Deutsche Reichstagsakten, Reichsversammlungen 1556 – 1662 Der Reichstag zu Regensburg 1556/57 bearbeitet von Josef Leeb

Differenzierte Regelung der Steuerleistung für eximierte Stände. Kumulierung der Steuer nach Maßgabe des Kgs. Ablehnung von Geldanleihen auf die Steuer. Keine Besoldung der Kriegsräte und Musterherren durch die Reichsstände. Erstellung von deren Instruktionen durch einen interkurialen Ausschuss. Festschreibung künftiger Beratungen über eine beharrliche Hilfe im RAb. Keine Doppelbesteuerung von Reichsständen.

Im Ausschuss des FR zum 2. HA beraten und gebilligt am 11. 2. 15571. Im Plenum des FR verlesen und gebilligt2 sowie vor KR verlesen am 13. 2.3

HStA Dresden, Loc. 10192/6, fol. 270–275’ (Kop. Dorsv.: Des fursten rats bedencken in der turckenhulff uf der kgl. Mt. dritte resolution.) = Textvorlage. HStA München, K. blau 107/2b, unfol. (Kop. Dorsv.: Des furstenrats bedencken uff der kgl. Mt. resolution, im churfursten rate verlesen, sambstags, den 13. Februarii.) = B4.

/270–271/ Beschluss des FR zur Quintuplik des Kgs. 5 : Einvernehmen besteht in folgenden Punkten: Verzicht des Kgs. auf Zusatzleistungen für Steuerverluste und für Sonderzahlungen; Leistung der Hilfe mit Geld; Erlegung in gangbarer Großmünze; Erlegungstermine; fiskalische Prozesse gegen Säumige; Umlegung auf die Untertanen; Einbeziehung der Reichsritterschaft und der Hansestädte; Anzahl der Kriegsräte, Musterherren und Pfennigmeister; Besoldung der Pfennigmeister; Preisregelungen für Proviant; Bestallung leichter Reiterei durch den Kg.; Maßnahmen gegen Musterplätze im Reich; Hilfsgesuche an fremde Potentaten.

Die Aufforderung des Kgs. an die Mehrheit des KR, sich der Bewilligung von acht doppelten Römermonaten anzuschließen, betrifft FR nicht.

Forderung des Kgs., die Erlegung für eximierte Stände sicherzustellen6 : FR stellt fest, /271/ dz der außzognen stendt zweyerlei seindt, deren ettliche mit und die andern on einiche purde außgezogen werden. Und sovill die ersten cum onere belangendt: Dieweill dieselben durch die außziehenden /271’/ ubertragen und fur sie bezalt wirdet, so hatt die kgl. Mt. noch das Heilig Romisch Reich an solchen außzognen disfals kein mangel noch abgang. Also soll es auch mit den außgezognen sine onere, die nit in possessione vel quasi libertatis sein, gehalten werden, danna dieselben ir geburendt anlag in solcher hulff selb endtrichten oder aber die außziehende fur sy bezalen. Da aber der kgl. Mt. resolution auch auff die außgezogne stendt, so in possessione vel quasi libertatis sein, verstanden werden soll, das doch der fursten rath mit nichten darfur helt, so wurde dem außgezognen und zu gleich auch dem außziehenden nit wenig beschwerung daraus erfolgen und auch solchs wider die vorigen Reichs abschide sein7. Damit dan dieser articel zu gleichem verstandt gepracht und dem fiscall zu ainicher irrung nit ursach gegeben, so solle des furstenraths erachten nach in vorstehendem des Reichs abschiede deßhalben also außdruckliche fursehung beschehen, damit die jhenigen, so außgezogen und in possessione vel quasi libertatis sein, dardurch nit gemeint noch begriffen werden.

