Deutsche Reichstagsakten, Reichsversammlungen 1556 – 1662 Der Reichstag zu Regensburg 1556/57 bearbeitet von Josef Leeb

Gegen Einwände der CA-Stände Billigung der Verordnung des Bf. von Speyer als Präsident des Kolloquiums in Vertretung des Kgs. Daraus resultierende, veränderte personelle Besetzung des Kolloquiums durch die katholischen Stände.

/223/ Religionsausschuss a , 1 . [Kurmainz] proponiert: Septuplik des Kgs. zum 1. HA (Religionsvergleich)2 : 1) Kg. hat keine Einwände gegen die benannten Kolloquiumsteilnehmer. 2) Kg. kann das Präsidium beim Kolloquium nicht selbst übernehmen und verordnet den Bf. von Speyer als Stellvertreter.

1. Umfrage. Kurtrier: Lassen es bei der kgl. Mt. resolution pleiben. Aber gibt zu bedencken, obe es nit nutzlichen, da einer auß den adjuncten zum reden dienstlicher als der colloquenten einer, das beiden religionen frei stehen mochte, denselbigen zugeprauchen. Welches er bedenckens weiß anzeigt.

Kurköln: Wie Kurtrier.

/223’/ Kurpfalz: Man wisse, auß was ursachen bedacht, das konig ein president selbst sein solte. Verhofften, die leufft wurden sich endern, also das konig noch selbst praesidieren werde. Horten, das konig welle Speir zu presidenten ordnen. Und wiewol sie konig kein maß zugeben, so were doch von noten, das partheilicheit hierunther zu vermeiden. Versehen sich auch alles guten zu Speir, aber were dem babst mit pflichten verwandt. Und dweil er3 publica persona sein soll, so were konig zupitten, ein weltlichen teutschen fursten, so dem babst nit verwandt, zuverordnen.

Kursachsen: Wie Pfaltz. Und auf trierisch anregen konnen sie geschehen lassen, das bederseitz religionen mögen ex adiunctis ein redener nemen.

/224/ Kurbrandenburg: Konig zupitten, umb ein weltlichen fursten zuverordnen. Trierisch anregen: Indifferens.

Kurmainz: Wolten nichst liebers, dan das konig selbst presidieren konte. Dweil aber konig solchs nit moglich, so wusten sie kgl. Mt. kein moß [zu geben]. Trierisch erregen placet.

Österreich: Wie Meintz. Und liessen inen Speir als guter eigenschafft und dem werck dienstlichen4 gefallen. Bitten, andere wolten solchs auch willigen. b–Scherte die pabstliche pflicht nit, dan im abschiedt darunther versehung beschehen–b , 5. Was per Trier erregt, placet.

Bayern: Hetten Speir jedezeit rumen horen, also das er zu diessem werck dienstlich. Und hette man hievor geschlossen, /224’/ das kgl. Mt. in diesem kein maß zugeben. Und hat ein ration, das die catholische religion lenger in possessione gewesen und herpracht [als] ire religion. Derhalb were inen zudifferieren, dan man konte nit einen haben, der tertiae religionis. Zudeme wurden die weltlichen den sachen nit so lang als Speir außwarten konnenc. Trierisch erregen placet.

Salzburg: Wie Ostereich und Bayern.

Pfalz-Zweibrücken: Wie Pfaltz.

Augsburg: Wie die andere catholischen.

Brandenburg-Ansbach: Hat kein bedenckens an Speir. Placet kgl. resolution.

Württemberg: Wie Pfaltz; und auch auß ursachen, das Speir zu assessor albereit benent6. Trierisch erregen placet.

/225/ Hessen: Wie Pfaltz. Wo es aber nit zuerheben, alßdan konig kein moß zugeben. Trierisch erregen placet.

Prälaten: Wie Ostereich.

Wetterauer Gff.: Hett kein bedenckens an Speir, aber kan auch auff den andern weg sich vergleichen. Indifferens.

