Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 12. Die Reichstage zu Worms 1513 und Mainz 1517 bearbeitet von Reinhard Seyboth
Sickingens unkontrollierbares Vorgehen im Rahmen seiner Fehde gegen Worms und die endlich erfolgte Befreiung von eigenen Kriegsaufgaben bewogen Kaiser Maximilian gegen Ende des Jahres 1516, nun doch der Empfehlung des Oberrheinischen Kreises zu folgen, sämtliche Reichskreise gegen den Friedbrecher aufzubieten. Er berief daher am 6. Dezember 1516 für den 3. Februar 1517 zeitgleiche Kreistage ein, auf denen über ein konzertiertes militärisches Vorgehen gegen Sickingen und die Aufstellung entsprechender Truppenkontingente beraten werden sollte. Diese sollten sich anschließend am 12. März bei Worms sammeln und unter dem Oberbefehl des obersten Reichshauptmanns Freiherr Gangolf d. J. von Hohengeroldseck gegen Sickingen zu Feld ziehen. Er selbst, so versprach Maximilian, werde für den Österreichischen und den Burgundischen Kreis vierhundert Berittene und ebenso viele Fußknechte sowie Geschütze und anderes Kriegsmaterial als Äquivalent für weitere 2000 Bewaffnete stellen (Nr. 613). Für alle acht dieser vom Kaiser einberufenen Kreistage enthält die Reichstagsaktenedition eine mehr oder minder umfangreiche Aktenüberlieferung. Sie macht deutlich, dass die meisten Reichskreise zögerten, sich tatkräftig an dem vom Kaiser angestrebten Feldzug gegen Sickingen zu beteiligen. Allein der Fränkische Kreistag in Schweinfurt erstellte einen Truppenanschlag (Nr. 617), doch in der Folgezeit setzte nur ein Teil der fränkischen Kreisstände seine Kontingente tatsächlich nach Worms in Marsch. Auf dem Schwäbischen Kreistag in Ulm fehlten etliche Kreisstände, darunter mit Herzog Ulrich von Württemberg die einflussreichste politische Kraft. Die Anwesenden zögerten deshalb den Beginn der Verhandlungen mit den kaiserlichen Vertretern immer wieder hinaus und erreichten schließlich, dass der Kaiser für den 20. April eine weitere Zusammenkunft einberief, zu der die nicht anwesenden Stände erneut geladen wurden (Nr. 629, 630). Die in Hagenau zusammenkommenden Angehörigen des Oberrheinischen Kreises wollten sich, wie bereits 1515, nur ungern auf ein Vorgehen gegen Franz von Sickingen einlassen und erklärten, für ein derartiges Unternehmen sollten sämtliche Stände des Reiches aufgeboten und zur Vorberatung eine reichsweite Versammlung, d. h. ein Reichstag, einberufen werden (Nr. 637, 638). Jenen zahlreichen Kreisständen, die nur Gesandte nach Hagenau geschickt hatten, wurde schließlich gestattet, ihre jeweilige Antwort auf das kaiserliche Ersuchen innerhalb einer vorgegebenen Frist zu erteilen (Nr. 639 [4.], 641). Im Bayerischen und im Westfälischen Kreis dürften die angeordneten Zusammenkünfte in Regensburg bzw. Dortmund wohl stattgefunden haben, doch lassen die spärlichen Belege nicht erkennen, ob und gegebenenfalls welche Beschlüsse zustande kamen (Nr. 628, 654). Der Obersächsische und der Niedersächsische Kreistag in Leipzig bzw. Lübeck wurden ebenfalls einberufen, scheiterten aber daran, dass die angekündigten kaiserlichen Kommissare nicht rechtzeitig erschienen (Nr. 653, 654, 667 [2.], 670–672). Die Zusammenkunft des wichtigen Kurrheinischen Kreises fand in Oberwesel statt. Maximilian hatte den Kurfürsten von Mainz und der Pfalz die persönliche Teilnahme erlassen, um, wie er versicherte, ihre Lande und Untertanen nicht einer Gefährdung durch Racheakte Franz von Sickingens auszusetzen (Nr. 655, 656). Erzbischof Albrecht von Mainz erschien aber trotzdem und trug die bewilligte moderate Hilfe von dreißig Berittenen und fünfzig Fußsoldaten für den Feldzug gegen Sickingen mit (Nr. 657 [6.]).
Anfang 1517 machte sich Kaiser Maximilian auf den Weg in die Niederlande, um sich dort von seinem Enkel Karl vor dessen Abreise nach Spanien zu verabschieden. Da das widrige Wetter den jungen König lange Zeit daran hinderte, die Fahrt über das Meer anzutreten, blieb auch sein Großvater in den Niederlanden und versuchte von dort aus, durch schriftliche Anweisungen den Feldzug gegen Franz von Sickingen in Gang zu bringen und zu steuern. Die Reichsstände erhielten die Möglichkeit, entweder ihre zahlenmäßig festgelegten Truppenkontingente zum Sammelplatz bei Worms zu schicken oder einen entsprechenden Geldbetrag zu zahlen, mit dem vor Ort Bewaffnete angeworben und besoldet werden sollten. Die Vorbereitungen für den Zug gegen Sickingen funktionierten allerdings nicht so, wie vom Kaiser erwartet. Mehrere Kreistage waren überhaupt nicht zustande gekommen, zudem setzten nicht wenige Reichsstände ihre Truppenkontingente, die eigentlich schon zum 12. März am Sammelplatz bei Worms hätten sein sollen, nur zögerlich in Marsch.