Deutsche Reichstagsakten, Reichsversammlungen 1556 – 1662 Der Reichstag zu Regensburg 1556/57 bearbeitet von Josef Leeb
Gegenseitige Beschwerden und Forderungen des Hauses Brandenburg und der Fränkischen Einung. Übergang der Mgft. Kulmbach an Mgf. Georg Friedrich von Brandenburg-Ansbach. An den Kg.
Supplikation des Hauses Brandenburg an den Kg. (vom Kg. den Reichsständen übergeben am 20. 2. 1557, kopiert am 21. 2.)1
, unterzeichnet von den Gesandten der Kff. von Sachsen und Brandenburg, der Hgg. von Sachsen, des Mgf. von Brandenburg
Erklärung des Hauses Brandenburg an den Kg. (vom Kg. den Reichsständen übergeben am 20. 2. 1557, kopiert am 21. 2.)4 , Unterzeichnung wie auf der Supplikation: Haben über ihre heute übergebene Supplikation hinaus keine weitergehenden Weisungen, bringen aber [zunächst] erläuternd zur Übernahme der Mgft. Kulmbach durch Mgf. Georg Friedrich von Brandenburg-Ansbach vor: Nach dem Tod von Mgf. Albrecht Alkibiades fällt dessen Land vollständig und direkt an Mgf. Georg Friedrich als mitbelehnten Agnaten und Lehnsnachfolger. Lande und Untertanen haben Georg Friedrich bereits in der Vergangenheit eine entsprechende Erbhuldigung und Lehnspflicht geleistet. Deshalb ist nunmehr, nach dem Tod von Mgf. Albrecht Alkibiades, die vom Kg. angeordnete Administration der Mgft. eo ipso beendet. Mgf. Georg Friedrich ist entschlossen, die Lande in Besitz zu nehmen. Teilen dies dem Kg. lediglich zur Information mit und bitten ihn, seinen Kommissar in der Mgft. davon zu unterrichten, damit dieser die Übernahme durch den Mgf. nicht behindert. Übergeben ihre mündliche Erklärung der Forderung des Kgs. entsprechend hiermit schriftlich mit der Erläuterung, dass ihre Obrigkeiten dazu weder Verhandlungen noch eine Resolution der Reichsstände erwarten.
Verhandlungen zwischen KR und FR am 20. 2. 15575 : KR wünscht zunächst Abschrift der Eingaben und nachfolgende Beratung. Dagegen votiert FR für die sofortige Übergabe an die Fränkische Einung, um deren Gegenbericht bis spätestens 22. 2. verlangen zu können. KR beharrt auf der vorrangigen Abschrift und will dem Kg. überlassen, den Gegenbericht anzufordern. FR billigt dies nach wiederholtem Korreferat unter der Bedingung, dass Abschrift und Unterrichtung des Kgs. unverzüglich erfolgen. Information des SR, der sich KR/FR anschließt.
Beschluss des KR am 22. 2., nachfolgend im Korreferat (KR/FR) vorgetragen6 : Die Übernahme der Mgft. Kulmbach durch Mgf. Georg Friedrich betrifft die Reichsstände nicht und ist deshalb dem Kg. anheimzustellen. Die Vergleichung zwischen dem Haus Brandenburg und der Fränkischen Einung ist einer neuen Vermittlung zu übergeben, da das Mandat der bisherigen Kommission mit dem Tod von Mgf. Albrecht Alkibiades erloschen ist.
Beschluss des FR: Bitte an den Kg. um Vorkehrungen, die eine neuerliche bewaffnete Auseinandersetzung7 [wegen der Übernahme der Mgft. Kulmbach durch Georg Friedrich] verhindern, sowie in der Hauptsache um die Beilegung der Differenzen, sei es gütlich oder rechtlich. KR stellt weitgehende Übereinkunft fest und schließt sich dem allgemeiner formulierten Bedenken des FR an.
Beschluss im SR am 22. 2.8 : Übergabe der Supplikationen an die Fränkische Einung. Anschließend wird SR vom Beschluss in KR/FR unterrichtet und schließt sich dem an.
