Deutsche Reichstagsakten, Reichsversammlungen 1556 – 1662 Der Reichstag zu Regensburg 1556/57 bearbeitet von Josef Leeb

Übernahme des Präsidentenamtes möglichst durch den Kg. persönlich. Festlegung der Anzahl der Kolloquenten, Anzahl der übrigen Gesprächsteilnehmer. Leitungsaufgaben des Präsidiums. Aktenanfertigung und –verwahrung. Aufgabe und Funktion der Kolloquenten. Strittige Entbindung der katholischen Kolloquenten vom Eid an den Papst. Geheimhaltung der Verhandlungen und Akten. Handgelübde der Kolloquenten und Adjunkten. Deren Rechtssicherstellung. Nominierung der Teilnehmer.

Es handelt sich um einen von J. U. Zasius angefertigten khurtzen sumari bericht, den er seinem Schreiben vom 27. 2. 1557 an Kg. Maximilian von Böhmen anstelle des nicht fertig gestellten Protokolls beilegte, um ihn über die Verhandlungen im Religionsausschuss zu informieren1. Anhang (Teilnehmerliste) späteren Datums: Nach 3. 3. (Festlegung der katholischen Teilnehmer) und vor 8. 3. 1557 (Sextuplik2, in der die Alternative beim 3. Platz der katholischen Adjunkten geklärt ist).

Der Bericht wird aufgrund der guten Zusammenfassung der Verhandlungen dokumentiert, auch um den Anmerkungsapparat beim Protokoll des Religionsausschusses zu entlasten.

HHStA Wien, RK RTA 38, fol. 516–528 (Kop.) = Textvorlage. Weitere Kop.: Ebd., fol. 505–515’ (zusätzliche Überschr.: Summari relation von ervolgtem ganntzen tractat deß bedachten colloquii zu Regennspurg, anno 1556 unnd anno 1557 biß auff den 27. Februarii. Dorsv.: Bericht deß verglichnen und beschlossnen colloquii.) = B. Vgl. Laubach, Ferdinand I., 189.

/516/ Kurtzer bericht von ervolgter beratschlagung unnd vergleichung deß fürgenomnen unnd beschlossnen colloquii.

Erstlich hatt solche berathschlagunng drey unnderschidliche thaill: Der erst, dza von denn personen gerathschlagt worden wer unnd wievil derselben sein sollen, der annder vom amppt unnd verrichtung derselben personen, der dritte von der materi et rebus, inn solchem colloquio zue tractieren unnd zue hanndlen.

Sovilb den ersten thaill, alls die personas, anlanngt, ist am vördersten die presidenntz fürgefallen, unnd ainhellig beschlossen worden3, daß die röm. kgl. Mt. durch gemeine stennd zum unnderthenigisten und embsigisten ersuecht werden solle, solche presidenntz auff sich zunemen unnd deren inn der person abzuwarten; mitt dem gehorsamen erbietten, daß irer Mt. von denn churfürsten, gaistlichen unnd weltlichen, jedes stannds zween, also auch zweenn von denn gaistlichen unnd welttlichen fürsten beder religionen inn gleicher annzal alls beysaß umnd mittrath solcher presidenntz auch inn iren aignen personen sollen adjungiert unnd zuegeordnet werden.

Bei deme gleichwol die chur- unnd fürsten räth der augspurgischen confession, so zu dem ermeltten religion ausschuß verordnet, anngehennckht, da aber ye ir kgl. Mt. /516’/ mit ir person solchem werckh nit ausswarten woltt oder möchte, daß sy alßdann inn gleicher underthenigkheitc zu bitten, die kgl. W. zu Böheim an ir statt zuverordnen. Deß aber die gaistlichen noch zur zeit nit für rathsam geachtet, sonnder auff dem bestannden, daß die kgl. Mt. zum vordersten allain unnd pure on ainichen anhanng zu bitten unnd auff derselben personend zuebeharren sein solte. Dessen die confessionistischen letstlich auch einganngen unnd sich darauff mitt den anndern verglichen.

