Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XIV. Band. Der Reichstag zu Nürnberg 1543 bearbeitet von Silvia Schweinzer-Burian, mit Vorarbeiten von Friedrich Edelmayer

Augsburg StadtA, Lit. 1543, unfol. (Ausf.).

Seit ihrem Bericht vom 11. April 1543 gibt es keine Neuigkeiten über im Reichsrat vorgebrachte Werbungen. Allain langt uns glaublich an und sehen es auch taglich, das die andern standt in stätter uebung und werck seindt, iren abscheidt zu machen. Als derselb dann albereydt in das werck gebracht und den stetten, so nit protestierendt sein, furgehaltn, auch ob sie wol bedacht daruber begert, so ist inen doch derselbe begerte bedacht abgeschlagen, mit dem furwort, das die kgl. Mt. so häftig darumb hette angehalten und derselb ir Mt. mueste zugestellt werden, sich darinn haben zu ersehen etc. Wir aber versteen es, das sie sorg getragen, die stett wurden davon mit den andern comuniciern oder aber, demnach sie vorhin verstanden, das sie sich in hulf also nit konnten einlassen und dann bey disem abscheidt zu beratschlagen kheine stett gebraucht, das sie, die standt, dann nachmaln den stetten sovil nit bewilligen noch bedacht gestatten davon zu reden, sonder es also haben wollen, was sie, die standt, schliessen, das nach altem harkommen die stett inen sollichs sollen und muessen lassen gefallen etc.

Derwegen gemeine stett ein außschus verordnet, darein wir auch gezogen sein, diese sachen, auch wie disen beswarden jetzo alsbald und hinfuran zu begegnen sein wollt und darwider zu handlen, zu beratschlagen1. Wann nun dasselb in das werck gebracht, soll sollichs euer Ft. mit dem ersten zugeschriben werden. Wir befinden laider in disem und mer fällen, die sachen der erbarn stett halben zum hochsten schwarlich und sorgsam und das denselben gnad von Gott, auch verstandt, weyßheit und mannheit sovil vonnoten als vor nie. Dann nit allain der gemein haß und neid dieselben will beschwarlich uberladen, sonder auch sonst mer bedencken furfallen, darinnen gefar und die not sich hauffen, davon in unser ankunft und relation, wils Gott, euer Ft. mer berichts vernemen werden. Dann wir uns entlich aller vermuetung nach versehen, es solle hie nit lang mer weren, sonder in wenig tagen der vermeinte abscheid erfolgen. Alsdann wirdt menigklich aufbrechen, auch albereyt viler fursten potschaften sich von hinen erhept haben. Den verfolg gibt die zeit.

Weitters wolle euer Ft. wissen, das bey den einigungsverwanten auf die pottschaft, zu der ksl. Mt. zu schicken, auch von der maß derselben instruction, was und sovil die braunschweigkische defension und etlich ander der einigungsverwanten standt beschwarden belangen, beschlossen2, aber aus wichtigen ursachen bedacht, das dieselben bottschaft in gemeiner protestierenden namen der declaration und anderer alhie gepflegner handlungen halben abgefertigt und nach verrichtung derselben, was die obberurte defension und anders betrifft, ain nebenwerbung sein solle3. Weme aber dieselb bottschaft auferlegt, ist noch zu beschlissen. Ainmal wollen wir allen muglichen vleyß furkheren, das euer Ft. und derselben leut verschont werden mug4. Was wir aber erhalten werden khunden, gibt die zeit.

Am andern, so ist bei den ainigungsverwandten erregt, das sich zu versehen, so alle und gemeine protestierende ständt den furgenommen abscheidt nit annemen wollen, das und dawider mit protestation und in ander weg ir notturft handlen werden, auch im val, das der ksl. fiscal schon nit procediert, das dannocht die kgl. Mt. bey den standen in sonder umb particular hulf ansuechen wurdt. So nun die standt in gemein in sollicher particular hilf sollten unerlangt und unvergwiß fridens und rechtens ir Mt. wilfaren, das wollte dem jetzigen vorhaben gantz zuwider sein. Ob aber etliche standt sich in hulf einlassen wollten und wurden, das wurde gleichsfals dem gemeynen werck hinderlich und darzu den uberigen standen, so auf der weygerung verharten, zue ungnaden und untraglich gereichen. Und darumb fur guet angesehen, das kheine der ainigungsverwante standt, weder offentlich noch heimblich und durch kheine mittel noch weg, in wenig oder vil particular hulf sich bewegen oder bringen sollen lassen [Nr. 276].

