Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XIV. Band. Der Reichstag zu Nürnberg 1543 bearbeitet von Silvia Schweinzer-Burian, mit Vorarbeiten von Friedrich Edelmayer
Weimar HStA, EGA, Reg. H pag. 421–434, Nr. 154/2, fol. 45r–54v (Ausf. mit marg. inhaltl. Zusammenfassungen); DV fol. 54v: Ir kfl. Gn. schreiben ihnen etlicher puncten halben die turckenhulf betreffend, und wie sie sich darin vorhalten sollen, ihr bedencken und meinung. Und dan antworten ihnen uf ir schreiben einer uberschickten rechnung der kleinen ordinari anlag halben mit uberschickung einer andern rechnung des 42. jharß, so sie den stenden thun und dieselb underschreiben lassen sollen, und anderß mehr belangend.
Falls es zur Bewilligung der Türkenhilfe kommen sollte, ist zu bedenken:
Nemlichen, nachdeme man weiß, das von vilen stenden vor einem jhar zum zuge in Hungern ire turckenhulf volkomlich nit geleistet noch erlegt worden, wie solches aus des Kf. zu Brandenburgks rethen ubergebener vortzeichnus [Nr. 129] clar zu befinden, welches aber gegen den andern ein grosse ungleichheit ist, so solle vor bewilligung itziger turckenhulf dorauf gedacht und geschlossen werden, das solcher hindterstand von denselben stenden nochmals dem Reich zuguet einbracht und nach betzalunge, was man doran nochmals schuldig, zu itziger turckenhulf mit gebraucht werde.
So ist auch wissende, das die burgundischen lande kein turckenhulf geleistet, sundern sie gehen domit umb, wie man es nit wol anderst achten kan, derselben gantz freid [= befreit] zu werden und sich damit vom Reich abetzutziehen. Und sie aber mit solchen und dergleichen hulfen ane mittel zum Reich gehorig, dem Reich auch nit thunlich noch gelegen sein wil, zu gestadten und nachtzuhengen [= nachzusehen], das gemelte burgundische lande sich vom Reich abtziehen und sondern sollen. Und dieweil dan ane zweivel die andern stende solches erinnern werden, so wil die notturft erfordern, das zuvorn gewiß gemacht werde, das sie, die burgundische lande, die turckenhulf wie die andern stende des Reichs auch mitthun und leisten helfen.
So wil auch wol zu gedencken sein, das unser ohaim und schwager, der Hg. von Gulich, kein turckenhulf wirdet thun konnen, und sonderlich do seiner L. nit furderlich solte friede gewirckt werden, wiewol zu besorgen ist, wan gleich itzt solcher friede seiner L. gewirckt wurde, das doch sein L. schwerlich widder den Turcken wurde hulf thun mugen, dieweil sein L. so hart mit dem kriege und ire leuthe erschepft sein. Bedencken derhalben gut sein, das ir hievon mit seiner L.[Räten], und das sie ires herren notturft im reichsratt wol dringen und antzogen,[redet]. Wan sie sich aber von ires herren wegen zu erbieten wusten, das sein L. sorgen und vor sein muste, iren anteil zu berurter turckenhulf mitzuthun, wo sein L. uf billiche condicion fride gewirckt wurde, so mochte solches die andern stende abermals dest mher bewegen, seiner L. zuguet uff einen friden zu dringen.
Doruber muß auch uns widder erlegt oder an itziger unser hulf widder abgetzogen werden, was wir zu der eylenden turckenhulf zuviel erlegt, dartzu auch die 2000 fl., so wir dem Kf. zu Branndenburgk vor ainem jhar uff die speyerische handlunge furgesetzt, auch das rest, so uns noch aussenstehet und wir zu erhaltung des volcks, als die stad Munster belagert gewest [1534/1535], furgestreckt haben. Und dieweil dan auch von zweyerley wegen werdet wollen geredt werden, nemlich ob man wider den Turcken ainen gewaldtigen zugk thun und furnemen oder allein die peß besetzen wolle etc., so ist zu besorgen, do man allein die peß solte besetzen und der Turck wurde mit aller macht doher ziehen, das dadurch leute und gelt wurde verloren sein, so die besetzungen keine entsetzung haben. Es wurde auch mit dem volck, so in den besetzungen where, weniger dann gar nichts ausgerichtet werden.
