Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XIV. Band. Der Reichstag zu Nürnberg 1543 bearbeitet von Silvia Schweinzer-Burian, mit Vorarbeiten von Friedrich Edelmayer

A Salzburg LA, Geh. Archiv IV/7, 6 ad 48 (Reinschr. des Entwurfs); DV: Praes. per d[ominum] Madrutsch 13. Aprilis 1543.

B Salzburg LA, Geh. Archiv IV/7, 7 ad 48, unfol. (Reinschr. des Entwurfs); DV: Copei einer verschreibung von der röm. kgl. Mt., im fall der vergleichung mit insertion des vertrags ausgen zu lassen. Marg. AV v.a.Hd.: Kgl. Mt. verschreibung mit insertion des vertrags.

C Salzburg LA, Geh. Archiv IV/7, 22 (Konz. mit marg. Korr.); DV: Der röm. kgl. Mt. jungsten furgeslagner vertrag der toppelanlag halben. Praes. per Madrutsch 13. Aprilis 1543.

Der erweiterte Vertragsentwurf basiert auf dem Nürnberger Vorschlag Kg. Ferdinands von 1542 für einen Vergleich mit den Bischöfen in der Frage der Doppelanlage (RTA JR Bd. XIII, Nr. 98). Nachdem es 1542 zu keinem Vertragsabschluss gekommen war, führte Hans Gaudenz von Madruzzo in Nürnberg 1543 auf kgl. Seite die Verhandlungen mit den bischöflichen Gesandten fort. Nach mehreren leicht voneinander abweichenden Vertragsfassungen1 präsentierte Madruzzo gegen Ende des Reichstags am 13. April einen Vertragstext mit einem zusätzlich eingefügten Absatz: Sollte im Falle erhöhter Bedrohung durch die Türken über die beschlossene Türkenhilfe hinaus eine militärische Unterstützung durch die Erblande nötig werden, so wären die dort begüterten Bischöfe verpflichtet, ihren Anteil an der Türkensteuer aus ihrem Kammergut zu bezahlen. Bei einem gleichzeitigen Aufgebot der Reichsstände sollten die Bischöfe für ihre in den Erblanden gelegenen Besitzungen von der Türkensteuer befreit sein und stattdessen ihre Reichssteuer bezahlen. Für die bischöflichen Untertanen in den Erblanden galt diese Steuerbefreiung nicht. Diese Vertragsfassung wurde von den bischöflichen Gesandten – ebenso wie 1542 – auf Hintersichbringen angenommen, weshalb es abermals zu keinem Vertragsabschluss über die Doppelanlage kam. Die Argumentation der Bischöfe zu den kgl. Vorschlägen ist ihrer Replik (Nr. 148) und dem Salzburger Bericht über die Verhandlungen zur Doppelanlage (Nr. 144) zu entnehmen. In den Reichsabschied (Nr. 404, § 26) wurde ein Passus zur Vermeidung der Doppelanlage aufgenommen.

Wir Ferdinand etc. bekhennen: Als die N. und N., unser lieber vetter, fursten und lieben andechtigen, die ertz- und bischoven Saltzburg, Bamberg, Freising, Regenspurg und Passaw, durch ir räth und botschaftn uns abermals alhie angebracht, welchermassen sy und ire geistlich und weltlich underthanen in diser jetz werenden turggenhilfa von unsern niderösterreichischen erblandschaften2 der gueter halben, so sy darinn hetten, mit der topplanlag uber etlich reichsabschid und verschreibungen beswert wurden und uns deshalben umb geburlich einsehen bund wendungen underthenigclichen ersuechen lassen–b, und aber beruert unser lantschaften die verträg, so wir und sy mit uns eingangen weren, auch ander mer behelf dargegen furbracht, das wir demnach zu erhaltung und merung nachberlichen willens uns mit gedachten ertz- und bischoven, auch derselben geistlichen und weltlichen underthanen nachvolgender weiß verglichen:

Nemlich daß die bemelten ertz- und bischoven zu Saltzburg, Bamberg, Freising, Regenspurg und Passaw, auch die prelaten und thumbcapitl, so in iren landen sitzenc, mit iren guetern und einkhomben, so sy in unsern niderösterreichischen erblanden haben, sovil sy dessen aus iren aignen seckhln versteurn, aller turggenanlag, so dlang dise yetz werende beharliche turggenhilf im Reich gelaistet wirdet, in unsern niderösterreichischen erblanden frei sein und dieselb ir geburend turggnanlag ein des Reichs turggnanlag–eraichen und geben sollen–d.

fIm faall aber das sich zuetrueg, das in zeit der merern not von ermelten landen ain merer hilf uber die gemain steurn und anlagen, es sei mit ainem zuetzug, rustung oder aufbott, bewilligt und gehalten wurde, so sollen die ertz- und bischof darinnen nicht ausgeschlossen, sonder von iren guetern und gulten, in unsern landen gelegen, gleichsfaals wie andere unsere landtleut mitleiden ze tragen schuldig sein. So dann von den stenden des Reichs neben unsern niderosterreichischen landen auch ain zuetzug und rustung gehalten und gelaistet wurde, so wellen wir ermelt ertz- und bischof der anlag, so inen also von iren gulten und guetern, in unsern niderosterreichischen erblanden gelegen, in des Reichs rustung und zuetzug ze geben und ze halten, geburt, entheben–f.