In welchem puncten wir diese antwurt gegeben, das wir uns allwegen bißher lassen vernemmen, das unsere bevelch dahin gericht, das wir umb erlangung fridens und rechtens bey den andern standen halten und davon uns nit sondern sollten, dem wir dann bißher getreulich gelept. Das aber jetzo der particular hulf und ausserthalb der gemeinen reichshulf angeregt und wie es in kunftig damit gehalten werden sollt, davon hetten wir khain bevelch, hetten auch nit wissen, weß euer Ft. gelegenheit sein wurd. Wollten es aber an euer Ft. mit erstem gelangen und uns alsdann mit unverwißlicher antwurt vernemmen lassen, und mogen euer Ft. ires gemuets uns hieruber berichten. Dann ob sich wol die standt auf etliche abscheidt, hievor bewilligt, ziehen und refferiern, so ist doch mermaln von euer Ft. – in bedencken der nachpurschaft und das one euer Ft. burger groß verderben die osterreichische landt nit zu verlassen gewesen – ain anders und jederzeit nach gelegenheit gehandelt worden, derowegen wir uns dann noch zur zeit und ausser habenden bevelchs auf kunftig väll nichts begeben haben wollen5.

Pommern halben werden euer Ft. aus den zugesanten schriften befinden, das, wa dieser tag alhie sich vor ostern nit enden wurden, das alsdann alhie die erkanntnus gescheen sollt. Und hat darauf der pommerisch schriftlich und mit grosem ernst angehalten und tringt haftig auf die erkantnus, damit er nunmer in das funft jar aufgezogen seye. Und darumb alle begern der guetlicheit halben unverfenglich, demnach er sich damit nit will settigen lassen6. Wurdt die notturft erfordern, das euer Ft. sich ihres gemuets vernemmen laß, ob dieselben pommerischen sachen fur religionsachen zu halten oder nit, und wir uns alsdann ferrer wissen in der erkanntnus der notturft zu halten. Wollen nichtdestominder allen vleyß furkeren und hoffen, die erkanntnus solle dißmalen verbleiben, doch muessen wir im val, da sollichs nit beschee, mit bevelch gefast sein, dann darauf die sachen biß alher angestellt worden.

Sachsen und Hessen warnen die Einungsverwandten vor feindlichen Umtrieben Hg. Heinrichs von Braunschweig und fordern die Bündner zur Bereitstellung weiterer Gelder für die Unterhaltung von Kriegsleuten auf. Die Gesandten der Hgg. von Braunschweig-Lüneburg und Württemberg sowie jene der Städte Straßburg, Augsburg, Frankfurt und Ulm halten das einstweilen nicht für notwendig.

Übergriffe gegen die evangelischen Bürger von Metz am Ostersonntag (1543 März 25) im Zuge der Eroberung der Abtei Gorze (im Besitz Gf. Wilhelms von Fürstenberg) durch Soldaten der Hgg. von Guise7.