Wurde man aber bedencken, einen gewaldigen zug zu thun, so wil nit am wenigsten daran gelegen sein, das ein rechtschaffener oberster haubtman uber das volck erwhelet und verordenet werde und sonderlich, der unser wharhaftigen, christlichen religion mochte sein. Dan ane zweivel wurde der Almechtige dest mher siegs und wolfart zu solchem widderstande verleyhen, ein solcher ime auch die nott der christenheit heftiger und embsiger anligen lassen, rechtschaffene prediger gebrauchen, das kriegsvolck zu entpfahunge des hochwirdigen sacraments nach gotlicher einsetzunge auch zum gebet zu ermanen und zu bewegen wissen. Und nachdeme uf den vhal davon wirdet mussen geredt werden, so wollet mit den stenden unser christlichen vorain, sovil euch und inen muglich ist, darfur sein, das nit Hg. Hainrich von Braunschweigk, Hg. Ludwig von Bayern oder der Kf. zu Brandenburgk oder sonst ein unerfarner oder ungottfurchtiger dartzu erwhelet werde. Dan sol durch und mit Gottes hulf etwas widder den Turcken außgerichtet werden, so muß man oberste haben, die der dinge vorstendig sein, auch, do es die gelegenheit gibt, furtdrucken und nit zaudern noch sich selbst in schimpf und das Reich in treffenlichen unchosten und schaden aus unvorstand und zagheit furen, wie solches das exempel vorgangener expedition uberflussig und genugsam ausgeweiset. Und wusten nimands darzu vor bequemer und fuglicher, so wir zur stedte wheren, furtzuschlagen dan unsern vedtern und brudern, den landgraven, und neben seiner L. den Hg. zu Preussen. Und wiewol es allerlei bedencken haben wolte, das unser vedter und bruder, der landgrave, dartzu bewegt solte werden, so konnte doch sein L. vor andern gemeiner christenheit dorin nutze sein.
Do sichs auch zutruge, das der gewaldtige zutzugk uf di negstgesessenen wolte gerichtet werden, als uf uns und unsern vedtern Hg. Moritzen und die andern negstgesessenen stenden, wie in dem speyerischen [1542] und negsten nurmbergischen [1542] reichsabschied solches etzlicher massen auch begriffen, und das wir und sein L. dartzu auch die besetzungen entsetzen solten, solches wil unsers teils keineswegs zu bewilligen, auch in unserm vermugen nit sein, es where dan, das berurter zutzug von allen stenden zugleich oder uf gleichmessigen anschlagk beschiet oder das man die besoldunge uff reuter und knechte den negstgesessenen besondern dartzu verordenen thete, im vhal der nott zu gebrauchen.
Nachdeme auch uff das eroberte furstenthumb Braunschweigk die geburliche turckenhulf wirdet wollen gelegt werden, so mussen die stende der christlichen vorain erwegen und schliessen, wer dieselbige kunftige turckenhulf erlegen solle. Dan das wir und die stende die turckenhulf von dem eroberten lande reichen und solten von Hg. Hainrichen auch nachteiliges furnemens gewertig sein, solches wolte beschwerlich sein. Wan aber die ksl. Mt. die stende der vorain dormit gnedigist belehenen thete, solte es auch nit groß zu achten sein.
Wan man nun ein gewaldtige hulf und expedition bewilligen und dartzu schreiten wurde, so bedencken wir, das die stende dieses teils etwa fuglich anbringen, auch nach gelegenheit wol etwas dringen, das ksl. Mt. die andern kriege, und sonderlich auch mit Gulch, uff bequeme condicion gemeiner christenhait, und sonderlich deutzscher nation zu wolfart und guetem, anstelle und irer Mt. kriegsvolck stadlich widder den Turcken auch schicke. Do auch ire Mt. aigener person in deutzscher nation ankeme, das ire Mt. den turckentzug personlich als das oberst haubt des christlichen volckes thun wolte. Do auch ire Mt. die andern kriege wurde anstellen, konte dem Turcken, wie zu achten, dest stadlicher widderstanden werden, welches doch sonsten nit wurde mugen bescheen, dieweil auch ausserhalb des unmuglichen sein wurde, zu kriegsvolck zu komen. Dann wo so vil leute allenthalben angenomen solten werden, wie darvon geredt und geschriben wirdet, so ist nit muglich, das in Deutzschland so vil kriegsvolck ist. Sol man dan den zug mit ungeubten und solchen leuten thun, die den kriegk niehe gesehen, ist wol zu gedencken, wie es zugehen wollte, es where dan dohin gemaint, das man die deutzsche nation zu grund und boden verderben wolte. So ist auch zu besorgen, das der furhabende turckentzug ane ksl. Mt. selbst zu thun nit allein wurde vergebenlich, sundern alles das, so darauf gewendet, verloren sein und domit nichts ausgerichtet werden.
