Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XI. Band. Der Reichstag zu Regensburg 1541 bearbeitet von Albrecht P. Luttenberger, für den Druck vorbereitet von Christiane Neerfeld
A Wien HHStA, RK RTA 7, unfol. (Kop.).
B koll. Dresden HStA, 10024 GA, Loc. 08993/04, Acta Misnensia oder Acta des Reichsstandes halben [...] Sachsen [...] Meißen, fol. 57r–62r (Kop.); ÜS fol. 57r: Supplication an die reichsstende in bemelten sachen.
Wiewol uns nicht tzweifelt, euer Gn., L. und ihr traget fur sich selbs gut wissen, welchergestalt wir und unser stift Meyssen nach weylandt Hg. Georgens zu Sachsen etc., loblicher und seliger gedechtnus, todlichen abgangk von den Kff. und Ff. zu Sachsen in viel wege beschwert, idoch und dieweil sich solche beschwerden jhe lenger jhe mher hauffen und bey hochgedachten Kff. und Ff. zu Sachsen kein ufheren sein wil, werden wir aus unvermeidlicher nott getrungen, euern Gn., L. und euch solche beschwerden und unser und unsers stift anliegen noch weiter antzutzeigen und derselben hulf und forderung zu abschaffung berurther beschwerden zu bitten.
Und anfengklich, wiewol der stift Meissen, welcher von dem grossen Ks. Otto vor viel hundert jharen und nemlich im jhar, als man von der geburt Christi, unsers seligmachers, gezalt 948, fundirt und gestift, von vielen romischen kaysern und konigen mit furstlichen rechten, lehen, manschaften, eigenschaften, stetten, landen, leutten, bergkwerchen und andern furstlichen regalien und freyhaiten begnadet, wiewol auch dieselben kayser berurthen stift in ihren kayserlichen briefen ain furstenthumb und sonder glied und standt des hl. reichs und die bischofe ihre und des reichs fursten nennen, auch den bischofen ider zeit solchen stift und furstenthumb, regalien, weltlickait, sampt allen andern furstlichen rechten als des reichs lehen gnediglich verliehen und die bischofe dagegen den römischen kaysern, wie sich gebhurt, lehenspflicht gethan, inen und dem hl. reich treu und gehorsam tzu sein und vor naturliche erbhern tzu halten, tzugesagt, wiewol auch dieselben romischen kayser und konig nacheinander bis uf diese zeit den Bff. tzu Meissen solche ihre furstliche recht und freihait ernauet und confirmirt, wie dan die röm. kgl. Mt., unser allergenedigster her, uns als den itzigen regirenden bischofe uf unser underthenig ansuchen berurthen stift und furstenthumb mit allen seinen furstlichen regalien, rechten und freihaiten von wegen der röm. ksl. Mt., auch unsers allergnedigsten hern, gnediglich vorliehen und dieselben confirmirt und bestettigt, und dan auch die Bff. tzu Meissen als fursten und stende des hl. reichs durch die romischen kayser und konig oder derselben befhelhaber uf gemaine und sondere reichstage und versamlunge beruffen und beschrieben, auch tzu erhaltung des reichs regimenten, chamergerichts, hulf wider den Turcken und andern notturften fur iren gebhurenden teyl angelegt, auch ihre gebhurende anlag uf gebhurlich quittantz vor ire person erlegt und, so jhe tzu tzeitten die bischofe in solchen seumig gewesen, durch die kayserlichn fiscale tzu solcher erlegung durch sondere proceß angehalten worden, wie dan solchs alles durch die kayserliche begnadungs- und freihaits-, auch lehen- und bestettigungsbriefe, so dem stift Meissen von den romischen kaisern und konigen gegeben und dan auch die kayserlichen ausschreiben, quittungen, fiscalische proceß und andere gleichn schriften clerlich mit sich bringen, welche wir zur nodturft uflegen mogen, auch ufzulegen urbuttig sein, zudem das solches alles ane tzweifel euern Gn., L. und euch sonst kundt und offenbar ist und wol keiner ander beweysung bedarffe.
Aber solchs alles unangesehen, haben hochgedachte Kff. und Ff. zu Sachsen neulicher weyle, uns und unsern stift von solchen furstlichen rechten und freyheiten mit gewalt tzu dringen und unsern stift der ksl. Mt. und dem reich, dem er ane mittel underworfen, zu enthziehen und dem haus Sachsen underwurfig zu machen, understanden und nemlich, als hochstgedachte röm. kgl. Mt. in verschinem 39. jhar von wegen der ksl. Mt. neben andern fursten und stenden auch uns uf den tage, ghen Wormbs angesetzt, gnediglich beschrieben und wir als ein gehorsamer furst unsern befhelhaber, solchen tagk zu besuchen und von unsertwegen tzu laisten, mit genugsamen befhelh und gewalt, wie sich geburt, abgefertiget und derselbig unser befhelhaber sich von unsertwegen angezeigt und unsern gebhurenden reichsstand und session eingenommen, haben die Kff. und Ff. zu Sachsen, gedachtem unserm befhelhaber durch viel ungestumb anhalten bey der ksl. Mt., auch eurer Gn. und L. ratth, bothschaften und gesanthen, uf solchen tag versamlet, aus solcher uns als eynem standt des reichs gebhurenden session zu dringen, understanden und, als sie es mit der that nicht zuwegen bringen kunden, dagegen etliche ungewonliche, unnotturftige protestationes gethan. Aber unangesehen solch der Kff. und Ff. zu Sachsen vermaint vornhemen und protestation, haben gedachte retthe, gesanthe und bottschaften, uf denselben tagk versamlet, unsern radt und gesanthen bey solcher session bleiben und derselben nicht entsetzen lassen wollen3.
