Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XIV. Band. Der Reichstag zu Nürnberg 1543 bearbeitet von Silvia Schweinzer-Burian, mit Vorarbeiten von Friedrich Edelmayer
5.1 Schmalkaldische Politik im Vorfeld des Reichstags
Der Abschied des Nürnberger Reichstags vom 26. August 1542 (RTA JR Bd. XIII, Nr. 198) legte die Verhandlungsthemen der nächsten, für 14. November 1542 geplanten Reichsversammlung fest: am 1. Dezember 1542 Vorlage der Abrechnungen der Kreiseinnehmer über die Ein- und Ausgaben der zu Speyer 1542 beschlossenen Türkenhilfe (Gemeiner Pfennig), Vergleich der Anlagen zwischen den Kreisen, Ringerung der Anschläge, Vollziehung der Mandate zum Verbot fremden Kriegsdiensts, Winterlager in Ungarn, Münz- und Polizeifragen, möglichst rasche Durchführung der 1542 suspendierten Visitation und Reformation des Reichskammergerichts. Wie so oft verzögerte sich auch in diesem Fall der Beginn des Reichstags, den König Ferdinand wegen Abhaltung des ungarischen Landtags auf 14. Dezember prorogierte (Nr. 2–3). Doch auch dieser Termin war nicht zu halten, wie die schließlich erst am 31. Januar 1543 stattfindende Eröffnung der Reichsversammlung zeigte.
Zu Ende des Nürnberger Reichstags von 1542 waren wesentliche Ereignisse noch nicht absehbar, die den Verlauf der künftigen Versammlung beeinflussen sollten: 1. Die Belagerung von Pest durch die Truppen des Reichsheeres missglückte und der Sturm auf die Stadt schlug fehl. So wurde die Offensive gegen die Türken am 7. Oktober 1542 abgebrochen; die Reste des Reichsheeres zogen sich ungeordnet aus Ungarn zurück. 2. Die Folgen des braunschweigischen Feldzugs vom Sommer 1542 waren für die Schmalkaldener gravierend, da Herzog Heinrich von Braunschweig-Wolfenbüttel eine Zitation seiner Gegner zum 17. November 1542 vor das Reichskammergericht erwirkt hatte, wo ihnen wegen Landfriedensbruchs und Einmischung in die Hoheitsrechte des Herzogs (Einführung der Reformation im Herzogtum) das höchstmögliche Strafmaß, die Reichsacht, drohte. Diese für die Mitglieder des Bundes bedrohliche Entwicklung war Thema ihrer zwischen den beiden Nürnberger Reichsversammlungen stattfindenden Zusammenkünfte, bei denen sie u.a. auch über die Verhandlungstaktik auf dem künftigen Reichstag berieten1.
Drei Tagungen sind besonders hervorzuheben: 1. Der Schmalkaldische Bundestag in Braunschweig diente in erster Linie der nachträglichen Anerkennung des von den Bundeshauptleuten initiierten braunschweigischen Feldzugs als Bundessache; die meisten Bündner mussten erst von der Notwendigkeit des kriegerischen Vorgehens der Hauptleute überzeugt werden, um den Schutz des Bundes zuzusagen und die religiöse Ursache der Auseinandersetzung anzuerkennen. Kursachsen und Hessen erklärten sich bereit, sich einer rechtlichen Erörterung des Kriegs gegen den Herzog vor unabhängigen Richtern – nicht vor dem Reichskammergericht – zu stellen. Außerdem wurde eine Gesandtschaft an Kaiser und König beschlossen, die das Vorgehen gegen Herzog Heinrich von Braunschweig rechtfertigen sollte. Auch die Verwaltung des eroberten Landes, die Aufteilung der Kosten des Feldzuges und die Schleifung der Festungsanlagen waren Beratungsgegenstand2.
2. Der oberländische Städtetag in Ulm sollte die auf dem Braunschweiger Bundestag offen gebliebenen Fragen klären und die Position der Städte auf dem für 3. November 1542 nach Schweinfurt ausgeschriebenen nächsten Bundestag ausloten. Es wurde abermals über die Behandlung des eroberten Herzogtums und dessen Verwaltung beraten, auch über die Schleifung der Festungen und die auf die Mitglieder zukommende Bezahlung der Kriegskosten3.