Was aber sonst der funf fursten, desgleichen gedachter prelaten und thumbcapitl underthanen, so in unsern niderosterreichischen erblanden gesessen sein, betrifft, die sollen ir geburend anlag und steur der turggenhilf und anders, so auf sy und ire gueter durch unsere landschaften bewilligt und angelegt, inmassen alle und andere inwoner und underthanen, in denselben unsern niderösterreichischen erblanden gesessen, an ainiche waigerung oder ausred laisten, bezallen und verrichten3.

Auf solchs gereden und versprechen wir bei unsern kgl. waaren worten, daß die obgedachten funf ertz- und bischoven, auch die bemelten prelaten und thumbcapitl durch unsere landtschaften in unsern niderosterreichischen erblanden die beruert zeit uber bei dem, wie es die vergleichung und abred vermag, wurckhlich gelassen und dawider nit beswert werden sollen. Doch soll dise vergleichung nach ausgang yetzo werender turggenhilf bemelten stiften an iren, desgleichen auch uns und unsern lantschaften an unsern und iren rechten und gerechtigkhaiten und den verträgen in allweg an nachtail sein.

Anmerkungen

1
Siehe den mit zahlreichen marg. Änderungsvorschlägen und Ergänzungen der bischöflichen Räte versehenen Vertragsentwurf Kg. Ferdinands in: Salzburg LA, Geh. Archiv IV/7, 3 ad 48 (stark korr. Konz.) oder eine etwas andere Variante des Vertrages in: Salzburg LA, Geh. Archiv IV/7, 5 ad 48 (Reinkonz.) mit der AS: Ein furgeschlagen vergleichung der doppelanlag halben, daruff H. von Madrutsch gehandelt im 43. jar zu Nurnberg.
a
In B marg. v.a.Hd.: Die ist nit aufgericht worden.
2
Die niederösterreichischen Erblande umfassten bis 1564 (Erbteilung unter den drei Söhnen Ks. Ferdinands I.) Österreich unter der Enns, Österreich ob der Enns, Steiermark, Kärnten und Krain: siehe Nr. 99a, Anm. 1.
b
–bB om.
c
In C marg. erg.: auch der gemelt probst von Berchtesgaden.
d
–dIn C marg. korr. in: dises gegenwertig jar auf sie und ire gutter geschlagen worden ist oder noch geschlagen werden mocht, gegen der ietzt hie bewilligten reichsturkenhilf frey sein und dieselb ir geburend anlag in des Reichs hilf raichen und geben sollen.
e
–eB om.
f
–fIn A und C ist dieser Absatz marg. mit dem Vermerk „zusatz “ gekennzeichnet. Der Zusatz wurde auf Grund der während des RT gefassten Beschlüsse zur Türkenhilfe von kgl. Seite dem ursprünglihen Vertragsentwurf hinzugefügt.
3
Die Besteuerung der Salzburger Grundholden in den habsburgischen Ländern durch die jeweilige Landesregierung war Quelle dauernder Konflikte zwischen den Ebff. von Salzburg und den habsburgischen Landesherren. Da der Steuerdruck auf die Grundholden angesichts der ständig drohenden Türkengefahr immer stärker wurde, war eine gleichzeitige Besteuerung durch das Erzstift Salzburg ausgeschlossen, wodurch diesem wichtige Einnahmen entgingen. Siehe dazu H. Dopsch/H. Spatzenegger, Geschichte Salzburgs, Bd. 2/Teil 1, S. 92. Die Tendenz der Fürsten, die aus ihrem Kammergut zu entrichtenden Reichssteuern auf ihre Untertanen umzulegen, verstärkte sich im Laufe der Reichstage der Vierzigerjahre, wie der RAb 1543 zeigt (Nr. 404, § 24). Ausführlich dazu: W. Schulze, Reich und Türkengefahr, hier S. 244–251 (Die Einbeziehung der Landstände in die Reichssteuern). Die in der niederösterr. Ländergruppe der Habsburger begüterten Bischöfe konnten durch Zugeständnisse Kg. Ferdinands (RTA JR Bd. XII, Nr. 59) zwar für ihre Kammergüter die Befreiung von der Doppelanlage während der Reichstürkenhilfe erreichen, ihre Untertanen in den Erblanden blieben aber den Steuerbelastungen ausgesetzt.