Deutsche Reichstagsakten, Reichsversammlungen 1556 – 1662 Der Reichstag zu Regensburg 1556/57 bearbeitet von Josef Leeb

Außergewöhnliche Gefahrenlage wegen des erwarteten Feldzugs unter persönlicher Führung des Sultans. Beharren auf der Forderung von 16 Römermonaten. Zusatzforderungen: ¼ Romzug als Ausgleich für Steuerausfälle der Reichsmatrikel sowie 1½ fl. je Reiter und ½ fl. je Fußknecht pro Monat zur Zahlung von Rüstgeld und Übersolden. Forderung einer beharrlichen Hilfe für die dauerhafte Grenzsicherung in Ungarn. Erlegung der Steuer mit Großmünzen. Baldige Verordnung von Muster- und Zahlmeistern. Erster Erlegungstermin. Sicherung des Friedens im Reich mit dem Augsburger Friedenswerk von 1555. Klärung aktueller Konflikte auf dem RT. Etwaige Übernahme des Feldoberstenamtes im Türkenkrieg durch den Kg. oder einen seiner Söhne. Beiträge des Kgs., der Erblande und der Landstände zur Türkenabwehr. Rechtmäßige Einbeziehung der in Österreich begüterten Reichsstände in die dortigen Steuern.

Den Reichsständen übergeben am 12. 1. 15571. Von diesen kopiert am 13. 1.

HHStA Wien, MEA RTA 43/II, fol. 232–247 (Kop. Überschr.: Kgl. Mt. resolution und weitter begerd, der turckenhilff halben.) = Textvorlage. HStA München, KÄA 3177, fol. 133–145’ (Kop. Aufschr.: Lectum Ratisponae, 12. [!] Januarii 1557. Dorsv.: Der röm. kgl. Mt. resolution auff gemainer stännde des Reichs antwurtt und bedenckhen, der turkhenhulff halber. [Nr.] 16. Ubergeben aus irer Mt. cantzley 11. Januarii [!] anno 57.) = B. HStA Düsseldorf, JB II 2295, fol. 163–173’ (Kop. Aufschr.: Lectum Ratisponae, 13. Januarii anno 572 .) = C. HStA Stuttgart, A 262 Bü. 50, fol. 7–23’ (Kop.). HStA Dresden, Loc. 10192/6, fol. 92–109’ (Kop.). GStA PK Berlin, I. HA Rep. 10 Nr. X Fasz. C, fol. 59–73’ (Kop.). Knapp referiert bei Laubach, Ferdinand I., 183.

/233 f./ Kg. hat die Duplik der Reichsstände zum 2. HA (Türkenhilfe) mit dem Angebot einer Reichshilfe von 12 Römermonaten vernommen3 . Er dankt für die Unterstützungsbereitschaft und wäre gern gewillt, das Angebot anzunehmen, wenn dies die den Reichsständen aus der Proposition4  und der persönlichen Erklärung des Kgs. nach seiner Ankunft5  bekannte Gefahrensituation in Ungarn wegen der dortigen Rebellen und des geplanten persönlichen Feldzugs des Sultans zulassen würde.

