Deutsche Reichstagsakten, Reichsversammlungen 1556 – 1662 Der Reichstag zu Regensburg 1556/57 bearbeitet von Josef Leeb
Sicherstellung der Steuergerechtigkeit. Verwendung des Reichsvorrats von 1548/51 als Türkenhilfe. Einbringung der Ausstände von höheren Reichsständen. Verrechnung von Überzahlungen zum Reichsvorrat mit der jetzigen Türkenhilfe. Neubewilligung von sechs doppelten Römermonaten nach dem moderierten Reichsanschlag. Vorgehen gegen Säumige. Einrichtung einer reichsständischen Verordnung, die über den Einsatz der Hilfe im Notfall entscheidet.
Zur Textgenese: Am 23. 12. 1556 legten die Augsburger Gesandten ihren von S. C. Rehlinger formulierten Entwurf als Diskussionsgrundlage vor. Der Entwurf wurde im SR zunächst mehrheitlich gebilligt am 24. 12. Am selben Tag brachten die Regensburger Gesandten einen eigenen Entwurf ein, dessen wesentlicher Punkt die weniger rigide Einforderung der Restanten am Reichsvorrat 1548 war. Am 28. 12. präsentierte Straßburg sein Konzept als Verknüpfung der Augsburger und Regensburger Entwürfe1. Am 29. 12. wurden die drei Entwürfe nochmals nur von ihren Verfassern beraten. Die darauf beruhende Endfassung des ersten Teils (Verwendung des Reichsvorrats) billigte das Plenum am 30. 12. Es folgte noch am 30. 12. sowie am 31. 12. der Vergleich über die Höhe der neu zu bewilligenden Steuer, die Erhebungsgrundlage und die Auszahlungsmodalitäten als zweiter Teil der Resolution2. Die Augsburger Anregung, bei der Auszahlung zwischen einem türkischen Angriff nur auf die kgl. Erblande und auf das Reich insgesamt zu differenzieren3, wurde nicht übernommen.
Endfassung der Resolution im SR verlesen und gebilligt am 31. 12. 15564 sowie am 4. 1. und 8. 1. 15575. Im RR verlesen am 8. 1. 15576.
A) Augsburger Entwurf
StA Nürnberg, NRTA 28, unfol. (Kop. Aufschr.: Der augspurgischen gesandten bedencken, dz aber noch nitt absolvirt, sondern zu weitterer entledigung stet.) = Textvorlage. StadtA Augsburg, RTA 15, unfol. (Konz. Dorsv.: Augspurgisch bedenckhen.) = B. HAB Wolfenbüttel, Cod. Guelf. 57 Aug. Fol., fol. 187–188’ (Kop.) = C.
SR hat nach der Übereinkunft, dem Kg. eine Hilfe zu bewilligen, weiterhin beraten, wie solche hilff mit wenigster beschwerd der stende deß Reichs aufzubringen ist.
