Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XIV. Band. Der Reichstag zu Nürnberg 1543 bearbeitet von Silvia Schweinzer-Burian, mit Vorarbeiten von Friedrich Edelmayer

Dresden HStA, 10024, GA, Loc. 10184/5, fol. 100rv (Ausf.).

Die streitige session belangende1 hat die kgl. Mt. erst den 19. Februarij, do man die osterreichische botschaft hat horen sollen, durch ire rethe mit dem hundtsruckischen geschickten2 uff die wege, wie wir in unserer suplication [fehlt] gebeten, handeln lassen. Weil uns aber die kgl. rethe zuvorn angezeiget, das sich der gemelte geschickter durch sie nit wolde weisen lassen, sonder es wurde inen die kgl. Mt. selbst vor sich bescheiden mussen, mit beger, das wir mitler zeit gedult tragen wolden, so seind wir zu vorhuetung neues gezencks, do wir uns mit ime einlassen, oder nachteiliger einfurung, do wir ime etwas einreumen wurden, domals von der vorsamlung geblieben, auch dersider [= seither] nit mehr gefordert wurden.

Wir haben aber gleichwol bey den kgl. rethen vor und nach euer fstl. Gn. itzo entpfangener schrift [Nr. 370] umb bescheit disfals angeregt, auch irer Mt. euer fstl. Gn. schreiben derhalben [Nr. 294a] durch den vicecantzler uberantworten lassen, aber doch noch zur zeit keinen entlichen bescheit daruff bekommen. So hat auch sider unserm jungsten schreyben Hg. Ottheinrichs geschickter3 nach Hg. Hansen uffm Hundtsrucken geschickten session gehalden. Doraus wir zu besorgen, weil hochgemeltes Hg. Otheinrichs gesanter uff vorigen zweyen reichstagen uber euer fstl. Gn. gesanten session gehabt sollen haben, das wir numehr uber den hundtsruckischen vil weniger die session erhalden werden, seitemal ime dieser weichen muß, der vor uns zu sitzen hat. Aber wie dem, so wollen wir bey der kgl. Mt. nochmals vleissig umb bescheit anregen, und do wir unser suchen nit erhalden, alsdan biß zu euer fstl. Gn. weiterm befelch von des Reichs rath bleiben.

Weil wir aber in der uberschickten Hg. Georgen hochloblicher gedechtnus vorzeichnus kein exempel befinden konnen, das sein fstl. Gn. oder derselbigen her vater4, auch loblicher gedechtnus, imals uber einigen fursten von Beyrn, der elder dan ire fstl. Gn. gewest, gesessen hette, sonder alle darin erzelte felle dorumb gehen, das dem eldern under den beyden heusern Pfaltz und Sachssen vorzusitzen gebure, so forchten wir, seitemal diß ding allein uff dem gebrauch stehet, wo keine andere exempel ader erhebliche ursachen darzuthun, das mit solcher vorzeichnus unser intent, als nemlich das euer fstl. Gn. als dem jungern uber Hg. Hansen5 ader andere fursten zu Beyrn als elderen regirenden fursten session gebure, schwerlich zu erhalden wirt sein. Dorumb wirt in alwege noth sein, das wir uff den fal mit weiterm befelch, wes wir uns alsdan vorhalden sollen, vorsehen werden. Dorumb wir dan hiemit underthenigclich gebeten wollen haben.

Post scripta hab ich, Christoff von Karlewitz, bey der kgl. Mt. vicecantzler abermals dieser sachen halben umb bescheit angeregt. Doruf er mir gesagt, das die kgl. Mt. euer fstl. Gn. schreiben derhalben vorlesen und, weil irer Mt. an euer fstl. Gn. mehr dan an Hg. Hansen gelegen, so wurde sie in alwege uff mittel bedencken, wie euer fstl. Gn. hirin wilfaren mochte werden. Und sovil ich verstunde, so wurde man villeicht mit dem hundtsruckischen handeln, das ehr sich etliche tage des radts enthielde und uns platz liesse, also das wir dasselbig hernach widerumb tethen. Wan nu solches gleich also geschege, so were dennocht der zanck mit Hg. Otheinrichen noch unvorrichtet. Darumb[be]dorffen wir in alle wege bescheidts, wie wir uns gegen desselbigen geschickten halden sollen.

Anno 1543 zu Nurmbergk.

Anmerkungen

1
Zum Sessionsstreit Sachsens mit Pfalz, zu dem gegen Ende des RT auch der Sessionskonflikt mit den Gff. von Mansfeld kam, siehe u.a. die Berichte Nr. 368und Nr. 372.
2
Hans Beuser von Ingelheim, der Gesandte Pfgf. Johanns II. von Pfalz-Simmern.
3
Georg Ludwig von Seinsheim. Siehe seinen Bericht über den Sessionsstreit mit Sachsen an Pfgf. Ottheinrich, Nürnberg, 1543 März 5: [...] Darbey gib euer fstl. Gn. ich underthenigclich zu vernemen, das sich irrung der session halben zwischen Hg. Hannsen Pfgf. etc. gesanten, den ich ob mir aus euer fstl. Gn. befelh sitzen laß, und an Hg. Moritzen gesanten halten. Derhalben die kgl. Mt. sich hoch darin ermuhet, mit ine, Hg. Hannsen gesanten, selbst handlung pflegt. Nachdem aber ir Mt. nichts bey ine erhalten mogen, haben sy meinem gnedigen herrn Hg. Friderichen und dem Bf. von Augspurg, mit beden Hg. Hannsen gesanten und mit mir zu handln, bevelh geben. Darauf wir, jetzgenante bede, in Hg. Friderichs herberich furbeschaiden. Haben bede fursten, sunderlich Hg. Friderich mit entschuldigung seiner person, dan ers nit gern thet und das solhs aus hohem anhalten kgl. Mt. beschehe, mit uns gehandlt, ob wir ainiche mittl von unser obrigkhait wegen leiden möchten, damit die session onverpundtlich und dermassen gehalten wurde, damit der sachsisch, wie er sich dann het horn lassen, nit haim verritt. Es hat aber auß vil beweglichen ursachen, und sonderlich auß den irrungen, so Hg. Hannß mit den herrn von Bayern der session halben hat, seinen gesanten khain mittl annemlich sein wollen. So hab ich mich auch auß euer fstl. Gn. gegebenen instruction in khain mittl on derselben vorwissen einlassen wollen. Derwegen bede fursten unser bedengkhen, an kgl. Mt. wider zu bringen, angenomen. Nit waiß ich, was weitter erfolgen wurdt. Ich halt mich der instruction [Nr. 61b, Punkt 2] biß auf euer fstl. Gn. vernern beschaidt. [...]. In: München HStA, Kasten blau 271/4, fol. 89r–90v, hier fol. 89rv (Ausf.).
4
Hg. Albrecht der Beherzte von Sachsen (regierte 1464–1500), Vater Hg. Georgs des Bärtigen und Hg. Heinrichs des Frommen, war der Großvater von Hg. Moritz.
5
Hg. Johann II. von Pfalz-Simmern regierte seit 1509, während Hg. Moritz erst 1541 die Regierung im Herzogtum Sachsen übernahm.