Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XIV. Band. Der Reichstag zu Nürnberg 1543 bearbeitet von Silvia Schweinzer-Burian, mit Vorarbeiten von Friedrich Edelmayer

A Wien HHStA, RK RTA 11/Konv. 1, fol. 236r–240v (Kop.); DV fol. 240v: Gesanten der augspurgischen confession protestation wider den reichsabschid.

B Hannover NLA, Celle Br. 1, Nr. 22, fol. 1r–6v (Kop.); DV fol. 6v wie in A, ubergeben 23. Aprilis.

C Weimar HStA, EGA, Reg. H pag. 421–434, Nr. 154/4, fol. 58r–63v (Kop.); AS fol. 58r: Der christlichen ainungs- und religionsverwanten stende gethane protestation auf den nurmbergischen reichsabschiedt 1543.

D Weimar HStA, EGA, Urkunde Nr. 1630 (Ausf. mit Siegel); DV: Der christlichen stende instrumentum protestationis wider den nurmbergischen reichsabscheid, daselbsten nach eroffnung desselbigen beschehen und aufgericht.

Die gesanten der augspurgischen confession und religion stende haben den itz verlesnen sonderlichen abschit der andern stende angehort und vernomen. Und zweiveln nicht, die röm. kgl. Mt., ksl. comissarien und die andern stende wusten sich gnediglich und gunstiglich zu erinnern, das sich die gesanten der augspurgischen confession und religion stende under diesem alhie gehaltenem reichstag alwegen und je auf erliche und pilliche mittel zu gleichmessiger, treglicher hulf wider den erbfeint unsers christlichen glaubens und namens, dem Turcken, und sonst allem anderm, das zu nutz und wolfart teutscher nation dienlich und inen immer muglich und treglich were, als gehorsame gelider des Reichs undertheniglich erbotten, wie sie dan auch derhalben von iren gnedigsten, gnedigen hern und obern bevelch entpfangen und zu diessem reichstag abgefertigt weren.

Es konten aber doch die gesanten der augspurgischen confession und religion stende solchen itzt verlesenen abschit mitnichten verwilligen, auß gutten, gegrunten und diesen nachfolgenden und statlichen ursachen:

Erstlich, dieweil bemelter abschit one ir wissen und mitberatschlagung gemacht, uber das sie sich erbotten, mit den andern stenden von den zweien zu der hulf wider den Turcken notwendigen puncten fridens und rechtens und volgents auch von gemelter hulf zu ratschlagen und zu schliessen, aber zu solchem, ungeachtet das es in gemeinem rath der chur- und fursten durch das merer beschlossen, durch wegerung und absonderung der andern stende nicht hetten komen mogen. Das nun die andern stende, der augspurgischen confession und religion verwant, durch ein solchen weg zu dem was inen, den andern stenden, gelegen und gefellig auch wolten verbinden. Und were zum hochsten beschwerlich und diesen stenden unleidlich, zuvorderst auch do die amit der–aschweren peenen der acht und verlierung der privilegien und andern, so in dem abschit verleibt, solten beschwerdt und bedrangt werden.

Zum andern, das die artickel bestendigs fridens und gleichmessig rechtens, welche doch von allen stenden des Reichs auf jungstgehaltenem reichstag zu Regenspurg in beratschlagung der beharlichen turckenhilf vor allen dingen also fur notwendig angesehen, das, wo die nicht aufgericht, ein ider standt pillich beschwerdt haben wurdt, sich in solch beharlich hulf einzulassen, nit erledigt. Dan wiewol es bei dem andern teillen darfur geachtet werden will, als solten der augspurgischen confession und religion verwante solches fridens und rechtens wol versehen und daran kein mangel sein, so sein doch die mengel und gebrechen vorgemelter zweyer puncten halb zu vil maln clare und verstendiglich angezeigt, warumb sie friedens und rechtens halber mitnichten versycherdt wern, alles vermog und inhalt irer supplication [Nr. 152], replic [Nr. 157] und anderer mehr ubergeben schrieften, darauß auch clar befunden und dargethan wurdet, das der mangel der nitvergleichung an den andern stenden ist.

Zum dritten, das diesse itzt beratschlagte hilf nicht auf die gleichheit, sonder die alten anschleg, deren sich der merer teil stende beschwerdt, auch daruff vilfeltige zusage erlangt, das sie one vorgehent ringerung dieselben zu leisten nit mer schuldig sein solten, gestelt, alles der nottel, so auf jungstgehaltenem reichstag zu Regenspurgk der beharlichen hulf halber beschlossen [RTA JR Bd. XI, Nr. 204], zuwider, in welcher under anderm lautter versehen, das ein gleichmessig anschlag gemacht sol werden, darinnen die gleicheit also gehalten, das eines iden stants gelegenheit nach notturft gehort und kein standt des anschlags oder anders halben sich mit pillichkeit zu beschweren haben mag, auch zuwider dem nechstgehaltenem speirischen abschit [1542], welcher clar vermag, das diese beharliche hilf nit auf die alte reichsanschleg, welcher sich der merer teil stende beschwert, deren vergleichung auch also in eil nicht zu finden und, ob sie schon gefunden, doch beschwerlich sein wolt, diesse hilf allein auf die reichsstende zu schlagen etc., sonder auf andere weg, damit kein standt vor dem andern beschwert wurde, inhalt desselben speirischen abschits furgenomen solt werden.

