Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XIV. Band. Der Reichstag zu Nürnberg 1543 bearbeitet von Silvia Schweinzer-Burian, mit Vorarbeiten von Friedrich Edelmayer
Anmerkungen
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RKG-Mandate an den Bf. von Chur, die Äbte von St. Gallen und Disentis sowie an Bgm. und Rat der Städte Basel, Schaffhausen (samt Gotteshaus), St. Gallen und Mülhausen im Elsass, Speyer, 1543 Jan. 15, in: St. Gallen StadtA, Tr. VII, Nr. 7.32 (Druck mit Siegel an Abt Diethelm von St. Gallen). Die meisten Adressaten der Mandate waren zugewandte Orte der Eidgenossenschaft, die sich seit dem 15. Jhdt. kontinuierlich vom Reich entfernt hatten, ohne auf die Legitimation ihrer Herrschaft durch das Reich verzichten zu wollen. Der Ablösungsprozess der einzelnen Orte und Äbte vom Reich war äußerst unterschiedlich, wobei St. Gallen am längsten den Kontakt zum Reich und seinen Institutionen hielt. Bis 1542 war St. Gallen – im Gegensatz zu Basel, Schaffhausen oder Mülhausen – bereit, zum Unterhalt des RKG beizutragen, lehnte die Reichstürkenhilfe wegen seines militärischen Engagements für die Eidgenossen jedoch wie die anderen Zugewandten ab. Weil sich das Reich in der Frage der Türkenhilfe unnachgiebig zeigte, suchte St. Gallen gemeinsam mit den anderen oben genannten Orten und Äbten Hilfe bei den Eidgenossen. Diese argumentierten in der obigen Supplikation vor allem juristisch und betonten die Exemtion der Städte und Äbte von der Reichsgerichtsbarkeit und die Befreiung von den Reichssteuern seit ihrer Zugehörigkeit zur Eidgenossenschaft, weshalb die Prozesse des ksl. Fiskals einzustellen seien. Exemplarisch zur schwierigen Stellung der zugewandten Orte zwischen Reich und Eidgenossenschaft: B. Braun/W. Dobras, St. Gallen: eine Stadtrepublik zwischen Reich und Eidgenossenschaft, S. 397–416.
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Zu den Aktenstücken des eidgenössischen Versammlungstages (Baden im Aargau, 1543 April 16), der sich u.a. mit den Mandaten des RKG-Fiskals zur Türkenhilfe und zu den Kammerzielern beschäftigte, siehe: K. Deschwanden, Die Eidgenössischen Abschiede, Bd. 4/Abt. 1d, Nr. 123, S. 238—248.
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Niedersächsischer Kreisabschied, Halberstadt, 1542 Nov. 6. in: Stade StadtA, Rep. 6, Fach 1, Nr. 1, fol. 43r-50v (Kop.).
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Der Konflikt zwischen den Hansestädten und den Kreisfürsten im niedersächsischen Kreis lag in den Bestimmungen von § 57 des Speyerer RAb 1542 (RTA JR Bd. XII, Nr. 285, S. 1183f.) begründet. Dort wurde nicht nur die Exemtion der Reichritterschaft von den Reichsanlagen hervorgehoben, sondern auch die Sonderstellung jener Hansestädte, die keiner fürstlichen oder anderen Obrigkeit unterstanden und in den Reichsanlagen nicht begriffen waren. Allerdings galt die Steuerbefreiung für den Gemeinen Pfennig nicht. Kg. Ferdinand bot an, mit den Hansestädten angesichts der drohenden Türkengefahr durch Kommissare gesondert, d.h. unter Umgehung der Kreisfürsten, über die Ablieferung des Gemeinen Pfennigs in die Kreiskisten verhandeln zu lassen. Das widersprach der Rechtsauffassung der niedersächsischen Kreisfürsten, die vorbrachten, dass alle in ihrem Kreis gelegenen Hansestädte fürstlichen oder anderen Obrigkeiten unterworfen und damit steuerpflichtig seien. Der Konflikt um die mediate oder immediate Stellung der niedersächsischen Hansestädte verstärkte sich im Laufe des Jahres 1542 und kam in dem nur für die Fürsten bestimmten „Nebenabschied“ des niedersächsischen Kreistages von Helmstedt (1542 Juni 2) deutlich zum Ausdruck: gedr. bei A. Neukirch, Der niedersächsische Kreis, S. 223f.
