Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XIV. Band. Der Reichstag zu Nürnberg 1543 bearbeitet von Silvia Schweinzer-Burian, mit Vorarbeiten von Friedrich Edelmayer
Anmerkungen
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Geschichte und Hintergrund der Causa Vrentz sowie Literaturangaben, Erklärungen und Aktenstücke finden sich in folgenden RTA-Bänden: zum RT 1532: RTA JR Bd. X, Nr. 157–160, S. 739–748; zum RT 1541: RTA JR Bd. XI, Nr. 363, S. 1788–1800; zum RT Speyer 1542: RTA JR Bd. XII, Nr. 272a–c, S. 1143–1146; zum RT Nürnberg 1542: RTA JR Bd. XIII, Nr. 197, S. 881f.; zum RT 1544: RTA JR Bd. XV, Nr. 479–484, S. 2077–2095.
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Die als zeitgen. Druckschrift verbreitete Supplikation der Kinder von Dionysius und Helwig Vrentz wurde am Ende des Nürnberger RT von 1542 am 26. Aug. übergeben, aber nicht mehr verlesen und behandelt; in: RTA JR Bd. XIII, Nr. 197. Die Causa Vrentz wurde damals auf den kommenden RT in Nürnberg verschoben. Die Gesandten Kgn. Marias, Dr. Viglius van Zuychem und Weirich von Kriechingen, die sich auf ihrer Reise nach Nürnberg in Speyer aufhielten, berichteten von dort am 16. Nov. 1542 an Kgn. Maria: [...] Mais pour ce que entendions des aucuns que led. roy pour certaines causes avoit prorogué lad. journée, ne nous avons voulu plus eslonguer et cependant commencé de besoigner icy à Spires ès certains affaires touchant nostre commission comme celluy de Mastricht, ayans entendu que les héritiers de Dionys Vrentz de rechief font imprimer une supplication fameuse pour présenter aux estatz de l’Empire en la diète future. Mais de nostre part ne cesserons, autant qu’il sera en nous, de diriger led. affaire à bonne fin et informer au plain les estatz des droitz et privilèges tant de la duché de Brabant comme de lad. ville de Mastricht, selon que avons charge de vostre Mté. [...]. In: Brüssel AG, Papiers d’Etat et de l’Audience 120, fol. 127r–130v, hier fol. 127r (nicht ausgefertigtes Or. v.d.Hd. Zuychems mit nachtr. Korr. u. Erg. v.a.Hd.).
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Die burgundische Gegendarstellung zur Supplikation der Vrentzen wurde Kg. Ferdinand bereits am 16. Febr. übergeben, am 19. Febr. erfolgte die Einreichung des Aktenstücks in der Mainzer Kanzlei und am 20. Febr. 1543 wurde es im Reichsrat verlesen. Zu diesen verschiedenen Datumsangaben siehe den AV in Überlieferung F, ferner das Württemberger RT-Protokoll zum 19. Febr. (Nr. 84a, fol. 8r), das CA-Protokoll Lambs zum 20. Febr. (Nr. 86c, fol. 270v) und das Würzburger Protokoll zum 20. Febr. (Nr. 81, fol. 9v). Laut dem Bericht der sächsischen Gesandten an Hg. Moritz vom 27. Febr. 1543 (Nr. 371) verordneten die altgläubigen Reichsstände am 23. Febr. die Bildung eines Ausschusses zur Behandlung der Causa Vrentz:
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Siehe die Vorbemerkung oben S. 1268. Die Kinder des Ehepaares Vrentz reichten in Nürnberg 1543 die erfolglos gebliebenen Supplikationen der vergangenen Reichstage nochmals in gedruckter Form ein. Die auf dem letzten Nürnberger RT 1542 übergebene Bittschrift (siehe oben Anm. 1) war wegen des Versammlungsendes nicht mehr verlesen worden und die Familie Vrentz erhielt keinen Bescheid der Reichsstände auf ihre Eingabe. Dr. Johann von Naves berichtete dazu an Kgn. Maria nach dem Ende des Nürnberger RT von 1542, dat. Speyer, 1542 Aug. 31: [...] Les héritiers de Dionisius Vrentz sont venu[s] aud. Nornberg à la fin de la journée et le jour de la publication du recez présentaient requeste au roy et aux estatz. J’aiz remémoré le chancellier de Méance du décret des estatz [Speyer, 1542 April 5, in: RTA JR Bd. XII, Nr. 272b] donné à la journée tenue en ceste cité, afin qu’on ne décerna riens contraire à icellui, lequel votre Mté entendra ensuyr et à la prochaine journée impériale, que se tiendra à Nornberg le 14 de novembre, faire desduire le droit de l’empereur. Led. chancellier en fera son debvoir. Aussi veu la conclusion de la journée et le départ des estatz, l’on ne scauroit bonnement décerner quelque chose, mesmement de telle importance. [...]. In: Brüssel AG, Papiers d’Etat et de l’Audience 120, fol. 103r–104v, hier fol. 104r (Ausf. v.d.Hd. Naves’).