Zum virten, so ist ein beschwerlicher punct den weitgesessenen stenden des gewaltigen zugs halber gestelt, auch ein ungelegner platz [Passau], denselben zu beratschlagen, ernent.

Zum funften, das die form und mas, wie die ringerung furgenomen sol werden, zu einem gleichmessigen anschlag nit dinstlich sein wurdet und die hievorig ungleichheit dardurch nit allein nicht hingenomen, sonder vil mer und weitter eingefurt wirdet, wie dan solche und andere mengel durch diese stende gesanten, so sie zu der beratschlagung gelassen weren worden, nach der leng und statlich hetten mugen außgefurt und angezeigt werden.

Zudem, do es je dafur wolt geacht werden, das diesse stent, so die turckenhilf vermug des speirischen abschits zugesagt und bewilligt, die zu leisten schuldig wern und das derhalb kein disputation oder ausred stathaben mocht, wissen sich die kgl. Mt., die ksl. comissarien und die andern stende gnediglich zu berichten, mit was conditionen die beharlich hilf wider den Turcken zu Regenspurgk bewilligt. Dieweil nun dieselben conditiones nit implirt [= erfüllt] und erstattet sein, so kan auch die stendt die volgendt speirisch bewilligung, der turckenhilf halber beschehen, je nicht binden, in bedrachtung, das die zusag und verheissung darfur gegangen nicht erfullet oder geleist ist worden.

Und ob wolte darfur geachtet werden, das in der andern stende macht steen solt, diesen abschit vermug des nehern speirischen [1542] und volgenden nurnbergischen abschits [1542] zu machen, welcher des inhalts, das sie, die stende, irer weren vil oder wenig, furschreitten und schliessen mochten und das solcher ir beschlus die abwesenden nicht weniger binden, dan ob sie selbs auch zugegen weren, so geben doch die abschit, darin die clausulen ausgedruckt wern, maß und ordnung, in was fellen solchs beschehen solt, also das dieselb volmacht und gewalt auf einen sondern fal restringirt und auf alle andere puncten nicht erstreckt oder gezogen werden mag.

Aus dem allem haben die kgl. Mt.[und] die ksl. comissari gnediglich abzunemen, aus was beschwerung die gesanten der augspurgischen confession stende diesen abschit, als der, wie gehort, an ir wissen und mitbewilligen gemacht, nicht annemen oder auch den von irer hern und obern wegen besigeln lassen mugen, wie sie dan auch umb solche besigelung niemant gebetten noch ersucht.

Demnach so reclamirn und protestirn die gesanten der stende der augspurgischen confession wider solchen abschit in der besten form, als die solchs thun konnen oder mugen, und behalten iren hern und obern dargegen zuvor alle wolthat derb recht, mit diessem angehaften erbieten, da die strittigen artickel inhalt irer hievor der kgl. Mt. und ksl. comissari gegebnen antwordt [Nr. 183] erledigt, das sich alsdan ire hern und obern mit beratschlagung und leistung muglicher, treglicher und gleichmessiger hulf underthenigister gebur erzeigt hetten.

Ob aber aus dem, das solche artickel nicht erledigt und die hilf wider den Turcken dermassen nicht geleist wurdt, oder aber das sich die andern stende, diesen stenden zu nachteil und beschwerung, solcher handlung und abschits alhie particulariterc underfangen, etwas nachteilligs, unrats oder beschwerung im Hl. Reich ervolgen wurdt, so bezeugen die gesanten diesser stendt der augspurgischen confession, das ire hern und obern oder auch sie hiezu kein ursach geben und hieran kein schult haben. Verhoffen auch gegen Got, der röm. ksl. und kgl. Mtt., dem Hl. Reich und meniglich frei und entschuldigt zu sein.

Und thun sich die gesanten diesser stendt der ksl. und kgl. Mtt. underthenigst bevelhen. Bitten auch zu verschaffen, diese ire schrieftliche protestation zu irer herren und obern notturft in des Reichs cantzlei zu registrirn.

Anmerkungen

1
Datierung laut dem notariellen Protestationsinstrument (D), in welches die Protestation eingefügt ist.
a
–aA om.
b
In A: oder.
c
In A: particulirt.