Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 12. Die Reichstage zu Worms 1513 und Mainz 1517 bearbeitet von Reinhard Seyboth

[1.] Notwendigkeit einer Bestrafung Franz von Sickingens und seiner Helfer wegen ihrer Gewalttaten; [2.] Einberufung eines Reichstags und Erlass eines Reichsaufgebots; Beratung über die Sickingen-Frage und eine eventuelle weitere Hilfeleistung auf dem Reichstag; [3.] Seine Vertretung durch die beiden Kommissare zu Beginn des Reichstags; [4.] Sein bisheriges Bemühen, Sickingen die Unterstützung durch den Adel zu entziehen; geplante Fortsetzung der Maßnahmen gegen Sickingen auf dem Reichstag; [5.] Bruch des Blaubeurer Vertrags durch Hg. Ulrich von Württemberg; [6.] Dessen geplante Attacke auf die ksl. Erblande mit Unterstützung des Armen Konrads; [7.] Absicht des Hg., Knechte Hg. Karls von Geldern in Dienst zu nehmen; [8.] Kontaktaufnahme Hg. Ulrichs mit Kg. Franz von Frankreich für einen Angriff auf das Reich; [9.] Ebenso mit den Eidgenossen gegen Ks. und Reich; [10.] Auftrag an die ksl. Kommissare, die Reichsstände zu Vorschlägen für seine bevorstehenden Verhandlungen mit den Vertretern der württembergischen Landstände aufzufordern; [11.] Ersuchen an die Reichsstände um Bewilligung des 50. Manns; anschließende Erlaubnis für die Kff. zur Heimreise; Weiterführung der Beratungen mit ihnen in Mainz nach erneuter Aufforderung durch den Ks.; [12.] Entsendung ksl. Kommissare zu Verhandlungen mit dem Adel in Friedberg, Gelnhausen und Mergentheim; [13.] Weisung an die Kommissare zur Berichterstattung.

Kop. (p.r.p.; a.m.d.i.p.; Gegenzeichnung: N. Ziegler): A) Wien, HHStA, MEA, RTA 3b Bd. Reichshandlung zu Mainz Ao. 1517, fol. 14a–17b; B) Weimar, HStA, EGA, Reg. E Nr. 63, fol. 13a–16b; C) Ebd., fol. 23a–26b; D) Dresden, HStA, Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 10181/7, fol. 28a–32b; E) München, HStA, KÄA 2019, fol. 475a–478b; F) Ebd., Kasten blau 103/2c/1, fol. 28a–31b; G) Bamberg, StA, Hst. Bamberg, Geheime Kanzlei Nr. 9, fol. 2a–6a; H) Würzburg, StA, Würzburger RTA 6, fol. 172–175b; I) Nordhausen, StadtA, R Ac 01, fol. 171a–175a; J) Frankfurt a. M., IfStG, RTA Bd. 32, fol. 48a–52a; Karlsruhe, GLA, Abt. 50 Nr. 12, fol. 1a–4a; Ebd., o. Fol.; Marburg, StA, Bestand 2 Nr. 85, o. Fol.; Köln, Historisches A., Best. 50A 45, fol. 3a–7b.

Druck: May, Erzbischof Albrecht II., S. 37–40 (nach G).

Kurzregest: Janssen, Frankfurts Reichscorrespondenz, Nr. 1156.

/14a/ Instruction1, was der erwirdig Hartman, abt des gotzhauß Fuld, unser und des Reichs F. und lb. andechtiger, und der edel unser lb. getreuwer Leonhard Rauber, Fh. zu Plankenstain2, unser obrister hofmarschalk und rete, so wir auf unsern reichstag gen Menzs verordenet haben, daselbs handeln sollen

[1.] aAnfenglichen unsern und des hl. Reichs Kff., Ff. und stenden ze sagen unsern gn. und freuntlichen willen, gnad und alles gut und demnach zu erzelen–a, unsb zwievel nit, sy seyen durch unser ausschreiben [Nr.721], auch sonst wol bericht der unbillichen und muetwilligen handlung, so Franciscus, der sich nennt von Sickingenc, und seine verwandten in grosser anzal mit veindlichen taten, auch strasrauberey und andern unadelichen sachen wider uns und dieselben stende ubet. Dadurch dan wir als regirender röm. Kg. bewegt worden sein, wege zu suchen, solch misstaten ze strafen /14b/ und zu wenden, in massen uns das von Got und in dem aide, den wir in unser cronung gesworn haben, aufgesetzt ist.