/271’ f./ 2) Forderung des Kgs., die Hilfe kumuliert innerhalb von sechs Monaten zu verwenden und bevorzugt Reiter anzuwerben8 : Da Kg. das Amt des Feldobersten überlassen wird, sollen ihm auch diese Punkte anheimgestellt werden /272/ und in dem gar kein maß noch ordnung, wessen sich ir Mt. mit gemeiner stende kriegs rethen vergleichen werden, zugeben sein. Dan gemeine stende inen gar kein zweiffell machen, die röm. kgl. Mt. als dz oberhaupt und christlicher konig, der werde gemeiner christenheit, auch iren aignen konigreichen und landen zu guttem auff die wege allergnedigist und vetterlich bedacht sein, damit diese hilff nit one frucht abgee, sondern zum furtreglichisten mit vergleichungb gottlicher gnaden angewendt werde. Und dieweill gemeine stende in ir kgl. Mt., wie billich, ain solchs underthenigists vertrauen setzen, so wurdt bei dem furstenrath fur unnottwendig angesehen, davon zu disputirn, ob diese hulff /272’/ defensive oder offensive antzustellen sei. Darumben so möchten diese wort „defensive oder offensive“ etwo von merer richtigkeit wegen mher außzelassen und zuumbgehen dann hinzue zusetzen seyen.

3) Antizipierung von Hilfsgeld durch die Pfennigmeister9 : FR lehnt dies ab, da es sich nit allein nit fuglich thun, sonder auch den musterhern und kriegs räthen, auch den zallmeistern selbst in iren befolhenen ämbtern allerlei unrichtigkeit und beschwerdt bringen wurde; zudem auch, dz ettwo durch solch auffbringen, welchs on sonder groß interesse nit leichtlich beschehen, die yetzt bewilligt hulff umb sovill geschmelert und dester weniger erkleckhen wurde. Und dieweill dan one dz gemeine stende sich underthenigist erbotten, das erst ziell yetzt auff Ostern, acht oder 14 tag vor oder nach ungeverlich, zuerlegen, dahin numher gar ein kurtze zeit, darzue das endt und abschidt diß Reichs tags noch ungewiß ist, so achtet der furstenrath darfur, dz solch auffbringen und anticipirn von /273/ unnötten. Und wo je vor solchem termin ir kgl. Mt. zum lauff und musterungen gelts bedurfftig, so möchten ir röm. kgl. Mt. bei derselben konigreichen und erblanden, als die sich ainer ansehenlichen hulff nit weniger auch erbotten, und villeicht daneben auch bey den negst gesessenen stenden ansuechung thun, bei denen dan in vorsteender nott ettwas an irer geburenden hulff auffzubringen und auf diesen weg mit weniger beschwerde oder abgang zuanticipirn sein möchte. Und damit auch auff die yetzt bestimpte termin und sonderlich auff den ersten, als der so kurtz angestelt, ain jeder standt sein geburendt hulff gelt zuleisten dester weniger gehindert werde, so wurde in allweg ein notturfft sein, alle beratschlagung also zubefurdern, damit ein jeder standt in kurtze der zeit bei seinen underthonen oder sonst in ander weg solch hulff gelt auffbringen möge.

4) Besoldung der Kriegsräte und Musterherren durch die Reichsstände10 : FR gibt zu bedenken, dz des feindts grosse macht nit allein die yetzt bewilligt hilff zum hochsten erfordert, ja da auch schon die hulff noch grösser angestelt, das sy dannoch bei /273’/ weittem gegen diesem vheindt nit erkleckhen, und darumben furnemblich diß hilffgelts mit extraordinarien außgaben zuverschonen sein solle. So ist doch widerumb auch am tag, dz die sachen mit etlichen stenden also geschaffen, das sie auch uber ir vermugen diese acht monatliche hulff der röm. kgl. Mt. zu eerenc und gemeiner christenheit zu wolfart bewilligt und sich in dem uber ir vermugen angegriffen haben, also dz numher die stende durchaus, solche underhalttung auff sich zunemmen, bevorab dieweill dieselb auch ein sonderwared [!] anlage ervordert, beschwerlich zubereden sein, sonder vill mher die zeit one frucht ob diesem articl verloren wurde. Und demnach so solle die kgl. Mt. underthenigist zuerbitten sein, das ir Mt. solchs ir begern aller gnedigist fallen lassen und die kriegs reth und musterherrn, nachdem denselben one das ire pferdt in der musterung passirn werden, iren stat, der sich auch auff ein gerings erlaufft, von solchem bewilligten hulffgelt als kriegs personen zue underhalten allergnedigist bewilligen wolten.

