkenhilfe vor den von ihnen geforderten Beratungen über Friede und Recht ablehnten, waren nur die Altgläubigen in die Beratungen mit dem König und den kaiserlichen Kommissaren eingebunden. Ihr Schriftwechsel mit dem König und den Kommissaren und die endgültige Formulierung der Beschlüsse zur Türkenhilfe ist in Kap. IV.A zusammengefasst (Nr. 91–97). Wie schon auf früheren Reichstagen wurde ein Ansuchen der ungarischen Landstände und eines der niederösterreichischen Landstände und der Grafschaft Görz an die Reichsstände übergeben mit der Bitte um Unterstüzung im Kampf gegen die Türken (Kap. IV.B, Nr. 98–99), während die Reichsstände ihrerseits Schreiben an den Dogen von Venedig und an den Papst (Nr. 100–101) verfassten, um sie zur Beteiligung an der Türkenabwehr zu veranlassen. Die Reichsstädte stellten als Bedingung für die Leistung der Türkenhilfe die Ringerung der Anlagen und die Teilnahme an den Beratungen und Beschlüssen der Reichsstände (Kap. IV.C, Nr. 102–103). In Zusammenhang mit der Türkenhilfe wurden verschiedene Gründe für deren Verweigerung vorgebracht, wie Proteste gegen die Veranlagung als Reichsstand, Exemtion von den Reichsanlagen, Kriegsereignisse in Burgund oder in Savoyen (Kap. IV.D, Nr. 104–109) und die bisher unterbliebene Ringerung der Anlagen (Kap. IV.E, Nr. 110–114). Die Reichskreise wurden auf Grund der Beschlüsse des Nürnberger Reichstags von 1542 aufgefordert, die Abrechnungen der Kreiseinnehmer über die Türkenhilfe 1542 vorzulegen. Dieser Aufforderung kamen jedoch nur wenige Kreise nach (Kap. IV.F, Nr. 115–123). Abrechnungen und ausstehende Besoldungen aus den Türkenhilfen 1541 und 1542 beschäftigten die Reichsstände in Form von Supplikationen der Befehlshaber der Türkenzüge 1541 und 1542, Relationen des Rechnungsausschusses oder der Gesandten Kurfürst Joachims II. von Brandenburg über den Türkenzug 1542 (Kap. IV.G und IV.H, Nr. 124–133). Die Bezahlung des Winterlagers der reichsständischen Truppen in Gran 1542/1543 wurde für die Reichsstände einstweilen von König Ferdinand vorgestreckt. Die Türken ließen sich aber durch all diese Maßnahmen vom abermaligen Vorrücken Richtung Ungarn nicht abhalten, wie die Verlesung zahlreicher Kundschafterberichte deutlich machte, welche die Stände zu rascher Bewilligung der Türkenhilfe motivieren sollte (Kap. IV.I, Nr. 134–136). Vorkehrungen zur Organisation der Türkenhilfe 1543 mussten getroffen werden, u.a. Verbote zur Annahme fremden Kriegsdienstes, die Verkündigung des Reichsanschlags zur Türkenhilfe gegenüber den Reichsständen, die Bestellung eines Kriegskommissars (Kap. IV.J, Nr. 137–143). Die auf den vergangenen Reichstagen geführten Verhandlungen König Ferdinands mit den Bischöfen zur Vermeidung der Doppelanlage wurden fortgesetzt (Kap. IV.K, Nr. 144–150).
In Kap. V sind die Verhandlungen mit den Protestanten zu Friede und Recht zusammengefasst. Diese Verhandlungen zwischen König Ferdinand und den kaiserlichen Kommissaren einerseits und den Schmalkaldenern bzw. den evangelischen Reichsständen andererseits betr. Fragen des Reichskammergerichts und dessen Besetzung, des Landfriedens und der freien Religionsausübung begannen bereits vor der Eröffnung des Reichstages, nämlich am 25. Januar 1543, und erstreckten sich bis zum 22. April 1543, dem Vorabend des Reichsabschieds. Die altgläubigen Reichsstände bezogen mehrmals Stellung zu den Eingaben der Protestanten und gaben dem König ihre ablehnende Haltung gegenüber den protestantischen Forderungen zu verstehen. Trotz intensiver Verhandlungen reichte die Kompromissbereitschaft auf habsburgischer, alt- und neugläubiger Seite für eine die verschiedenen Interessen befriedigende Lösung der Probleme nicht aus (Kap. V.A, Nr. 151–185). Mehrere Gesandte der evangelischen Reichsstände berichteten ihren Auftraggebern über den unbefriedigenden Verlauf der Verhandlungen zu Friede und Recht. Die Reaktion der Schmalkaldischen Bundeshauptleute war stets gleichbleibend: Sie forderten alle bündischen Gesandten auf, an der anfangs geforderten Priorität der Fragen zu Friede und Recht vor der Türkenhilfe festzuhalten (Kap. V.B, Nr. 186–196).