/233’/ Dieweill dann allen einhelligen und glaubwurdigen kundschafften nach, so ir kgl. Mt. von mher ortten bekomen und ir noch teglich zugesandt werden, ermelts erbvheindts unsers christlichen namens und glaubens, des turggen, personlicher gwaltiger antzug auff konfftigen frueling noch gewiß und in keinen zweiffell zusetzen6, auch sein gemuet und meinung endtlich dahin gerichtet ist, /234/ nit allein irer Mt. noch inhabenden theill an bemelter cron Hungern, sonder auch andere irer Mt. anreinende christliche konigreich, landt und grenitz flecken, sonderlich aber irer Mt. haubt stat Wien, dergleichen auch anderer nechst angelegener churfursten, fursten und stende des Heiligen Reichs landt und leuth mit höres crafft zuuberziehen, anzugreiffen und zubekriegen und also seinen fues ye lenger, je mher in die christenheit, furnemblich teutschea nation zusetzen7 und ein landt neben oder nach dem andern in seinen tyrannischen gewalt und dienstbarkeit (wo ime solchs der almechtig verhengte) zutzwingen, darzue ime dan etlich seine bißher erlangte sig und eroberung der furnembsten päß und stet in Hungern (so aus zu schwachem widerstandt ervolgt) nit wenig anreitzung, hertz und khuenheit machen. Wie dann zu destmererm und aigentlicherm antzeigen solchs seines schedtlichen furnemens er, der turgg, albereit zu Adrinopel aigner personb ankommen und sich mit allerlei preparation und kriegs rustung auf Hungern zum sterckhisten in verfassung geschickt, also das sich gar keines andern zuversehen, dan das er auff yetzt konfftigen früling, so baldt ime immer muglich, gegen unserer cron Hungern sich in den antzug begeben wurdet: So haben dem allem nach gemeine stende vernunfftiglich zuermessen, das nit allein irer kgl. Mt. und derselben christlichen konigreich und lande, sonder so woll des Heiligen Reichs teutscher nation hochdringende, unvermeidtliche notturfft erfordert, sich /234’/ gegen diesen gewaltigen, grausamen vheindt der christenheit, sovil nur menschlich und muglich, auf[s] aller sterckhist anzugreiffen und zu der gegenwhär gefast zumachen, damit er in seinem schedtlichen furnemen nit allein aufgehalten, sonder auch mit hilff und beystandt des almechtigen etwas dapffers und fruchtbars gemeiner christenheit und bevorab irer Mt. betrangten konigreichen und landen, auch dem Heiligen Reich zu trost, nutz und gutem gegen ime gehandlet und außgericht werden möge.

Da die Erblande des Kgs. infolge der gänzlichen Verarmung aufgrund der lang andauernden Türkenabwehr auch zugunsten des Reichs allein nicht mehr in der Lage sind, Widerstand insbesondere gegen einen persönlichen Angriff des Sultans zu leisten und die weitläufigen Grenzen zu sichern, und dan auch gemeiner stende offtermelte bewilligte hilff nach ge- /235/ legenheit des feindts macht und personlichen vorhabenden expedition ettwas zu gering, auch der zeit nach zu kurtz gestelt ist, so ersuchen und vermanen ir kgl. Mt. der churfursten rethe, die erscheinenden fursten, stendt und der abwesenden potschafften abermals gantz fleissig und gnediglich, sie wollen bei inen wol erwegen und zu gemuet furen, was irer kgl. Mt. und iren christlichen beschwerdten konigreichen und landen und nit weniger auch dem Hl. Reich und allen desselben stenden und glidern an rettung und erhalttung irer kgl. Mt. noch inhabenden theill der cron Hungern und anderer irer Mt. ortflecken, auch irer Mt. nechst anreinenden landen als dem schilt und vormaur der teutschen nation gelegen sein will und was dagegen auff verlust derselben und, wo der feindt ferrer furbrechen und seinen fuß in die löblich teutsch nation setzen solte, fur unwiderbringlicher schaden, unrath und verderben zugewartten sein wurde, und zu verkommung solchs ubels und unheils, auch in betrachtung des turcken grosse macht und vor augen stehender not und gefarlichkeit den doppleten romzug auff acht monat lang, irer kgl. Mt. vorigen unvermeidtlichen, nottwendigen begern gemeß, one abgang in geldt zureichen und wurcklich zuleisten bewilligen und solchs unverhindert etlicher stende in jungst verlauffnen kriegs handlungen uberstanden scheden gemeiner /235’/ christenheit und inen selbst zu merer befridung und guttem zuthun unbeschwerdt sein. Dan je stercker mann sich gegen diesem vheindt gefast macht und in die gegenwher schickt, je weniger ist sich gefhar, schaden und nachteill zubesorgen. Und mag darzu vermittelt gottlicher gnaden mit getreuem, ernstlichen zusammen setzen, unangesehen dz ir kgl. Mt. mit gemeiner stende und irer Mt. konigreich und lande, auch andern hilffen (wo ir Mt. die gleich erlangten) dannocht bei weittem nit so starck mit kriegsfolckh zu roß und fueß auffkomen, dz sie dem turcken zu seiner personlichen ankunfft an der macht gleich sein wurdet mögen, ettwas erschießlichs und nutzlichs, wie vorgemelt, verricht werden.

