Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XIV. Band. Der Reichstag zu Nürnberg 1543 bearbeitet von Silvia Schweinzer-Burian, mit Vorarbeiten von Friedrich Edelmayer

Dresden HStA, GA, Loc. 10184/5, fol. 148r–149v (Ausf.).

Beilage fol. 146r–147v: Protokollartige Aufzeichnungen über die Vorgänge am Reichstag zwischen 7. und 17. April 1543.

Druck: E. Brandenburg, Politische Korrespondenz Bd. 1, Nr. 467, S. 616–618.

Bestätigen Erhalt eines Schreibens von Hg. Moritz von Dienstag nach Misericordias Domini (1543 April 10: fehlt). Obwohl sie angesichts des Verlaufs des Reichstags durch ihre Gegenwart am Reichstagsort wenig bewirken können, leisten sie dem Befehl ihres Herrn Gehorsam und bleiben in Nürnberg.

[Session] Und sollen euer fstl. Gn. hieneben nit bergen, das die kgl. Mt. uff euer fstl. Gn. zwifaches schreiben [Nr. 294a] und unser vilfeltiges anregen mit Hg. Hansens zu Beiern geschickten [= Beuser von Ingelheim], der letzlich Hg. Otheinrichs stimme auch gehabt, numehr sovil gehandelt, das er abgereiset ist. Welchs ire Mt. uns also anzeigen und daneben gnedigist begeren hat lassen, weil wir numehr mit niemant keine irrung mehr hetten, das wir widerumb zu rath gehen und die obligenden sachen neben andern zum ende bringen wollten helfen. Weil dan Hg. Ruprechts gesandter2, der sich sunst mit uns umbzuschitzen [!] erbotten gehabt, auch hinweg gezogen, derhalben wir uns mit niemant keiner irrung weiter zu befaren gehabt, so haben wir uns uff solch irer Mt. gnedigistes begeren uff nehist vorschinen Sontag Jubilate, den 15. Aprilis, in gemeinem reichsrath wider eingestelt, und volgendes tages der beyrischen, desgleichen der mansfeldischen halben, die sich noch fur und fur in reichsrath zu gehen anmassen, notturftigclich protestirt. Daruff sich die mansfeldischen wider uns mit gegenprotestation eingelasssen, wie euer fstl. Gn. solches alles hieneben bei den actis gnedigclich weiter ze befinden haben.

[Friede und Recht] Die sächsischen Gesandten wurden bereits mehrmals in die allgemeine Reichsversammlung (der altgläubigen Reichsstände) bestellt, um über Türkenhilfe, Friede und Recht zu beraten. Die anderen Protestanten wurden nicht berufen, weshalb die sächsischen Gesandten nicht wußten, wie sie sich verhalten sollten; sie erschienen aus diesem Grund nicht im Reichsrat. Sollten die markgräflich-brandenburgischen und andere Gleichgesinnte ebenfalls in den Reichsrat berufen werden und dem Ruf Folge leisten, so würden die sächsischen Vertreter auch kommen und sich nach Gebühr verhalten. Sollten sie nochmals um ihr Erscheinen im Reichsrat gebeten werden, möchten sich die sächsischen Räte von keiner Seite Missfallen ( unglimpf) zuziehen. Sie legen einen Bericht bei (siehe unten die Beilage), wie sie bez. der verschiedenen Artikel des Reichsabschieds abzustimmen gedenken und bitten dringend um Nachricht, ob Hg. Moritz Änderungen wünsche. Der Reichstag wird in Kürze enden, da der König am 23. April abreisen will. Deshalb müssen die Gesandten spätestens bis Montag in der Früh (1543 April 23) wissen, in welchen Artikeln sie – im Gegensatz zu den anderen Protestanten – mit den Altgläubigen stimmen sollen. Falls sie keine Nachricht von Hg. Moritz erhalten, werden sie sich gemäß den früheren Instruktionen und dem beiliegenden Gutachten verhalten.

[Beilage:]3 Den 7. Aprilis hat der ausschus die angehorte rechnung der leutenanten und feldtmarschalcks ausgezogen und den stenden furtragen und vorlesen lassen [Nr. 133]. Den auszug werden euer fstl. Gn. hyeneben mit LL verzeichent befinden.

Den 9. Aprilis haben die stende durch ein ausschus in der clevischen krigssachen etliche furschlege und mittel der röm. kgl. Mt., dem ksl. orator und commissarien furtragen lassen [Nr. 220]4, unter anderm und frevenlich, das der Hg. von Gulich Gellern und Zutphen abtretten, also das die ksl. Mt. die beide von dem Reiche zu lehen nehmen und alsobaldt dem hertzogen leihen sollte etc.

Mitler zeit hat die röm. kgl. Mt. und die ksl. commissarien den gemeinen stenden ausserhalb der protestirenden etlicher artickel halber, so in diesem reichsabschidt vermeldet werden mochten, ir bedencken schriftlich [Nr. 175] ubergeben lassen.

Den 14. Aprilis haben obgemelte stende uf ein muntlich anzeigen der kgl. Mt. und der kl. commissarien die turckenhulf belangende ihre andtwort in schriften der kgl. Mt. und commissarien zugestellet [Nr. 94]. Darauf ir Mt. und commissarien folgende replicirt [Nr. 96]. Es seint aber diese drei letzte schriften bisher allen stenden noch nicht furgetragen worden; so seint wir bei beratschlagung derselbigen auch nicht gewest.