[2.] Und haben darauf disen gegenwurtigen reichstag ausgeschriben, auch ein gemain aufbot in das hl. Reiche, uns mit ainer anzal volks zuzeziehen, ausgeen lassend, also das solcher reichstag und der zuzuge und auf demselbenf mit des Reichs stenden die und ander sachen beratslagt und daneben, wo es not tun würde, aing merere hilf zu erlangen, gehandelt werde.

[3.] hNu weren wir auf diesen tag, darauf dan der anfang diß reichstags ist, gern persondlichen erschienen, aber wir haben bewegen, das durch unser anwelde der anfang gleich so wol, als ob wir selbs da wern, mug gemacht, wie sy aus nachfolgenden artikeln vernemen werden.

[4.] So sein wir auch dazwischen geraiset, umbi merer hilf und gelte zu erlangen, das sonst an unser persondlich beywesen nit sein mag, und haben uns daneben mit ainem tail des kriegsfolks zu ainer merklichen gesellschaft vom adel, die solhn obgemelten /15a/ ubeltaten und dem Sickinger anhengig sein, genehert, der meynung, sy von solher irrigen und bosen handlung abzuziehen und sy in versicherungj ze bringen, das sy solhs hinfur nit mer tun sollen und mogen, es sey mit lieb ader laid, zu versteenk mit gewalt. Dasselb wirdet, ob Gott will, in kurz beschehen, und wir wollen uns alsdan ze stund in aigner person auf den reichstag fuegen und weiter mit rat und tat der reichsstende handln zu vertreibung des Sickingers, wo er zuvor nit vertriben oder in billichait gedrungen wurde, wie dan solhs sich fuegen und zymen wirdet, disen krieg oder vehdel mit sig zu vollenden.–h

[5.] Nu geben wir den stenden hiemit noch weiter zu erkennen, das der Hg. [Ulrich] von Wirtenberg uber uns ganz merzürnt ist–m umb des willen, das wir aus unsern pflichten seiner gemahl [Hg.in Sabine] und dem [Ludwig] von Hutten auf ir manigfeltig hochs ansuechen das recht gegen ime gestattet und ergenn haben lasseno. Und wiewol wir unangesehen sein vorige missetat, an derselben seiner gemahel und dem von Hutten begangen, die straf, so im dasselb recht aufgelegt hat, aus ksl. miltigkait und parmherzighait mit grosser müe /15b/ und costp abgestelt und einen claren tractat gemacht haben3 und er daruber eydespflicht, auch brief und sigil getan und gegeben, so hat er doch solhen tractat und zwifache pflicht, zu wissen als ein F. des Reichs und verphlichter, denselben tractat zu halten, uns hinderrück zu der zeit, als wir mit swerer müe und costq zu ehr und wolfart der hl. cristenheit ausserhalb lands gewesen sein, frevenlichen gebrochen und unser ksl. sigil und brief rvermailiget [= beschädigt], also criminaliter–r gehandelt.

[6.] Darzu ist er an solcher ubeltat nicht benuegig, sonder schickt sich mit dem armen Kunzen4 taglichs, unser erblande, auch etlich sein anstossers, gelider des hl. Reichs, zu uberfallen.

[7.] Er hat auch, als uns glaublichen angelangt ist, sein haimliche botschaft zu dem [Hg. Karl] von Geldern gesandt, so sich sein haufen knecht zertrenne, ime alsdan dieselben knecht zuzeschicken zu dem armen Kunzen, nachdem dieselben knecht yetz darzu geschickt sein und der merer teil dem von Geldern alain auf raub dienen.

[8.] /16a/ Desgleichen hat er den Kg. [Franz] von Frankreich umb hilf wider uns strenklichen angesucht und ime angeboten, sich mit leib, land und leuten ime und der kron Frankreich twider das hl. Reiche–t ewiglichen zu underwerfen und ime darauf Mumpelgart und Reichenwyler umb ain jarlich gelt fur ain offnung einzugeben, doch das er rent, gült und alle andere oberkait selbst behalten mog.

[9.] Und ist daneben mit den Aidgenossen in handlung und practica gestanden und noch, auch wider uns und das hl. Reiche hilf von inen zu erlangen.

[10.] Und wir haben auf solhs sein landschaft, auch von seinen wegen sein hof- und landrete, mit einem ausschuß zu uns zu kommen, ervordert und beschriben. Darumb sollen unser rete an die stende begern, das sy von stund ainen ratslag machen, was wir uber solhe swer ubeltaten und bos practica mit demselben ausschuß handeln sollen.