Unnd ist bey inen im anfang dieser beratschlagung furgefallen, das auff dem reichstag anno 48 unnd hernach anno 51 ain vorrath unnd ergentzung deßelben gemainem Reich teutscher nation zu gueten bewilligt worden, aber volgendts auff negst gehaltnem reichstag verschines 55. jarsa deßhalben dahin geraten, das sich die craiß undereinandern selbs vergleichen sollen, in furfallender nott einandern hilff unnd beistandt zu laisten, inhalt deßelben Reichs abschidts. Daraus dan ervolgt, das das Röm. Reich der versicherung halben ainen andern weg hatt, unnd an jetzo deß vorrats unnd ergentzung deßelben daher zuverwenden von unnoten. Nachdem nun fast alle stende, sonderlich die erbarn stett, zum merern thail inn hohen abfall unnd verderben khomen, aber inn bedenckung deß veindts der christenhait großen macht die noturft ervordern will, ain statliche hilf zelaisten, die aber in der erbarn stet vermogen dermaßen, wie von nöten unnd sy woll zethun genaigt, nit ist, so haben sy derhalben irer ainfalt nach dahin gedacht, das der vorrath unnd die ergentzung deßelben, sovil verhanden und noch eingepracht werden mag, diesen werck zu gueten verwendt werden solt unnd mocht, unnd das demnach b–dem ksl. fiscall am chammergericht bevelch zu geben, den außstandt von den seumigen zum furderlichsten einzubringen; das auch von ime, was noch unbezalt außsteuendtc [!], was auch bey den legstetten in beraitschafft verhanden, bericht begertt–b unnd alßdan gemelter vorrath unnd deßen ergentzung zu verschonung gemainer stende deß Reichs wider den algemainen veindt, den turcken, angewendt wurde. Dieweil aber solchs gegen diesen veindt deßelben macht halben wenig erschießen, so solle uber das hochst gedachter kgl. Mt. ain ferrere hilf zubewilligen unnd zelaisten sein. In dem dan der erbarn frei- unnd Reichs stett gesandten deß bedenckhens, das dieselb hilff in ansehung des vorrat gelts unnd ergentzung deßelben, so noch verhanden und eingebracht werden mag, etwas geringer, weder es durch ir kgl. Mt. begert, beschehen unnd also der stende inn dem ubrigen verschont werden mocht. Unnd achten hierauf sy, der erbarn frei- unnd Reichs stett gesandtenn, hochgedachte kgl. Mt. solte dieser zeit allergnedigst zufridenn unnd benueig [!] sein,da irer Mt. uber solchs von neuem zu ainer hilff wider den turcken N. dopll monat bewilligt unnd gelaist wurde, doch dergestalt, da ain oder mehr stand weitere hilf, alß sein gepuernuß am vorrat unnd ergentzung ist, erlegt hette, das demselben zu erhaltung gleichhait unnd in bedenckung, das solchs dem vorrath, so irer kgl. Mt. zu guetten langet, dargelihenn, zugelaßen wurde, daßelb an dieser jetz bewilligten hilff abzeziehen unnd innen zebehaltten; wie dan in den craiß abschidenn, zu Franckfurt unnd Wormbß ergangen, bedacht, das sollich darlegen in khunfftigen anlagen abgezogen oder sonst in ander weg die gleichhait gesucht werden solte7. Der getrosten hoffnung, d–es werde in diesem allem nit allain die durchgeend gleichhait, sonder auch vernunfftiglich bedacht, zu was beschwerden es den gehorsamen gelangen unnd in khunfftig verursachen wurd, da solcher außstand nit eingepracht unnd zu diesem werck verwendt. Wie dan auch alberait sich alle stendte mit hoherer hilff angreiffenn muestenn, solte anderst was fruchtbarlichs gegen aim solchen mechtigen veindt außgericht werdenn–d.
StadtA Augsburg, RTA 15, unfol. (Kop. Dorsv.: Regenspurgisch bedenckhen.) = Textvorlage. HAB Wolfenbüttel, Cod. Guelf. 57 Aug. Fol., fol. 189–190’ (Kop. Dorsv. wie in Textvorlage) = D.
Die Reichsstädte haben im Anschluss an die Antwort der Reichsstände zur Türkenhilfe weiterhin beraten, wie diese aufzubringen ist.
