Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 12. Die Reichstage zu Worms 1513 und Mainz 1517 bearbeitet von Reinhard Seyboth
[1.] Argumente der Gesandten gegen den angeblichen Bruch des Blaubeurer Vertrags durch Hg. Ulrich von Württemberg und die württembergischen Landstände; [2.] Sichtweise des Ks.; [3.] Dessen Aufforderung an die Gesandten zu Verhandlungen über den Vollzug des Vertrags und die Einsetzung eines Regiments für Hg. Ulrich.
Orig. Pap. m. 4 S.: A) Wien, HHStA, MEA, RTA 3b Bd. Reichshandlung zu Mainz Ao.1517, fol. 59–64.
Kop.: B) Weimar, HStA, EGA, Reg. E Nr. 63, fol. 42b–50b; C) Dresden, HStA, Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 10181/7, fol. 48a–57b; D) München, HStA, KÄA 1835, fol. 76a–84a; E) Ebd., Kasten blau 103/2c/1, fol. 49a–57b; F) Bamberg, StA, Hst. Bamberg, Geheime Kanzlei Nr. 9, fol. 22a–34a; Ebd., Hst. Bamberg, Neuverzeichnete Akten Nr. 1344; München, HStA, Kasten blau 103/2c/1, fol. 69a–73b; Karlsruhe, GLA, Abt. 50 Nr. 12, fol. 51a–59a; Ebd., o. Fol.; Würzburg, StA, Würzburger RTA 6, fol. 236a–247a; Köln, Historisches A., Best. 50A 45, fol. 35a–44a; Nordhausen, StadtA, R Ac 01, fol. 112b–120b.
Inhaltsangabe: Ulmann, Fünf Jahre, S. 95.
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[1.] Nemblich von erst erzelt und angezogen den vertrag, zwischen der Hg.in [Sabine] von Wirtenberg, geboren Hg.in zu Bairen etc., auch H. Ludwigen von Hutten, seinen sunen und mitverwandten zu zwaien tailen und Hg. Ulrichs zu Wirtenberg am dritn tail durch den cardinal [Bf. Matthäus] von Gurgg zu Plapeurn aufgericht1, und wie ain landschaft, denselben vertrag mit bezalung der suma gelts, auch in ander weg zu volziehn, allzeit willig gewest und noch sey, soverr derselb in andern seinen artikeln, als nemlich das regiment, auch die Hg.in, darzu die Ff. von Bairen und ander berürend, auch beslossen, angenomen, gehalten und volzogen, durch ksl. Mt. bestet und damit entlicher und bestendiger frid erlangt werde, umb dess willen, dann ain landschaft die schuld und bezalung der 27000 fl. auf sich genomen haben, wie aber ainer landschaft nach solichem vertrag, auch ksl. Mt. confirmation die nachvolgenden beswerungen begegent sein:
Nemlich fur ains, das in ksl. Mt. namen an etlich der landschaft mandata ausgangen sein, ausweisend, auf ainem tag zu Geislingen zu erscheinen, dahin auch die andern parteien komen sollten, alda auf vorbeschehen abred zu Plapeurn entlich und zu besluß zu handln, das auch ainer landschaft gesandten mit ksl. Mt. dem Hg. ain regiment besetzn solten etc.; /
Diser artikel sich ain landschaft beswert und daraus in sorgen steet, das ksl. Mt. mocht eingepildt, auch sonst ausgegossen werden, als ob ir H. den vertrag nit gehaltn. Daraus dann weiter volgen, das yemand, der sunst ains aigen willens oder lusts gegen inen were, ichts furzunemen, im selbs ursach schöpfen möchte, wider den vertrag zu handln und die schuld des verpruchs auf iren H. zu trechen [= schieben].
Das alles sich ain landschaft fur sich selbst zu entschuldigen vermaint, desgleichenb gruntlicher entschuldigung c–an irm–c H. nit zweifelt. Darbey die ksl. Mt. erinnert der irrung, beswerung und unrats, so ainer landschaft obligen und zu sorgen sein möchten, wo sy solicher zicht [= Bezichtigung] gewartig sein und dannocht die bezalung der schuld tun solten.