Alls man nun nach erzeltter erledigunng der presidenntz weitter fürgeschritten unnd erstlich von den colloquennten unnd derselben adjuncten, item von auditorn unnd notarien, wievil dern allenthalben fürzunemen unnd waß gestalltt sy qualificiert sein solltten, geredt4, hatt sich erstlich diee difficultet erregt, das der catholischen thaill die colloquenten gernn inn gerinnger anzaal gehabbt, aber der augspurgischen confession verwandte auff ainer stattlichen unnd grossen anzal solcher colloquenten gestannden, dessen auch ain jeder seine ansehenliche unnd vernünfftige bedennckhen unnd erhebliche motif gehabbt. Dann die catholischen es darfür gehalltten, ye ennger solch werckh eingezogen, ye mehr fruchtbarer aussrichtungf darbei zuverhoffen sein; dessen dann vil stattliche ursachen unnd darnebeng dargethon worden, was die weittleffigkheit der vorigen colloquien gewürckht und verursacht. /517/ Dargegen der augspurgischen confession verwanndte auch mitt gueter ausfüerunng erzeelt, was nit allain inen, sonnder dem gemeinen werckh zum besten daran gelegen, das der colloquennten vil seyen. Dann je mehr unnd weitter sich ir confession inn alle lannd theüttscher nation aussgethailltt, ja auch auff anndere khünigreich unnd völckher erstreckht, ye hoher unnd grösser were die vile der colloquennten von nöten, damitt von allen landen theologi irer religion dazue gezogen unnd sich niemandt zu beschweren het, das er davon abgesündert noch aussgeschlossen were, unnd also fürkhommen, das nicht erst nach volenndtem colloquio anndere, so nit darzu gezogen worden, sich solchem tractat widersetzen, ditz oder jheneß darinn tadlenn unnd fürgeben möchte, wann er darbey gewesen, das ditz oder jhenes nit also eingeganngen, bewilligt oder nachgesehen sein solltte, unnd dardurch die theologi unnder inen selbst inn ain annder wachsen unnd der letste irrsal schadlicher alls der erste volgen möcht etc.

Derwegen unnd dem allem nach hinc inde gewichen, unnd darauff lettstlich nach lannger disputation und verzerunng viler täg5 aller deß colloquii personen halb nachvolgennder massen gemittlt worden: 1) Das von jederseits religion der colloquennten 6, und also überal 12 colloquennten sein sollen. 2) Das auch jederthail religion seinen colloquennten noch 6 adjuncten zuordnen, unnd die colloquennten jedeßthails vor allen zuesamenkhunfften sich mit den- /517’/ selben 6 adjuncten unnderreden, die sachen berathschlagen unnd vergleichen, doch inn dem colloquio zue jederseits auß ainem munnd reden sollen, wie sich ain jeder thaill zue jeder zeit sich seinns referennten under sich vergleichen wurdeth. 3) Also das allenthalben der colloquennten 12 unnd derselben adjuncten 12 annder sein sollen, daß seind 24 personen.

4) Ist man auff 6 auditorn zue jedem theill verglichen, welche von mehrer authoritet unnd ansehen weegen deß colloquii unnd tanquam testes darbey sitzen unnd ansehenliche weltliche, politische personen unnd chur- unnd fürstliche fürneme räth, unnd also derselben überal 12 sein sollen.

5) Ist man auch auff 4 notarios, so erfarne unnd gelerte doctores theologiae sein sollen, verglichen, welche alle acta colloquii vleissig prothocollieren sollen. 6) Das auch denselben notarien noch zween andere notarii mittgehilffen6, die inen inn aller verrichtung unnder die arm greiffen, zuegeordnet werden sollen.

Also daß der personen, zu dem colloquio geordnet, inn allem 45 sein sollenh.

