Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XIV. Band. Der Reichstag zu Nürnberg 1543 bearbeitet von Silvia Schweinzer-Burian, mit Vorarbeiten von Friedrich Edelmayer
Frankfurt ISG, RTA 54, fol. 182r–204r (Reinschrift von Sekretärshand mit einigen marg. Ergänzungen); AS fol. 182r: Relation der freund, so auf dem reichstag zu Nurnberg gewesen, uff Dinstag, den 8. Maij anno 43 beschehen.
Die thematisch in vier Teile gegliederte Schlussrelation beruht auf den Aufzeichnungen Lambs in den Protokollheften und auf den Folioblättern. Einerseits wird das endgültige Scheitern der Verhandlungen zu Friede und Recht zwischen Kg. Ferdinand und den evangelischen Ständen in der letzten Woche des Reichstags geschildert, andererseits handelt es sich um einen kursorischen Überblick über die Beratungen der verschiedenen ständischen Gremien (Reichsstände, Schmalkaldische Bundesstände, Reichsstädte, oberrheinische Kreisstände) im Gesamtrahmen des Reichstags. Die von Sekretärshand angefertigte Reinschrift enthält häufige Verweise auf Aktennummern (interne Nummerierung der Frankfurter Überlieferung), die hier ohne weitere Kennzeichnung weggelassen werden.
[
[
Und erstlichen euer W. vermelden, wie di furnemsten puncten, nemlich friedenß und rechtens, deßgleichen der hilf widder den Thurcken, zwischen der röm. kgl. Mt., unserm allergenedigsten herren, den stenden der augspurgischen confession und religion und den stenden deß andern thails biß zum ende verhandlet worden, waß auch sonst etlicher anderer sachen halben, so in gemeinem reichsrath furgevallen, bedacht oder beschlossen.
[
Zum dritten, waß bei den erbarn frei- und reichsstetten sich zugetragen.
Zum vierdten, waß di stende deß reinischen kraiß uf den nehern wormbischen kraißabschiedt [1542 Okt. 28] und sonst nach gelegenhait der hendel, wie sie jetzt uf den tag zu Nurmberg von neuem furgevallen, gehandlet haben etc.
Soviel nun den ersten thail und di puncten friedenß und rechtens, auch di begert hilf wider den Thurcken betrift, haben sich euer W. auß vorigen unsern schreiben und uberschickten handlungen genugsam zu erinnern, welchermassen di stende der augspurgischen confession friedens und rechtenß halben uber ir vielfeltigs und vleissigs ansuchen, bitten, erpieten, furgewandte vernunftige, gegrundte und statliche ursachen gar nichts erlangen und sich derwegen auß mangel bevelchs in di berathschlagung der thurckenhilf nit einlassen mogen, wie auch di stende deß andern thails fur sich selbs und on diße stende zu berathschlagung der hilf gegriffen etc., unnoth daß alleß zu erholen.
[
Nochdem aber di gesandten gemelter stende daß alleß ersehen, bewogen und dem verordneten außschuß ferner zu berathschlagen undergeben, haben sie befunden, daß die vorgeschlagenen mittel friedenß und rechtens halben inen gar nit annemlich gewesen, auß ursachen in beyligendem deß außschuß bedencken [Nr. 181] vermeldet. Und sich darauf einer kurtzen schriftlichen antwurt [Nr. 182] verglichen, di auch alsbald durch etliche verordnete der kgl. Mt. den 20. Aprilis furgepracht. Uf welche ir Mt. nach kurtz gehaptem bedacht ließ widerumb antzeigen: Ir Mt. sehe dißer stende weigerung und abschleglich antwurt nit gern, hette sich versehen, die gesandten sollten irer Mt. furschlags und waß sy bei den andern stenden erhalten zufrieden gewest seyn, in betrachtung, daß beyder [
[
Diß der kgl. Mt. antzeig nammen di verordneten, an di uberigen diesser stende gesandten zu pringen, und als sollichs denselben anpracht worden, haben sich di gesanten in gemein darauf widerum einer meinung und schriftlichen antwurt [Nr. 183] verglichen, welche euer W. hieneben zu ersehen etc., und di der kgl. Mt. alsbaldt desselben tags samptlich ubergeben. Welche antwurt di kgl. Mt. in fernern [