Dan ob wol ir kgl. Mt. mit andern christlichen potentaten umb hilff wider diesen der christenheit erbfeindt, den turcken, auch ansuchen und werbung thun lassen wöllen, wie dan bey ettlichen solche werbung zum theill schon beschehen8 und die andern ir Mt. auch furderlich ersuchen zulassen vorhabens sein, so ist sich doch dieser zeit bei den meisten potentaten auff ir hulff nit zuverlassen, angesehen dz sie selbst /236/ dieser zeit mit beschwerlichen kriegen und unruhe beladen sein. Derhalben umb sovill mher die hohe notturfft erheischt, dz sich churfursten, fursten und stende, darauf ir kgl. Mt. ditzmals iren meisten trost setzen mussen, in diesser gemeinen not, die sie auch mit betreffen thut, gegen diesen vheindt zum aller stattlichisten und muglichsten angreiffen und irer Mt. christenliche konigreich und lande und viel thausent unschuldigs christlichs pluets, die sonst zu nit geringer gefhar und verderben an seel, leib und gut in des turcken beschwerlich joch und dienstparkeit genottigt werden mochten, inen, den stenden, selbst so wol als irer kgl. Mt. und dero landen und leuthen zu nutz und guttem erretten und erhalten helffen. So wollen ir kgl. Mt. vorigen irem gethanen erpitten nach nichts weniger umb erlangung willen einer hilff bei den christlichen potentaten an allen fleissigen und muglichen handlungen nichts erwinden lassen.

Und nachdem von wegen etzlicher ungewissen, verlornen und endtzognen stende des Reichs ein mercklicher abgang und mangel an berurter hilff des dopplten romzugs erscheinet, /236’/ darumbe dan gemeine stende im verschinen 43. jar, als sie auch den doppleten romzug wider den turggen bewilligt, allein von wegen solcher ungewissen und endtzognen stende noch einen vierten theill eins einfachen romzugs angeschlagen haben, damit der doppelt romzug umb sovill desto gewisser und vollkomner geleist werden möge9, so gesinnen und begern ire kgl. Mt. freundtlich und gnediglich, gemeine stende wellen uber ermelten doppleten romzug auch einen viertten theil eins einfachen romzugs, inmassen hievor geschehen, anlegen und bewilligen, damit mer gedachter doppleter romzug umb sovill desto völliger und one abbruch in geldt gereicht und davon auch der hohen empter besoldungen desto stattlicher endtricht werden mögen.

Zudem und dieweill auch gemeine stende berurts 43. jars neben angeregter hilff auch auff die erste drei monat auf rustgelt, gutt schutzen und andere extra ordinari söldt zu jedem monat soldt auf einen reissigen anderthalben gulden und auf einen fußknecht einen halben gulden bewilligt10, und dann jetzo zu bestellung und underhaltung des kriegsfolcks auf rustung, gutte schutzen und /237/ die extra ordinari söldt nicht weniger, sonder ehe mher darlag weder dieselb zeit von nötten ist, in betrachtung, dz die besoldungen seithero vill hoher gestigen, weder sie derselben zeit im brauch und ubung gewest, so wöllen sich ir kgl. Mt. freundtlich und gnediglich versehen, wie dan auch ir kgl. Mt. gemeine stende darumb hiemit gnediglich ersuchen, sie werden unbeschwerdt sein, zu der obgemelten doppleten hilff, nach dem wormbsischen romzugc zureitten, die bestimbten acht monat lang und den vierdten theill eins ainfachen romzugs auff rustgelt, lauffgelt, gutte schutzen und endtrichtung anderer extra ordinari söldt noch eines jeden monats auf ein pferdt anderthalben gulden und auf einen fußknecht einen halben gulden zubewilligen und zuerlegen, damit dz kriegsfolck sovill desto in stattlicher antzall bestelt mög werden, wie es dieses feindts grossen macht halben wol von nötten, und also der abgang, so von der verlornen, auch ungewissen und dem Hl. Reich entzogner stende wegen, dergleichen auch etlicher moderirten und geringerten anschleg halben vor augen, ettwas erstattet werde.

