Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XIV. Band. Der Reichstag zu Nürnberg 1543 bearbeitet von Silvia Schweinzer-Burian, mit Vorarbeiten von Friedrich Edelmayer
Der Briefwechsel zwischen den Schmalkaldischen Bundeshauptleuten Kf. Johann Friedrich von Sachsen und Lgf. Philipp von Hessen mit ihren Gesandten auf dem Nürnberger Reichstag ist von großer Dichte. An manchen Tagen sind zwei bis drei Berichte unterschiedlicher Räte an ihre Auftraggeber sowie mehrere wöchentliche Weisungen der Fürsten keine Seltenheit. Ein Briefwechsel dieser Umfangs kann in extenso höchstens zusätzlich und ergänzend zur Edition der Reichstagsakten ediert werden, da er deren Rahmen sprengt. Da sich bereits vor Reichstagsbeginn herausstellte, dass beide Bundeshauptleute vor allem wegen des Konflikts mit dem Reichskammergericht nicht persönlich in Nürnberg erscheinen würden, war die intensive briefliche Kommunikation für sie die einzige Möglichkeit, den Gang der Verhandlungen sowohl mit den Reichsständen als auch mit den Bundesständen zu beeinflussen. Einen umfassenden Einblick in den Inhalt und die reichs- und religionspolitischen Implikationen der Korrespondenz der Bundeshauptleute bietet die Darstellung von Friedrich Edelmayer1, auf deren Basis für dieses Kapitel jeweils neun aussagekräftige Schreiben kursächsischer und hessischer Provenienz exemplarisch ausgewählt wurden.
Sowohl bei Kursachsen als auch bei Hessen stand das Festhalten an den Forderungen zu Friede und Recht als Bedingung für Verhandlungen über die Türkenhilfe im Vordergrund. Abweichende Positionen innerhalb des protestantischen Lagers wurden von den Räten mit Besorgnis registriert (Nr. 339), sogar eine vorzeitige Abreise aus Nürnberg wurde erwogen, gepaart mit Klagen über die hohen, mit den Repräsentationspflichten verbundenen Aufenthaltskosten (Nr. 340). Da die Protestanten die Teilnahme an den Reichsratssitzungen ablehnten, versuchten Kg. Ferdinand, der ksl. Kommissar Naves und Granvelle die kursächsischen und hessischen Räte in Einzelgesprächen umzustimmen. Dabei kamen u.a. brisante Themen wie der habsburgische Konflikt mit dem Hg. von Jülich, die weitere Vorgehensweise in dem von den Schmalkaldenern eroberten Herzogtum Braunschweig-Wolfenbüttel, das Vorgehen des Reichskammergerichts oder eine Geheimdeklaration des Königs und der ksl. Kommissare für die Protestanten zur Sprache (Nr. 341–342, Nr. 346, Nr. 349). Während Anfang März 1543 das Festhalten an der von Kf. Johann Friedrich vorgegebenen Taktik im Vordergrund steht (Nr. 343), kam durch die Causa Jülich in der zweiten Märzhälfte Bewegung in die festgefahrenen Fronten, die Protestanten erschienen im Reichsrat, konnten aber ihre Forderungen trotz einer Mehrheit im Fürstenrat auf Grund des Agierens der katholischen Aktionspartei, allen voran Dr. Eck, nicht durchsetzen (Nr. 344–345, Nr. 347–348). In dieser Situation konzentrierten sich der sächsische Kurfürst und der Landgraf auf interne Differenzen bzw. die Abstimmung der gemeinsamen Taktik, die Abwägung der Bedingungen und Folgen einer kgl. Geheimdeklaration und die Forderung nach Entlassung des Kammergerichtspersonals (Nr. 350–353). Die Kompromissbereitschaft auf alt- und neugläubiger Seite machte ein Scheitern des Reichstags jedoch unausweichlich, wie aus den Gesandtenberichten in der letzten Aprilwoche hervorgeht (Nr. 354–356).
Nr. 340 Die kursächsischen Räte an Kf. Johann Friedrich von Sachsen – Nürnberg, 1543 Febr. 26
Nr. 345 Die hessischen Räte an Lgf. Philipp von Hessen – Nürnberg, 1543 März 23
Nr. 348 Die kursächsischen Räte an Kf. Johann Friedrich von Sachsen – Nürnberg, 1543 März 29
Nr. 355 Die hessischen Räte an Lgf. Philipp von Hessen – Nürnberg, 1543 April 26