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Der Widerstand gegen die Ablieferung des Gemeinen Pfennigs an die Kreisfürsten ging anfänglich von der Hansestadt Lübeck aus. Auf dem Helmstedter Kreistag im Juni 1542 beriefen sich die Lübecker Gesandten auf eine „commission“ (= Auftrag) Kg. Ferdinands, welche Lübeck als oberste Hansestadt dazu bestimmte, mit den anderen Hansestädten wegen der Kontribution zur Türkenhilfe zu verhandeln. Im Laufe des Sommers 1542 verlagerte sich das Zentrum der Opposition gegen die Kreisfürsten auf die Hansestadt Lüneburg. Die niedersächsischen Kreisfürsten ersuchten den König in individuellen Schreiben um Rücknahme seiner Kommission und um sein Einschreiten gegen die Hansestädte. Als sie keine Antwort erhielten, beschloss der Kreistag, sich mit Umgehung des Königs an den in Kürze in Nürnberg zusammentretenden Reichstag, d.h. an die Reichsstände, zu wenden (siehe die obige Eingabe). Siehe dazu: A. Neukirch, Der niedersächsische Kreis, S. 156, S. 165ff., S. 188f.
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Diese Meinung Kgn. Marias teilten die Reichsstände nicht, wie Granvelle am 15. April 1543 der niederländischen Statthalterin berichtete: [...] Entre autres condictions, Mme, lesd. estatz ont déclairé aud. Sr roy qu’ilz veullent (ainsi sont esté les motz) que le ciercle de Bourgoigne paye entièrement son contingent, et comme je entendis dois au soir que sa Mté royale le vouloit couler[?] et ses conseilliers sont bien expressément de cest advis, j’ay esté aujourd’huy le matin devers sad. Mté luy dire que nous ne consentirions, ains protesterions expressément au contraire. Et pour ce retourne-je devers sad. Mté avec les sieurs de Créanges, Naves et Viglius, afin de regarder avec led. Sr roy de dessus. In: Wien HHStA, Belgien PA 36/2, fol. 526r–528v, hier fol. 526v (Ausf. chiffr. u. dechiffr.).
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Die Reichsstände nahmen Kgn. Maria die Ablehnung der Türkenhilfe für das Hochstift Utrecht und den Burgundischen Kreis übel, wie die burgundischen Gesandten am 20. April ihrer Auftraggeberin berichteten: [...] Aussi, Mme, les estatz catholicques, venans à concluyre sur les aydes contre le Turcq, ont parlé bien apprement au roy de ce que votre Mté n’avoit furny au recès de Spire [1542] touchant le circle de Bourgoingne et les pays d’Utrecht, adjoustant que, puisque les estatz veoient telle obstination, sa Mté povoit penser quel couraige ilz pouroient avoir pour faire mectre la duchié de Geldres ès mains de l’empereur et d’attendre qu’on fist d’icelle comme paravant des aultres. Sur quoy avons faict responce ensuyvant notre instruction [Nr. 45] par l’advis de Monsr de Grandvelle [Nr. 106] le plus doulcement qu’avons peu. Et en venant à dire de vouloir par manière de contract allier tous les Pays Bas avec l’Empire – saulf leurs libertez et possessions anciennes – et que si eulx nous promectent de deffendre que sommes aussi content de faire quelque raisonnable ayde contre le Turcq et aultres nécessités pour le bien et paix de la Germanie, beaucoup y ont trouvé de goust et cecy a couppé le gorge à noz adversaires. Croyons toutesfois que les estatz en absence des princes ne feront pour maintenant aultre chose, mais diront vouloir faire relation à leurs maistres pour en après traicter de cecy à la prochaine journée de l’Empire avec la Mté impériale en personne. [...]. In: Brüssel AG, Papiers d’Etat et de l’Audience 122, fol. 89r–90v, hier fol. 89v–90r (Ausf.). Kgn. Maria gab ihren Gesandten in Zusammenhang mit der Türkenhilfe folgende Anweisung, Brüssel, 1543 April 23: [...] Le Sr de Grantvelle nous a escript que les estatz de l’Empire veullent que ceulx du cercle de Bourgoingne payent leur contingent de l’ayde contre le Turcq que ne nous seroit faisable durant les guerres contre France et Clèves, pourquoy est requis que suyvant votre instruction vous regardez par l’advis dud. Sr de Grantvelle y donner responce et empescher que riens soit ordonné au préjudice des pays de pardeça, car comme qu’il soit nous n’entendons y furnir. In: Brüssel AG, Papiers d’Etat et de l’Audience 122, fol. 91r–92v (Ausf.).