Uber das alles setzen die röm. kgl. Mt. in keinen zweiffel, churfursten, fursten und stende /237’/ tragen guts wissen, das mher ernenterd unsers heiligen christlichen glaubens und namens erbfeindt, der turck, durch einnemung und eroberung der furnembsten stett und flecken in Ungern dem Hl. Reich teutscher nation und sonderlich irer Mt. betrangten konigreichen und landen leider dermassen nahendt an die seitten kommen, auch sein macht mit einwurtzung in die cron Hungern also erweitert, dz er in einem jhar darauß nit leichtlich abgetrieben werden mag; und zubesorgen, was er dz erst jhar nit verbringen wurdt mögen, dz er solchs dz ander oder dritt jhar, nachdem er die schweche des christenlichen kriegsfolcks, so gegen ime gehalten wurdet, und also seinen vortheill ersieht, zuverrichten understeen werde. Derwegen die hochtringendt und grosse notturfft erfordert, nit allein im fall seines personlichen antziehens auff dieselb cron Hungern, sonder auch sonst gegen seinen waschen und sansagken11, so jeder zeit ein ansehenlich turggisch kriegsfolck an den grenitzen in iren besatzungen liegen haben und in eill zusammen versamblen mögen, /238/ auch ein statliche kriegsfolckh zu roß und fueß sommer und wintter harlich zuunderhalten, damit den turggen nit allein ire streiffzug, deren sie sich mit mordt, raub, prandt und verherung der christlichen lande, auch hinwegfurung eines theils des christlichen folcks unauffhörlich understehen, gewehret, sonder sie auch von andern irer thattlichen, feindtlichen furnemmen und handlungen gegen irer Mt. und derselben getreuen underthanen, ortflecken und grenitz heusern desto mher und dapfferer abgetrieben und dieselben flecken und schlösser gemeiner christenheit zu guttem errettet werden möchten. Dieweill nun aber in irer kgl. Mt. und mherberurter irer erschöpfften konigreich und lande vermögen auch nit ist, ein solch stattlichs kriegsfolckh beharlich zuerhalten, dz dem turckischen kriegsfolckh jeder zeit starck genug sein und ime im feldt abpruch thun oder doch die noch uberpliebene ortt, peß und grenitzenf vor ime erretten möge, so gesinnen und begern ir kgl. Mt. ferner gantz freundtlich und gnediglich, der /238’/ churfursten rethe, erscheinenden fursten und stende und der abwesenden gesandten wollen in betrachtung dieses geschwinden feindts grossen macht und unaufhorlichen kriegsgirigen gemuets sich einer beharlichen hilff gegen ime auff etlich jhar lang entschliesseng und so ein ansehenliche, christenliche, mitleidenliche hilff zu erhaltung irer Mt. und derselben betrangten christenlichen konigreichen und landen und zu des Hl. Reichs langwirigen sicherheit und befridung bewilligen und leisten, dz vermittelst gottlicher gnaden nit allein dz, so noch uberig, erhalten, sonder auch dz abgetrungen recuperirt und wider erlangt werden möge.

Den Beschluss der Reichsstände, die Soforthilfe mit Geld zu leisten, befürwortet der Kg., da die Hilfe damit effektiver /239/ in dz werck gezogen, in der nehe ein guts, geubts, erfarns und tauglichs kriegsfolckh zu roß und fueß angenommen und in ein gleiche bezalung gebracht, auch die gantz expedition wider diesen feindt, den turcken, hochlich befurdert und solch kriegsfolck mit desto besserm nutz und fruchtbarkeit gepraucht unnd dagegen die zerruttlichkeiten und unordnungen, so (wan man die hilffen an volck geleistet) durch ungleichen an- und abzug, auch zu musterung und bezalung endtstanden, vermitten pleiben. Dabeneben aber wöllen ir kgl. Mt. gemeine stende freundtlich und gnediglich vermant haben, dz sie sich jetzo vergleichen und bewilligen, die versehung zuthun, dz ein jeder sein hilff geldt jederzeit an gutter, grober, gangbarer muntz erlegen solle, angesehen dz irer kgl. Mt. und den stenden durch die klein muntz mercklicher schaden und abgang entsteet und sie weniger nachteill mit erlegung der groben müntz gedulden dörffen, als wen des Reichs zalmeister die klein /239’/ muntz mit schaden in grobe verwechsseln musten. So gesinnen und begern ir kgl. Mt. auch freundtlich und gnediglich, dz gemeine stende jetzo alßbaldt ir sonderbare commissari, nemblich muster- und zalmeister, verordnen, welche das geldt jederzeit bei den bestimpten legstetten erheben, dz kriegsfolck ordenlich mustern und bezalen und also solch hulffen ninderst anderstwohin dan zu diesem christlichen werckh und expedition wider den turcken verwenden.

