Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 10. Der Reichstag zu Worms 1509 bearbeitet von Dietmar Heil
[1.] Zusammenfassung der ersten ksl. Reichstagsinstruktion, Betonung der grundsätzlichen Leistungsbereitschaft der Stände für Ks. und Reich; [2.] Ablehnung des Vertrags von Cambrai; [3.] Ablehnung der beantragten Reichshilfe gegen Venedig wegen Zahlungsunfähigkeit der Stände; [4.] keine Stellungnahme der Stände zu den Reichshilfeartikeln der zweiten ksl. Reichstagsinstruktion; [5.] Ablehnung eines ksl. Statthalters; [6.] Bereitschaft zu Verhandlungen über Reformmaßnahmen beim Reichskammergericht; [7.] Vorschlag für einen einheitlichen Reichsgulden und zur Bildung eines Münzausschusses; [8.] Vorschlag zur Beratung über die Supplikation Bf. Jakobs von Cambrai auf dem nächsten Reichstag; [9.] Verweigerung der vom Ks. gewünschten Mandate zur Aushändigung der Jubelablassgelder; [10.] Beratung über die Einsetzung eines dem ksl. Fiskalprokurator am Reichskammergericht zugeordneten Reichskommissars; [11.] Verweigerung von Beratungen über das Verbot von Nachlässen an der künftigen Reichshilfe.
I. (Resolution der Reichsstände): Weimar, HStA, EGA, Reg. E, Nr. 56, fol. 94–97’ (Kop., montags in heiligen pfingstfeyren [28.5.]; Überschr.: Churfursten, fursten und gemeiner stende antwurt auf ksl. Mt. furbrachten instruction, yren kayserlichen reten gegeben etc. Verm. am Rand: Der stend erst antwurt.) = Textvorlage A. Würzburg, StA, WRTA 5, fol. 162–164 (Kop., Überschr. wie A) = B. Wiesbaden, HStA, Abt. 131, IV a, Nr. 22, fol. 21–24 (dem ksl. RT-Protokoll [Nr. 259] inserierte Kop., Überschr.: Churfursten, fursten und gemeiner stende antwort auf ksl. Mt. furbrachten instruction, iren ksl. reten gegeben zu Worms, eritags, XXIX. Maii XVCVIIII. jare.) = C. Frankfurt, ISG, RTA 24, fol. 112’–116’ (dem reichsstädtischen RT-Protokoll [Nr. 260] inserierte Kop., Überschr. wie A) = D. Augsburg, StA, Rst. Nördlingen, Mü. Best. 29, unfol. (Kop.). Bamberg, StA, Hst. Bamberg, Geheime Kanzlei, Nr. 6, fol. 148’–151’ (Kop., Überschr. entsprechend A). Esslingen, StdA, F 283 RTA Worms 1509, fol. 10–13’ (Kop.). Hagenau, AM, AA 241, Nr. 3 (Kop., Überschr. entsprechend A). Karlsruhe, GLA, Abt. 50, Nr. 7, unfol. (dem mgfl. badischen RT-Protokoll [Nr. 261] inserierte Kop.). Lübeck, StdA, RTA, Vol. II, Fasz. 4, fol. 27’–33 (wie D). Marburg, StA, Best. 2, Nr. 119, unfol. (Kop., Überschr. wie A). Memmingen, StdA, A Bd. 292, unfol. (Kop., Überschr.: Antwurt von des Reichs stenden.). Mühlhausen, StdA, 10/C 1–8, Nr. 1, fol. 313–318 (wie D). Nordhausen, StdA, R, Ac 1, fol. 32–36’ (wie D). Ravensburg, StdA, RA, Bü. 9 b/1, unfol. (Kop., Überschr. wie Memminger Exemplar). Wolfenbüttel, StA, 1 Alt 1 A Fb. 1 Nr. 2, fol. 16’–19 (wie D).
II. (Zugrundeliegendes Ausschussbedenken vom 26.5.): Weimar, HStA, EGA, Reg. E, Nr. 56, fol. 110–113’, 114–115’ (Abschrift der frühesten bekannten Fassung, Überschr.: Betrachtung und bewegung des ausschuss auf ksl. Mt. furbrachte instruction.) = E. Weimar, HStA, EGA, Reg. E, Nr. 56, fol. 119–120’, 121–121’ (Abschrift von E [nur Abschnitt zur Reichshilfe; Pkt. 1-3, App. r], mit Korrekturen, Überschr. wie E) = F. Bamberg, StA, Hst. Bamberg, Geheime Kanzlei, Nr. 6, fol. 175–178 (Abschrift von F, mit Korrekturen, Überschr. ursprünglich wie E/F, korrigiert zu Überschr. wie A; Verm. über die Abschrift in der Mainzer Kanzlei: Actum am pfingstag [27.5.] Ao. etc. VIIIIo .) = G. Berlin, GStA, I. HA, Repos. 10, Nr. ♃♆, Fasz. 2N, fol. 39–42 (wie E, Datumverm.: In die pentecostes [27.5.] anno 1509.). Dresden, HStA, Geheimer Rat, Loc. 10180/23, fol. 20–22’ (wie E). Karlsruhe, GLA, Abt. 98 a, Nr. 930, unfol. (wie E). München, HStA, KÄA 3136, fol. 405–408 (wie G, ohne Datumverm.). München, HStA, K.blau 103/4b, fol. 20–22’ (wie E). Stuttgart, HStA, A 262, Bd. 4, fol. 105’–100’ (Abschrift von 1564, in falscher Reihenfolge abgelegt). Wien, HHStA, AUR [Est. Salzburg] 1509, fol. 8–12 (wie E).
