Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XIV. Band. Der Reichstag zu Nürnberg 1543 bearbeitet von Silvia Schweinzer-Burian, mit Vorarbeiten von Friedrich Edelmayer
Eines der erklärten Ziele des Reichstags wurde bereits im Nürnberger Reichsabschied von 1542 (RTA JR Bd. XIII, Nr. 198, § 36) und in der Proposition König Ferdinands (Nr. 43) formuliert: Die Einnehmer der Reichskreise sollten die Abrechnungen über die auf Basis des Gemeinen Pfennigs erhobene Türkenhilfe des Jahres 1542 vorlegen, um den finanziellen Ausgleich unter den Kreisen zu ermöglichen. Das an die Kreiseinnehmer adressierte Ausschreiben König Ferdinands, am 12. Februar 1543 in Nürnberg zu erscheinen und die Abrechnungen vorzulegen (Nr. 26), war aber nur mäßig erfolgreich. Lediglich die Einnehmer des Bayerischen, des Oberrheinischen, des Fränkischen und des Schwäbischen Reichskreises hatten sich auf ihre Aufgabe rechtzeitig vorbereitet, während die anderen Kreise in Nürnberg nichts vorlegten. Deshalb wurde die allgemeine Verrechnung der Kosten für den Türkenkrieg 1542 und der verabredete Finanzausgleich zwischen allen Reichskreisen nicht in Angriff genommen. Die Reichsstände verwiesen die zur Rechnungslegung bereiten Steuereinnehmer an das Forum ihres jeweiligen Kreises. Dort wurden die von den Kreiseinnehmern und dem Kreiszahlmeister vorgelegten Aufzeichnungen kontrolliert, Belege geprüft, der Inhalt der Kreistruhen endgültig abgerechnet und um Entlastung der Amtsträger ersucht. Die schwäbischen Kreisvertreter weigerten sich, ihre Amtsträger zu entlasten und beriefen sich dabei auf fehlende Bevollmächtigung durch ihre Auftraggeber und auf die große Zahl nicht anwesender Kreisstände1.
Bei den Versammlungen des Oberrheinischen Kreises stellte sich bei Vorlage der Abrechnungen der Kreiseinnehmer heraus, dass die Einnahmen aus dem Gemeinen Pfennig bei weitem nicht ausreichten, um die Besoldungsrückstände zu decken. So wurden die ungehorsamen Reichsstände aufgefordert, die fehlenden Beträge einzuzahlen (Nr. 120); aus den noch vorhandenen Restmitteln des Gemeinen Pfennigs sollten die Reiter aus dem Türkenzug 1542 bezahlt werden (Nr. 122). Landgraf Philipp von Hessen instruierte seine Räte, wie auf Geldforderungen der oberrheinischen Kreisvertreter an Hessen zu reagieren sei (Nr. 121), und wandte sich deshalb auch direkt an die oberrheinische Kreisversammlung (Nr. 123). Die finanzielle Misere des Kreises lag in der nicht durchgeführten Moderation der Matrikel begründet. Die Rückkehr zur Matrikelbesteuerung anstelle des Gemeinen Pfennigs, der im Reichsabschied beschlossene Zuzug2 von fünf Reichskreisen und die dadurch befürchteten zusätzlichen Kosten für alle Reichsstände veranlassten die oberrheinischen Kreisvertreter, gegen den Reichsabschied zu protestieren (Nr. 410)3.
Auch andere Kreisstände hatten ihre Probleme mit dem Reichsabschied, weil dieser durch eine große Zahl von Reichsständen abgelehnt wurde und zahlreiche Protestationen vorlagen. Deshalb weigerten sich die weltlichen fränkischen Kreisstände, die zur Durchführung der Nürnberger Beschlüsse angesetzten fränkischen Kreisversammlungen zu besuchen4. Bei den bayerischen Kreisständen gab es – mit Ausnahme der bayerischen Herzöge – Bedenken gegen den Zuzug der Reichskreise, da die geistlichen Stände zum Teil noch mit der Türkensteuer des Vorjahres im Rückstand waren, außerdem bestanden zwischen Bayern und Salzburg Meinungsverschiedenheit, wie die Kreishilfe zu leisten sei. Dazu kamen die Forderungen der geistlichen und der meisten kleinen weltlichen Stände nach Verringerung der Matrikularschläge und die Beschwerden gegen die nicht beseitigte Doppelanlage5.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Reichsstände zu Ende des Reichstags – trotz einiger Versammlungen der Kreisstände und der kreisinternen Vorlage und Prüfung der Abrechnungen von vier Reichskreisen – vom geplanten finanziellen Ausgleich aller Reichskreise und der Ringerung der Anschläge genauso weit entfernt waren wie am Anfang.