/239’ f./ Die in der Duplik genannten Erlegungstermine und Legstätten sowie die fiskalischen Prozesse gegen säumige Stände billigt der Kg. im Allgemeinen. /240/ Allein sovil die erlegung der hilff zu dem ersten termin auf Ostern belanget, bedencken ir kgl. Mt., wo dieselb erst in vierzehen tagen nach Ostern, dz ist auf den andern tag Maii, bezalt wurde, dz damit viel gutter zeit verlorn, auch daß kriegsfolck desto langsamer angenommen und in den antzug gebracht werden möchte. Darumb begern ir kgl. Mt. freundtlich und gnediglich, gemeine stende wolten die sachen dahin dirigiern und richten, dz zu gewinnung der zeit und in ansehung, dz an furderlichem antzug und erlangung des vorstreichs gegen dem feindt trefflich vill gelegen, ir ersten halben theill des hilff gelts wo nit ehender, /240’/ doch auffs lengest zu jetzt kommenden Ostern in den obgemeltenh legstetten gewißlich richtig gemacht und damit lenger nicht verzogen werde, auf das solch kriegsfolckh desto schleüniger in den antzug gebracht und bey der gutte gelegene zeit dem feindt umb sovil meri stattlicher abbruch vermittelst gottlicher gnaden gethan werden möge; das auch chamerrichter und beysitzern des ksl. chamergerichts auffgelegt wurde, auf des fiscals proceß gegen den jenigen, so mit erlegung ires geburenden hilff gelts seumig und ungehorsam erschienen, furderliche und unverlengte erkandtnus zethunj.

/240’–242/ Die Beschlüsse der Reichsstände zur Belegung der Untertanen mit der Reichssteuer billigt der Kg. Auch will er gemäß deren Bedenken mit der Reichsritterschaft und den Hansestädten wegen einer Beteiligung an der Hilfe verhandeln lassen.

/242/ Bezüglich der Sicherung des Friedens im Reich und der Einbeziehung anderer christlicher Potentaten in die Türkenabwehr erachtet der Kg.  solch ir, der stendt, begern vor billich. Ir kgl. Mt. seindt auch zu dem allmechtigen trostlicher zuversicht, er werde sein gottliche gnad verleihen, dz im Hl. Reich nun mher bestendiger fridt gepflantzt und erhalten werde, angesehen dz jungstlich auf dem augspurgischen Reichs tag nit allein der gemein landtfriden in prophan sachen erneuertk und desselben execution und handthabung halber gutte ordnung auffgericht, sonder auch in der religion ein bestendiger, beharlicher, unbedingter, fur und fur ewig werender fridt auffgericht und beschlossen worden; dardurch dan dz ksl. chamergericht auch seine gestracke leuff desto stattlicher haben wurdet mögen. So stehen ir Mt. jetzo, wie inen bewust, zuforderst von wegen christlicher vergleichung der strittigen religion12 und dan auch der irrung und zwispalt halben zwischen den frenckischen veraindten stenden und den marggraven zu Brandenburg13, dergleichen von wegen der lifflendischen kriegs ubung14 /242’/ auch in embssiger handlung; des versehens, es sollen nit allein die spaltig religion schirist zu christlicher ainigkaitl und vergleichung gepracht, sonder auch die andern jetzt berurten zwitrachten und strittigkeiten fridtlich und guttlich vertragen werden. Was dan ir kgl. Mt. darin und sonst in all andere weg zu pflantzung und erhaltung langwiriges friedens, ruhe und einigkeit und zu auffnemen und wollfart des Hl. Reichs teutscher nation rathen, helffen und furdern konnen und mögen, deß sein ir kgl. Mt. wie bißher mit allem vatterlichen, gnedigen und begirlichen willen und fleiß getreulich zuthun und an ir gar keinen mangell erscheinen zulassen freundtlich und gnediglich urputtig und geneigt. Ir kgl. Mt. sein auch bedacht, bey andern potentaten der christenheit, wie vor auch gemeldet, umb hilff wider den turcken alles fleiß werben zulassen. Wie dann ire Mt. /243/ bey etlichen derwegen schon in handlung stehen15.