[11.] Und dieweil wir wol gedenken, das des von Wirtenbergs und armen Cunzen mutwillen on ainen grossen /16b/ gewalt nit abgestelt werden, auch dasselb dhainen verzug erliden mag, sollen unser rete ferrer an die stende mit allem vlys und ernst begern, das sy solhm zu widerstand den 50. man, nach den feurstetten zu rechnen, die reichen den mer armen zu ubertragenu, durch das ganz Reiche aus yetz auch entlichen bewilligen, ob sich die sachen dermassen so swerlichen zutruege, das dieser hilf, dieweil die so gar clain ist, nit genug sein und ainer meren hilf not würde. Und sobald solche bewilligung beschehen ist, so wollen wir genediglich zulassen, das alsdan der Kff. personen widerumb anhaimziehen mogen und dieselben 50. man bey irer landschaft dannen richten, doch das irer rete einer mit volmechtigem gewalt auf dem reichstage beleibe, damit wir durch unser anwelde mit denselbenv reten und andern stendenw alzeit in den obgemelten swern handeln und kriegsleufen rat halten mugen. /17a/ Und das auch dieselben unser lb. oheimen, die Kff., itzt vor irem abschide zusagen, wan wir hie unser vorangezeigt furnemen volendt haben und sy zu unser person gen Menzs erfordern, das sy alsdan von stund widerumb persondlichen gen Menzs komen wollen, mitsampt uns und andern des Reichs stenden weiter zu betrachten unser und des hl. Reichs notturft und wolfart, und nemlich auf das, wie sich der krieg mit dem Sickinger und seinen verwandten oder die taiding des adls, so wir inen hiemit zusenden, schicken und halten, auch in was handlung wir mitler zeit mit Wirtenberg und seiner landschaft, es sey durch lieb ader unlustx, kommen werden.

[12.] Und damit an allen enden in obgemelten sweren leufen und sachen nit stilgestanden, sonder an einem iden ort, sovil moglich ist, gehandelt werde, so haben wir unser anwelde auf disen reichstag vorgemeltermassen verordent, auch unser commissiony zu den ganerben und dem adl an drey ort, Fridberg, Geylnhusen und Mergetheim, gesandt,/17b/ laut der gedachten instruction [vgl. Nr.773, 774] daselbs zu handeln, und welhe von ganerben und dem adl sich in solcher handlung ungehorsam und widerwertig halten wurden, das sollen unser anwelde mitsampt unsern geordenten commissarien den reichsstenden zu erkennen geben und mitsampt inen darüber ratslagen und entlichen beschlissen, was ferrer gegen denselben widerwertigen furgenommen und gehandelt werden soll in zmitler zeit–z, so des Reichs kriegsfolk hieoben und daniden von Wormbs aus wider den Sickinger und seinen anhang mit der tat handeln und sy dringen werden.

[13.] Und was unsern reten und anwelden in solchem begegent, das sollen sie uns aadurch die posterey–aa alle zeitab berichten und unsers ferrern bescheids zu Menzs erwarten. Das ist unser ernstliche meynung. Geben zuac Rottenburg an der Tauber am 26. tage Juni Ao. etc. 17, unsers reichsad im 32. jaren.

