Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 10. Der Reichstag zu Worms 1509 bearbeitet von Dietmar Heil
[1.] Einberufung des Wormser Reichstages, reichsständische Teilnehmer, Stellvertreter des Ks.; [2.] ksl. Antrag auf Gewährung einer Reichshilfe gegen Venedig, Ablehnung durch die Reichsstände; [3.] Reaktion Ks. Maximilians; [4.] Einlenken einzelner Reichsstände.
München, BSB, cgm 896, fol. 233’, 235–237’ (illustriertes Or. mit Randvermm., die den Inhalt kennzeichnen) = Textvorlage A. München, BSB, cgm 900b, fol. 111–112, 115–119, 120 (Abschrift 17. Jh.) = B. Wien, NB, Cod. 8614, fol. 223’–224, 225’–228 (illustrierte Abschrift, mit Randvermm., die den Inhalt kennzeichnen; auch Online-Ressource) = C.2
[1.] /233’/ Zuvor haben wir gehört3, wie der romisch kaiser auf sanct Eustachius tag [16.7.] ainen reichstag in die stat Wormbs außgeschriben [Nr. 36]. Dieweyl aber ir Mt. zu Antorf was und mit Geldern zu schaffen het, do ist diser reichstag auf den letsten Julii4 anno 1508 erstrecket worden, dahin alsdann5 vier churfursten, als der erzbischof zu Meinz, welcher ainer von Liebenstain6, a–auch der erzbischof von Cöln, welcher ain graf von Altenstain–a, der erzbischof von Trier, der ain markgraf von Baden was, und Ludwig pfalzgraf bey Rein etc., so noch ledigs stands gewesen, sampt den fursten Wirtemberg, pfalzgraf von Simmern7, hochmaister auß Preussen, herzog Georg von Sachsen8 und von den gaistlichen die bischof Wurzburg, Bamberg und der apt von Fulda, der ainer von Hennenberg gewesen, in aigner person erschinen. Aber die andern chur- und fursten und stende des Reichs haben alle ir potschaften daselben gehapt. Dohin der romisch kayser markgraf Casimieren, Adolphen grafen zu Nassau, graf Eytelfridrichen von Zolleren, Hoyern graven zu Mansfeld, auch herrn Sigmunden von Fraunberg zum Hag, herrn Degen Fuchsen, herrn Sigmunden von Rorbach, alle ritter, Erasem Toplern, doctor und bropst zu Nürmberg, doctor Conraden Stürtzel von seiner Mt. wegen gesant hat.9
[2.] Welche den chur- und fursten, auch der andern abwesenden potschaftenb in namen und von wegen des romischen kaysers fürgehalten: Nachdem die chur- und fursten sampt allen stenden des Reichs guet wissen hatten, wie die Venediger die röm. ksl. Mt. an dem romzug gehindert und seiner Mt., auch der ganzen teutschen nation zu ainer ewigen schmach und unehr, auch irer Mt. erblender Tirol, Görz und etlich flecken im Friaul, so dem Hayligen Reich eingeleybt, mit krieg angefochten und verderbet, auch derselbigen etliche und vil zu iremc gewalt gepracht und besetzet. Deshalben sich ir mayestat auß gueten, grundlichend ursachen mit der bapstlichen hayligkait und den christenlichen konigen, irer Mt. freuntlichen, lieben bruedern Frankreich, Engeland10, Hispania und Naplas wider die Venediger (welche vil länder und stet, so dem hayligen stuel zu Rom, dem furstentomb Mayland, auch dem konigreich Naplas sampt seiner Mt. etc. erblendern zugehörig, mit gewalt entwert und eingenommen) in ain bruederliche bündnus eingelassen, der hoffnung, das solches der teutschen nation zu guetem raichen, auch hiedurch deß Reichs recht in Italien, welches die Venediger vast geschmelert, widerumb in sein altes wesen gepracht werden solt. Hierauf were seiner ksl. Mt. begern, das die chur- und fursten sampt den stenden deß Hayligen Reychs zu disem kriegszug seiner ksl. Mt. zu guetem mit ainer anzal kriegsfolk zu roß und fueß oder, wo es den stenden baß gefellig sein wolt, mit ainer anzal gelt behilflich sein wolten.