Zur Bitte der Reichsstände, das Feldoberstenamt persönlich zu übernehmen, erklärt der Kg., dz ir kgl. Mt. gantz wol geneigt seien, wofer sie sich anderst mit irer christlichen hilff irer kgl. Mt. nottwendigen und unvermeidtlichen begern gemeß angreiffen und damit zu irer Mt. getreulich, wie sie sich zu inen endtlich versehen, setzen wöllen, sich aigner koniglichen person in das veldt wider diessen allgemeinen feindt der christenheit zubegeben und das kriegs wesen selbst zudirigiren und zufuren, auch einen oder zwen irer Mt. geliebten söne zu sich zuziehen oder auff den fall, dha ir Mt. je ettwo aus leib schwacheit oder andern mercklichen ehafften /243’/ verhinderungen selbst personlich nit ziehen mochte, doch an ire statt derselben geliebten bede eltere söne16 und, wo dieselben nit samentlich ziehen möchten, alßdan irer Mt. geliebten son, konig Maximilian zu Behaim, und im fall, dha seine Lieb leib schwacheit halber daran verhindert wurde, zum wenigsten irer Mt. geliebten sun, ertzhertzog Ferdinanden zu Osterreich, ins feldt zuschicken und berurtes kriegs wesens zubefelhen. Demnach wollen ir kgl. Mt. der stende und der abwesenden podtschafften ferrer bedencken von wegen dieses puncten und seiner nottwendigen umbstendt und anheng irem erbitten nach freundtlich und gnediglich gewertig sein und sich volgents daruber der notturfft nach weiter resolvirn und mit inen vergleichen.

/243’ f./ Zur Bitte, seinen und den Beitrag seiner Erblande zur Türkenabwehr darzulegen, erklärt der Kg.: Er ist seit seinem Regierungsantritt nunmehr 30 Jahre lang mit Kriegen und diesbezüglichen Ausgaben zum höchsten belastet und hat schon zuvor Kg. Ludwig von Ungarn wiederholt /244/ ansehenliche hilff geleistet, alles allein darumb, damit die cron Hungern als ein vormaur gemeiner christenheit und bevorab des Hl. Reichs teutscher nation vor dem turcken errettet und in der christenheit gewaltsam erhalten hett werden mögen. Darumb dan ir kgl. Mt. an iren chammer guttern und dann auch ire getreue konigreich und lande an irem vermögen zum hochsten erseigert und erschöpfft. Und zu dem allem ir kgl. Mt. an den confinen, welche seher weitschweiffich und sich in die anderthalb hundert meill wegs erstrecken, auch allenthalben in den besatzungen und orttflecken /244’/ gegen dem turcken nahent bis in zwantzig thausent mann zu bewarung derselben confinen und orttheuser one frembde hilff ettlich jar hero underhalten mussen und noch jerlich mit bemelter irer Mt. konigreich und lande getreuen eusseristen darthun und hilffen erhalten, darauff irer kgl. Mt. biß in ein million goldts jerlich aufflauffen thut. Dergleichen, dz auch irer Mt. getreuen landt leuth und underthanen von grafen, hern und ritterschafft in derselben konigreichen und erblanden sich im fall, dha ir Mt. oder derselben geliebte söne einer oder mer personlich sich in dz feldt begibt, auch irem eussersten vermögen nach zu roß und fueß gefast und gerust machen und in eignen personen mit ziehen17. Und sonderlich auch die hungerischen landt leuth, so noch in irer Mt. gehorsam seien, mit sovill geringer pferden, als inen immer muglich sein wurdt, auch personlich sich ins feldt begeben und zu irer Mt. und iren geliebten sönen als iren hern und landts fursten treulich zusetzen. Nichts weniger aber und uber das alles sein ir kgl. Mt. vätterlich und gnediglich urbittig, zu diessem christlichen werck /245/ und expedition dz nottwendig geschütz sambt seiner zugehorigen artilerei, munition und schiffprucken, dergleichen auch die armada und schiffung auff der Thonau, mit deren ir Mt. schon gefast, die man auch gegen dem vheindt nit entberen kan, und darzu dz profandt wesen und die nottwendigen kundtschafften, daran als nit den wenigisten kriegs stucken auch seher vil gelegen, zu underhalten und in solchen allem nottwendige fursehung zuthun, auch andere nottwendige extra ordinari außgaben zuverrichten. Auff welchs alles ir kgl. Mt. dan auch ein grosse antzall personen haben und einen unsechlichen grossen costen und mercklichen sumen geldts auffwenden werden mussen; der freundtlichen und gnedigen zuversicht, gemeine stende werden mit solchen irer Mt. und derselben getreuen konigreichen und landen hohen und eussersten darthun und hilff guttwillig ersettigt und zufriden sein.

