Deutsche Reichstagsakten, Reichsversammlungen 1556 – 1662 Der Reichstag zu Regensburg 1556/57 bearbeitet von Josef Leeb
1. HA (Religionsvergleich): Argumente gegen General- und Nationalkonzil und für das Kolloquium. Besetzung des Religionsausschusses durch die Städte der schwäbischen Bank. 5. HA (RMO): Ältere Gutachten. 3. HA (Landfrieden): Vollzug der EO in den Reichskreisen. Sicherung des Warenverkehrs auf den Straßen.
Im Nürnberger Rat vorgelegt wohl am 26. 11. 1556.
StA Nürnberg, NRTA 28, unfol. (Konz. Randvermerk: Herr Joachim Haller. Actum donnerstags, 26. Novembris 1556. Dorsv.: Ratschlag uff die kgl. proposition. 1556.) = Textvorlage.
Gutachten der Dres. [Valentin] Kötzler, [Christoph1 ] Gugel, [Georg] Rockenbach und [Johann] Schürstab unter Bezugnahme auf einen RT-Bericht der Nürnberger Gesandten2 und auf das dem Bericht beigelegte Protokoll der Verhandlungen von KR/FR mit SR am 20. 11.3 sowie zur Proposition des Kgs. 4
[1. HA] Religionsvergleich: In der Vergangenheit hat man mit Konzilien, Synoden und Kolloquien wenig fruchtbars außgericht, sonder der hanndel und die stende zwischen einander nur noch verbitterter, also das durch diser weg keinen einicher nutz geschafft worden. Was und wie aber weiter weg und mittel zu der vergleichung gesucht werden sollen, wißten sie keine andere noch bessere zu finden (do man es, wie wol von nöten, getreulich mainen wolt), dann die oberzelten. Wie dann schwerlich andere mittel erdacht werden mochten.
Welches aber under denselben das beste: Da sei wohl acht zugeben und der sachen mit vleis in disem hohen werck nachzudencken. Dann solt man zu einem general concilio rathen oder votirn, so wißt man, das der babst und sein anhang nichts einraumbten, jha selbs cleger und urtheiler sein wolten. Wehren auch die andern stende der augspurgischen confession (irer geringen anzal halb) dermassen uberstimbt, das sie vor der menig der geistlichen nichts wurden aufbringen konnen. Neben dem, das man auch bißher auf den concilien gesehen, was furgeloffen und wie man gehandelt. Solt man dann zu einem national synodo rathen, wer der vortheil oder gewien auch gering, den die stende der augspurgischen confession darbei zugewarten. Dann so wol sie in einem concilio uberstimbt, so wol wurden sie auch in disem fall uberstimbt werden. Und wiewol es mit dem colloquio auch mißlich genug, so wehr doch dasselb vor den andern mitteln zu wehlen und zuerkiesen.
Empfehlen demnach, dass die RT-Gesandten zunächst die Voten der anderen Städte anhören und sich sodann mit obiger Argumentation für ein Kolloquium aussprechen, auf dem die gleicheit gehalten, gleiche stymmen zugelassen und sonderlich solche leut darzu geordent, welche der heiligen schrifft vor andern verstendig, die auch erbere [!] christliche gemueter hetten und nicht hartneckig wehren, auch nit iren eigen nutz, sonder die ehre Gottes und sein heiligmachendes wort mit hertzen und treuen suchten und mainten und einander in denen puncten, die der sehlen und dem gewißen so ghar nit verletzlich, wie dann deren viel wehren, die ohn einich verletzung des gewissens leichtlich konten verglichen werden, ainander wichen und sich freundlich mit einander underredten und auf die vorige handlung5 die sachen weiter bedechten, es wurde nit ghar on frucht sein und ains erbarn raths verhoffen nach mehr durch dises mittel, dann sie yetzents eines erdencken mochten, dem handel geholffen und die vergleichung gefunden werden. Sie, die gesandten, solten auch vleis furwenden, andere stedt und stendt mehr zu irer mainung zutziehen und inen anhengig zumachen.