Der anndere thayl, alls nemblich die berathschlagunng der offitien, amppter unnd verrichtung der presidenten, colloquennten und anderer zum colloquio gehörennder personen, ist auff nachbesagte underschiedunng gestelltt worden:

/518/ Erstlich auff das ampt der presidenntz inn nachvolgenden stuckhen unnd verrichtungen7:

1) Ansag und benennung der stunnd der zusamenkhunfft, daß die von der presidenntz heer volge. 2) Betrefennd die bestrickhung der personen deß colloquii, alls der colloquennten, irer adjuncten unnd der 4 notarien etc., dieselben alle inn pflicht zunemen unnd mitt hanndtgegebner treu an aidts statt also zu bestrickhen, wie deß die verglichen form solcher bestrickhung8 aussweist. Allain sollen die 4 notarien inen leiplich beaidet werden etc. 3) Daß proponieren belanngent, so niemandt alls der presidenntz zugehörig, doch allain ain session unnd tractat auff denn andern, wie das colloquium an im selbst geben würdt, zu continuieren, unnd also zu jeder session den anfanng in genere zu machen unnd sich umb dasi principal unnd die articl, darumb zu colloquieren, gar nit anzunemen. 4) Item einsehen zuhaben, das khein thaill dem andern inn die red fal, sonnder ainander wol unnd zur noturfft aussreden lasse. 5) Item sich unvermerckht zuhalten unnd weder publice noch privatim ainichem thaill weder zu- noch abvahl zuthun. 6) Item darob zu sein, wann ain colloquent aines jeden thails aussgeredt unnd ain andern seiner mit colloquenten ettwas weitter hin zuemelden oder seins collegae fürbringen besser erclären oder, da ettwas /518’/ durch ine vergessen, nochmals anzaigen wollte, das er daran nitt verhündert, sonnder ain solches ordenlicher weiß verstattet, unnd also ain jeder thail zur notturfft wol unnd gnuegsam gehört werde. Darumben auch der presidennt, so offt ain colloquennt aussgeredt, die andern colloquennten desselben thails religion befragen soll, ob yemandt auss inen etwas weitters darzu reden wolte etc. Item gut auffmerckhen zu prauchen, damitt die bedacht custodia actorum ordennlich gehalltten unnd solcher verwarung der acten halben khain mangel erscheine, sonnder gleich zue anfanng deß colloquii ain dreyschlüssige truhen bestellt unnd dieselben drey schlüssl durch dreyerley unnderschidne behelltnus verwart, dem obersten presidennten ain schlüssel, der ander seinen assessorn der alltten religion unnd der dritte dem andern assessorn der augspurgischen confession zuegestelt, unnd zuj allen malln inn gemeiner gegenwerdt ermelte truhen auff- unnd wider zuegesperrt werde, so offt man die acta herauss nemen unnd widerumb hinein legen würdeth. k–Item darob zu sein, damitt zu jedem mahl unnd bei jeden sessionen, ee dann man von ainander schaidt, durch notarien unnd substituten die acta derselben session aigenntlich conferiert unnd richtiglich collationiert werden, ee dann sy widerumb inn die truhen geleggt–k. /519/ Unnd dann, daß auch sonnsten inn allem übrigen daß fürgenommen colloquium ordennlich unnd dermassen gehalltten unnd vollendet, damitt alle sachen rite et concedentil modo et ordine gehanndlt unnd nachgesetzt werde, so der form unnd proceß halben weitter specificiert, beschlossen unnd disponiert werden.

Volgt das ampt unnd verrichtung der colloquennten und irer adjuncten:

Erstlich sollen sy der presidenntz irm pflicht thuen mitt hanndtgegebner treu, wie die form derselben pflicht, hierunden vermeldt, weitter ausweist. Item sy sollen auch derselben einpündung oder pflichten allennthalb gestrackhs nachsetzen unnd alles deß, so der presidenntz offitii ist, auff dieselb presidenntz ir auffsehen haben unnd derselben gehorsamen. Item sy sollen sich auch allerseits zuvor, ee man inn publico colloquio zuesamen khombbt, unnder ainander sambbt iren adjuncten zuvor auff deß, so fürzubringen, nottürfftig underreden. Sollen auch zu beeden thailn auss ainem mund reden, also daß allemaln von aim jeden thaill religion nur ain colloquennt die notturfft seiner ganntzen parthey rede, doch demn annderen seinen colloquenten unbenommen, wie auch oben bey der presidentz verrichtung angezaigt, da ainer auss inen /519’/ ettwas weitters darzu reden oder daß beschehen fürbringen besser erclären oder bewehren wolltt, solches mitt guetter beschaidennheit zue thuen, doch auff vorgeenndeso zuesprechen der presidenntz. Khains thails colloquennt soll dem anndern inn die red fallen, sonnder ainander zu nottürfftigem genuegen wol unnd gentzlich aussreden lassen. Aber der colloquennten adjuncten sollen sich zu beden thailln im colloquio alles offenntlichen redens enthallten. Eß soll auch weder den colloquennten noch iren adjuncten noch auch denn auditorn zuegelassen, sonnder verbotten sein, die acta colloquii zue excipieren oder auffzuzaichnen, sonnder ain solches allain den 4 notarien gebüren, doch unbenomben, daß ermelltte colloquenten ire schreib täfelen mit inen nemen unnd die capita rerum, davon colloquiert unnd ainander opponiert würdeth, allain pro memoria auffmerckhen mügen. Die colloquennten unnd ire adjuncten sollen auch dem collationieren der acten samentlich beywonen unnd, damitt dieselb ordennlich unnd gebürlich ervolgte, wol beflüssen auffmerckhens haben.