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Verlesedatum des Schreibens vor den Reichsständen laut RT-Protokoll Lambs vom 18. März 1543: Nr. 86a, fol. 279v.
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Rechtsstreit der Familie Vrentz (Dionysius, seine Frau Helwig und deren Erben) gegen Maastricht wegen eines Urteils des brabantischen Gerichts zu Gunsten Philipps von Lindau betr. das Erbe eines Hauses und einiger Liegenschaften in Maastricht. Der Streitfall wurde von der Familie Vrentz vom brabantischen Gericht zunächst vor das Gericht in Aachen gebracht, welches die Causa wegen mangelnder Zuständigkeit an das RKG weiter verwies: siehe RTA JR Bd. XV, Nr. 479, S. 2077f., Anm. 1.
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Nicolas de Granvelle berichtete an Kgn. Maria am 15. April 1543 über die Entwicklung in der Causa Vrentz am RT: [...] Davantaige la femme de Maestrich qu’est icy fait extrême poursuyte avec continuelle clameur devers les estatz, comme je tiens escript led. Viglius à votred. Mté, et que l’on est pressé très fort desd. estatz de faire appoinctement avec elle. [...]. In: Wien HHStA, Belgien PA 36/2, fol. 526r–528v, hier fol. 526v (Ausf. chiffr. u. dechiffr.).
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Die Denkschrift entstand als Reaktion auf die Resolution der Reichsstände, die mit 21. April 1543 datiert ist (Nr. 302f).
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Zur Verlesung und Abschrift der Supplikation finden sich in den Protokollen verschiedene Datumsangaben. Die Abschrift des umfangreichen Aktenstücks und der Beilagen benötigte offenbar mehrere Tage. Siehe dazu das Würzburger Protokoll (Nr. 81, fol. 10r) und das pfalz-neuburgische Protokoll (Nr. 82, fol. 10v).
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Die Empörung Kursachsens und Hessens gegen das „parteiische“ RKG, welches die Schmalkaldener trotz Rekusation mit Achtpozessen wegen des braunschweigischen Feldzugs bedrohte, kam in verschiedenen Schreiben der Bundeshauptleute an die evangelischen Reichsstände zum Ausdruck. Diese wurden gebeten, ihren Räte in Nürnberg zu befehlen, die Visitation und Reformation des RKG und die Absetzung der verdächtigen Richter gemeinsam mit den Schmalkaldenern zu fordern, wie aus dem kursächsisch-hessischen Schreiben an Mgf. Georg von Brandenburg von 1543 sonnabents nach Reminiscere (Febr. 24) hervorgeht: [...] Dann das wir uns sunst sampt mhergedachthen unsern aynungsverwanten vor solichem vordechtigen chamergericht solten einlassen und die doran sitzende personen fur richter erkennen, dodurch entwichen wir nicht allain von unser recusation und protestation, sondern auch von obberurthen regenspurgischen [1541] und speierischen [1542] reichsabschieden und zuvorderst von ksl. Mt. gnedigsten declaration [1541], welchs uns in kaynem wege rathsam noch zu thun sein wolt. Wollen uns derhalben zu eurn L. gantz freuntlich vorsehen, sie werde sich in dem der pilligkait und uns zu freuntschaft guetwillig halten. In: Nürnberg StA, Fürstentum Ansbach, RTA 23, fol. 270r–272v, hier fol. 272r (Ausf.).