Resolution der Reichsstände, dem Kg. übergeben am 23. 2. 15579 : Übernahme der Mgft. Kulmbach durch Mgf. Georg Friedrich wird dem Kg. anheimgestellt mit der Empfehlung von Vorkehrungen, die etwaigen Tätlichkeiten vorbeugen. Bezüglich der Beschwerden des Hauses Brandenburg gegen die Fränkische Einung möge Kg. entscheiden, durch wen und auf welche Weise, ob gütlich oder rechtlich, sie beigelegt werden.
Gegenbericht der Fränkischen Einung an den Kg. (dem Kg. übergeben am 23. 2.10 ; von diesem wohl nicht an die Reichsstände weitergereicht11 ), unterzeichnet von Bf. Melchior von Würzburg sowie den Gesandten des Bf. von Bamberg und der Stadt Nürnberg)12 : Haben bei der allgemeinen Kopie anfallender Akten am 21. 2. beiläufig festgestellt, dass das Haus Brandenburg und die unterstützenden Ff. eine Erklärung an den Kg. gereicht haben, in der sie ihn von der Übernahme der Mgft. Kulmbach durch Mgf. Georg Friedrich in Kenntnis setzen und weitere Beratungen der Reichsstände ablehnen. Stellen dazu fest: Eine Erwiderung ist nicht notwendig, da sich die Lande des verstorbenen Mgf. Albrecht Alkibiades noch immer unter ksl./kgl. Administration befinden. Die angekündigte eigenmächtige Inbesitznahme schmälert nicht nur die Autorität von Ks. und Kg., sie verstößt auch gegen den Augsburger Abschied zum Markgrafenkrieg, der eine Vergabe des Landes ohne Vorwissen des Kgs. verbietet. Zudem bedingt ein Dekret Ks. Karls V. von 1555 die Assekuration und Entschädigung der Fränkischen Einung als Voraussetzung. Bieten an, die Übergabe des derzeit ksl./kgl. Verwaltung unterstehenden Landesteils gegen die Erstattung der Exekutionskosten und die Ausgleichung der Kriegsschäden an Mgf. Georg Friedrich zu billigen. Bitten den Kg., ein gewaltsames Vorgehen des Mgf. zu unterbinden, ihn zur Annahme des Angebots zu veranlassen und die Einung in Schutz zu nehmen. Die in der anderen Supplikation vorgebrachten Beschwerden werden strikt zurückgewiesen, da die Einung auf die im gesamten Reich bekannten Verstöße von Mgf. Albrecht Alkibiades gegen jede Rechtsordnung entsprechend der Goldenen Bulle, der EO und anderen Reichsgesetzen reagiert hat. Da sie infolge der gegen den Mgf. verhängten Reichsacht dazu vollauf berechtigt war, ist sie in keiner Weise zur Restituierung, Schadenserstattung oder Leistung von Abtrag verpflichtet, während Mgf. Georg Friedrich als Nachfolger des Geächteten ihre Defensions- und Exekutionskosten zu erstatten hat. Wie ihr Bericht an den RT 1555 und der publizierte Druck13 genauer ausführen, erfolgte die Zerstörung von Gebäuden oder Dörfern ausschließlich zur Verhinderung weiterer Angriffe von Albrecht Alkibiades. Die Rückgabe von Dokumenten und Siegeln ist längst erfolgt. Hingegen steht die Rückgabe der ihr, besonders dem Hst. Bamberg bei der Plünderung der Residenz und der Burg Altenburg [Bamberg] vom verstorbenen Mgf. entwendeten Dokumente noch aus. Der Ertrag des Ungelds reichte in der kurzen Zeit der Einnahme nicht zur Bestreitung von Recht und Gericht aus. Vielmehr ist Mgf. Georg Friedrich zur Rückzahlung der wesentlich höheren Einkünfte und Nutzungen von Klöstern, Prälaturen und Propsteien an die Einung verpflichtet. Die Abholzung von Wäldern erfolgte nur, so weit es für den Wiederaufbau der von Albrecht Alkibiades zerstörten Dörfer notwendig war. Bitten den Kg., bei der Übergabe der Mgft. Kulmbach an Mgf. Georg Friedrich gemäß dem Erbieten der Einung zu verfahren, sowie um Verfügung beim Haus Brandenburg, die entwendeten Urkunden und sonstigen Dokumente zurückzugeben. Sollte Mgf. Georg Friedrich diese Wege ablehnen, ist die Einung zum rechtlichen Austrag der Differenzen bereit. Der Gegenbericht benimmt etwaigen Forderungen Hg. Heinrichs von Braunschweig und der Bgff. von Meißen an das Haus Brandenburg nichts.