3. Der Schmalkaldische Bundestag von Schweinfurt war vor allem mit der Frage befasst, wie auf die Zitation der Schmalkaldener vor das Reichskammergericht zu reagieren sei. Eine Rekusation des Gerichts in allen weltlichen und geistlichen Angelegenheiten war innerhalb des Bundes umstritten. Jene Stände, die als Kläger Prozesse am Reichskammergericht anhängig hatten, wollten sich den Rechtsweg nicht versperren. Die Städte betrachteten das Kammergericht als das Verfassungsorgan, das neben dem Kaiser der wichtigste Garant ihrer Freiheiten gegenüber landesherrlicher Willkür war. Angesichts der von den Bundeshauptleuten vom Zaun gebrochenen „braunschweigischen Defension“4 standen mehrere Bündner vor der Entscheidung, ob sie sich an einem über die religiösen Belange hinausgehenden Bündnis beteiligen wollten oder nicht. Die Städte zeigten ihre Bedenken zwar an, konnten sich aber gegen die fürstlichen Räte nicht durchsetzen. Es wurde der Beschluss gefasst, alle Kammergerichtspersonen in allen geistlichen und weltlichen Angelegenheiten zu rekusieren, mit der Begründung, dass die mehrfach verschobene Visitation und Reformation des Gerichts gemäß der kaiserlichen Geheimdeklaration von Regensburg5 bisher nicht stattgefunden habe. Nähere Beratungen über die Art der Rekusation und die Verabschiedung weiterer Punkte wurde wegen eines Pestausbruchs in Schweinfurt auf die künftige Versammlung in Nürnberg verschoben6. Am 13. November 1542 fertigte die Bundesversammlung von Schweinfurt aus eine Gesandtschaft zum Reichskammergericht nach Speyer ab, die am 4. Dezember 1542 das von Kursachsen und Hessen ausgearbeitete Rekusationslibell7 übergab. Am 13. Dezember 1542 wurde der Antrag der Gesandtschaft wegen nicht ausreichender Vollmacht und Verweigerung des Eids mit Anrufung der Heiligen vom Gericht als unstatthaft abgelehnt.
Das war der Stand der schmalkaldischen Angelegenheiten zum nominellen Beginn des von König Ferdinand auf 14. Dezember 1542 verschobenen Reichstags. In Schweinfurt war vereinbart worden, dass sich die Bündner zu diesem Datum für eine Fortsetzung der Beratungen in Nürnberg treffen sollten. Da man keine Nachrichten über den Aufenthaltsort des Königs und sein voraussichtliches Ankunftsdatum hatte, ließen sich die Schmalkaldener ebenso wie alle anderen Reichstagsteilnehmer mit ihrem Erscheinen in Nürnberg Zeit.
5.2 Das lange Warten auf die Eröffnung des Reichstags
In der Korrespondenz zwischen den habsburgischen Brüdern finden sich Überlegungen zur Vorbereitung des Reichstags von 1543 bereits im Anschluss an den Nürnberger Reichsabschied vom 26. August 1542. Angesichts der Tatsache, dass die nächste Reichsversammlung bereits elf Wochen später eröffnet werden sollte, drängte Ferdinand den Bruder, so wie bei den beiden vorangegangenen Reichstagen von Speyer und Nürnberg 1542, persönlich zu erscheinen oder sich zumindest in Italien aufzuhalten, um von dort der Erledigung der deutschen Angelegenheiten mit seiner Autorität Nachdruck zu verleihen. Sollte das nicht möglich sein, so wären geeignete Persönlichkeiten als kaiserliche Kommissare mit weitreichenden und klaren Vollmachten und Instruktionen auszustatten1. Wie der König seinem Bruder am 27. September 1542 schrieb (Nr. 1), hoffte er auf das Engagement Karls im Reich, da die von den Altgläubigen nicht anerkannte kaiserliche Regensburger Geheimdeklaration für die Protestanten (RTA JR Bd. XI, Nr. 949) und der braunschweigische Feldzug neue, bisher nicht gelöste Probleme auf dem Gebiet von Religion, Friede und Recht geschaffen hatten. Die mit 9. Oktober 1542 datierte Kredenz, die Vollmacht und die Abfertigung für die Kommissare wurden vom Kaiser in zwei Varianten an seinen Bruder übersandt, sowohl für fünf als auch für drei Kommissare (Bischof Christoph von Augsburg, Pfalzgraf Friedrich und Dr. Johann von Naves) (Nr. 44a–c)2. Diese Aktenstücke erhielt König Ferdinand erst am 25. Dezember 1542 in Wien und leitete sie umgehend an die Adressaten weiter (Nr. 16), verzichtete aber auf deren Instruktion, die der Kaiser vorgeschlagen hatte.