Uf den 16. Aprilis hat der ausschus ein auszug aus des pfennigmeisters, so vor zweien jharen zu der eilenden turckenhulf verordent gewest, rechnung den gemeinen stenden zugestellet [Nr. 125].

Den 16. Aprilis5 hat man allen stenden eine schrift des ksl. oratorn und der Kgn. Marien gesanten, darinnen das vorgeschlagene mittel [Nr. 226] abgeschlagen wurdet, vorlesen, darvon euer fstl. Gn. wir copien, aus ursachen das die von den stenden noch nicht umbgeschrieben, uf das mahl nicht ubersenden mogen.

Item eodem die haben wir in furstenrath ein offentliche protestation wider die Ff. von Beiern, und sunderlich Hg. Johansen etc. vom Hundtsrucken und der Gff. von Mansfelt beschehene session gethan6 und gebetten, die in des Reichs cancellei registriren zu lassen.

Eodem die hat man auch ein schreiben des Hg. von Gulich an die stende [Nr. 227]7, darinnen sein fstl. Gn. sie umb hulf, rath und beistant, mit erinnerung der pflicht, damit die glider des Reichs einander vorwant, angelanget. Darvon haben die stend noch nicht abschriften bekomen.

Und ist darauf beschlossen, das der ausschus nochmals vleis haben soll, durch bequeme mittel die clevische krigssachen zu vertrage zu bringen. Item, das der ausschus uf des ksl. oratorn erstes furtragen [Nr. 214], darvon euer fstl. Gn. wir im anfang copien zugeschickt haben, deßgleichen auch des Hg. von Gulich jungstes schreiben [Nr. 227] eine andtwort concipiren und alsdann den gemeinen stenden ferner zu beratschlagen furtragen soll. Solch schriften seint noch nit verfertiget.

[Session] Den 17. Aprilis haben Gf. Albrechts, auch Gf. Philippen und Hans Georgen zu Mansfelt etc. geschickten unsere gesterige protestation angefochten [fehlt], mit anzeigung, das ihre gnedigen herren ihrer herschaften und guither den wenigsten theil von dem hause zu Sachssen zu lehen trugen. So wehren ihre Gnn., als die an dem Hartz woneten, von dem Dhuringer lande abgesundert. Zum dritten hielten sie sich der ksl. und ihrer sunderer und nicht sechssischer rechte. Zum vierdten hetten sie auch ihre muntz vor sich. So wehren sie auch in quasi possessione und gewehr solcher session im Reich, derwegen auch ihre Gnn. uf jungstgehaltenem reichstage zu Regensburg [1541] ader Speier [1542], domals sie der Kf. von Sachsen gleicher gestalt angefochten hette, eyn decret erhalten, das sie ausserhalb rechts nichts sollten endtsatzt werden etc.

Hierauf haben wir unser zuvor gethan protestation [von 1543 April 16] widerholt und vermainet, mit vermeldung, das wir anstat euer fstl. Gn. der keines gestendigk, und das wir dem Gf. von Mansfeld dißfals wider das haus zu Sachssen nichts einreumben und uns auch mit den kfl. zu Sachssen geschickten derwegen unterreden und, itzo es not, ferner vornehmen lassen wollten. Und schlislich liessen wir ihre kegenprotestation auf ihrem unwert beruhen.

Desselbigen tages haben sich der mehrer theil der stende eins bekentnus vorglichen, darinnen den beiden leutenanten und feldtmarschalcks beschehene rechnung approbiert und das rest bekannt wirdet. Darzu haben wir gesagt, das wir solch bekenntnus nicht widerfechten wollten, doch das dadurch euer fstl. Gn., die zuvor mehr dann sie zu thun schuldig gewest gethan, in keiner bezalung verpflicht wurde.

Gleicher gestalt, dieweil fast alle stende bewilliget, das man den gemeinen emptern, die etliche viel wochen bezalung gewarten und das doch nicht erlanget, ein 600 fl. ungevherlich zur zerung und verehrung geben sollte, haben wir darauf angezeigt mit worten, des nicht bevhel. So wehren auch euer fstl. Gn. dazu nicht verpflichtet, aber doch, do es die andern bewilligen wurden und es umb ein acht oder zehen fl. ungevherlich zu thun, wollten wir es der sachen zum besten vor unsere person und nicht anstad euer fstl. Gn. an ein solchem geringen auch nicht mangeln lassen.

Anmerkungen

1
Datum unvollständig; aus dem Inhalt ergibt sich der 17. oder 18. April.
2
Jakob Schorr von Haßel.
3
Hinweise auf interne Nummerierung von Aktenstücken innerhalb der sächsischen Überlieferung werden ohne weitere Kennzeichnung weggelassen.
4
Das Aktenstück ist mit 7. April 1543 datiert.
5
Die Verlesung der Stellungnahme Granvelles und der burgundischen Gesandten (Nr. 226) fand im Reichsrat am 18. April 1543 statt.
6
Die Protestation der sächsischen Räte wegen der Session ist in den einschlägigen Aktenbeständen nicht zu finden. Zum Sessionsstreit zwischen Sachsen und Pfalz siehe Kap. IX, Nr. 294a–e.
7
Die Verlesung im Reichsrat fand am 18. April 1543 statt.