Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XIV. Band. Der Reichstag zu Nürnberg 1543 bearbeitet von Silvia Schweinzer-Burian, mit Vorarbeiten von Friedrich Edelmayer
Sessionsstreitigkeiten (Herzog von Sachsen mit Pfalz-Simmern, Markgrafen von Brandenburg mit Herzog von Braunschweig-Wolfenbüttel, Erzbischof von Salzburg mit Österreich) nahmen in Nürnberg 1543 keinen breiten Raum ein (Nr. 294–296). Sie wurden in Abhängigkeit vom Einzelfall durch Wechsel in der Session zwischen den Streitparteien, durch Nichtteilnahme an den Reichsratssitzungen oder „gesellige“ Session gelöst, immer in dem Bemühen, kein Präjudiz zu schaffen. Endgültige Entscheidungen wurden auf den künftigen Reichstag verschoben1.
Was die Supplikationen betrifft, so handelt es sich dabei um Themen wie Reichsstandschaft und eximierte Stände, Konflikte zwischen den Ständen, Jurisdiktion des Reichskammergerichts, Verweigerung der Türkenhilfe durch einzelne Reichsstände, Proteste gegen die Veranlagung als Reichsstand oder Bitten um Ringerung der Anlagen. Die Supplikationen sind nicht nur im einschlägigen Kapitel X zu finden, sondern in Abhängigkeit von ihrem Gegenstand auch in anderen Kapiteln des Bandes (siehe die Einleitung zu Kap. X). Viele der Supplikanten sind von früheren Reichstagen bekannt, wo eine Erledigung ihrer Anliegen aus verschiedenen Gründen nicht stattgefunden hatte. Auch auf dem Nürnberger Reichstag von 1543 erging es ihnen nicht anders, denn die Existenz eines Supplikationsausschusses ist nicht dokumentiert; reichsständische und königliche Bescheide zu den Supplikationen blieben aus bzw. wurden bis zur Ankunft des Kaisers im Reich oder bis zum nächsten Reichstag aufgeschoben. Die Liste der Supplikationen, die bereits auf früheren Reichstagen mit ähnlichen Argumenten vorgetragenen wurden, ist lang: 1. Bischof Julius Pflug von Naumburg gegen Kurfürst Johann Friedrich von Sachsen wegen Inbesitznahme des Hochstifts Naumburg (Nr. 300). 2. Hoch- und Deutschmeister Walther von Cronberg gegen Herzog Albrecht von Preußen wegen Suspension der preußischen Acht (Nr. 301). 3. Bischof Valentin Tetleben von Hildesheim wegen Restitution der Güter des Stifts, Klagen über die Einführung der Reformation in Hildesheim (Nr. 248). 4. Der braunschweigische Kanzler Dr. Stopler wegen Restitution Herzog Heinrichs von Braunschweig-Wolfenbüttel (Nr. 247). 5. Die Causa Vrentz, Königin Maria und der Streit um das Appellationsrecht der Stadt Maastricht an das Reichskammergericht (Nr. 302). 6. Eximierung von Stift Comburg durch den Bischof von Würzburg (Nr. 297). 7. Eximierung des Bischofs von Cammin durch die Herzöge von Pommern (Nr. 298).
Unter „Varia“ (Kap. XI) finden sich Beratungen im Hintergrund der offiziellen Reichstagsverhandlungen, die bereits auf dem Speyerer Reichstag von 1542 ihren Anfang nahmen. Es handelt sich um die Bündnispläne zwischen Bayern, Hessen und Kursachsen zur Wahrung ihrer machtpolitischen Interessen gegenüber dem Haus Habsburg über konfessionelle Grenzen hinweg (Nr. 306). Neben Fragen der freien Religionsausübung, der Bewahrung der „fürstlichen Libertät“, dem Verhalten im Konflikt mit dem Herzog von Jülich und der Dringlichkeit der Türkenhilfe ging es vor allem um eine Regelung der Verhältnisse im Herzogtum Braunschweig-Wolfenbüttel und den zukünftigen Verbleib Herzog Heinrichs von Braunschweig und seiner Kinder (siehe Kap. VII).
Unter den Partikularangelegenheiten einzelner Reichsstände, welche diese in Verhandlungen mit dem König in ihrem Sinne zu betreiben hofften, ist die Frage der Anerkennung der Königswahl Ferdinands durch Kurfürst Johann Friedrich von Sachsen zu erwähnen. Wie schon auf früheren Reichstagen wurden bei den Verhandlungen keine Ergebnisse erzielt2.