Stadt Straßburg: Wie Pfaltz.

Stadt Schwäbisch Gmünd: Wie die catholischen.

2. Umfrage. Kurtrier: Wie vor. Bit, andere wellen sich vergleichen.

Kurköln: Idem.

Kurpfalz: Weren gehört. Aber dweil das meher erachtet, das Speir zuzelassen, so wellen sie auch denselbigen nit weren.

Also haben die andere es auch passiert.

/225’/ Beschluss: Gegen die anfängliche Zurückweisung seitens der CA-Stände wird gebilligt, dass der Kg. den Bf. von Speyer als Präsident des Kolloquiums einsetztd . Im RAb soll bestätigt werden, dass auf dem Kolloquium jeder Seite freisteht, nach eigenem Gutdünken den Vortrag einem Kolloquenten oder einem Adjunkten zu überlassen7.

Daneben teilen die katholischen Stände den CA-Ständen mit, dass für den Bf. von Speyer, den sie zuvor als Assessor nominiert haben, nunmehr der Ebf. von Salzburg nachrückt, während an dessen Stelle der Bf. von Passau einen Auditor verordnet8.

Anmerkungen

a
  Religionsausschuss] Kurpfalz B (fol. 117’) zum Zeitpunkt: Vormittag.
1
 Auszüge aus den Voten dieser Sitzung bei Bundschuh, Religionsgespräch, 244 f., Anm. 310.
2
 Nr. 434.
3
 = der Präsident.
4
 Vgl. zu Bf. Rudolf Frh. von Frankenstein zu Speyer (um 1524–1560, Bf. 1552): Gatz, Bischöfe, 189 f. (Lit.).
b–
 Scherte ... beschehen] Kurpfalz B (fol. 119) deutlicher: dan die eidt und pflicht hiehero nit zu ziehen, seie demselben albereit furkhomen.
5
 Fragliche Bezugnahme auf RAb [Nr. 577], § 18 (grundsätzliche Aufgabenstellung des Kolloquiums). Eine Entbindung der Teilnehmer vom Eid an den Papst hatten die katholischen Stände im Religionsausschuss abgelehnt (Kurmainz A, fol. 174’–180, 183’–187 [Nrr. 338, 339]). Die stattdessen vorgesehene Verpflichtung, beim Kolloquium allein die Ehre Gottes, die christliche Wahrheit etc. anzustreben, sollte eben der Präsident von den Kolloquenten und Adjunkten mittels Handgelübde entgegennehmen (RAb, § 22). Eine entsprechende Verpflichtung des Präsidiums war nicht vorgesehen.
c
 konnen] Kurpfalz B (fol. 119) zusätzlich: Bf. von Speyer were dem platz unnd ortt gesessen, so zu der sachen sehr dienstlich.
6
 Vgl. auch die verspätete Weisung Hg. Christophs von Württemberg an Massenbach und Eislinger (Stuttgart, 13. 3. 1557): Die CA-Stände sollen verhindern, dass Kg. Ferdinand das Präsidium an einen geistlichen F. delegiert, da er in diesem Fall /420/ nicht als ain stand des [!] geistlichenn banckhs, sonnder als das regierend haupt nach der kaiserlichenn Mt. im Heiligen Reich furgeschlagenn worden ist. Er kann einen seiner Söhne, Maximilian oder Ferdinand, als Stellvertreter verordnen (HStA Stuttgart, A 262 Bü. 51, fol. 419–422’, hier 420. Or.; präs. 16. 3.).
d
 einsetzt] Kurpfalz B (fol. 119’, 132 [Foliierungsfehler]) zusätzlich: Lediglich der Gesandte von Pfalz-Zweibrücken schließt sich dem nur unter Vorbehalt an und will zunächst beim Pfgf. nachfragen.
7
 Vgl. RAb [Nr. 577], § 26.
8
 Vgl. Beschlussfassung der katholischen Stände am 11. 3.: Kurmainz A, fol. 219 [Nr. 419].