Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XIV. Band. Der Reichstag zu Nürnberg 1543 bearbeitet von Silvia Schweinzer-Burian, mit Vorarbeiten von Friedrich Edelmayer

A Duisburg LAV NRW R, Jülich-Berg II 2277 fol. 30r–31r (Kop.).

B Duisburg LAV NRW R, Jülich-Berg II 2276, fol. 580r–582v (Kop.).

Am 6. Aprilis sein der augspurgisscher confessionverwanten stende ubergebne artickel [Nr. 171] durch die kfl. rethe und andere gemeyne stende des Hl. Reichs beratschlagt und daruff ungeferlich nachfolgender meynung geschlossen worden:

Erstlich belangendt den artickel des fridstandts ist beschlossen: Nachdem ksl. Mt. declaration [RTA JR Bd. XI, Nr. 949], daruff die protestierende stende sich referiren, on furwissen und verwilligung der Kff., Ff. und gemeyner stende des Reichs ußbracht, so kundten die stende nit bewilligen, das dieselbigen des Reichs abscheidt inverleibt wurde.

Damit aber die protestierende stende kheyn ursach hetten, sich des puncten des friddens zu beclagen, so weren sie, die stende, urbutig, sofern die protestierende stende durch den speyrisschen reichsabscheidt [1542] nit gnugsam versichert, alßdan inen weither versicherung zu thun, das sie sich irer nit besorgen durften.

Die brunschwigische handlung berurendt sehen die stende fur gut an, dweil durch die kgl. Mt. und ksl. commissarien gutliche handlung furgenomen, das dieselbig continuirt werde. Wo aber die sachen itzo nit khunten vertragen werden, das sie alßdan byß zu der ksl. Mt. persönlicher ankhunft (der man in kurtzen gewertig) uffgeschoben wurden, in betrachtung, das doch mitler zeit die sachen mit den rechten nit khundten ußgefochten und aber verhoffenlich durch die ksl. Mt. gutlich vertragen werden. Und versehen sich die stende, wo die kgl. Mt. und ksl. commissarien solichs an Hg. Heinrichen von Brunßwich lassen gelangen, solt er in die begerte suspension willigen.

Belangendt die visitation des camergerichts ist abgeredt, nachdem in dem speyrischen reichsabscheidt sonderlich form und maß gegeben, wie die reformation furgenommen werden soll, auch von beiden theilen unpartheysche visitatores ernent und bewilligt worden, das darumb die stende bei der kgl. Mt. uff das fleissigst anhalten wolten, das die visitation furderlich (wie obstehet) geschehe. Und achten darfur, wo die visitation dermassen furgenommen, soll sich nyemandts derselbigen billich zu beclagen haben.

Das aber die visitation vermog der ksl. declaration geschehe, auch die erkente proceß und urtheil cassirt und uffgehaben, dergleichen die itzige personen des camergerichts vor furgehender visitation und erkantenuß der sachen ignominiose [= schändlich] solten abgesetzt werden, wie solichs alles in den uberigen artickeln von wegen der protestirenden angetzogen und begert worden, dainne khundten die stende, dweil es dem rechten ungemeß, kheinswegs willigen1.

Damit aber der augspurgisschen confessionverwanten stende spuren mochten, das die gemeyne stende gern alle fugliche mittel suchen wolten, das sie, die protestierende, sich von inen nit absondern, so wolten sie zum uberflus dainn willigen, das alle und jede sach, so gegen die protestierende am camergericht anhengig gemacht, vier monat langk suspendirt werden und blieben, in hoffnung, das mitler zeit die visitation und reformation geschehen soll. Wo aber solichs durch die protestierende nit angenommen wurde, so wolten sie es bei irer vorigen antwort, die inen, den protestierenden, von kgl. Mt. und ksl. commissarien gegeben [Nr. 170], bleiben lassen.

Solich der stende bedencken ist an kgl. Mt. und ksl. commissarien von wegen der gemeyner stende gelangt worden, und man ist der antwort teglichs gewertig.

Anmerkungen

1
Die altgläubigen Reichsstände bezweifelten angesichts der mühevollen und ergebnislosen Verhandlungen Kg. Ferdinands mit den Protestanten in zunehmendem Maße, zu einer Einigung mit den Evangelischen zu kommen, wie aus einem Bericht Dr. Werner Kochs an Bf. Philipp von Speyer vom 9. April 1543 hervorgeht: [...] Versehe mich, gnediger furst und her, es werden die andern [= altgläubigen] stende uff ein abschiedt gedencken, dan ye nit mehr verhofflich, das man alhie zu einer vergleichung kommen werde. In: Straßburg AM, AA 503, fol. 187r–188v, hier fol. 187v (Ausf. v.d.Hd. Kochs).