Was dann das ambbt unnd verrichtung der auditorn unnd notarien belanngt, ist oben mitt kürtz ir bevelch angezaigt worden.

Unnd also volgt nun der dritte thayl dises tractats, de materia et rebus.

Bey disem dritten thaill, alls de materia et rebus, /520/ das ist, warauff die colloquenten das colloquium allerseits stellen unnd regulieren solltten, hatt sich inn dem verordneten gemeinen ausschuß vilveltige unnd allerhand stattliche disputation zugetragen, die sich auch auff ettwa vil täg erstreckht unnd verzogen9. Unnd ist sonnderlich diser stritt fürgefallen, das die gaistlichen auff disen weeg gangen, daß khain thail der religion dem anndern hierinn solltte maß geben, sonnder ain yeder thail mitt fürlegunng seiner religion inn daß colloquium gefaßt khommen soltten; inn dem auch sy, die gaistlichen, sich erbotten, sich mitt assertionibus irer religion hie zwischen deß anfahenden colloquii zuverfassen etc. Hergegen seinnd die augspurgischen confession verwanndte auff irer confession beharret, alls nemblich, daß dieselb, wie sy anno 31 [!] zu Augspurg übergeben worden, fürgeleggt unnd darauff colloquiert werden solltte; wie dann solches hievor inn denn jüngst gehallttnen colloquiis auch beschehen, unnd deßwegen dem vorigen proceß unnd exempel wol zue innherieren wer etc. Unnd wiewol darunnder auch fürgefallen, daß die gaistlichen nit ungern gesehen unnd den khuniglichen räthen, so von Osterreich weegen im ausschuß gesessen, für ain mittel fürgeschlagen, daß die kgl. Mt. mitt ainem puech, darauff zu colloquieren, gefast sein unnd dasselb alls oberster presidennt fürlegen möchte10, so haben es doch dieselben khüniglichen räth mitt vorwüssen der kgl. Mt. nit für guet an- /520’/ sehen wellenp, sonnder die gaistlichen also davon gewüsen, unndq hernach inn gemeinemr rath deß außschuss deßwegen nichts fürkhommen. Es hetten aber dieselben khüniglichen sambbt den bayrischen räthen wol leiden mügen, daß sich die gaistlichen auch auff die augspurgisch confession, anno 31 übergeben, eingelassen unnd daß dieselb als die materi, darauff zue colloquieren, fürgeleggt worden wer. Alls es aber ermelltte gaistliche beharrlich bestritten unnd auff solche confession sich nitt einlassen oder jetzo ettwas darauff disponieren wellen, so haben dem allem nach unnd nach lannger hanndlung viler täg Osterreich unnd Bayrn sich abermaln interponiert unnd solchen stritt lettstlich dahin gemittleth, daß solches denn colloquenten precise zu bevelhen unnd haimbzustellen und jetzo alhie nichts zu specificieren, so die materi unnd res, darauff zu colloquieren, belanngte, sonnder berürten colloquenten gentzlich haimbzuegeben, sich solcher materi selbst underainander zuvergleichen unnd inen darinn gars khain maß zue setzen; wie dann hievor unnd sonderlich im lettsten colloquio, alhie zue Regennspurg anno 45 [!] gehalltten, auch gepflogen worden, unnd sich die colloquenten damalls selbst unnder ainander unnd inn ainem vormittag verglichen, nemblich auff die mehrbesagtt confession, anno 31 [!] zu Augspurg exhibiert etc.11