Aber darauf geben di gesandten diesser stende nach kurtz gehaptem bedacht widerumb antwurt und ließen eß bei voriger irer abschlegigen antwurt pleiben, doch bewilligten sy uf der kgl. Mt. genedigs gesynnen alle handlungen, so sich mit inen uf dießem reichstag zugetragen, iren herren und obern mit allem getreuen fleyß antzupringen etc., wie euer W. daß alleß auß beiligender schrift [Nr. 185] eigentlich zu vernemen haben. Und dieweyl diß di letzst handlung und der endtlich abschiedt gewesen, den di kgl. Mt.[
Uber daß alleß hat di kgl. Mt. volgendts tags, den 23. Aprilis, die kfl. sachsischen und di hessischen räth zu sich ervordert, doch jedes theil sonderlich vor die handt genomen und denselben vast ein gleiche meynung (wie wir bericht) aigner person allain furgehalten, nemlich wie ir Mt. allen vleyß furgewandt, damit dieße stende ir beger friedenß und rechtens halben hetten mogen erlangen, eß were aber sollichs bey den andern stenden nit zu erhalten, aber an irer Mt. genedigen willen nie khain mangel gewesen. Daß sollten die gesanten bedenckhen und die handlungen iren herren treulich anpringen und befordern helfen, damit die hilf [
Gleicher gestaldt hat ir Mt. alsbald auch di gesandten der stet Straßburg, Augspurg und Ulm erfordert und inen ein gleiche meynung, doch nit so flelich, furgehalten und erzelet, waß die ksl. und ir kgl. Mtt. und dern vorfarn bey den steten allweg gethon etc., mit genedigem gesynnen, sy wollten sollichs den uberigen der stett gesandten auch antzeygen. Als aber die gesandten ermelter stett ire beschwerden, di sy auch ausserhalb der puncten friedenß und rechtens dieses neuen anschlags und der unleidenlichen ungleicheit halben in diessem abschiedt hetten, etwaß weitleuftig angetzogen und sich deß unvermögens beclagt, hat ir Mt. geantwurt, die stett khonten doch mit irem gelt unruhe im Reich helfen anrichten und [
Dem allem nach und als di kgl. Mt. gesehen, daß bey den gesandten diß thails stende weither nichts zu erhalten gewesen, ist ir Mt. mit eröfnung deß abschiedts furgefaren und denselben noch deß tags, nemlich den 23. Aprilis, ungeverlich umb drei uhren gegen abent in gemeiner reichsversamblung und irer Mt. gegenwirtigkhait publiciren lassen, mit diesser vorgeender ermanung: Nachdem altem gebrauch noch der abschiedt dieses reichstags verfertigt, so sollte derselbig publicirt werden, und wollte ir Mt. di stende genediglich ersucht haben, denselben gehorsamlich antzuhoren und dem in allen puncten [
Also warde der abschiedt [Nr. 404] verleßen, deß inhalts, wie wir den hiemit euer W. ubergeben. Und nach verlesung deß abschiedts prach di kgl. Mt. alsbald auf, ging hinweg und gabe niemandt khain audientz mher. Aber nitdestoweniger haben di gesandten der stende der augspurgischen confession wider solchen abschiedt ein schrieftlich protestation alsbald dem meintzischen cantzler offentlich ubergeben, dern copey [Nr. 409] euer W. hieneben zu sehen.
Deßgleichen ist auch beschehen von den gesandten der stende deß reynischen kreys und der erbarn frey- und reichsstett, davon hernach weither meldung beschehen soll.
So haben mundtlich protestirt die gesandten Hg. Moritzen2, deß Bf. von Munster, Hg. Otthainrichs [Nr. 411], deß probsts zu Ellwangen, [
Dergestaldt, gonstigen und lieben herren, haben sich unserß wissens berurter puncten friedenß, rechtens und der thurckenhilf halben, auch letzlich mit publicierung deß abschiedts die sachen zugetragen. Es versicht sich aber die kgl. Mt. gentzlich anderß nit, dan diß theils stende werden als christen, unverhindert irer vorgewanten protestation, in betrachtung der hochsten und eussersten noth ire hilf vermög deß abschieds gehorsamlich laysten. Es hat auch ir Mt. hernach sich vernemen lassen und etlichen gesandten dieser stende selbs gesagt, der abschiedt solle diesen stenden (unangesehen daß di gesandten den nit angenomen) nitdestoweniger in allen puncten, als mit der suspension der process an dem jetzigen ksl. chamergericht und sonst, gehalten werden.