Druck: Janssen, Reichscorrespondenz II, Nr. 968, S. 762–766.
[1.] /94/ Als in der furbrachten ksl. instruction [Nr. 266] undera anderm gemeldet und angezaigt ist, das ksl. Mt. ain friden mit dem konig von Frankreich beschlossen hab, darinnen der tractat zu Hagenau erneuet ausserhalb des heyrats etc., auch wie bebstliche heyligkeit ir Mt., auch die konig von Frankreich und Aragon mit irer heiligkait in ainenb verstant und eynigung gebracht und darauf sein ksl. Mt. als advocaten, vogt und protectorn der cristenlichen kirchen und beschirmerc seiner heiligkait und die konig als kristenliche stend hoch und ernstlich ersucht, seyner heiligkait wider dy unglaubigen [zu]zuziehen und am durchzug mit den Venedigern zu handeln, dasjenig, so sie vor langen und kurzen jaren der cristenlichen kirchen gewaltiglich abgedrungen haben, zu verhelfen. Demnach dan ir Mt. uf solch ird heiligkait ernstlich ersuchen zusag getan. Dweyl nu solchs kurfursten, fursten und stende des Heiligen Reichs als sein mayestat betreffe und sein ksl. Mt. solchem furnemen an ir trostlich und dapferliche hilf außzuwarten nit vermoge, so bitt und begert sein /94’/ ksl. Mt. an sie, dy notturft dis handels und furnemens e–zu bedenken und–ezu bewegen und irer Mt. mit leuten zu roß und fuß ain hilf uf das sterkest und furderlichist, auf ain jar lang gestelt, zu tun und kainer auf den andern verziehen etc.
Wiewol nu ksl. Mt., als dy stende nit zweiveln, wisse, wie sich churfursten, fursten und stende des Reichs alzeit alles des, so zu aufnemen, eren und wolfart ksl. Mt. und des Heiligen Reichs gedinet oderf fruchtpar gewest, beflissen, auch in dem allezeit ir vermogen und zu zeiteng mer, wan ynen wol moglich gewest, getreulich dargestreckt und noch, wes in irem vermogen stunde und sy zu tun schuldig, ganz willig sein, so zaigen sy doch ksl. Mt. als irem allergnst. herrn in undertenigkait und nit anders wan aus irer und des Reichs notturft an, wie hernach volgt, das sy auch also zu versten underteniglich bitten.
[2.] Es wirdet gemelt der tractat, zu Hagenau verschiner zeit aufgericht und ytzo widerumb erneuet, derge- /95/ leichen die verstentnush und eynung der obgemelten stend etc.
Wiewol nu churfursten, fursten und stende des Reichs dafur haben und halten, das ksl. Mt. in solchen tractat, aynung und verstentnus dermaß gangen, das darauß dem Heiligen Reich ytzo oder hernachi ainiger nachtail nitj erwachsen sol, dannoch, dweyl dy stende des Reichs davon kainen gruntlichen wissen tragen, so hab ir ksl. Mt. wol zu ermessen, das, wo ichts darinnen begriffen oder verleibt, das dem Heiligen Reich ytzo oder kunftiglich zu nachtail tet raichen oder langen, es were mit dem herzogtum Maylant oder anderm, dem Reich zustendig, das sy darein nit willigen oder gehelen konten. k–Sy bedunkt auch, das ksl. Mt. und dem Heyligen Reich fruchtbar und not sein solt, in solchen schweren, hoen sachen, sonderlich wo die das Heilig Reich etwas betreffen, ir hilf darzu zu tun, der churfursten, fursten und stende des Reichs rat und willen zu gebrauchen, wie dan solchs von alter und loblichl im Reich herkomen und des gelegenhait wol tue erfordern–k.