Es ist aber auch hernach bey disem puncten /521/ merckhliche unnd zum thail ettwas hässige disputation unnd strittigkheit zwischen denn gaistlichen unnd augspurgischen confession verwanndten stenden, im ausschuss begriffen, fürgefallen inn dreyen besonndern underschidlichen vählen: Erstlich von wegen qualification der colloquenten und adjuncten. Am andern der gehaimbhalttung halben der acten deß colloquii biß zue offenntlicher relation an gmeiner stennd. Unnd zum dritten die verlibttung oder verpflichtung12 der colloquenten unnd irer adjuncten betreffendt.

Bey dem ersten vahl hatt sich der hefftigist stritt zwischen beederseits religion stennden und räthen inn dem erhalltten, daß der augspurgischen confession verwandte für nottwenndig erachtet, daß die colloquennten unnd ire adjuncten auch irer pflichten, damitt sy dem babst oder sonst yemandt anderm zuegethan, zu disem werckh deß colloquii erlassen werden, unnd dasselb sambbtt dem anhanng, daß auch solch colloquium khainem, so darzue gepraucht, an seinem stannd, ambbt, eer, leib und guet verletzlich sein solltt etc., durcht ain sondere disposition soltte zu providieren und zuversechenu sein13. Unnd deß auss diser fürnemblichen ursach, das solches darumb ain notturfft, damitt die colloquenten frey unnd ungescheücht reden und wie sy die sachen in iren conscienntzen unnd gewüssen versteen unnd mainen, also auch on allen respect und unverhündert ainicher pflichten aussprechen und an tag geben möchten. /521’/ Inn dem dann auch durch sy ettwas scharpff unnd zum thaill hässig angezogen worden, daß man guet wissen hett, mitt was pflichten die gaistlichen, sonderlich die ertzbischoff, dem stuel zu Rom verwandt unnd zuegethon, was auch vilen derselben für pflichten und juramentv, damitt iere capittel sie inn iren electionen verkhnipfft, obligen thätten, die dann ainß thails also beschaffen, das alle reformation der hohen stifft dardurch abstrickht unnd verhündert würden. Solltte dann derselbe[n] bischoff ainer oder mehr, wie nit unvermuettlich, inns colloquium khommen, das möchte den hanndel mehr verhündernw etc. So hette es mitt den doctoribus theologiae auch ain solche gelegennheit, und weren die jurament, damit sy bey bederseits religionen inn iren promotionen, wann inen der gradus doctoratus gegeben, beladen wurden, also gestalttet, daß auch dieselben jurament sy abhalltten möchten, frey unnd ungescheücht von der heilligen religion zu reden, weill die jhenigen, so daß doctorat inn der theologi auff den catholischen universiteten empfienngen, auff dieselbe religion precise und gestrackhs, die anndern aber, so bey der augspurgischen confession verwanndten hohen schuelen zu solchem doctorat khämen, gleichsfalls auff dieselbe confession schweren unnd sich darauff leiblich beaidigen lassen müeßten. Wann dann diß colloquium allain von weegen vergleichung der religion unnd das die spallttung derselben durch gottselige, christliche mittel verglichen unnd verainigt werden möchte, /522/ fürgenomen, so wurde zum höchsten von nötten sein, daß ain thaill dem anndern ettwa weichen thätt, deß aber bey dem werennden pand diser beederseits juramenten nit beschehen khündt.

Alls nun dises ettlich täg seer weittleeffig unnd, wie gemelltt, auch ettwas hefftig unnd hässig hin und wider disputiert, auch durch Österreich und Bayrn vil mittl fürgeschlagen unnd versuecht worden, aber die gaistlichen daß wortt „pflichterlassung“ khurtzumb inn die disposition nit haben khommen lassen wellen, damitt es daß ansehen nit hett, alls weren die ierigen mitt solchen pflichten verhafft, von deren weegen die freyheit, von christlicher, göttlicher waarheitt zu reden, abgestrickht, so haben es auff die letst dieselben österreichischen und bayrischen rätth auff ain solche vergleichung gemittleth14, darinn der effectus der augspurgischen confession verwandten angeregter auffhebung halben der pflichten gesetzt unnd die gaistlichen mitt nachthailiger expression unnd ausstruckhung sonnderlich deß worts „pflicht“ halben etc. verschonet bliben, wie die nachvermeldeth verglichen form der bestrickhungx der colloquenten etc. weitter zu erkhennen gibbt.