Wie in ihrer ersten Resolution sind sie der Überzeugung, dass den Ständen die begerten hilff zelaisten desto mher treglich und erschwinglich sein solt, so hierin allenthalben gleichait gehalten und khain stand fur den andern beschwerdt wurde. Dartzu dann wol furtreglich und erschieslich sein möchte, so deß anno 48 und 51 auff beden zu Augspurg gehaltenen reichstagen durch gemaine stende bewilligten unnd zum thail erlegten vorrats und desselben ergentzung halb bei den bestimbten legstetten erkhundigung genommen, und so daselbst etwz in beraitschafft gefunden, dz solichs zum vorthail und fruchtbarlicher erschiessung dises hoch notwendigen, christlichen werckhs verwendet und angelegt, auch darauf verner ain umb sovil desto geringer und gemainen stenden erschwinglicher anschlag zur jetzt berurten hilff gemacht wurde. Im fall aber, da an solichem vorrath in barschafft nichts verhanden oder auch bei den höhern stenden nit fur rathsam angesehen, dz auf den ausstandt desselben getrungen und die jhenigen stendt, so ir geburnus an demselben gar oder zum thail noch nit erlegt haben, diser zeit darumb angehalten und zur betzalung vermögt werden solten (in welchem sich der erbarn stett gesandten mit den obern stenden auch zuvergleichen urbittig seindt), das dannocht nichtz desto weniger dahin zugedencken, damit zu erstattung jetzt furstehender hilff ain gleichmessiger anschlag gemacht; auch den jenigen stenden, so hievor an berurtem vorrath und desselben ergentzung mer, dan ir geburnus ausweist, erlegt und betzalt hetten, vergundt und zugelassen wurde, ire ubermaß an diser contribution abzuziehen und inzubehalten. Dessen man sich dan ires erachtens bei dem ksl. camergericht und desselben fiscal, auch den benenten legstetten furderlich erkhundigen und darauf ainem jeden standt sein geburnus bestimen und auflegen möchte. Wofer aber diser weg bei den hohern stenden nit fur rathsam angesehen, sonder fur nutz und nothwendig bedacht wurde, dz ungeacht gemelts vorraths und desselben ergentzung noch unerlegten ausstandts jetzo in betrachtung der unvermeidenlichen furstehenden noth ain hilff zelaisten sein solte, wie dan hievor der röm. kgl. Mt. alberait desselben halb underthenigst verwenung beschehen, so achten doch der erbarn frey- und Reichs stett gesandten, dz in demselben abermals geburende, billiche gleichmessigkhait zugebrauchen und auf solche weg zugedencken sein solte, damit dannocht der ausstandt des vorraths und desselben ergentzung nit gar dahinden gelassen und also die jenigen stendt, so ir geburnus betzalt haben, ires gehorsams entgelten, die andern aber irer ungehorsame geniessen solten; das auch die kgl. Mt. mit ainer etwas geringern hilff, dan in irer Mt. proposition vermeldt wurdet, in bedenckhung aller stendt, furnemlich aber der erbarn stett nun lange zeit her vilfaltiger erlitener beschwernussen und erschopftens vermögens sich benugen lassen, und dz demnach irer Mt. auf N. monat ain hilff zubewiligen und zu laisten sein solte.
C) Straßburger Entwurf und Endfassung
HHStA Wien, RK RTA 39, fol. 296–298’ (Kop. [Endfassung] Überschr.: Der erbar frei- und Reichs stätt bedenckhen, den artickel, die turggenhilff betreffendt.) = Textvorlage. StadtA Augsburg, RTA 15, unfol. (Kop. [Straßburger Entwurf] Dorsv. [Straßburgisch concept8.] Der erbarn stett bedennckhen uber den articl der turchenhilf, wie das im Reichs rate freitags, den 8. Januarii anno 57 verlesen worden. R.) = E. HASt Köln, K+R 122, fol. 106–107’ (Kop. Schlussvermerk: In gemeiner Reichs versamlung verlesen den 8. Januarii.) = F. ISG Frankfurt, RTA 67, fol. 291–297’ (spätere Kop.). HStA Dresden, Loc. 10192/6, fol. 71–73’ (Kop.). HStA München, K. blau 107/2b, unfol. (Kop.).
Wie in ihrer ersten Resolution10
sind sie der Überzeugung, dass den Ständen die begerte hilff zulaisten desto mehr treglich sein soll, so hierin zu allen theiln gleichait gehalten und khein stanndt fur den andern beschwerdt wurde.
Darzu ires ermessens woll furtreglich und erschießlich sein möchte, so von wegen deß vorraths und desselben ergentzung, anno 48 und 51 auff beden zu Augspurg gehaltnen reichstägen unnd darauff zu Nurnberg gepflegner handlung bewilligt und zum theil erlegt11,bei den bestimpten leg stetten erkhundigung genommen und daß12, so daselbst in beraitschafft gefunden oder noch außstendig unnd eingebracht werden möchte,alles zum vorthel unnd