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Wahrscheinlich irriges Datum, da der RT am 27. April bereits beendet war. Es könnte sich um den 17. April 1543 handeln. Der Befehl Kg. Ferdinands an den ksl. Fiskal in der Angelegenheit Manderscheids ist mit 20. April 1543 datiert (Nr. 107b).
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In Wertheim StA, F 103–114/K 17, fol. 12r–13v, eine ähnlich lautende Supplikation Gf. Dietrichs von Manderscheid an die Räte der Kgn. Maria (Dr. Viglius van Zwychem und Weirich von Kriechingen); DV fol. 13v: Supplication an röm. ksl. Mt. regentinnen der Niederlanden rethe und commissarien zu Nuremberg 1543 contra deß ksl. cammergerichts fiscalen.
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Karl V. bot Gf. Dietrich von Manderscheid im Aug. 1532 einen Stillstand der RKG-Prozesse an, wenn er die im Besitz der Gff. von Manderscheid befindlichen Güter für alle Zeit als Lehen des Hg. von Luxemburg (= Karl V.) anerkenne, womit ein Verzicht auf Reichsunmittelbarkeit verbunden war. Trotz dieser Vereinbarung mit dem Kaiser wurde Gf. Dietrich immer wieder vom Fiskal des RKG aufgefordert, seine ausständigen Steuern dem Reich zu entrichten. Erst in Nürnberg 1543 befahl Kg. Ferdinand den Stillstand der Prozesse des RKG gegen Gf. Dietrich von Manderscheid (Nr. 107b). Zur Beziehung der Gff. von Manderscheid zum Reich siehe: P. Neu, Manderscheid und das Reich, S. 53–70, bes. S. 56–59.
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Kg. Ferdinand reagierte auf die Supplikation Gf. Dietrichs von Manderscheid, indem er am 20. April 1543 den ksl. Fiskal beauftragte, bis zum nächsten RT nicht gegen den Grafen vorzugehen. Dr. Friedrich Reifsteck, Prokurator des RKG in Speyer, teilte Gf. Manderscheid am 23. Mai 1543 mit, dass der Fiskal in Berücksichtigung des kgl. Schreibens einstweilen bez. der Türkenhilfe 1541 nicht gegen ihn prozedieren werde. In: Wertheim StA, F 103–114/K 17, fol. 14r–15v (Ausf.).
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Siehe die Supplikation zur Reichsstandschaft der Bff. von Metz, Toul und Verdun auf dem RT Regensburg 1532 (RTA JR Bd. X, Vorbemerkung S. 723f. sowie Nr. 151–152). Da die Angelegenheit weder 1532 noch auf den drei Reichstagen von 1542/1543 erledigt wurde, reichten die Hochstifte auf dem RT Speyer 1544 abermals eine Supplikation ein (RTA JR Bd. XV, Nr. 477). Auch auf dem Augsburger RT 1548 legten laut Relation des Supplikationsrates (1548 Jan. 19) die Gesandten von Metz, Toul und Verdun eine Supplikation wegen der Reichsanlagen vor, in: RTA JR Bd. XVIII, Nr. 305. Auf dem Augsburger RT von 1550/1551 supplizierten die Hochstifte Metz und Verdun abermals wegen Moderation der Anschläge und Einstellung der fiskalischen Prozesse am RKG (RTA JR Bd. XIX, Nr. 283, S. 1483f.).