Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XIV. Band. Der Reichstag zu Nürnberg 1543 bearbeitet von Silvia Schweinzer-Burian, mit Vorarbeiten von Friedrich Edelmayer
Weimar HStA, EGA, Reg. H pag. 421–434, Nr. 154/4, fol. 337r–339v (Kop.); DV fol. 339v: Sumarisches verzeichnis, was seither dem braunschweigischen zug zwischen Sachsen, Bayern und Hessen eines freundtlichen verstandnus halben vorgelaufen.
Beilage fol. 340rv: DV: Verzeichnus, was vor stendt Sachssen und Hessen in der vorstendtnus mit Bayern ausnhemen mussen.
Die informellen Bündnisverhandlungen zwischen Bayern (Dr. Eck) einerseits und den hessischen und kursächsischen Gesandten andererseits begannen bereits auf dem Speyerer RT 15422 und wurden in Nürnberg 1543 ohne Ergebnis fortgesetzt. Da diese während der gesamten Dauer des Reichstags stattfindenden Gespräche in der Literatur3 ausführlich dokumentiert sind und es sich um partikulare Interessen einzelner Reichsstände handelt, werden sie der vorliegenden Edition nur am Rande berücksichtigt. Das im Folgenden abgedruckte Aktenstück soll lediglich die Themen der Bündnisverhandlungen aufzeigen, über die in den Schreiben der kursächsischen und hessischen Gesandten an ihre Auftraggeber im Detail berichtet wird4.
Der Lgf. zu Hessen etc. hadt Dr. Ecken verstendiget, das mit seinen hern uf itzigem reichstag zu Nurnberg der vorstendtnus halben sol gehandelet werden. Das ist mit wissen und willen des Kf. zu Sachssen etc. bescheen.
Von Dr. Ecken ist biß hier vermerckt worden, das seiner hern gemuth dohin stehe, das sie gneigt sein, sich in ein solche eynung zu begeben und davon handeln zue lassen, so zu erhaltung des Reichs freiheiten, auch der reputacion desselben fursten dienen muge.
Nun sein baide, Kf. und F. zu Sachssen und Hessen, mit Baiern in ein zimliche, erliche vorstendtnus zu gehen wol gneigt, doch zaigt der lantgraf an, das in alwege die röm. ksl. und kgl. Mtt. darinn musten ausgenomen werden.
Baider irer chur- und fstl. Gnn. bedencken ist biß hier gewest, das man von Baiern erstlich vernemen soll, waruf die eynung ruhen soll5. Dann wolten sie und andere fursten und bischove iren untherdanen die relligion frei lassen, so were es ein groß ding und wol antzunemen. Aber der lantgraf zaigt darbei an, das es sein fstl. Gn. nit wol konnen glauben. Aber sein bedencken were, wan man mit inen den grossen verstandt nit ufrichten kondt, das sie ire untherdanen irer chur- und fstl. Gnn. relligion halben nit beschweren, so solt in Baiern doch dieser wegk nit misfelligk sein, nemlich das keiner dem andern der relligion halben ubertziehen noch beschweren solt. Auch solt sonsten ein teil gegen dem andern schuldig und aus craft solcher aynung vorpflicht sein, uber des Reichs freiheiten defensive und nit offensive zu halden.
Doch besorgt sich der landtgraff, das er in zeitlichen sachen und hulflicher aynung ksl. und kgl. Mtt. in alwege muß ausnemen. Und dieweil der lantgraf von solcher ausnemung Hg. Wilhelm von Baiern, auch Dr. Ecken durch ein vertraute person6 hadt antzaigung thun lassen, so hadt dieselbe person dem lantgrafen antzaigen lassen, dieweil er mit Dr. Eck erstlich davon geredt, so hette sich derselbe lasssen vornemen[betr.] dieselbe ausnemung: Wolte sich sonsten gebueren, das der kaiser ausgenomen wurde, doch sofern auch, das er sich, wie einem kaiser geburth, thett halden, und ausserhalb solcher ausnemung were das foedus nit creftigk und wider der fursten pflicht und aide.
Hg. Wilhelm hette sich lassen jegen der vertraueten personen vornemen, das sein fstl. Gn. ein instruction uf derselben rethe gegen Nurnberg hie begreiffen lassen, welchermaßen die sachen, die obgemelte veraynung belangendt, furzunemen7. Item, welcher gestalt die gutliche handlung zwuschen Hg. Heinrichs kindern und den confederaten furzunemen. Item zum dritten, was der gulischen sachen halben zu erwegen. Und zum virdten, was zu widerstand des Turcken zu Nurnberg zu handeln.
Die vertrauete person heldet es dafur, wolle der lantgraff sampt dem churfursten, so sey der wegk zur freuntschaft mit Baiern gemacht8. Allein bedenckt sie, das der lantgraf darauf achtung wolle haben, uff das uf itzigem reichstag den rethen lauter und gueter bevelich gegeben und die sachen nit verlaßt noch uffgeschoben werden, damit Hg. Wilhelm nit gedencken muge, man hette inen wollen auslernen [= aushorchen] und erkundigen und darnach stecken lassen9.