Wo nun die hulf geschlossen, so wil vonnöten sein, mit prophiand geburliche und notturftige versehung zu thun, auch dermassen und mit solcher verordenunge und abteilung, uf das die leute domit nit also, wie negst bescheen, beschwert werden. Es muste auch solche hulf eintrechtig bescheen und gewilliget werden und die betzalung von allen stenden unvermindert zugleich erfolgen, uff das die betzalunge jederzeit davon geschee. Und in mangel geldes abermals die beschwerunge, unrichtikeit, auch der unwille undter den knechten furfallen mochte, wie in negster expedition bescheen. Und das solches von allen stenden vhestiglich gehalten, so solte darauf ein namhaftige peen gesetzt und domit gegen den ungehorsamen unnachlessig verfaren werden. Dann wan also die betzalunge zugleich geschiet, so kan je kein unrichtikeit derhalben furfallen, so ist auch ein ider dest williger das zu thun und zu leisten, dorumb er dienet und aldo ist.
Wurde auch die notturft zu sein bedacht werden, das ein jeder seinen anpart der besoldunge uf sechs monat solte hinausgeben, domit man sich der betzalunge halben destweniger verhinderung durfte befaren. So sol es an uns auch nit mangeln, doch also und dergestalt, das vom Reich vertrauete und beglaubte leute verordent wurden, welche das geld zu empfahen und darnach die betzalung widderumb davon zu thun solten haben.
Und solches alles muste vermittelst ires aides, denn [!] sie schweren solten, gescheen, dann ane das wirdet es mit partirung [= Betrug] und finantzen [= List] nit zugehen, oder das ein ider chur- und furst seinem kriegsvolck die sechs monat mitgebe, das also an der betzalung kein mangel entstehe.
Es solte auch aus vilen ursachen nit unguet sein, das die antzalh der knechte, wie di vor ainem jhar gewest, geringert und darfur mher reuter bestelt wurden, doch wil solches in der verstendigen weiter erwegen und bedencken stehen.
Wir begeren aber, ir wollet mit vleis erinnern und anhalten, das dem erbmarschalambt an seiner gerechtikeit nichts entzogen, auch das haubt- und renfanens halben gehalten werde, wie solches formals herkomen ist. Und das solches im abschied verwhart, uff das wir nit wie zuvarn [!] mit weitleuftiger antwurt abgewießen.
[1. PS:] Der Kurfürst überschickt den Räten die korrigierte Rechnung der kleinen Bundesanlage von 1541 und jene von 1542 und bittet um Unterschrift durch den Ausschuss und Bezahlung der ausständigen Beträge. Der Kg. von Dänemark bezahlte seinen Beitrag zum braunschweigischen Feldzug, suchte aber seinerseits auch um Hilfe des Schmalkaldischen Bundes an. Ausführungen über die Abrechnung des braunschweigischen Feldzuges.
[2. PS:] Schulden der Reichsstände beim Oberbefehlshaber und den Oberstleutnants des Türkenzuges von 1542 (Kf. von Brandenburg, Wolf Dietrich von Pfirt, Konrad von Bemmelberg). Die evangelischen Stände lassen sich nach Vorbringen einer Protestation gemeinsam mit den anderen Ständen in die Verhandlungen mit den Befehlshabern ein und beraten über eine Schuldenreduzierung. Das ir aber im churfurstenrath den bericht und die furwendung unsernthalben getan, solchs gereicht uns von euch zu gefallen. Begern auch, ir wollet darob beruhen und euch in nichts begeben noch einlassen, dann wirdet von idem churfursten, fursten und stand das statgelt uff sechs monat, wie von uns beschehen, nachmals gefallen und erlegt, so werden ane zweivel die austehende schulden domit wol konnen betzalt werden.