Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 12. Die Reichstage zu Worms 1513 und Mainz 1517 bearbeitet von Reinhard Seyboth
Der Misserfolg des Gemeinen Pfennigs von 1512 dürfte für Kaiser Maximilian der Hauptgrund dafür gewesen sein, im Oktober 1514 einen weiteren Reichstag einzuberufen. Durch ihn hoffte er doch noch die dringend benötigte finanzielle Unterstützung für seine Kriegsvorhaben zu erlangen. Sein Ladungsschreiben liest sich denn auch wie ein emotionaler, ja fast dramatischer Appell an die Reichsstände. Seit dem nicht zustande gekommenen Reichstag zu Worms bzw. Frankfurt habe er sie „nit bemüen wollen, sonder sie in ruhe gelassen, die purd und den last und sonderlich die kriegscosten und darlegen des hl. Reichs in denselben obligenden sachen alain getragen.“ Nunmehr aber verfolgten die Widersacher des Reiches Pläne, die geradezu „wider die natur sein und nit alain uns und dem hl. Reich teutscher und italischer nacion, sonder ganzer cristenhayt zu schimpf und abnemen raychen, mer, treffenlicher und scherpfer, dan by zeiten unser und unser vorfordern regirung ye vor augen gewest.“ Da es sein kaiserliches Amt gebiete, „solch genötig hendl an Kff., Ff. und stende des Reichs on verzug gelangen zu lassen und darin ir schuldig, getreu rat und hulf zu suechen“, berufe er zum 17. Januar 1515 einen Reichstag nach Freiburg im Breisgau ein. Dieser – eigentlich eher ungewöhnliche – Tagungsort erscheine ihm deshalb besonders geeignet, weil er nicht allzu weit von Mailand entfernt sei, wohin der französische König an Ostern kommenden Jahres ziehen wolle, um Italien zu erobern, aber auch nahe an der Eidgenossenschaft liege, mit der er begonnene Verhandlungen zu einem positiven Abschluss bringen wolle (Nr. 469). Die Korrespondenzen der Reichsstände in den folgenden Monaten sind geprägt durch Unklarheit über das Zustandekommen des Reichstags. Einige von ihnen schickten tatsächlich Gesandte nach Freiburg, die meisten warteten hingegen ab. Der kaiserliche Hof in Innsbruck ließ mehrfach verlauten, Maximilian werde sich bald auf den Weg zum Tagungsort machen, doch nichts dergleichen geschah. Anfang April 1515 ließ er dann die Reichsstände wissen, er habe den Freiburger Reichstag bislang „aus treffenlichen ursachen, so uns und dem hl. Reich furgefallen sein“, nicht durchführen können, doch sollten sie auf sein erneutes Ersuchen hin an den Ort kommen, an den er sie berufen werde (Nr. 487).
Auch diese Äußerungen waren bewusst vage und hinhaltend formuliert, denn genau zu diesem Zeitpunkt begannen in Pressburg Vorverhandlungen über eine Doppelheirat und ein Freundschaftsabkommen des Hauses Habsburg mit den beiden Jagiellonenkönigen Sigismund von Polen und seinem Bruder Wladislaw von Ungarn und Böhmen. Am 20. Mai kamen die entsprechenden Verträge zustande. Am 22. Juli 1515 fand im Wiener Stephansdom die berühmte habsburgisch-jagiellonische Doppelhochzeit statt, bei der sich der 56 Jahre alte Maximilian als Stellvertreter seiner beiden Enkel Karl und Ferdinand mit der zwölfjährigen Anna von Ungarn sowie Wladislaws neunjähriger Sohn Ludwig mit der gleichaltrigen Kaiserenkelin Maria vermählte. Zweifellos waren diese Eheverbindungen für den Kaiser ein großer Erfolg, auch wenn zu diesem Zeitpunkt natürlich noch nicht absehbar war, dass sie dem Haus Habsburg dereinst die Nachfolge in Ungarn und Böhmen bescheren würden.
Für einen Anderen hingegen kam die Einigung Maximilians mit den Jagiellonenkönigen nahezu einer Katastrophe gleich. Deutschordenshochmeister Albrecht von Brandenburg hatte seit 1512 immer wieder vergeblich versucht, in seiner Auseinandersetzung mit König Sigismund von Polen die Unterstützung des Reiches und vor allem des Kaisers zu erlangen. Im April 1515 ging man auf Seiten des Ordens erneut davon aus, Maximilian werde auf dem Freiburger Reichstag zwischen den Konfliktparteien vermitteln (Nr. 498), doch kam diese Versammlung nicht zustande. Wenig später zerstoben endgültig alle Hoffnungen, als der Kaiser in Pressburg mit König Sigismund von Polen vertraglich vereinbarte, dass Hochmeister Albrecht den Thorner Frieden beschwören und der Deutsche Orden sich der polnischen Krone unterwerfen solle.
Enttäuscht wurde auch Herzog Georg von Sachsen. Er befand sich Ende 1514/Anfang 1515 in einer massiven bewaffneten Auseinandersetzung mit Graf Edzard von Emden und musste ernsthaft befürchten, Friesland, das sein Vater Albrecht 1498 von Maximilian erhalten hatte, zu verlieren. Als er den Kaiser um Unterstützung bat, versprach dieser für den Fall, dass die Reichsstände auf dem Freiburger Reichstag eine Kriegshilfe bewilligten, ihm einen Teil davon für den Kampf mit Graf Edzard zu überlassen (Nr. 499 [2.]). Doch auch diese Zusage blieb letztlich unerfüllt. Am Ende blieb Georg nichts anderes übrig, als das sächsische Engagement in Friesland zu beenden und das Land mit Vertrag vom 15. Mai 1515 für 100000 fl. an Erzherzog Karl von Österreich zu verkaufen (Nr. 510).