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Als Vormünder wurden Pfgf. Johann II. von Simmern, Gf. Wilhelm IV. von Eberstein und Hg. Wilhelm IV. von Bayern bestellt. Zum Konflikt der badischen Vormundschaftsregierung mit Mgf. Ernst von Baden-Durlach und zum RKG-Prozess siehe: A. Kohnle, Kleine Geschichte der Markgrafschaft Baden, S. 82f., S. 95–97.
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Dr. Johann Marquardt berichtete an Mgf. Ernst von Baden über die Vorgänge am RT in der badischen Angelegenheit und über seine Bemühungen, die Ziele der Vormundschaftsregierung zu vereiteln, Nürnberg, 1543 März 16: [...] Euern fstl. Gn. geb ich underthenigs vleyses zu erkhennen, das der vormundschaft zu Baden gesandter, Dr. Hans Jacob Varnbuler, alhie by diser reychsversamlung den 15. des monats ain schrift in der chur- und fursten ratth ubergeben [fehlt], welche offentlich verlesen worden, darinnen begert, das ime von wegen syner herrn die reichsstende ein furschrift an das ksl. cammergericht [Nr. 304b] geben wollent umb eroffnung der urtheyl, in sachen zwischen synen herrn und euer fstl. Gn. darinnen vor längst beschlossen gewesen. Sol auch daneben, wie ich ausserhalb raths von einem vertrauten verstanden, siner herrn glimpf montlichen neben bemelter schryft furtragen haben. Sobald ist desselben geret worden, byn ich zu dem mentzischen cantzler gangen und an ine der ingebrachten badischen schrift, dieweyl euer fstl. Gn. etwas darinnen angezogen syn soll, copiam begert. Darauf bemelter cantzler antwurt geben: Es stände in syner macht nit, etwas hinauszugeben one bevelch gemeyner stende, ich mochte bey denselben ansuchen. Das hab ich, alsbald mir moglich gewesen, montlich und schriftlich gethan, wie euer fstl. Gn. zum theyl ab hie byligender copien [Nr. 304a] gnediglichen zu sehen, wiewol der montlich furtrag durch mich mit wieter erzelung des handels, myns geringen verstands es die notturft erhaysset hat, ausgefieret worden ist, dawider woll etlich gemurret. Als ich daruber antwort begert, hat mir des Reychs marschalk meyn supplication one antwort wider geben. Daraus ich wol abnemen konden, wie mir in gehaym von etlichen gesagt worden, das, dieweyl die badisch schrift alleyn das camergericht und furderung rechtes, aber euer fstl. Gn. person nit belange, sy nit vonnöten, euer fstl. Gn. abschrift davon zu geben oder inen bericht zu schreiben und sy die furschrift an das camergericht erkhennet. Und demnach ich mich sollichs gar nit versehen hette und wie billich zum hochsten beschweret, so hab ich mich zum H. Granvel verfuegt und, was mir von euer fstl. Gn. wegen begegnet, erklagt, in als ksl. Mt. commissarien, der diser handlung gut wissen, auch zu Regenspurg [1541] die ksl. commission und inhibition vertigt hette, um hilf, rath und handthabung angeruffen. Darauf ermelter H. Granvel mir geantwort, was ime moglich von euer fstl. Gn. wegen ze thon, wer er gantz genaigt. Die stende und camerrichter aber geben diser zeyt, wie er sorg hette, wenig uff syn sagen und schriben. Die ksl. Mt. werde bald komen, so wolte er disen sachen recht thun. Mittlerweyl mochte euer fstl. Gn. temporisiren (das wort braucht er nach syner sprach) und nach gelegenheyt diser sorgklichen zeyt und leuften sich in guttliche, fruntlich mittel und wege inlassen, ob die sach mochte mit gutem, fruntlichem willen des gegentheyls verglichen und vertragen oder zum wenigsten ein zeyt lang uffgehalten werden etc. Doch solte ich nit underlassen, den H. Naves auch darumb anzusprechen. Das ich gethon und nit viel anderst dan wie vom Granvel by im in ratth befunden. Trosten alle uff ksl. Mt. selbs ankunft, die soll uff dem weg syn. [...]. In: Karlsruhe GLA, 50/59, Nr. 17, unfol. (Ausf. v.d.Hd. Dr. Marquardts)