Anmerkungen

1
 In D, I geht der Instruktion folgende Erläuterung voraus: Als in röm. ksl. Mt., unsers allergnst. H., mandaten [Nr.721], an des hl. Reichs stende ausgangen, den veltzug von Wormbs Francisci, der sich nent von Sickingen, handlunge belangen, auch ein reichstag gein Meinz beschriben ist und in kraft desselben von stenden hienachbemelt dohin komen sin uf dinstag, den letzten des monats Junii Ao. 1517, vor den stenden, dazumal gewesen, im capitelhause des tumbstifts doselbst der hochwirdig F., H. Hartman, apt zu Fulda, und der wolgeborn H. Leonhart [Rauber], Fh. zu Blankenstain, ksl. Mt. oberster hofmarschal, als geordente anwelde und comissarien in namen ksl. Mt. erschienen mit einer credenz, also lautend: [folgt der Text].In diesem am 27. Juni 1517 in Rothenburg ob der Tauber ausgestellten Kredenzbrief teilte Ks. Maximilian den auf dem Mainzer Reichstag versammelten Reichsständen mit, er habe seine Räte Abt Hartmann von Fulda und Leonhard Rauber beauftragt, mit ihnen über etliche treffliche sachen zu verhandeln. Sie sollten seinen Abgesandten Glauben schenken und sich gutwillig zeigen, wie es seine, des Reiches und ihre eigenen Bedürfnisse erforderten. Eigenhändiger Zusatz: Euer wolgeboren, ersamen und getreuwen, wir begern und bitten, ir samentlich wollent die sach zu herzen nemen und nicht ursach sin zu underdruckunge der erberkeit, dan an unserem erbguet soll kein mangel sin, wie ire mit Gots hilf kürzlich sehen werdent. Kop. (p.m.p.; Gegenzeichnung: N. Ziegler): Weimar, HStA, EGA, Reg. E Nr. 63, fol. 12a u. b; Ebd., fol. 12a u. b;Dresden, HStA, Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 10181/7, fol. 27a–28a; Bamberg, StA, Hst. Bamberg, Geheime Kanzlei Nr. 9, fol. 1a u. b; Karlsruhe, GLA, Abt. 50 Nr. 12, fol. 9a u. b; Marburg, StA, Bestand 2 Nr. 85, o. Fol.; München, HStA, Kasten blau 103/2c/1, fol. 34b–35a; Würzburg, StA, Würzburger RTA 6, fol. 171a u. b; Köln, Historisches A., Best. 50A 45, fol. 2a u.b; Nordhausen, StadtA, R Ac 01, fol. 170a–171a. Konz. (Datum 26. Juni 1517; ohne den Zusatz): Innsbruck, TLA, Maximiliana XIV Karton 42 Pos. 7, fol. 241a. Druck: Lünig, Reichs-Archiv 4, S. 316, Nr.226; May, Erzbischof Albrecht II., S. 36f. Kurzregest: Janssen, Frankfurts Reichscorrespondenz, Nr. 1157. – In B, D, I folgt nach dem Kredenzbrief folgende Erläuterung: Auf diese credenz haben die obgenante anwelde ire werbung und beger an die stende inhalt einer schriftlichen instruction getan, also lautend: [folgt der Text].
2
 Zu seiner Person vgl. Noflatscher, Räte und Herrscher, S. 241f., 354.
a
–a E fehlt.
b
 E Die röm. ksl. Mt. Auch im weiteren Verlauf ist vom Ks. durchgehend nicht in der ersten, sondern in der dritten Person die Rede.
c
 H Randvermerk von anderer Hand: Franciscus von Sickingen; J Randvermerk von anderer Hand: von Sickingen.
d
 A folgt von anderer Hand am Rand, gestrichen: uf St. Veitstag nechstverschienen [15.6.17] angefangen und.
e
 B, C, F–H, J folgt: auf St. Veitstag nechstverschynen angefangen.
f
 B, C, F–H, J folgt: reichstag.
g
 E folgt: weytere und.
h
–h E fehlt.
i
 D, F, G folgt: ein.
j
 D, G sicherung.
k
 H untersteen; G versehen.
l
 B, C, D, F–H folgt: erlichen.
m
–m E in unlust bewegt seye.
n
 A von anderer Hand korrigiert aus: begern.
o
 H Randvermerk von anderer Hand: Nota, ein Ks. forcht Wirtenbergs zorn.
p
 B uncost.
3
 Vertrag von Blaubeuren vom 22. Oktober 1516. Druck: Böcking, Ulrichs von Hutten Schriften, Nr.6; Steinhofer, Ehre, S. 368–378. Zur Entstehung und Beurteilung des Vertrags ausführlich Gönner, Blaubeurer Vertrag, außerdem Grube, Landtag, S. 101f.
q
 B uncost.
r
–r E und als ain criminaliter, wie meniglich waisst.
4
 Gemeint ist der Aufstand des „Armer Konrad“ genannten Bündnisses des Gemeinen Mannes im Hgt. Württemberg 1514. Vgl. dazu Schmauder, Württemberg im Aufstand; Hirbodian/Kretzschmar/Schindling, „Armer Konrad“.
s
 B, H folgt: und.
t
–t D, H fehlt.
u
 D vertragen.
v
 E unsern.
w
 D reten.
x
 D, G verlust.
y
 B, D, F–H comissarii.
z
–z A von anderer Hand korrigiert aus: zwischen dem.
aa
–aa A von anderer Hand am Rand hinzugefügt.
ab
 A folgt gestrichen: widerumb.
ac
 A von anderer Hand korrigiert aus: in unser und des Reichs statt.
ad
 D folgt: des röm.