/245 f./ Die Bitte, die in Österreich begüterten Reichsstände nicht doppelt mit Steuer zu belegen, wurde bereits auf früheren RTT vorgebracht18 /245’/ Ir kgl. Mt. haben aber dasselb dermassen abgeleint und außfurliche bericht gethon, was gestalt sie mit gedachten irer Mt. landen irer darin gelegnen gutter halben verwandt und landt leuth seien, sich auch derselben schutz und schirmbs gebrauchen und recht zunemmen und zugeben von altters her schuldig gewesen und noch seien, das sich ir kgl. Mt. billich versehen sollen, sie wurden derwegen ferner kein anregung gethon haben. Und dieweill dan ir kgl. Mt. deren ertz- und bischoffen underthanen und gutter, in irer Mt. erblanden gelegen, rechter, warer erbher und landtsfurst und dieselben so woll als andere irer Mt. underthanen dem /246/ turggen zum negsten gesessen seien und vor ime von irer kgl. Mt. geschutzt und errettet werden, so sein ir kgl. Mt. der gnedigen zuversicht, bemelte ertz- und bischoffen, so in irer Mt. landen begutet sein, werden bei irer Mt. landtschafften zu keiner zerruttung ursach geben, sonder sich also mitleidenlich und guttwillig erweisen, wie solchs die billicheit und notturfft erfordert und sie von alter hero auch gethon haben, inen auch als geistlichen fursten zu erhaltung unsers heiligen christlichen glaubens und religion, auch rettung landt und leuth zuthun zustehet und geburt.

/246 f./ Nochmalige Bitte und Ermahnung des Kgs. an die Reichsstände, sie wollten in Anbetracht der höchsten Gefahr für die gesamte Christenheit wegen des geplanten Feldzugs des Sultans /246’/ hievor und jetzt erzelte ursachen zu hertzen furen und sich mit bewilligung und leistung obbegerter hilff des doppleten romzugs auff acht monat lang und virtten theill eins einfachen romzugs, dergleichen auch auff rust- und lauffgelt, gutte schutzen und endtrichtung anderer extra ordinari söldt noch jedes monat auf ein pferdt anderthalben gulden und auf einen fueßknecht ein halben gulden, als vor gemelt, zureichen, und dann auch mit continuierung einer harrigen hilff wider diesen feindt dermassen erzeigen und in ansehung kurtze der zeit und des feindts gewaltigen zunehung19 die sachen also schleünig befürdern, wie es nit allein irer Mt. und irer beschwerdten konigreich und lande eusseriste, sonder auch des Hl. Reichs teutscher nation und gemeiner christenheit selbst aigene unvermeidtliche hohe notturfft erheischt. Daran werden sie dem allmechtigen ein angenembs, irer Mt. wolgefelligs, dancknemigs und unserm geliebten vatterlandt, der teutschen nation, ein hoch nutzlichs gutt werck erzeigen, welchs vermittelt gottlicher gnaden vill thausent christenlichen menschen /247/ zu trost, erledigung aus irer gefar, nutz und allem gutten gereichen wurdet, und ir kgl. Mt. gegen churfursten, fursten und gemeinenm stenden in aller freundtschafft und gnaden zuerkennen und zubedencken unvergessen sein wöllen.