/273’ f./ 5) Benennung der Musterherren, Kriegsräte und Pfennigmeister sowie deren Instruierung11 : FR plädiert dafür, /274/ dz verstendige und kriegßerfarne personen aus den chur- und furstlichen rethen zu solcher verfassung genommen12, die sich in den vorigen dergleichen instructionen, so ohne zweiffel bey der meintzischen cantzlei ze finden, ersehen und dieselben nach gelegenheit der leuff und zeit mit allen umbstenden irem guetachten nach corigirn und pessern sollen. Aber von personen, so kriegs reth, musterhern und zallmeister sein sollen, hatt der furstenrath noch nit geredt, sonder solche benennung und beratschlagung auff die churfurstliche rethe eingestelt.

6) Beharrliche Hilfe13 : Beratung dieser wichtigen Frage ist auf dem RT nicht mehr möglich. Dass aber solcher articl zu bedacht genommen, in gegenwerttigen konfftigen abschiedt gebracht /274’/ und zu erster gemeiner stendt oder deren befelchaber zusammen kunft davon mit notwendiger verfassung handlung und beratschlagung gepflegt werden soll, das helt der furstenrath noch wie hievor fur ratsam und gut. Und also die kgl. Mt. abermals zuerbitten sein, das ir Mt. solchf underthenigist erpitten zu gnaden annemmen und die stende mit solchem articl dißmals verrerg nit auffhalten wolte, bevorab dieweill der verlust der zeit ettliche stende an irem hulffgelt ettwo hindern und sperren möchte.

Doppelbesteuerung von Reichsständen14 : FR beharrt darauf, dz es bei den vorigen Reichs abschiden, auch bewilligter und beschlossener handlung billich pleiben und gelassen werden soll. So aber ye die kgl. Mt. des vorstehenden und augenscheinlichen gewalt und macht des turggen halben in dem dißmals ain sonderbarer bedencken hett, das doch auffs wenigist auf ir, der stende, begern in yetzigem Reichs tags abschide solch fursehung beschehe, damit den vorigen Reichs abschieden und beschlussen durch diesse yetzige bewilligung nit preiudiciert, sonder in irer krafft und wurckung unverruckt bestehen mögen.

Anmerkungen

1
  Würzburg, fol. 216’–219 [Nr. 189].
2
  Würzburg, fol. 219 f. [Nr. 190].
3
  Kurmainz, pag. 738–740 [Nr. 85].
4
 Weitere Abschriften der Resolution konnten nicht aufgefunden werden.
5
 Nr. 439.
6
 Nr. 439, fol. 365–366 [Er fordert ... gescheen ist;].
a
 dann] In B: das.
7
 Vorrangig Bezugnahme auf RAb 1555. Vgl. Anm.3 bei Nr. 189.
8
 Nr. 439, fol. 366 [dergleichen auch ... erachten werden.].
b
 vergleichung] In B: verleihung.
9
 Nr. 439, fol. 366f. [Bezüglich der Erlegungstermine ... gethon werden muge.].
10
 Nr. 439, fol. 366f. [Kg. billigt ... gellt beschee.].
c
 eeren] In B: obgeen [!].
d
 sonderware] In B: sonderbare.
e
 zu] Fehlt in B.
11
 Nr. 439, fol. 366f. [Irer kgl. Mt. ... verfeyrt werde.].
12
 Gemeint: Für die Bildung eines interkurialen Ausschusses, der die Instruktion formuliert.
13
 Nr. 439, fol. 368’–369’ [Bitte um eine ... unvergessen sein will.].
f
 solch] In B danach: ir.
g
 verrer] In B: weiter.
14
 Nr. 439, fol. 369f. [Bitte, die in ... und genissen.].