Bey dem andern vahl, alls von weegen gehaimbhalttung der acten etc., ist erstlich der stritt geweßt, ob dieselben acta auch den churfursten, fursten unnd hern, von denen die colloquennten, adjuncten und audi- /522’/ torn verordneth, nit communiciert unnd, weß gehanndelt, inen nit referiert werden möchte. Inn welchem die confessionistischen gleichwol anfanngs der mainung gewesen, daß kheinem thaill benomben sein solltt, seiner herrschafft, von deren er daheer verordneth, solche acta zu communicieren etc. Alls aber die catholischen, zumal gaistlich unnd welttlich, darwider vil erheblicher ursachen angezaigt und begrünttlich aussgefüert, wellicher massen solche comunication und divulgation nur schädliche weittleffigkheit und verwürrung causieren unnd ursachen würde, so haben sich die augspurgischen confession verwandten in dem mit den catholischen auch und dahin verglichen, daß weder der kgl. Mt. noch auch ainichem stannd deß Reichs ichtes von solchem colloquio und desselben actis vor gemeiner publication communiciert, sonder durch die 4 notarios 4 exemplar solcher acten verfaßt unnd mundiert, dieselben aber bey ainander auch nach geenndtem colloquio inn der dreyschlüssigen truhen verwardt bleiben solltten biß zu nechster Reichs versamblung, da dieselbe truhen eröffneth unnd allen thaillen von solchen acten offenntliche relation gethan werden sollte; der gestalltt, daß der kgl. Mt. alls presidenten ain exemplar, das annder den chur- und fürsten deß catholischen thaills unnd das dritte den assessorn, auch chur- und fürsten, die von dem thaill der aug- /523/ spurgischen confession verwanndtnuß herzu verordnet, mittgethailltt, aber das vierdte exemplar inn deß Reichs meintzische canntzley überantwort unnd darinn bey andern Reichs acten behalltten werden solltt.

Sovil dann lettstlich den dritten vahl betrifft, alls nemblich die verlübdung unnd pflicht der colloquenten unnd anderer deß colloquii personen etc., ist solches zwischen den gaistlichen unnd der augspurgischen confession verwandten durch der österreichischen und bayrischen räth lannge und vilveltige gepflegne underhandlung15 lettstlich mitt grosser müee y–auff ain disposition unnd contextum, so deßwegen–y inn denn alhieigen Reichs abschied zu pringen, also verglichen, wie von wortt zu wortten volggt; unnd ettliche andere mehr beschwerliche strittigkheiten durch solche disposition unnd vergleichung auffgehebbt unnd verainigt worden. Unnd lauttet dieselb disposition unnd vergleichung also16:

„Unnd auff das desto mitt mehrerem vleiß und ernst die christlichez ainigkheit gesuecht und gefürdert werde, bedenckhen die stennd, räth, pottschafften und gesandten für nottwenndig, daß die röm. kgl. Mt. alls obrister president sambbt den assessorn von obgedachten colloquenten und adjuncten handglübdt an ayds statt zunemen und inen mit sonderm ernst einzubinden, das sy, die colloquenten, so von der alltten religion, und desselbigen gleichen die andere, so von der augspurgischen confession verwanndten verordnet, unnd derselbigen adjuncten /523’/ von den articln unnsers christlichen glaubensaa auff die form, maß unnd ordnung, wie sy sich deren zuvergleichen, underreden unnd inn solchem christlichen gesprech zuvorderst die glori und eer deß almechtigen, die christliche warheit, die liebe deß nechsten unnd allgemeine ainigkheit, wie obgemelt, suechen, sich auch daran gar nichtzit, so dem allem zuewider sein möchte, verhündern lassen, wie sy sollichs für Gottes angesicht am jüngsten gericht gesteen und verantwurten wollten; daß sy, auch deßgleichen alle andere personen, so zu disem colloquio gehörig unndab gezogen (so gleicher gestalltt auch anzugeloben), inn khainerlai weiß, weder haimblichen noch offenntlichen, schrifftlichen noch mundtlichen, jemands, wer, auch was stands oder wesens derselbig sein möchte, weder khlain noch groß, auss disem gesprech oder der gantzen hanndlung zuentdeckhen, sonder syac jederzeit, wie obbemelltt, unnd sonderlich biß auff zeitt der gemeinen relation ratths weiß inn gueter still und gehaimbnuß zuebehalltten. Unnd solltt den verordneten colloquenten und adjuncten dise colloquution, waß sy sich darinnen verglichen oder nit vergleichen werden, an iren eehren, würden, leib und güetern unverletzlichen und unnachthaillig sein.