Nachvolgend erzelt ire beswerungen der vor angezaigt vier artikel halben mit underricht und erklerung etlicher ursachn und bewegnus derselben irer beswerungen, mit undertänigster bit, das die ksl. Mt. solich ir beswerungen genediglich bedenken und irer Mt. niemands einpilden lassen, als ob weder ir H., der Hg., noch sy obgemelter artikl halben noch sonst in ainichen weg wider den vertrag gehandlt haben, sunder ir Mt. welle zu handhabung und volziehung desselben nochmals gnediglich furdern.
Dagegen sy auch, wie albeg, urputig sein, mit uberantwurtung /
Dergleichen entschuldigung gegen verpruch des vertrags ain lantschaft, sonderlich in der jüngsten instruction, noch mer tuet und dabey bit, irem H. und inen unverhort und unverantwort solichen verpruch nit zuzelegen, auch niemands zu gestaten, auf solichen schein, als wern sy des verpruchs schuldig, ichts tatlichs noch trolichs gegen inen furzunemen noch sy solicher gestalt auszugiessen. Und sover sy des von ksl. Mt. getröst werden, sein sy willig, die bezalung des verfallen termyn zu tun.
Zuletste mit ainer anhangendenf mainung, wo die ksl. Mt. irem H. zuelegen oder das andern gestatn wolt, als het er den vertrag geprochen oder dawider gehandlt und dadurch die acht oder anders verwürkt, und das er also stets ausgegossen und betroet werden sollt, so möchten sy sich von im als irem rechten F. und H. nit absondern, muessen also albeg in geverlichait stehen und würden ine darauf irer phlicht und eren nach nit verlassen, sunder wider seine und ire widerwertigeng ir leben und sterben, genesen und verderbn setzn etc., mit mererm inhalt ainer landschaft instruction und werbung etc.
[2.] Ist der röm. ksl. Mt. etc., unsers allergnst. H., antwurt nachvolgender mainung:
Anfenglich auf die oberzelten vier ainer landschaft beswerlichn artikel, und nemblich den ersten und andern der furgenomen und ausgeschriben tag halbenh geen Geislingen und Aurach, mag ir ksl. Mt. nit aigentlich gedenkn, mit was wortn irer Mt. ausgegangn mandata gelaut haben, es will auch nit vil daran gelegen sein. Aber ir Mt. acht, das dieselben tagsatzungen den verträgn und der handlung, hie zu Augspurg, auch zu Plapeirn beschehn, nit widerwertig /
Und ob gleichwol solich mainung und handlung des tags zu Geislingen nit in dem vertrag zu Blapeuren begriffen, so ist dannocht dieselb hie neben dem vertrag durch ksl. Mt. und des Hg. gesandtn gehandlt, beschlossen und sonderlich von inen angenomen und zugesagt. Und ob das auch nit wer, noch dannocht ist solcher tag und handlung auf obberürt mainung ain gut ding und von nötn gewest.
Darauf hat die ksl. Mt. den vertrag zu Plapeurn confirmirt und sich nit anfechten lassen, ob die mainung des tags halben zu Plapeurn darein gestellt wer oder nit, sunder zu ainem vertrag, wie der sein mugen, hat geeylt, allain darumb, dieweil ir Mt. l–den sachen langer nit auswart, das doch ir Mt.–l den krieg verhueten und den [Ludwig] von Hutten von seinen furnemen und costn bewegn möchte, auch in bedacht und sorg, das solcher vertrag nit allain in disem artikl geprochen, sunder künftiglich in andern mer,/
Und als derselb tag verwarlost [= versäumt] oder verabsaumbt worden ist, aus ursachen (wie die ksl. Mt. yetz gedenken mueß), das ain landschaftm irer Mt. guet und nottürftig furnemen nit versteen, sonder, wie obstet, fur ain beswerung und, als ob das wider den vertrag sein solt, raitnn wellen, so hat ir Mt. nachvolgend auf der parteien anstrengn und sol[ici]tiren um volzug des vertrags ain andern gleichen tag geen Aurach ausgeschriben, voriger gueten, nottürft[ig]en mainung, was zu Geislingen gehandlt sein solt, das solichs zu Aurach beschehe. Darumb sich ain landschaft berürter ksl. Mt. mandata des furgenomen tags halben gen Geislingen und nachvolgend Aurach nit so scharpf beswern bedarf, sunder der angezaigtn ksl. Mt. nottürftigen, guten mainung pillich zufriden sein mog und soll.