Anmerkungen

1
Bgmm. und Rat von Augsburg billigten in ihrem Schreiben vom 17. April 1543 an die Gesandten in Nürnberg die Bildung eines Ausschusses der alt- und neugläubigen Reichsstädte: [...] Darumb lassen wir uns gantz wol gefallen, das gemaine stett ain ausschuß gemacht, von der sachen zu reden, wie solchen und dergleichen beschwerden zu begegnen sein mag. Und will fürwar uns, den erbern stetten, vor allen andern stenden hoch vonnoten sein, bei disen allergefarlichsten und geschwynden leufden vleissigs aufsehens zu haben, treulich zusamen zu setzen und sich in kainen weeg voneinander trennen zu lassen, dartzu ir von unsern wegen alles vleiß verhelfen sollend, wie wir euch dann ains solchen vilmals erinnert haben. [...]. In: Augsburg StadtA, Lit. 1543, unfol. (Konz.).
2
Siehe Kap. VIII.C, Nr. 280–281.
3
Zur Abfertigung eines Gesandten der evangelischen Stände zum Kaiser äußerten sich Bgmm. und Rat von Augsburg in ihrem Schreiben vom 17. April an die Gesandten folgendermaßen: [...] Die potschaft in namen aller protestirenden stende zu ksl. Mt. zu schikhen hat seinen wege. Wir achten aber, die instruction und werbungen konnen oder mogen vor aufrichtung und publicirung des abschiedts (weil vil daran gelegen sein wiert) nit wol verfast werden, es geschehe aber, wann es wolle. So sind wir der untzweiffenlichen zuversicht, gedachte stend werden ir und aller irer mitverwandten notdurft mit vleiß bedenkhen und die sachen dahin richten, das nit allain die beschwerdlichen proceß am chamergericht (soferr es disen gegenwurtigen reichstag nit beschehen solt) abgeschafft, die ksl. declaration in wurkung komen, sonder auch uns, den evangelischen stenden, von ir ksl. Mt. nichts unfuglichs mog zugemessen werden. [...] In: Augsburg StadtA, Lit. 1543, unfol. (Konz.).
4
Ursprünglich wollten die Schmalkaldener Dr. Claudius Pius Peutinger als Gesandten zum Kaiser abfertigen. Bgmm. und Rat von Augsburg lehnten die Gesandtschaft jedoch ab (Nr. 279).
5
Bgmm. und Rat von Augsburg kritisierten in ihrem Antwortschreiben an die Gesandten vom 17. April 1543, dass sich die Stadt Augsburg „partikulare“ Hilfszusagen an den König verbieten lassen sollte: [...] Der ainigungsverwandten stende bedenkhen, das sich kain stand unerlangt fridens und rechtens gegen der kgl. Mt. in ainich particular hilf einlassen soll, tregt allerlay bedenkens uff ime. Dann wiewol wir under anderm ermessen konnen, das wider einen so mechtigen feind mit particular hilf nichts fruchtbars auszurichten oder statlicher widerstandt zu thun ist, so will doch den erbern stetten aus vilen wichtigen ursachen schwer fallen, die hand in solchem fall sperren zu lassen. Entgegen aber konnen wir nit erachten, wann durch alle evangelische stende dieser articul bewilligt [Nr. 276], das wir uns ainig und allain mit nutz oder vortail mochten absondern, wie wir auch dasselb zu thun nit entschlossen, es wer dann, das etliche und merers tails der stende in solch anbringen nit bewilligen wollten, alsdann mochten und sollend ir dest statlicher handlen und helfen furdern, damit wir ditsfals die hand offen behalten. [...]. In: Augsburg StadtA, Lit. 1543, unfol. (Konz.). Am 20. April 1543 berichteten Jörg von Stetten und Sebastian Seitz an Bgmm. und Rat von Augsburg zu diesem Thema: [...] Der particular hulf halben ist es gestallt, wie wir euer Ft. jungst geschriben, das gemeine ainigungsverwante standt ainhellig entschlossen, khain particular zue laysten, wir aber haben es bey unserm furtrag bleyben lassen, das wir davon khain bevelch hetten, und sindt bedacht, wo wir nit weyter angefochten, es darbey bleyben zu lassen, euer Ft. mogen nichtsdestominder jederzeit helfen oder nit, wie es derselben gelegen sein will. [...]. In: Augsburg StadtA, Lit. 1543, unfol. (Ausf.). Die endgültige Weisung von Bgmm. und Rat von Augsburg ist mit 21. April 1543 datiert und lässt keinen Sonderweg der Augsburger Gesandten in der Frage der „partikularen“ Hilfe zu: [...] Sovil aber die particuar hilf belangt, habt ir in jungst unserm schreiben bevelch empfangen, wann durch alle gemaine evangelische stende beschlossen wurde, sich in ainich particular hilf unerlangt der furgeschlagnen mittel nit eintzulassen, das ir euch alsdann im selben nit absondern sollend. Dabei wirs noch beruhen lassen. [...]. In: Augsburg, StadtA, Lit. 1543, unfol. (Konz.). Dieser Weisung vom 21. April 1543 legte der Rat von Augsburg das Antwortschreiben an die Schmalkaldener bei: Nr. 277.
6
Siehe dazu Kap. VIII.D, vor allem Nr. 292–293.
7
Siehe Nr. 84b, Anm. 14.