Dekret Kg. Ferdinands I., gerichtet an die Angehörigen des Hauses Brandenburg, die Erbeinungsmitglieder und die Beistände (Regensburg, 27. 2. 1557; den Reichsständen mit der Forderung um Stellungnahme übergeben am 25. 2., kopiert am 26. 2.)14 : Kg. hat zur Erklärung und zur Supplikation des Hauses Brandenburg sowie zum Gegenbericht der Fränkischen Einung mit Rat der Reichsstände15 beschlossen: Obwohl er befugt wäre, Land und Leute des verstorbenen Mgf. Albrecht Alkibiades unter kgl. Administration zu belassen, bis die Differenzen endgültig beigelegt sind, wird er dennoch anordnen, dass der von ihm eingesetzte Kommissar nur das Land, das er bisher verwaltet hat, am 29. 3. 1557 an Mgf. Georg Friedrich übergibt und die Untertanen an den Mgf. weist. Bedingungen: Beide Parteien vollziehen hinsichtlich der Rückgabe von Urkunden und Privilegien, namentlich was die entwendeten Bamberger Dokumente betrifft, den Augsburger Abschied. Von den Nutzungen und Einkommen, die bis zum Tod von Mgf. Albrecht Alkibiades angefallen sind, werden die Amts- und Dienstleute bezahlt, die zunächst von der Fränkischen Einung und anschließend vom ksl./kgl. Kommissar beansprucht wurden. Ein etwaiger Überschuss steht der Fränkischen Einung zu. Reichen die Gelder dagegen für die Bezahlung nicht aus, sollen auch die Einkünfte dafür verwendet werden, die bis zur Abtretung am 29. 3. noch anfallen. Zur Klärung der gegenseitigen Forderungen bietet Kg. eine neuerliche gütliche Vermittlung an, an der auch die Reichsstände beteiligt werden. Scheitert die Vermittlung, werden die Differenzen rechtlich ausgetragen. Abschließendes Friedensgebot des Kgs. an die Mitglieder des Hauses Brandenburg bezüglich des vergangenen Kriegs und derzeitiger oder künftiger Differenzen mit der Fränkischen Einung oder mit Hg. Heinrich von Braunschweig und den Bgff. von Meißen. Kg. untersagt jegliches gewaltsame Vorgehen und verweist nochmals auf den rechtlichen Austrag. Kg. richtet ein entsprechendes Gebot auch an die Mitglieder der Fränkischen Einung16.
Das Dekret des Kgs. wurde in den Kurien am 26. 2. beraten17 . Beschluss der Reichsstände18 : Grundsätzliche Billigung. Die Übergabeform der Mgft. Kulmbach an Mgf. Georg Friedrich wird gänzlich der Entscheidung des Kgs. überlassen, da dies die Reichsstände nicht betrifft und auch die derzeitige Vermittlungskommission in die ksl./kgl. Verwaltung der Lande nicht involviert war. Bitten deshalb um Streichung der Passage, Kg. habe dies mit Rat und Vorwissen der Reichsstände beschlossen.
Referat des Beschlusses vor dem Kg. am 26. 2. 155719 . Kg. billigt widerwillig die gewünschte Streichung der Passage.
Antwort des Hauses Brandenburg und der unterstützenden Stände zum Dekret des Kgs. 20 , an diesen gerichtet, unterzeichnet von den Gesandten der Kff. von Sachsen und Brandenburg, der Hgg. von Sachsen, des Mgf. von Brandenburg [-Küstrin] und des Lgf. von Hessen als Mitgliedern der Erbeinung sowie des Hg. von Württemberg und des Mgf. [Karl] von Baden als Beiständen: Danken für die Anordnung der Übergabe des Landesteils Mgf. Albrecht Alkibiades’ an Mgf. Georg Friedrich und bitten Kg. um dessen Belehnung. Bezüglich der Bamberger Dokumente sind sie, die Gesandten, nicht bevollmächtigt. Bitten um Klärung der Forderungen des Hauses Brandenburg an die Fränkische Einung möglichst noch beim RT.