Es wer auch nit wider ir eer, phlicht, erberkait noch vorig ir vertrag gewest, ob sy gleichwol solich tag besuecht und darauf, wie obstet, handln, exequirn, volziehen und aufrichtn helfen, dann sy heten doch damit nicht anders ausgerichto, dann was der vertrag, auch sonderlich die handlung hie, so ir H. durch seine gesandtn bewilligt und zugesagt, vermugt hat, damit ain guet werk getan. Dadurch diese irrungen nye eingefallen undp ksl. Mt., auch sy und meniglich der gegenwurtigen müe und merer handlung wol überhebt weren. So sy aber solich tag und handlung also beswerlich gerait und gewegert haben, ob dann etwas im vertrag nit exequirt oder volzogenq wer, so mag wol gesagt werden, das sy desselben ursach sein.
Dann, auf das ain landschaft maint, inen hab nit gepürt, dem /
Ob sy auch hernach den tag zu Aurach furgenomen und besuecht, damit heten sy nit wider ir vorig verträg, so sy auf die armen Cunzischen emporung5 gesworen haben, gehandlt, dann solicher tag wer nit durch sy bewegt noch furgenomen, sunder durch ksl. Mt. und auf irer Mt. mandat, allain zu exequirn und zu volziehen den vertrag von Blapeuren.
Auf den dritten artikel, Gf. Ulrichen von Helfenstain und Hiltemberg betreffend, wiewol ain landschaft meldt, als ob des Hg. furnemen und handlung aus besundern und neuen verschuldenz des von Helfenstain beschehen sein soll, so vernimbt doch die ksl. Mt. des kain gegründt anzaigen, dann das ir Mt. dafür hat, es sey aus der alten ursach beschehen, das der von Helfenstain aus seinem sloß /
Desgleichen auf den vierten artikel der sondern personen halben, gegen denen der Hg. mit fängknus und peinlicher straf furgenommen hat, wiewol ain landschaft meldt, als ob solichs aus besundern verhandlungen und verschulden und mit dem rechten beschehen sey, so ist doch nit anderst zu gedenken dann aus der ursach, das der Hg. dieselben personen in der irrung verdacht und in zicht [= Bezichtigung] gehalten hat. Als[o] haben sy ainer landschaft ratn und sy bewegen wellen, gegen dem von Hutten stilzusitzn. Darzu geet noch ain geschray, als solt er den abt [Johann] von Maulprun auch also gefangen haben und halten.
Und über das alles fur das fünft, das er Dietrich Spätn veindlich angegriffen und beschedigt hat6, wiewol, als er anzaigen will, umb ubler und beswerlicher reden willen, so derselb Spät wider den vertrag uber ine ausgegossen haben solle. Des aber Dietrich Spät die zeit, als lang der vertrag an ime gehalten ist, nit gestet. Daraus ist anders nit zu bedenkenaa, dann das sich der Hg. umb die ursach, die im vertrag begriffen ist, gerochen [= gerächt] hat.
Solich ursachen gegen dem von Helfenstain, auch den sundern personen, so gepeinigt und gestraft, auch Dietrich Spätn halbn sein durch den vertrag hingelegt und dem Hg. zu rechen abgestrickt. Und obgleich dieselbn personen, sunderlich /
Fur das sechst, so hat der Hg. über den vertrag practicirt mit dem Kg. [Franz] zu Frankreich, auch mit den Aidgenossen umb hilf und sich presentirt, sich mit inen zu verpinden wider meniglich und die ksl. Mt. und das Reich nit ausgenomen.
Als nu ain landschaft maint, den vertrag nit geprochen zu haben, der hoffnung, ir H. wird sich des auch unschuldig dartun, mit bit, die ksl. Mt. welle irer Mt. dawider nit einpilden, sunder sy gegen denen, so sy des beschuldigen wollten, zu verhor und verantwurtung komen lassen, darauf antwurt die ksl. Mt., das diser zeit in der erst niemand pillicher ain landschaft und irn H. umb verpruch des vertrags zu beschuldigen hab dann ir ksl. Mt. als röm. Ks. und richter, auchab tädingsherr der sachen, bey dem die parteien ir geprechen, auch abtrag irer schädn und schimpf, so inen auf irer ksl. Mt. vertrag zuesteen, sollicitirn und verfolgen.