Der in Kap. VI dokumentierte Konflikt des Hauses Habsburg mit König Franz I. von Frankreich und Herzog Wilhelm von Jülich dominierte die reichsständischen Verhandlungen mit den burgundischen und jülichschen Gesandten und beherrschte die im Interesse des Kaiserhauses gepflogenen Kontakte im Hintergrund des Reichstags, für die vor allem der kaiserliche Generalorator Nicolas de Granvelle verantwortlich zeichnete. Es wurde aber weder eine Unterstützung der Reichsstände im Krieg gegen Frankreich erreicht noch wurde der von Granvelle unter Vermittlung der Reichsstände mit den jülichschen Gesandten ausgehandelte Waffenstillstand von Herzog Wilhelm von Jülich anerkannt, wie die in Kap. VI. A (Nr. 197–201) und VI.B (Nr. 202–242) edierten Akten zeigen.
Kap. VII beschäftigt sich mit den Folgen des braunschweigischen Feldzugs von 1542, nach welchem eine Regelung für das weitere Vorgehen in dem von den Schmalkaldenern okkupierten Herzogtum Braunschweig-Wolfenbüttel gefunden werden musste. Die bayerischen Räte boten sich als Vermittler bei den Verhandlungen an, bei denen die Reichsstände ihre unterschiedlichen Interessen ins Spiel brachten. Eine von Herzog Ulrich von Württemberg, Kursachsen und Hessen favorisierte Lösung zu Gunsten der Kinder Herzog Heinrichs von Braunschweig wurde von den Bayern schließlich zu Fall gebracht, da sie auf einer Rückkehr Herzog Heinrichs in sein Fürstentum bestanden. Die Verhandlungen endeten ergebnislos und wurden bis zur Ankunft des Kaisers im Reich aufgeschoben (Nr. 243–258).
Kap. VIII über die Verhandlungen der Schmalkaldischen Bundesverwandten zeigt, wie stark die Rekusation des Reichskammergerichts und deren Folgen mit der auf dem Reichstag behandelten Thematik von Friede und Recht verflochten war (Kap. VIII.A, Nr. 259–274). Die internen Beschlüsse Kursachsens und Hessens, unter allen Umständen „für einen Mann zu stehen“ und keine Absonderungstendenzen oder partikularen Vereinbarungen der Bündner (z.B. der Reichsstadt Augsburg) mit dem König oder anderen Reichsständen zu dulden, beeinflusste den Ausgang des Reichstags maßgeblich (Kap. VIII.B, Nr. 275–277). Die Schmalkaldener waren bestrebt, den braunschweigischen Feldzug und die Ablehnung des Reichsabschieds von 1543 gegenüber Karl V. zu rechtfertigen, weshalb sie Werbungen beim Kaiser nach seiner Ankunft aus Spanien planten (Kap. XVIII.C, Nr. 278–281). Der letzte Abschnitt von Kap. VIII ist internen Angelegenheiten des Schmalkaldischen Bundes gewidmet und betrifft Aufforderungen zur Beschickung des Schmalkaldischen Bundestages in Nürnberg (Kap. VIII.D.1, Nr. 282–285) und Bemühungen der pommerschen Gesandten, mit Hilfe der Bundesverwandten eine Beilegung des innerschmalkaldischen Konflikts zwischen den Herzögen von Pommern und König Christian III. von Dänemark zu erreichen (Kap. VIII.D.2, Nr. 286–293).
Sessionsstreitigkeiten zwischen den sächsischen Gesandten und jenen von Pfalz-Simmern sowie zwischen den Vertretern der Markgrafen von Brandenburg und jenen Herzog Heinrichs von Braunschweig-Wolfenbüttel und der urkundlich bestätigte Sessionswechsel zwischen Österreich und Salzburg bilden den Inhalt von Kap. IX (Nr. 294–296).
Supplikationen zu den Betreffen Reichsstandschaft und eximierte Stände (Kap. X.A, Nr. 297–298), zwischenständische Konflikte (Kap. X.B, Nr. 299–301) und Jurisdiktion des Reichskammergerichts (Kap. X.C, Nr. 302–305) sind in Kap. X zusammengefasst.
Kap. XI (Varia) ist ein Exkurs zu den Verhandlungen der bayerischen, kursächsischen und hessischen Gesandten über ein geplantes Bündnis zur Erhaltung „fürstlicher Libertät“, die jedoch ergebnislos verliefen (Nr. 306).
Die in Kap. XII getroffene Auswahl an Korrespondenzen ist untergliedert in Schreiben der Habsburger und ihrer Räte (Kap. XII.A, Nr. 307–315), Berichte der burgundischen Gesandten (Kap. XII.B, Nr. 316–324) und der nach ihrer Konfessionszugehörigkeit unterschiedenen Reichsstände und Reichsstädte (Kap. XII.C bis XII.H, Nr. 325–402). Nähere Informationen zum Inhalt der Korrespondenzen befinden sich in den Einleitungen zu Kap. XII und dessen Unterkapiteln. Die Korrespondenzliste (Kap. XII.I, Nr. 403) bietet einen Gesamtüberblick über die in den besuchten Archiven vorgefundenen Korrespondenzen.
Kap. XIII enthält den Reichsabschied (Kap. XIII.A, Nr. 404–405) und die Protestationen gegen diesen, sowohl durch einzelne Reichsstände und die oberrheinischen Kreisstände als auch durch die Gesamtheit der Reichsstädte und der Augsburger Konfessionsverwandten (Kap. XIII.B, Nr. 406–412). Die Abschiede anderer reichsständischer Versammlungen, die neben dem Reichstag stattfanden (Kap. XIII.C, Nr. 413–418), beschließen den Band.