Sonnsten und zum beschluss ist auch für rathsamb erachtet unnd also ainhellig verglichen worden17, das yeder thaill beeder religionen noch auff gegenwürtigem reichstag sich seiner colloquenten und adjuncten halb entschliess unnd dieselben dem andern thaill vor ende deß reichstags namhafft machte etc.

/524/ Letstlich ist auch der zeit unnd ortt halben, wann unnd wo diß colloquium zu halltten, entlich verglichen worden18, daß der kgl. Mt. für den platz Wormbs oder Augspurg unnd für die zeit der tag Bartholomei19 schier khünfftig fürzuschlagen, damitt sich die colloquennten unnd adjuncten mittler weill umb sovil stattlicher und nottürfftiger gefaßt zumachen etc.

Von diesen Verhandlungen des Religionsausschusses wurde lediglich das verglichene Ergebnis in den Kurien vorgebracht und eine schriftliche Resolution dazu konzipiert und gebilligt, die dem Kg. am 23. 2. referiert wurde. Der Kg. hat dazu am 25. 2. schriftlich repliziert20.

[Späterer Zusatz21 :] /525/ Liste der von den katholischen Ständen benannten Kolloquiumsteilnehmer22 . [/525–526/ Die Liste entspricht der Festlegung in Nr. 433, fol. 45f., für Assessoren, Auditoren, Kolloquenten (hier lediglich an der 3. Stelle die Alternative: de Lanoy oder Goudanus), Adjunkten, Notare und Ersatznotare. Daneben nennt sie auch die katholischen Ersatztheologen, entsprechend deren Festlegung und Abfolge in Nr. 417, fol. 208f.].

/527/ Liste der von den CA-Ständen benannten Kolloquiumsteilnehmer. [/527–528/ Die Liste entspricht der Festlegung in Nr. 433, fol. 45’–46’; Ersatznotare hier nicht erwähnt].