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Am 20. März 1543 berichtete Dr. Johann Marquardt an Mgf. Ernst von Baden, was in Bezug auf den Konflikt mit der badischen Vormundschaftsregierung in Nürnberg weiter vorgefallen war: [...] Uff heuth dato hab ich gehort, wie die furschrift an das ksl. cammergericht [Nr. 304b] dem Varnbuler gegeben, dem furter zu ubersenden haben. In bemelter furschrift soll die supplicationschrift, so Varnbuler ubergeben, ingeschlossen seyn. Und dieweyl die copy von bemelter supplication von denen reychsstenden mir versagt worden und dan euer fstl. Gn. etwas daran gelegen syn mochte, so were meyn underthenig gutbeduncken, das euer fstl. Gn. durch iren procurator am camergericht um abschrift obberurter furschrift und ingeschlosner supplication mit vleys ansuchen lassen hetten. Was ich hieneben by kgl. Mt. und ksl. commissarien zu cassirung und abtribung gemelter furschrift ausbringen kan, soll an meyner arbeyt und vleyß nit erwinden. [...] In: Karlsruhe GLA, 50/59, Nr. 21, unfol. (Ausf. v.d.Hd. Dr. Marquardts.). Zwischen 26. März und 13. April berichtete Dr. Marquardt seinem Herrn noch mehrmals über seine Bemühungen, im Konflikt um die badische Vormundschaft ein Urteil des RKG hinauszuzögern bzw. zu verhindern. Es kam zu Verhandlungen mit den in Nürnberg anwesenden Vertretern der badischen Vormundschaftsregierung, vor allem mit Dr. Eck, aber auch mit Dr. Varnbüler und Hans Beuser von Ingelheim. Von Nicolas de Granvelle, den er abermals um Hilfe ersuchte, wurde Marquardt auf die Ankunft des Kaisers in Deutschland vertröstet. Am 11. April teilten Eck und Beuser von Ingelheim dem badischen Gesandten mit, dass am 2. April das endgültige Urteil am RKG zu Ungunsten Mgf. Ernsts ergangen sei. Siehe dazu die Berichte Marquardts in: Karlsruhe GLA, 50/59, Nr. 231/2, Nr. 25, Nr. 30(Ausf. v.d.Hd. Dr. Marquardts).
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Der RAb von 1532 sah vor, dass das RKG alljährlich am 1. Mai visitiert werden sollte. Neben zwei ksl. Kommissaren sollten sieben reichsständische Kommissare die Visitation durchführen: Kurmainz als Erzkanzler sollte beständiges Mitglied der Kommission sein, zusätzlich ein weiterer Kurfürst, je ein geistlicher und ein weltlicher Fürst sowie ein Vertreter von Prälaten, Grafen und Städten. Die Reichsstände sollten zur Visitation jährlich der Reihe nach, und zwar nach ihrer Session im Reich, durch den Erzkanzler berufen werden. Siehe dazu den RAb 1532, in RTA JR Bd. X, Nr. 303, S. 1068f., und K. Mencke, Die Visitationen am Reichskammergericht, S. 49–51.
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Da dem Wunsch des Bf. von Würzburg nicht stattgegeben wurde und er im RAb (Nr. 404, § 33) abermals zum Visitator bestimmt wurde, allerdings mit der Möglichkeit, sich durch einen anderen geistlichen Fürsten vertreten zu lassen, protestierten die würzburgischen Gesandten im Namen ihres Herrn gegen den RAb: siehe Nr. 412. Zur Haltung Bf. Konrads von Würzburg zu der ihm 1542 und 1543 auferlegten Funktion eines Visitators des RKG siehe: S. Mühlhofer, Die Politik der fränkischen Reichsstände auf den Reichstagen von 1521–1555, S. 68f. In der Folge ersuchte Bf. Konrad von Würzburg seinen geistlichen Mitfürsten und obersten Kommissar der Visitationskommission, Bf. Philipp von Speyer, ihn aus gesundheitlichen Gründen bei der im Nürnberger RAb für 3. Juli 1543 festgesetzten Visitation als Kommissar zu vertreten. Bf. Philipp teilte dem Kaiser in einem Schreiben am 9. Juli 1543 mit, dass er dem Wunsch des Bf. von Würzburg auf Vertretung bei der Visitation nachkommen wolle. Das Schreiben Bf. Philipps an Karl V. gedr. bei: K. Lanz, Correspondenz des Kaisers Karl V., Bd. 2, Nr. 507, S. 393f.