[
Was nun hierauf diß thails stenden der hilf halben khunftiglich zu thun oder zu lassen, achten wir, das werde uf der vereinigten stende und der stett tegen, so in kurtzem gehalten werden sollen (wie euer W. auß volgenden handlungen weither zu vernemen), zu bedenckhen und zu berathschlagen sein. Und als in obgemeltem reichsabschiedt meldung beschicht, daß die peß an der Thonaw, auch sonst di bevestigungen in Hungern besetzt und verwaret werden sollen, so ubergeben wir euer W. hiemit ein verzeichnuß [Nr. 93], wie die kgl. Mt. den stenden die peß und flecken zu der besatzung ernennet etc. Und wollen hiemit di relation berurter furnemsten puncten friedens, rechtens und der hilf wider den Thurcken beschlossen und geendet haben.
[
Soviel aber die andern sachen belangt, so auch in gemeynem reichsrath furgevallen und tractirt worden, davon wollen wir euer W. nachvolgenden summarischen und kurtzen bericht thun:
Und anfangs so haben sich euer W. auß unserm vorigen schreyben und uberschickten handlung zu erinneren, waß der röm. ksl. Mt., unserß allergenedigsten herren, orator, der H. von Granvell, von wegen irer ksl. Mt. bey den reichsstenden deß Kg. in Franckreich und deß Hg. zu Gulch halben zeitlich proponirt, furpracht und begert hat [Nr. 197], welche proposition und anpringen gleichwol die stende also hinschleichen und unberathschlagt ersitzen lassen, biß zuletzst im end deß reichstags der ksl. orator umb antwurt angehalten. Haben sie sich einer antwurt verglichen und die [
Es hat auch der gewesen pfenningmeister der eylenden hilf widder den Thurckhen [= Schutzbar] , zu Regenspurg [1541] jungst bewilligt, den stenden ferner bericht, antzeig und rechnung [Nr. 125] ubergeben, dessen wir aber letzlich in der eyl und viele der gescheften khain abschrieft bekhomen mögen.
So hat die kgl. Mt. den 20. Aprilis beyligende vertzeichnuß deßjenen, so sy uf den negsten hievor zu Nurnberg gemachten reichsabschiedt uf underhaltung deß winterlegers gewent [Nr. 136], den stenden ubergeben und erstattung desselben cösten begeren lassen. Ob aber oder waß darauf von den stenden fur ein antwort gefallen, haben wir gar kain wissens. So ist auch nichts darvon in den abschiedt khomen.
Uf erstgemelten tag, den 20. Aprilis, ist auch ein schrift von der Kgn. Marien gesandten ubergeben worden, darin sy entschuldigen, daß der burgundisch krayß zu der nechsten thurckenhilf nichts gethon, und erpieten sich von wegen deß hauß Brabandts solcher und dergleichen reichsanlagen und steuern halben uf leidlich maß und weg, doch mit einem [
Dye forderung deß Kf. zu Brandenburg, seiner kfl. Gn. außstenden schulden deß negsten zugs betreffen, ist uf obgemelten 20. Aprilis in gemeyner versamblung antzeigt worden. Die stende hetten bedacht, daß sein kfl. Gn. zu pitten were stillzusteen und geduldt zu tragen. Biß di vergleichnug deß gemeynen pfennigs gemacht und der außstande von den ungehorsamen einpracht, sollte alsdan sein kfl. Gn. darvon betzalt werden etc. Wissen auch nit anderß, dan eß seye bey diesser antwurt plieben.
