Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XIV. Band. Der Reichstag zu Nürnberg 1543 bearbeitet von Silvia Schweinzer-Burian, mit Vorarbeiten von Friedrich Edelmayer

A Marburg StA, PA 650, fol. 5r–10r (2. Konz. mit marg. Erg. und Korr.); AS fol. 5r: Beyinstruction 6. December 1542. ÜS fol. 6r: Philips von Gotts gnaden [...]. Bescheidt uf etzliche punct, so unser rethe mit zum tag gein Nurmbergk haben sollen1.

B Marburg StA, PA 650, fol. 11r–16r (1. Konz.).

[1.] Soviel die schickung zur ksl. Mt. betrift2, sollen sie mit den andern stenden darvon reden und schliessen, wen sie zu dieser schickung brauchen wollen und unsers bedenckens, so mues die abfertigung dieser geschickten das sein, das sie die ksl. Mt. nach notturft und der leng berichten aller der bösen hendel, bosen practicken und schrieften, so in Wolffenbuttell bekhomen3, auch wie Hg. Heinrich mit Dr. Dielingshaussen umbgangen, wie derselbig gefunden, aufgegraben und widder bestattet sey. Item, wie er mit der Drottin gehandlet und das deshalben di kinder, so er mit ir erzeugt, vorzustellen und bey handen seyen. Verhoffen auch, die personen, so di kinder getauft und inen und der Drottin gewartet haben, zuwegen zu pringen. Aufzählung der Unrechtshandlungen Hg. Heinrichs von Braunschweig gegenüber Kursachsen und Hessen, durch welche gegen ksl. Gebote verstoßen wurde. Und nach vermeldung diser ding aller will die ksl. Mt. zu bitten sein, das sie sich uf sein ungestumes anhalten und ungleichmessigen bericht nicht bewegen lassen widder uns und unsere religionsaynungsverwanten. Die Defensionsverwandten unternahmen den Feldzug gegen Hg. Heinrich, um die Stadt Goslar vor seiner Willkür zu rettten, was der Kaiser erkennen werde, sobald er zur gerichtlichen Anhörung der Causa nach Deutschland komme.

[2.] Betr. Hg. Ulrich von Württemberg und sein Ansuchen, als Unterhändler für die Kinder des Hg. von Braunschweig zu fungieren, verweist der Lgf. von Hessen auf seine Instruktion für die Räte (Nr. 57a, Punkt 3). Was die Weigerung Hg. Ulrichs betrifft, die Kosten des braunschweigischen Feldzugs mitzutragen, sollen sich die hessischen Räte in ihrem Verhalten an den anderen Bundesständen orientieren. Allerdings solle man Hg. Ulrich nicht zu sehr vor den Kopf stoßen, denn seine Hilfe gegen eventuelle Übergriffe des braunschweigischen Herzogs sei stets wertvoll.

[3.] Die hessischen Räte sollen den jülichschen Gesandten das Bedauern Lgf. Philipps über den Konflikt mit Burgund aussprechen. Aber des sol sich ir her zu uns gewislich versehen, das wir widder sein L. nicht sein wollen. Wan auch sie, unsere rethe, diese irrung, krieg und entporung konthen auf zimbliche, leidenliche mittel und weg zu vertrag und einigkeit befurdern und bringen, damit also im Hl. Reich soviel mehr friedts und einigkeit erhalten und gepflantzet werde, so sollen sie, inmassen wir inen hiemit bevelhen, desfals an irem vleis, muhe und arbeit nichts erwinden lassen.

[4.] Der Restbetrag, den die Bundesstände über die Bezahlung der zwei Doppelmonate hinaus den Bundeshauptleuten noch schuldig sind, kann noch nicht endgültig ermittelt werden.

[5.] Reformation von Pfarren und Klöstern im Gebiet der Städte Augsburg, Braunschweig und Goslar.

[6.] Des gleichmessigen rechtens halben ist unser bedencken und meynung, das man ganz und ghar in kein weittere turckenhulf willigen sol, es sey dan zuvor das chammergericht gentzlich abgeschaft und ein anders gleichmessigs widerumb gesetzt und verordnet, also das man aigentlich wisse aund im werck sehe–a, wer di personen des von neuen verordneten chammergerichts seyen, balso daß es nit uf zusagung ader vertrostungen, sondern daß es zuvor der bewilligung wircklichen im werck vor augen sei. Dergleichen sollen si in di turckenhilf nit willigen, es sei dan sach, daß es also verordnet werde, das ein ider sein guter, er sei geistlich ader weltlich, an dem ort, da si gelegen sein und nit an dem ort, da er sich mit seiner person enthaltet, versteuerte–b. Aber unterdes, da die verordnung eines neuen, unpartheyischen chammergerichts nicht so baldt ervolgte, deucht uns, were ein recht unter unsern stenden also zu ordnen, das man sich etzlicher personen vergliche, vor welichen wir, diese stende, einander zu recht stehen und dafur recht geben und nemen wollten. cDoch wollen wir desfals mit Nassaw frei und unverbunden sein–c.

Den andern stenden aber, so nit unserer vorain sein, wolten wir vor etzlichen der ksl. Mt. deputirten commissarien zu recht stehen, als nemblich vor Coln und Pfaltz, beiden churfursten, dem Bf. zu Wurtzberg, Hg. Ruprecht zu Zweyprucken, Pfgf. Fridrichen, Mgf. Albrechten von Brandenburg und den zweyen stetten Colln und Nurmberg, weliche di ksl. Mt. unter diesen benente. Doch das uns jene stende4 herwiderumb des rechtens fur diesen commissarien weren etc., dund daß auch di ksl. Mt. aus disen benenten nit eitel [= nur] geistliche, sonder zum wenigsten halp weltliche deputierte und ordenete–d. Und umb verordnung dieser commissarien mussten bey der ksl. Mt. ansuchen dijenigen, so man one das zu berichtung Hg. Heinrichs unthatten etc. an die ksl. Mt. abfertigen wirdet. [...].

Anmerkungen

1
Lgf. Philipp kam mit dieser Zusatzinstruktion einer Bitte seiner Räte Dr. Johann Fischer, gen. Walter, und Dr. Tielemann Gunterrodt um Ergänzung und Erweiterung der hessischen Instruktion (Nr. 57a) nach. Siehe das Schreiben der Räte an Lgf. Philipp, Kassel, 1542 Nov. 29, in: Marburg StA, PA 650, fol. 1r–4v (Ausf.).
2
Geplante Gesandtschaft der Schmalkaldener zu Karl V. zur Rechtfertigung des braunschweigischen Feldzugs und zur Vorbringung der Anklagen gegen Hg. Heinrich von Braunschweig.
3
Bei der Eroberung Wolfenbüttels im Aug. 1542 fielen diverse Akten und Briefe, die Hg. Heinrich belasteten, in die Hände der Defensionsverwandten.
a
–aIn A nachtr. marg. erg.
b
–bIn A nachtr. erg.
c
–cIn A nachtr. erg.
4
Stände, die nicht dem Schmalkaldischen Bund angehören.
d
–dIn A nachtr. erg.