[3.] /95’/ Darauf wirdet ferner eingefurt, dy begert hilf ufs furderlichist und sterkest zu roß und fuß ain jar lang zu tun etc. m–Ob nu dy stende des Reichs dise hilf zu tun schuldig weren, dafur sy es doch aus oberzelten und andern ursachen nit halten, dannoch so stehe es diser zeit nit in irem vermogen, aus nachfolgenden ursachen–m:
Die stende des Reichs setzen in kainen zweiveln, ksl. Mt. trag gut wissens, wie irer Mt. zu allen vergangen Reichs tegen, der bey zeit irer Mt. regirungn mer dan davor in langen jaren mit grossen kosten gehalten, die unvermogligkait der stende angezaigt sey und dannoch irer Mt. nit destmynder zu vil maln hilf mitgetailt mit merklicher beschwerung. So haben sich auch zusambt den angezaigten hilfen etwovil merklich und grosse krige und ufruhr im Reich und mit den anstossern begeben, auch mißwachs, teurung und sterben, o–dadurch dy stend in iren aigen seckeln, auch ire undertanen dermassn ersogen, entplosset und erarmet, das sy also zu helfen nit mer vermoglich sein–o, wie dan das ksl. Mt./96/ des vergangen reichstags zu Costenz in sonderhait angezaigt und dabey underteniglich und getreuer meynung gebeten worden, dieselb hilf zu Costenz, aus freyem, gutem willen uber all angezeigt merklich unvermogen zugesagt, dermaß dem Reich zugut anzuwenden, das die dem Reich zugut erspriesse und die stend des Reichs ferner zu helfen vertragen bliben, wan solchs hinfur in irem vermogen nit alzeit sein wurde.2 Welche meynung dan in außbringung der hilf des romzugs den undertanen allenthalben, im besten sy zu bewegen, eroffent sey. Solt nu uber das dy fursten und stende, so solchs in iren kemern oder seckeln nit vermogen, solch beschwerung der hilf uf dy undertanen gelegt werden, zu was unrat, abfal und widerwertigkait das aller oberkait fallen und langen mocht, hab ir ksl. Mt. als hochverstendiger, vernunftiger, erfarner kayser wol zu ermessen, ungezweivelter zuversicht und vertrauens, das ksl. Mt. solch beschwerung und widerwertigkait vil mer zu verhindern oder zu furkomen wan zu furdern gneygt sein sol etc.
/96’/ Darumb, aus angezaigten und andern ursachen, bey ksl. Mt. ungezweivelt wol zu bedenken, p–so zweiveln die stende nit, ksl. Mt. werde als ir allergnst. herr selbs ermessen und erkennen, das dy begerten hilf inen nit vermoglich sey, mit underteniger bit, solch der stend antwurt irer notturft nach und kainer andern ursachen gnediglich zu verstehen–p. Das begern sy, neben irer pflicht in aller undertenigkaitq zu verdinen.r
[4.] Darnach volgent in der andern ubergeben ksl. instruction siben artikel, der hilf anhengig [Nr. 268, Pkt. 1–8]. s–Dy lassen dy stende bey obgemelter antwurt auch bestehn–s.
[5.] Und furter betreffen den stathalter, von ksl. Mt. begert, hoffen dy stende, ksl. Mt. werd sich also weyt oder lange zeit von oder aussem Reich nit tun, das ains stathalters not sein solt.
[6.] Das kamergericht betreffen.
Seyen die stende zu geburlicher underhaltung und versehung desselben, wie dan dis der abschid letzt gehalten /97/ reichstags zu Costenz zu erkennen gibt3, wol geneygt. Tragen aber der mengel und gebrechen desselben nit sonderlich wissens. Wo ynen aber die laut der instruction von ksl. Mt. reten angezaigt werden, wellen sy gern mitsambt den ksl. reten darzu ordnen und davon zu abwendung derselben notturftiglich handeln lassen.
[7.] Furter dy munz betreffen.
Achten die stendeu dem gemeinen Reich erlich und nutzlich, [sich] sonderlich im golt ains gehalts und aufschnits zu vergleichen, als nemlich den gehalt uf neunzehenthalbn grat feinsv und siben am ufschnit, also das hundert und siben uf I½ kolnisch mark gehen. Und das dy stend des stucks halbn zu den ksl. reten die, so der munz verstendig sein, ordnen, davon der notturft ordnung im Reich furzunemen.
[8.] Dan belangent suplication des bischofs von Kamerach.
Dweyl dy stendw nit ermessen mogen, was nutzs oder schadens dem Heiligen Reich aus solcher creation /97’/ wachsen moge und dan dy sachen dy stat Kamerach als ain stat des Reichs betrifft, x–achten dy stend–x, nit unzimlich sein, solch suplication der stat Karmach zuzusenden und das bede, bischof und stat, zu negstkunftigem reichstag erscheinen und von diser sach berichtung [tun], wes ksl. Mt. und dem Heiligen Reich davon ere, nutz oder schaden entstehn mog, domit dy stend der ksl. Mt. iren rat dest statlicher in solchem mittailen mogen.4
y–Ermessen dy stend, ynen–ynit fuglich, einiche mandata oder bevelhbrif laut ksl. Mt. beger ausgen zu lassen. Zweiveln aber nit, ksl. Mt. wisse sich darinz wol zu halten.
[10.] Den begerten solicitator belangen.
Bestet nach ermessung der stendaa bey der handlung, so des camergerichts und des fiscals halben furgenomen werden sol.
[11.] Der letzt artikl, nit erlassung der hilf betreffende.
Lassen dy stendab bey der antwurt, di hilf betreffen, beruhen etc.