Die Kommunikation zwischen Karl und Ferdinand gestaltete sich im Vorfeld des Nürnberger Reichstags von 1543 besonders schwierig, da Stürme im Mittelmeer und der Krieg gegen Frankreich den Posttransport erheblich verzögerten und die beiden Brüder länger als zwei Monate keine Nachrichten voneinander erhielten, was Ferdinand in seinem Schreiben an Karl vom 18. November 1542 beklagte (Nr. 9)3. Granvelle, der sich am 7. Dezember 1542 wegen des Schlechtwetters, das seine Überfahrt nach Italien verzögerte, noch in Spanien aufhielt, äußerte dem Kaiser gegenüber sogar die Befürchtung, dass alle für den Reichstag vorbereiteten Aktenstücke erst nach Ende der Reichsversammlung in Nürnberg ankommen würden (Nr. 44f, Anm. 3). Diese Gegebenheiten verschafften dem König einen großen Handlungsspielraum bei der Vorbereitung des Reichstags4, den er nur teilweise nützte, da er die Ankunft des kaiserlichen Generalorators Granvelle abwarten wollte.
Die von Ferdinand gewünschte persönliche Teilnahme Karls am Reichstag, die Leitung des für Frühjahr 1543 neuerlich geplanten Türkenzugs oder die Entsendung von Reitern und Fußknechten nach Ungarn kamen für den Kaiser wegen des Krieges mit Frankreich nicht in Betracht5. Allerdings erforderten die Vorbereitung des Konzils, die Sammlung kaiserlicher Truppen gegen Frankreich und die schwierige Situation im Reich, dass Karl V. seinen premier ministre Nicolas de Granvelle mit einer Generalvollmacht nach Italien und Deutschland entsandte6, wo dieser nach der Überfahrt von Spanien und nach seiner Reise durch Italien erst am 26. Januar 1543 in Nürnberg ankam. Er sollte den Reichsständen die Intentionen Karls V. klar machen und gemeinsam mit dem König den Reichstag abhalten. Als Nachfolger des Großkanzlers Mercurino di Gattinara hatte er in seiner Funktion als führender Minister Karls V. zwischen 1530 und 1550 großen Einfluss auf die politischen Entscheidungen des Kaiserhofes, da ihm die Leitung der Geschäfte in den Niederlanden, im Reich, in Frankreich, England und den nordeuropäischen Staaten unterstand. Sein Einfluss auf den Gang der Verhandlungen des Nürnberger Reichstags von 1543 ist gar nicht hoch genug einzuschätzen. In seiner Rede vor den Reichsständen zu Anfang des Reichstags (Nr. 197) und in zahlreichen Sonderverhandlungen mit vielen alt- und neugläubigen Reichsständen war er mit Verlockungen, Drohungen und taktischem Geschick bestrebt, die kaiserlichen Interessen durchzusetzen, pragmatisch zwischen den Konfessionsparteien zu vermitteln und die partikularen Interessen mächtiger Reichsstände (Kursachsen, Hessen, Bayern, Braunschweig-Wolfenbüttel) im Sinne habsburgischer Machterweiterung zu nützen. Sein umfangreicher Briefwechsel mit dem Kaiser und Königin Maria, (Kap. XII.A) gibt Einblick in sein einflussreiches Wirken als wichtigster Protagonist habsburgischer Reichstagspolitik neben dem König7.