Darüber ernennte stende des Reichs ain bedenken genommen und haben hernach dem romischen kaiser auf dißmal sein begern abgeschlagen. Und obwol die gesanten des kaysers die chur- und fursten ermanet, auf die zukunft des romischen kaysers lenger zu warten, haben sie doch iren beschaid in ain schrift [Nrr. 275, 279] verfasst und dieselbige ir antwort den kayserlichen räten behendigt, mit dem vermelden, das ir Mt. hierinnen allen iren willen und beschaid klar erfinden wurde. Und seind also, nachdem diser reychstag sechsundzwainzig tag geweret, aufe 30. August [!] ain yeder wider anhaims verrittenf. Was aber dieselbig antwort gewesen, auch wie der romisch kayser dieselbigen offentlich widerleget hab, soll hernach gehöretg werden. [h–Laut den Bildunterschriften Abbildungen folgender Wappen: Stadt Worms, Stadt Antwerpen, Fm. Geldern, Ebf. Jakob [!] von Mainz, Ebf. Philipp von Köln, Ebf. Jakob von Trier, Kf. Ludwig von der Pfalz, Hg. Ulrich von Württemberg, Pfgf. Alexander von Simmern11, Deutschordens-HM Friedrich von Sachsen, Hg. Georg von Sachsen, Bf. Lorenz von Würzburg, Bf. Georg von Bamberg, Abt Johann von Fulda, Mgf. Kasimir von Brandenburg, Gf. Adolf von Nassau, Gf. Eitelfriedrich von Zollern, Gf. Hoyer von Mansfeld, Sigismund von Fraunberg zum Haag, Degen Fuchs, Sigmund von Rorbach, Dr. Konrad Stürtzel, Dr. Erasmus Topler, Tirol/Görz–h]. […].
[3.] /235/ Nun wöllen wir von der abschlegige[n] antwort, welche die reichsstende den kayserischen gesanten zu Wormbs auf dem reichstag gegeben haben, ain wenig handlen: Dem loblichen kayser Maximiliano lag dise unbilliche und abschlegige antwort, welche die stende des Reichs seiner ksl. Mt. gesanten zu Wormbs gegeben hetten, mit grossem verdruß im gemüet. Und het ye nicht vermainet, das seiner Mt. solcher abschlag beschehen solt sein, sonder verhoffet, das ir Mt. etc. mit darstreckung seiner erbland chamerguet, auch seiner kayserlichen personen und andern gnedigen und ersprießlichen woltaten, welche sein Mt. dem Reich biß anher in das vierundzwainzigist jar erzaiget hett, ain bessere antwort von den stenden des Reichs verdienet haben solt. Deshalben lueß ir Mt. auf dise des Reichs antwort ain confutation oder apologi in schrift stellen und dieselben offentlichen in das Reich außgehen, welche gelaut, wie nachfolget: [/235–237/ Sinngemäße Wiedergabe von Nr. 482]. […].
[4.] /237’/ Als nun dise kayserliche confutation durch die kayserliche rate frey offentlich im Hayligen Reich außgangen, da haben sich die stend vast undi hoch darab entsetzet, sonderlich, als sie vernommen, das die kaiserliche räte die antwort der stende vil anderst, dann wie die von denselbenj gestellet und vermainetk worden, außgelegt und meniglich zu erkennen geben. Und haben etliche stend, die es guet gemainet, sich etwan haimlich, die andern, so sich aines bessern gwissen hierinnen gepraucht, offentlichen gegen dem romischen kayser entschuldiget. Darunder die von Augspurg, welche herrn Hansen Paumgartner und herrn Conraden Peuttinger, doctor, zu dem kayser schickten und von aines rats wegen erboten, der röm. ksl. Mt. mit leyb und guet behilflich zu sein.12 Die letsten aber, welche sich hierinnen under dem schein, des Reichs freyhait zu beschirmen, getrösteten, auch sich etwas scharpf wider das begern des romischen kaisers (darunder, als man sagt, pfalzgraf Ludwig und ander gewesen) gehalten, die haben angefangen, bey andern zu solicitieren auf mainung, das sie die sach nit so gar arg wider den kayser gemainet, sonder das sie nach des Reichs notturft erkannt und dieselb erhalten helfen wöllen. […].