Verordnung des SR für den interkurialen Religionssausschuss: Nürnberg hat sein Votum einer Stadt der schwäbischen Bank zu geben, kann sich aber nicht selbst vorschlagen. Welche stadt aber hirtzu am nutzbarsten und dem gantzen werck am furtreglichsten, do wehr auch allerlei bedenckens innen zu haben6. Dann obwol billich meine herrn Regenspurgk ir votum hirtzu geben solten, wie sie dann den augspurgischen confessions verwandten stenden sehr anhengig, so wehr aber doch das, das ir predicant, der Gallus7, eins wunderbarlichen kopfs, der auch zur gute oder zur einigkeit nicht fast dinstlich sein wurde. Zu dem so wehre er auch in seinem thun selbs so irrig und so seltzamer meinung, das zubesorgen, es wurd dem handel mit ime wenig geholfen sein. Solt man dann die stadt Ulm benennen, wehr es noch schedlicher, dann dieselben nicht allein in der bapisterei ghar verwirckelt [!], sonder auch sehr zwinglisch wehren. So befunde man auch, das Augspurgk mancherlei und vil secten bei sich hett. Aber wie dem, sol wolt dannocht meinen herrn nit wohl geburn, einer andern stadt uf der schwebischen banck dann Augspurgk ir stymen zugeben in ansehung, das es dannocht die furnemst stadt uf der schwebischen banck wehr; und sonst auch nit mehr allenthalben dann 5 stedt, deren doch keine den geistlichen ghar anhengig, also das man aus den zu Regenspurgk anwesenden stedten von der alten religion keine benennen kont. Zudem geht es im Ausschuss noch nicht um die Vergleichung, sondern nur um den Weg dazu. Zwar sitzt Regensburg vor Augsburg, doch ist die Abordnung in den Ausschuss wegen Gallus nicht ratsam. Sollte Nürnberg benannt werden, des man doch nit achtet, dieweil ungezweifelt Straßburgk sich auch eintringen wirt wollen, so must man dem mehrerm imselben folgen.
[5. HA] RMO: Dazu liegen dem Rat bereits viele Gutachten aus der Vergangenheit vor, die auch beinhalten, wie sich die Städte in dieser Frage verhalten sollen. Der Rat möge deshalb Sachverständige damit beauftragen, diese Gutachten zu prüfen und auf deren Grundlage eine Empfehlung abzugeben.
[3. HA] Landfrieden: Die Proposition mahnt den Vollzug der 1555 verabschiedeten EO in den Reichskreisen an8 . Nun wehre aber leider mehr dann zuvil am tag, das solcher augspurgische beschluß in dem wenigsten theil der kraiß volzogen9, jha es wehren auch die personen nicht verhanden, die sich zur execution wolten prauchen lassen. Darumb auch unmuglich, das der beschloßne landfriden wurcklich kont voltzogen werden, wo nicht die hanndhabung auch stetlich dabei und die personen, so sich der execution mit einem ernst und schuldigen treuen, wie ein yeder ohne das zuthun verpflicht, undernemen, darzu verhanden. Derhalben mecht den gesandten geschrieben und bevohlen werden, nochmaln ires theils zubefurdern, das der lanndfrieden und das jenig, so zu Augspurg beschlossen und verabschiedet und allen stenden und kraißen des Reichs aufgelegt, wircklich voltzogen, auf das die stende des Reichs eins mals widerumb in einen bestendigen und beharlichen frieden khumen und ein yeder wissen mecht, weß er sich zu dem andern zuversehen. Insonderheit aber mochten sich die herrn gesandten vernemen lassen und uff die bahn bringen, wie sehr die plackareien und raubereien seid jungsten reichstags uberhand genomen und dermassen eingewurzelt, das auch nicht allein hiezwischen viel wegen10 und gueter aufgehauen und leut nidergeworffen und hinwegk gefurt, sonder es wehr auch mit demselben biß uff dise stundt kein aufhoren. Wehr auch dermassen eingerissen, das, wo nicht zeitliche gute fursehung hierinn geschee und furgenomen wurde, das auch uf die letzte kein burger oder bider-, zu geschweigen der handelsmann mit seinem leib fur ein stadt oder uf die strassen sich begeben, sonder auch seine gueter nicht außschicken durfft. Darumb und do solchem in die lenge verhengt, wurden nicht allein alle hendel nidergelegt und den oberkeiten, so gleit, zoll und andere [Abgaben] von den wanderenden [!] und handierenden personen und derselben guetern hetten, geschmelert und abgekurtzt, sonder es wurd auch dardurch im Reich und zwischen den stenden desselben einen solchen mißtrauen gebehrn und einer in den andern also wachsen, das auch letzlich alle gute policeien und ordnungen dadurch zerstört und entlich ein gantzer [?] undergang des Reichs daraus ervolgen wurde. Darumb wehr es sehr hoch von nöten, dises der erbarn stedt gesandten insonderheit wohl einzubilden und etliche exempel zuerzelen11.
Doch alles uff verbesserung.