Ferdinand war bestrebt, möglichst viele Fürsten zum Besuch des Reichstags zu motivieren. Ein besonderes Anliegen war ihm das persönliche Erscheinen des Kurfürsten von Sachsen und des Landgrafen von Hessen, nicht nur wegen der Finanzierung des Winterlagers und wegen ihrer Beiträge zur Türkenhilfe, sondern auch um die Haltung der Bundeshauptleute im Konflikt mit dem König von Frankreich und dem Herzog von Jülich zu sondieren. Deshalb instruierte er seinen Rat Dr. Andreas von Könneritz am 8. November 1542 für eine Werbung bei Kursachsen und Hessen (Nr. 6). Auch am Erscheinen Herzog Moritz’ von Sachsen in Nürnberg zeigte der König großes Interesse, wie er dem sächsischen Rat Georg von Carlowitz schrieb (Nr. 8). Aber alle Bemühungen des Königs um persönliche Präsenz der Fürsten, u.a. des Bischofs von Würzburg (Nr. 14), blieben vergeblich. Selbst eine zweite Werbung des Rates Dr. Könneritz bei Kurfürst Johann Friedrich von Sachsen (Nr. 15) und eine am 20. Januar 1543 datierte nochmalige königliche Aufforderung an verschiedene Reichsfürsten (Nr. 23), darunter auch Landgraf Philipp von Hessen (Nr. 24), den Reichstag zu besuchen, brachten nicht das gewünschte Ergebnis. Die schmalkaldischen Bundeshäupter zögerten offenbar, in einer für sie unsicheren Situation, bedroht vom Achtspruch des Reichskammergerichts und einem Vergeltungsschlag Herzog Heinrichs, ihr Territorium zu verlassen und nach Nürnberg zu reisen.
Im Dezember kam nur ein kleiner Teil der reichsständischen Gesandten in Nürnberg an, allen voran am 1. Dezember 1542 der kaiserliche Vizekanzler und Reichstagskommissar Dr. Johann von Naves8 gemeinsam mit den burgundischen Räten. Sie hatten auf dem Weg nach Nürnberg Kurfürst Ludwig von der Pfalz in Heidelberg aufgesucht, um sich seiner Unterstützung gegen Frankreich und Kleve zu versichern und ihn um persönliches Erscheinen oder eine geeignete Vertretung am Reichstag zu bitten9. Das langsame Ankommen der Reichsstände setzte sich im Januar 1543 fort, wie den verschiedenen Anwesenheitslisten (Nr. 42a–d) und den vor Eröffnung des Reichstags verfassten Berichten aus Nürnberg zu entnehmen ist (Nr. 41, Nr. 316, Nr. 325, Nr. 383). Im Januar 1543 war Valentin von Tetleben, Bischof von Hildesheim, der einzige persönlich anwesende geistliche Reichsfürst vor Ort. Die Anwesenheit des kaiserlichen Kommissars Pfalzgraf Friedrich ist für die zweite Januarhälfte bezeugt10, der dritte Kommissar, Bischof Christoph von Augsburg, musste von König Ferdinand am 3. Februar nochmals aufgefordert werden, endlich in Nürnberg zu erscheinen (Nr. 28).
Von den Schmalkaldenern kamen als erste ab Mitte Dezember 1542 die Gesandten Kursachsens, Hessens und Frankfurts in Nürnberg an, es folgten im Laufe des Monats Januar die oberländischen Städte Straßburg, Schwäbisch Hall, Augsburg, Esslingen, Ulm und Heilbronn, da sie die in Schweinfurt begonnenen Beratungen fortsetzen wollten. Sie nutzten die lange Zeit bis zum Beginn des Reichstags und danach, um sich mit den Problemen, welche die Rekusation des Reichskammergerichts geschaffen hatte, auseinanderzusetzen11.
Auch die Altgläubigen, allen voran der Führer der katholischen Aktionspartei, der bayerische Rat Dr. Leonhard von Eck, waren bis zur Eröffnung des Reichstags nicht untätig. Die führende Rolle Ecks im Lager der Altgläubigen während des Reichstags ist ähnlich hoch einzuschätzen wie jene des Generalorators Nicolas de Granvelle als Proponent habsburgischer Interessen. Obwohl Eck einfacher Rat in Diensten Herzog Wilhelms IV. und nicht Kanzler war und seinen Ratskollegen formal nicht übergeordnet, spielte er ihnen gegenüber gerne seine Überlegenheit aus, indem er sich über ihre Meinung hinwegsetzte und dabei auch die Politik der Herzöge nach seinem Gutdünken in die ihm genehme Richtung lenkte. Er hatte einen beispiellosen Einfluss auf alle Entscheidungen und war in seiner Eigenmächtigkeit als Minister in der bayerischen Politik des 16. Jahrhunderts einzigartig12. In zahlreichen Berichten von Reichstagsgesandten aller politischen Lager und Kurien werden seine Überheblichkeit und die taktischen Winkelzüge seiner Verhandlungsführung am Reichstag geschildert und kritisiert.