Soviel aber di vorderungen der obersten leuthenanten, bevelchs- und etlicher kriegsleuth belangt, haben euer W. auß unserm neheren und vorigen schreyben sich zu erinnern, warauf domals di sachen irer forderung halben gestanden, waran eß auch der vergleichung und vorgeschlagen mittel irenthalben erwunnen. Also ist di sach letzlich dahin geratten, daß nun dieselben zu Nurnberg auß der herberig gelösst und inen der ausssteenden [
Damit sie aber auß der herberig geleßt werden mochten, ist bei den stenden fur gut bedacht und den stetten antzeigt worden, daß darzu ein cleine und geringe anlag under den stenden uf maß und weg, wie euer W. daß in einem sondern artickhel deß stettabschiedts vernemen werden, gemacht wurde etc., welchens inen der stett gesanten auß sonderm bedenckhen und ursachen, derselben abschiedt inverleibt, gemeinlich gefallen lassen, welchem wir allain von wegen euer W. in erwegung angeregter bewegenden ursachen und den unglimpf abtzuwenden nit haben wollen zuwidder seyn. Und ist sollich anlag euer W. uf 9 fl. 45 kr. geloffen.
Weither warde uf obbenanten 20. Aprilis in gemeyner versamblung auch vermeldet, wie gemeyne stende fur rathsam angesehen, daß di acht, zwischen dem verstorbnen meister theutsch ordens und hohenmeister in Breussen und dan Mgf. Albrechten zu Brandenburg an dem ksl. chamergericht ergangen, allem [
So ist in der mastrichischen sachen der armen Vrentzen uber vielfaltig nachlauffen und anhalten der partheyen letzlich diesser bescheid [Nr. 302f] gefallen: Nachdem die stende in erwegung der sachen fur das best und nutzlichst bedacht, das dieselbig vertragen und die Vrentzen der gepur nach einmol zufriden gesteldt wurden, so hette man aber befunden, das Libertus Vrentz und di frau, so allein gegenwirtig waren, nit bevelch hetten, sich von aller wegen zu vertragen. Darumb wäre bedacht, daß dieselben entweders alle consortes oder von aller wegen bevelch uf den angesetzten visitationtag pringen sollten, daselbst gutlicher handlung zu gewarten. Im fhall aber, do di gutte zerschlagen, sollten dan di commissarien und visitatores bevelch haben, chammerrichter und beysitzern zu iniungirn und zu bevhelen [
Soviel dan den krieg zwischen Brabant und Gulch belangt, haben euer W. auß unsern schreyben zu vielmaln verstanden, waß jederzeit derselbigen sachen halb gehandlet worden. Darauf sie aber hernach bestanden und zu waß anstandt sie letzlich pracht, werden euer W. auß beyligender verzeichnuß mit der kurtze zu vernemen haben. Wir sein der copey dieseß vertrags oder anstands [Nr. 235], wie der aufgericht worden, von H. Jacob Sturmen gewertig. So unß di zukhompt, soll sy euer W. unverhalten pleiben.
Waß sonst von den stenden fur supplicationes ringerung der anschleg und anderer beschwerden halben particulariter furpracht und ubergeben, die sein alle (dem alten geprauch nach) unbeantwort liegen plieben und uf khonftige kreyß- oder reichsteg verschoben worden etc. Und deß soviel di gemeynen reichshendel thut belangen.
[
Und erstlich, soviel di puncten friedens und rechtenß in der gemein belangt, lassen wir eß bei obbeschehener unser antzeig, darbei ubergebnen schriften und der vereynigten stende jetz zu Nurnberg gemachten abschiedt (davon hernach ferner meldung beschehen soll) pleiben.
[
[
[
[
[
[
[
Und wollen hiemit den andern thail diesser relation, soviel der einigunßverwante stende sonder sachen belangt, dißmals beschlossen haben. [...].
[
Betr. das Gutachten von Dr. Hieronymus zum Lamb und Dr. Gremp zu Session und Stimme der Reichsstädte: [
Die Gesandten übersenden die Protestation der Reichsstädte gegen den Reichsabschied samt dem Protestationsinstrument (Nr. 408).
Nachdem auch di gesandten der stat Eßlingen abermals bey den stetten der beschwerden und trangsals halben, so ermelter stat von dem Hg. zu Wirtemperg begegnet umb rath und hilf angesucht, ist derselbigen suchung, [
Antwort des Städterates an die Gesandten von Ulm wegen des Konflikts mit Überlingen.
[
[
[
[
[
Falls es nötig sein sollte, erbieten sich die Gesandten zu weiterer Berichterstattung. Die Akten, welche sie aus der Frankfurter Kanzlei während des Reichstags erhielten, retournierten sie bereits wieder an den Rat.
Actum et relatum den 8. Maij anno etc. 1543.