Deutsche Reichstagsakten, Reichsversammlungen 1556 – 1662 Der Reichstag zu Regensburg 1556/57 bearbeitet von Josef Leeb

Einhellige Ablehnung eines Nationalkonzils und einer Reichsversammlung als Weg zur Herstellung der Glaubenseinheit. Votum der geistlichen Stände für ein Generalkonzil. Dessen Ablehnung durch die CA- sowie die weltlichen katholischen Stände und Plädoyer für ein Religionskolloquium.

Im RR verlesen und gebilligt am 19. 12. 15561. Dem Kg. übergeben am 20. 12.2 Von den Reichsständen kopiert am 21. 12.

HHStA Wien, RK RTA 38, fol. 149–151’ (Kop. Überschr.: Der stenndt erst bedencken uber den articl der religion etc. Kgl. Mt. ubergeben denn 20. Decembris 1556. Aufschr.: Lectum Ratisponae, 20. [!] Decembris.) = Textvorlage. HStA München, KÄA 3177, fol. 108–109’ (Kop. Aufschr.: Lectum Ratisponae, 21. Decembris anno 56. Dorsv.: Copia der chur- und fursten, auch anderer stende rethe und pottschafften unnderschidliche bedenckhen, die religion sachen betreffend. [Nr.] 12. Der röm. kgl. Mt. ubergeben 20. Decembris anno 56.) = B. HStA Düsseldorf, JB II 2295, fol. 66–67’ (Kop.) = C. HStA Stuttgart, A 262 Bü. 47, fol. 456–459’ (Kop.). HStA Weimar, Reg. E Nr. 179, fol. 204–205’ (Kop.). GStA PK Berlin, I. HA Rep. 10 Nr. X Fasz. C, fol. 41–42 (Kop.). Referiert bei Westphal, Kampf, 60; Laubach, Ferdinand I., 172.

/150/ In den Beratungen zunächst des Religionsausschusses und sodann in den Kurien ist daran erinnert worden, daß in allen furgehenden berathschlagungen, wie zu vergleichung der spaltigen religion furzugeen, jedes mals vier wege, als nemlich eins general- oder national concilii, colloquii oder gemaine Reichs versamlung furkhomen. Darauf sie sich dann auch weider unnderredt. Unnd ermessen einheligclich, daß auß allerhandt ursachen obberurter artickel der religion in ein national concilium oder auch eine Reichs versamlunge nicht moge gezogen werden.

Sovil aber die andern zwenea deß general concilii oder colloquii anlanget, welcher unnder dennen jetzmalsb an die hand zunemen, do bedencken der dreier geistlichen churfursten räthe, die geistliche anwesende fursten, stend und der abwesenden pottschafften des merern thails, /150’/ dieweil der weg einß general conciliums der ordenlichst unnd richtigst, welcher auch vor alters bei der christlichen kirchen biß auf gegenwirtige zeith herkhomen, so in gleichen felen unnd spaltungen gebraucht unnd dardurch den sachen jeder zeith erschieslich abgeholffenn wurden, daß derselb weg deß general concilii furzunemmen unnd zubefurdern sein solte; wie dessen noch mehrfaltige ursachen in der beratschlagung ausgefurt3.

Entgegen aber ermessen der dreier weltlichen churfursten räthe, die weltliche anwesende fursten, stend unnd der abwesenden pottschafften: Wiewol der weg eins general freien, christlichen concilii in der christenhaith von alters herkhommen unnd der gebreuchlichst istc, sie auch denselben als fur ein ordenlichen erachten, jedoch dieweil die jungst gehaltene concilia unnd letslich das trientische von wegen eingefallener vielen unrichtigkaitenn, beschwerungen unnd verhinderungen one frucht abegangen, auch dieselbige unnd dergleichen verhinderungen /151/ noch vorhannden unnd sich die ding in nicht weniger unrichtigkaiten dann damals erhaltenn, zu deme daß die sachen hin unnd wider zwischen den khönigen unnd potentaten der christenhaith dermassen geschaffen4, also daß diser zeith ein general christlich concilium schwerlich anzustellen, vil weniger muglich, zu gewinstemd ende zubringen: Damit dann viel beraitse articls der spaltigen religion vergleichunge zu weiterm nachteil der teutschen nation nicht in ferrere verlengerunge gestelt, auch der weg des colloquii vor diser zeith mer in disen oder dergleichen fellen gebraucht worden, wie dan desen noch merfaltige ursachen auch in der beratschlagung außgefurt5, daß demnach ditzmals die tractation solchs articls auf ein colloquium zustellen unnd anzurichten, inmassen die röm. kgl. Mt. solchen weg auch neben andern in der proposition auf jungst gehaltenem reichstage zu Augspurg furgeschlagen6.

/151’/ Schlussformel.

Anmerkungen

1
  Kurmainz A, fol. 98 [Nr. 323].
2
  Kurmainz, pag. 447 [Nr. 53].
a
 zwene] In B, C danach: weg.
b
 jetzmals] In B, C: dißmals.
3
 Vgl. die Debatten im Religionsausschuss: Kurmainz A, fol. 68–95’ [Nrr. 320322].
c
 ist] Fehlt in B und C.
4
 Vorrangig Bezugnahme auf die Kriege Spaniens gegen Frankreich und gegen die Kurie. Vgl. Anm.2 bei Nr. 321 und Anm.7 bei Nr. 44.
d
 gewinstem] In B, C: gewinschtem.
e
 viel beraits] In B, C: vilberurts.
5
 Wie Anm. 3.
6
 Bevorzugung des Kolloquiums durch Kg. Ferdinand in der Proposition des RT 1555. Vgl. Nr. 320, Anm.2.