Eck plante, am 15. Januar nach Nürnberg aufzubrechen und kam am 21. Januar 1543 an der Malstatt an13. Seine Gefühle in Hinblick auf den kommenden Reichstag waren ambivalent bis skeptisch, besonders was die Person des kaiserlichen Generalorators Granvelle betraf, den er äußerst kritisch beurteilte14. Am 24. Januar 1543 beriet sich Eck mit dem Mainzer Kanzler Dr. Jakob Jonas15 über die Situation im Reich, vor allem über das Vordringen der Reformation im Erzstift Köln und die Lage in Braunschweig, wobei Eck ein militärisches Eingreifen zu Gunsten Herzog Heinrichs ablehnte und die geplante Vermittlerrolle Bayerns ansprach. Das Misstrauen gegenüber Granvelle betonten sowohl der bayerische Rat als auch der Mainzer Kanzler16. Eck pflegte in dieser Vorphase des Reichstags auch Kontakt mit den hessischen Räten, mit denen es in Anschluss an das Gespräch mit Dr. Jonas zu einer ersten Unterredung kam. Die hessischen Gesandten legten ihm die bei der Eroberung Wolfenbüttels erbeuteten Akten aus der Kanzlei Herzog Heinrichs vor, welche die kriegerischen Absichten Herzog Ludwigs von Bayern, seines Rates Weissenfelder und des Kaisers gegen die Schmalkaldener enthüllten. Das konterkarierte die Pläne Ecks, der sich ungeachtet aller religiösen Differenzen um ein Bündnis mit Kursachsen und Hessen bemühte, um fürstliche Machtansprüche gegenüber Habsburg durchzusetzen17.
Die zu Weihnachten 1542 bestehende Unsicherheit über das Ankunftsdatum des Königs (Nr. 41), die mehrmalige Verschiebung seiner Ankunft18, die vom Türkenfeldzug 1542 in Ungarn mit ansteckenden Krankheiten in die oberländischen Städte heimkehrenden Soldaten, über welche die Frankfurter Gesandten in alarmierender Weise berichteten (Nr. 383), und Gerüchte über Rüstungen, von denen man nicht wusste, wem sie zugute kommen sollten19, ließen die meisten Reichsstände mit der Abfertigung ihrer Gesandten zuwarten.
König Ferdinand brach am 2. Januar 1543 von Wien in Richtung Nürnberg auf. Auf der Reise traf er laut einem Bericht der kursächsischen Gesandten20 mit den Herzögen von Bayern und einigen Bischöfen in Schärding zusammen, wahrscheinlich um über Angelegenheiten des Nürnberger Bundes und das Vorgehen auf dem künftigen Reichstag zu beraten und die Herzöge zum Besuch des Reichstags aufzufordern. Es dauerte bis zum 17. Januar 1543, bis er mit seinen beiden Söhnen, den Erzherzögen Maximilian und Ferdinand, feierlich in Nürnberg einzog (Nr. 81, Nr. 84). Die ersten Tage in der Reichstagsstadt verbrachte der König damit, partikulare Verhandlungen mit einzelnen Reichsständen und den Kommissaren zu führen. Die Schmalkaldener wollten mit ihren Klagen über die Verfolgung durch das Reichskammergericht die Eröffnung des Reichstags nicht abwarten und machten bereits am 25. Januar 1543 eine Eingabe bei König Ferdinand und den kaiserlichen Kommissaren wegen Suspension der Prozesse des Reichskammergerichts (Nr. 151). Nachdem sich Ferdinand mit Granvelle, der am 26. Januar 1543 mit seinem Sohn Antoine, Bischof von Arras, in Nürnberg eingetroffen war, über die anstehenden Probleme und die kaiserlichen Direktiven beraten hatte (Nr. 309), ließ er am 31. Januar 1543 den Reichstag mit Verlesung der königlichen Proposition eröffnen.