Anmerkungen

1
 Bericht an Kg. Maximilian: HHStA Wien, RK RTA 38, fol. 540–546’, hier 544 f. Or.; präs. o. O., 7. 3.
2
 Nr. 433.
a
 erst, dz] In der Textvorlage nachträgliche Einfügung am Rand. In B wie die nicht korr. Fassung.
b
 Sovil] In B danach: nun.
3
 Beratung im Religionsausschuss am 10. 2. 1557: Kurmainz A, fol. 152’–161’ [Nr. 336].
c
 underthenigkheit] Fehlt in B.
d
 personen] In B: person.
4
 Beratung im Religionsausschuss am 15. 2. 1557: Kurmainz A, fol. 162–172 [Nr. 337].
e
 die] In B: dise.
f
 aussrichtung] In B danach: wurde.
g
 darneben] In B danach: clärlich.
5
 Die Beratungen im Religionsausschuss zur Anzahl der Teilnehmer am Kolloquium beschränkten sich auf den 15. 2. (wie Anm. zuvor).
6
 Die im Religionsausschuss am 15. 2. diskutierte Zuordnung von Substituten für die Notare wurde in die Quadruplik der Reichsstände [Nr. 431] nicht aufgenommen. Später [Sextuplik: Nr. 433] wurden Ersatzleute für die Notare benannt, um krankheitsbedingte Ausfälle kompensieren zu können.
h
 sollen] In B: werden.
7
 Beratung im Religionsausschuss am 15. 2. 1557 (wie Anm. 4), doch ist die Aufgabenbeschreibung weder dort noch in der Quadruplik [Nr. 431] so detailliert wie hier festgehalten.
8
 Vgl. die Quadruplik der Reichsstände [Nr. 431], fol. 488’ f.
i
 das] In B: desto.
j
 zu] Fehlt in B.
k–
 Item ... geleggt] Fehlt in B. 
l
 concedenti] In B: condeconto.
m
 ir] In B: die.
n
 doch dem] In B: unnd doch denn.
o
 vorgeenndes] In B: vorgemeltes.
9
 Gemäß dem Protokoll des Religionsausschusses beschränkte sich die Debatte um die Gesprächsgrundlage auf den Vormittag des 18. 2. 1557, mit dem Ergebnis, deren Festlegung den Kolloquenten zu überlassen (vgl. Kurmainz A, fol. 190’–195 [Nr. 340]). Länger zog sich allerdings der oben nachfolgend geschilderte Streit um die Eidesentbindung der Geistlichen hin.
10
 Vgl. die Verhandlungen des Ausschusses der geistlichen Stände am 7. 2. 1557: HHStA Wien, MEA RTA 43/II, fol. 347’ f. [Nr. 412].
p
 ansehen wellen] In B: angesechen.
q
 unnd] In B: das.
r
 gemeinem] In B: gehaimen.
s
 gar] Fehlt in B.
11
 Bezugnahme auf die Festlegung der Gesprächsgrundlage beim Kolloquium 1546. Vgl. Anm.8 bei Nr. 340.
12
 = Ablegung eines Gelübdes oder eines Eids.
t
 durch] In B: dardurch.
u
 zuversechen] Korr. nach B. In der Textvorlage verschrieben: zuverselten.
13
 Vgl. Religionsausschuss am 16./17. 2. 1557: Kurmainz A, fol. 174–189’ [Nrr. 338, 339].
v
 jurament] Korr. nach B. In der Textvorlage verschrieben: sacrament.
w
 verhündern] In B danach: alls fürdern.
14
 Vgl. Religionsausschuss am 17. 2. 1557: Kurmainz A, fol. 185–189’ [Nr. 339].
x
 bestrickhung] In B: verstrickhung.
15
 Verhandlungen im Religionsausschuss ebenfalls am 16./17. 2. 1557 (wie Anm. 13).
y–
 auff ... deßwegen] Fehlt in B.
16
 Vgl. RAb [Nr. 577], § 22.
z
 christliche] Korr. nach B. In der Textvorlage verschrieben: churfüstliche.
aa
 glaubens] In B: unnd vertreulichen [!].
ab
 unnd] Fehlt in B.
ac
 sy] In B: die.
17
 Religionsausschuss am 19. 2. 1557: Kurmainz A, fol. 197–198’ [Nr. 341].
18
 Religionsausschuss am 18. 2. 1557: Kurmainz A, fol. 195’–196’ [Nr. 340].
19
 24. 8. 1557.
20
 Quadruplik der Reichsstände und Quintuplik des Kgs. zum 1. HA (Religionsvergleich) [Nrr. 431, 432].
21
 Zusatz nur in der Textvorlage, fehlt in B. Der Zusatz wurde nachträglich angefügt, da die Teilnehmer erst in der Sextuplik der Reichsstände vom 8./9. 3. [Nr. 433] bekannt gemacht wurden, während obige Zusammenfassung nur bis zur Quadruplik vom 23. 2. bzw. Quintuplik des Kgs. (25. 2.) reicht.
22
 Hier nur Wiedergabe in Kurzform. Vgl. die entsprechende Liste mit den katholischen und protestantischen Teilnehmern in der Sextuplik der Reichsstände [Nr. 433]. Abweichungen: A) Bei den katholischen Adjunkten (3. Platz) oben Wahlmöglichkeit zwischen de Lanoy und Goudanus. B) In der Sextuplik fehlen die oben aufgelisteten katholischen Ersatzleute für die Theologen. Vgl. diese im Gutachten des katholischen Ausschusses [Nr. 463] sowie die Nominierung durch die katholischen Stände am 3. 3. 1557 [Nr. 417].