Anmerkungen

1
  Kurmainz, pag. 606 f. [Nr. 68].
2
 Die Abschrift am 13. 1. wird mit Vermerken mehrerer weiterer Kopp. bestätigt. Demnach ist die Aufschr. auf der bayerischen Kop. (vgl. Nachweis B) wohl falsch. Abweichende Datierung (Abschrift erst am 14. 1.) auch auf der Kop. in HStA München, HL Passau 2253, fol. 54–66’.
3
 Nr. 436.
4
 Vgl. Nr. 1, fol. 62–65, 66’–70.
5
 Vortrag am 8. 12. 1556: Kurmainz, pag. 354–361, 365 [Nr. 42]. Vgl. auch die mündliche Replik des Kgs. vom 18. 12. 1556: Kurmainz, pag. 436–441 [Nr. 51].
6
 Vgl. Anm.9 bei Nr. 42.
a
 teutsche] In B, C: teutscher.
7
  Kf. August von Sachsen wies seinen Sondergesandten Mordeisen später an, wegen der Konzentration türkischer Truppen in Ofen beim Kg. den unverzüglichen Schutz Wiens anzuregen. Eine Einnahme Wiens wäre für das Reich /112/ gantz erschrecklich, da der Feind damit die Donau kontrollieren würde, Zugang ins Reich hätte und namentlich Sachsen unmittelbar bedroht wäre. /112’/ Derhalben, da es muglich, were nicht unradsam, das nicht alleine Wien, sonder auch Breßlau besatzt wurde. Dann wir besorgen doch, die turckenhulff werde dis jar sonst wenig erschiessenn, dann das man die paß und vestungen besetze und vor dem feindt erhalte. Dann wo, wie man furgibt, der turck so gewaldigk ankompt, besorgenn wir, des konigs macht werde dargegenn das feldt zuhalten nicht vermuglich noch gnugsam sein (Dresden, 15. 2. 1557: HStA Dresden, Loc. 10192/7, fol. 110–113’, hier 112 f. Kop.).
b
 person] In B, C danach: auch.
8
 Zu den diesbezüglichen Bemühungen bei Kg. Sigismund II. August von Polen seit Sommer 1556 im Zusammenhang mit dem Verlust Siebenbürgens vgl. Anm.1 bei Nr. 55.
9
 Beim Nürnberger RT 1543 bewilligten die Reichsstände neben der Defensivhilfe von 6 einfachen [!] Römermonaten (für 20 000 Fußknechte und 4000 Reiter) als Ausgleich für die Steuerausfälle der Matrikel einen Zuschlag mit dem erwähnten Übersold von 1½ fl. je Reiter und ½ fl. je Fußknecht, beschränkt auf die ersten 3 Monate der Hilfe (RAb 1543, §§ 7, 18–21; Rüst- und Laufgeld: § 23: Neue Sammlung II, 484, 486 f.). Die im RAb (§ 19) erwähnte Erlegung von 2 ganzen Monatssolden bezieht sich nur auf die erste Rate der Grundbewilligung. Vgl. zu Letzterer: Steglich, Reichstürkenhilfe, 53; Edelmayer, Kursachsen, 218. Zur Zusatzsteuer: Lanzinner, Friedenssicherung, 470, Anm. 83.
10
 Vgl. Anm. 9.
c
 romzug] Korr. nach B und C. In der Textvorlage verschrieben: antzug.
d
 ernenter] In B: ermelter. C wie Textvorlage.
11
 = Paschas und Sandschaken (Sancakbeyi).
e
 statlich] In B, C danach: christlich.
f
 grenitzen] In B: grenitzfleckhen. C wie Textvorlage.
g
 entschliessen] Korr. nach B und C. In der Textvorlage verschrieben: beschliessen.
h
 obgemelten] In B, C: obbenenten.
i
 mer] Korr. nach B und C. Fehlt in der Textvorlage irrtümlich.
j
 zethun] Korr. nach B und C. In der Textvorlage verschrieben: gethon.
k
 erneuert] Korr. nach B und C. Fehlt in der Textvorlage irrtümlich.
12
 Bezugnahme auf die Verhandlungen des RT zum 1. HA (Religionsvergleich).
13
 Bezugnahme auf den Vergleichstag im Markgrafenkrieg (vgl. Einleitung, Kap. 1.2).
14
 Bezugnahme auf die Verhandlungen des RT zum Koadjutorkonflikt in Livland. Vgl. Eingaben und Resolutionen [Nrr. 511519] mit Hinweisen auf die Beratung in den Kurien.
l
 ainigkait] Korr. nach B und C. In der Textvorlage verschrieben: religion.
15
 Vgl. oben, fol. 235’, mit Anm. 8.
16
  Ehgg. Maximilian und Ferdinand.
17
 Der persönliche Zuzug der Landstände erfolgte in der Regel nur, falls der Feldzug vom Kg. oder einem seiner Söhne angeführt wurde. Vgl. am Beispiel der steiermärkischen Landtage 1556: Ziegerhofer, Ferdinand I., 34 f., 57; entsprechende Zusage des ungarischen RT zu Pressburg im Januar 1556: Fessler III, 570 f.
18
 Vgl. dazu und zum Folgenden Anm.5 bei Nr. 438.
19
 = Annäherung.
m
 gemeinen] Korr. nach B und C. Fehlt in der Textvorlage irrtümlich.