Darumb maint ir Mt., ain landschaft noch den Hg. nach irem begeren des verpruchs halbn nit unverhört und unverantwurtac zu beschuldign. Aber ir Mt. beswert sich und beschuldigt sy des verpruchs yetz gegenwurtiglich, nemlich ain landschaft, das sy die bezalung des erstn termins nit gehalten haben. Und dargegen mugen sy ir vermaint beswerungen nit furtragen noch glimpfn, dann der vertrag begreift nit, obgleich ainem oder dem /
Und so ain landschaft gleich etwas grüntlich mänglad oder anfechtung im vertrag gehabt het, so solt sy dannocht das ir, so ir im vertrag zu tun gebürt hat, nit underlassen, sonder volzogen und ir beswerung fur den richter und zu dem prunnen, von dannen der vertrag entsprungn ist, gebracht, darin decernirn lassen und inen gebürlich benuegen, darauf zu verfuegnae, erwart haben.
Dann gegen dem Hg. beswert sich die ksl. Mt. und beschuldigt ine umb verpruch des vertrags in den oberzelten sachen, nemlich des von Helfenstain, auch der gestraften sondern personen und yetz des [Abts Johann] von Maulprun (ob er anderst, wie die red laut, gefangen ist), darzu Dietrich Spätn und des Hg. werbung und handlung halben bey Frankreich und den Aidgnossen, so lang, bis er sich derselben sachen grüntlich und glaubwirdig entschuldigt.
Verrer, als ain lantschaft in irer werbung und instruction, was obsteet, meldt, das sy albeg willig gewest und noch seye, den vertrag, sovil inen gepürt, zu volziehen, soferr derselb in andern sein artikln auch gehalten und volzogn werde. Nu kan die ksl. Mt. uber die vorgeschriben underricht nit gedenkn, gegen wem sich ain landschaft beswern mog, der solichen vertrag nit gehalten hab. Ir Mt. waist auch nicht, das unvolzogn sey, es hab dann an inen oder irem H., dem Hg., von erst erwunden durch oberzelt bewegnus und ursachen, und so nichts volzogen ist, dann des sy oder ir H. ursach sein, so ist nit genueg, volgt auch nit, so sy oder ir H. den vertrag /
Item als under anderm ir begeren steet, niemands zu gestatn auf solichen schein, als hetn sy den vertrag geprochen, ichts tatlichs oder trolichs gegen inen furzunemen noch sy also auszugiessen, darin will die ksl. Mt. gern gutn vleis tun, dochaf das sy sich gegen irer Mt. beweisen und halten, dadurch ir Mt. ursach hab, solichs zu tun.
Item als sy sich merken lassen, soverr sy des von ksl. Mt. getrost werden, das sy willig sein, die bezalung zu tun etc., darauf ist ksl. Mt. mainung, das sy haltn und volziehn, was der vertrag vermag, und was sy geprechn darin haben, ir Mt. dasselb reformirn lassen.
Auf die letst angehengt mainung, wo inen das nit gedeichn sollt, das sy sich von irem H. nit sondern möchten, sonder ir leib und leben etc. zu im setzen würden etc., darauf ist dhainer antwurt not etc.
Zum besluß auf ainer landschaft begern, das die ksl. Mt. ausrichtung und volzug des vertrags befurdern welle etc., mag aus obgeschribner irer Mt. gegründten antwurt und underricht durch meniglich abgenomen werden, das von anfang bis her irer Mt. mainung und übung zu execution und volzug des vertrags gestanden. Das aber demselbn in oberzelt weg zuwidergehandelt, ist irer Mt. alzait laid gewest, aber ye an irer Mt. nicht erwunden.
[3.] /
Ob aber die gesandten desselbn nit volkumen macht und gwalt hetn, so sollen sy solichs an ain landschaft bringen und dieselbn bewegen, das sy solich handlung mit ksl. Mt. unverzogenlich furnemen und tuen. Datum Augspurg am 11. tag Julii Ao. etc. im 17. jarn.