Und wiewol wir uns der pillickait nach versehen, hochgedachte Kff. und Ff. zu Sachsen solten uns daruber weither nicht beschwert haben, so hat uns doch solchs alles nicht helfen mogen, sonder haben sie die sachen noch strenger und ernstlicher furgenommen und erstlich an uns in etlichen iren schriften begert, das wir uns des furstenstands im hl. reich nicht gebrauchen, sonder aller ding enthalten und umb des willens, das wir durch unsern befhelhaber uf den tagk tzu Wormbs erschinnen und also der ksl. und kgl. Mt. gebhurliche gehorsam geleistet, mit inen vertragen und hinfuro dergleichen enthalten wolten.
Und wiewol wir sie unser und unsers stiftes gerechtigkait mit guttem grundt berichtet und, uns daran unbetrubt und bey der gehorsam und pflicht, damit wir der ksl. Mt. und dem hl. reich vorwant sein, bleiben tzu lassen und mit forderung des abtrags unser zu verschonen, vleissig gebetten, so haben sie doch sich an und mit solchen allen nicht settigen lassen, sonder, desselben alles ungeacht, noch unsern vielfaltigen, uberflussigen erbiettungen und andern zwuschen uns gepflegten handlungen zulezt auch unsern thumbcapittel zu Meissen und unsern und unsers stifts underthanen und verwanten, geistlichen und weltlichen, die stras, wege und stege an allen orthen ihrer furstenthumben und landen nidergelegt und vorbotten laut eines ihres offenen, angeschlagenen schreibens, an gemelt unser capittel und underthonen und verwanten ausgangen4. Und do sie uf uns und die unsere mit gewaltiger gewapneter handt haben ausreitten, verhalten, etliche der unsern fangen, bestricken, einmhanen und tzu beschwerlichen unkosten bringen, auch die unsern durch ihr verhalten und verwarthen ihre ecker und felder nicht gebrauchen wollen lassen, so seint wir tzu aufhebung derselben schweren bedrengknus und eigengewaltiger handlunge, die unsern bey uns und unserm stift tzu erhalten, tzulezt dahin gedrungen, das wir inen tzusagen müssen, wa hinfuro ain oder mher versamlungen der reichsstende von des hl. röm. reichs teutzscher nation beschrieben oder erfordert wurden, ob wir dan auch dartzu beschrieben und erfordert wurden, nicht tzu erscheinen noch durch die unsern ains reichstands antzumassen, sonder das wir inen solche beschreibungen und erforderungen furderlich antzeigung thun solten. Doch haben wir uns und unsern nachkomen in solchem vorbehalten, wa wir solcher sachen aller ader tzum teyl beschwerung hetten, uns solchs bey der ksl. Mt. tzu beclagen noch ferner besage derselben unser verschreibunge5. Und nochdem die ksl. Mt. uns uf diesen kegenwertigen reichstagk genediglich beschrieben, haben sie uber solchs alles tzum heftigisten bey ihrer ksl. Mt. umb abschaffung solcher unser person halben geschehen beruffung angehalten.
Dieweil dan solch der Kff. und Ff. zu Sachsen handlungen und aufgerichter vertragk nicht allein an inen selbs nichtig und unbundig, auch uns an unsern furstlichen rechten, regalien und freihaiten zum hochsten verletzlich, sonder auch dem hl. reich an seiner gerechtigkait abbruchlich und dermassen geschaffen sein, das auch das hl. reich eines glids und furstenstands und der gebhurlichen gehorsam, die ein Bf. zu Meissen einem romischen kayser und dem hl. reich schuldig, gewaltiglich spoliirt und enthsatzt werden, so haben wir vermoge der pflicht, damit wir der ksl. Mt. und dem hl. reich tzugethan sein, vor derselben irer ksl. Mt. uns solcher gewaltsame von hochgedachten churfursten und fursten tzu beclagen, nicht underlassen sollen6, wie wir dan solch unser anligen irer ksl. Mt. in schriften undertheniglich zu erkennen geben und dieselb ire Mt. umb gnedigen hulf, schutz und schirm angeruffen. So haben wir auch vermoge berurther pflicht nicht umbgehen konnen, solchs alles euern Gn., L. und euch als mithgliedern des hl. reichs antzutzaigen und umb forderung bey der ksl. Mt. und gebhurlichen beystandt und hulf antzusuchen. Und ist dem allen nach an euer Gn., L. und euch unser freunthliche bitte und guthlich gesinnen, dieselb euer Gn., L. und ihr wollen die ksl. Mt., uns und unsern stift hierin mit gnedigster hulf zu erscheinen, undertheniglich bitten, auch fur sich selbs so vil handlen, das hochgedachte Kff. und Ff. zu Sachsen uns an unser session und reichsstand uff diesen und andern konftigen reichs- und versamlungstagen ungeirret, auch uns und unsern stift bey unsern furstlichen stand, regalien, rechten und freihaiten bleiben, unser person der abgedrungen vertrag und verschreibung, welche doch anedas an ihnen selbs von rechts wegen nichtig und unbundig sein, tzu erledigen und hinfuro uns, unsere nachkummen und stift und desselben underthanen und verwanthen mit solchen und dergleichen gewaltigen thatten unbeschwert tzu lassen, damit wir als ein gehorsamer furst bey unsern gebhurenden furstenstandt, rechten und freihaitn bleiben und der ksl. Mt. und dem heyligen reichs gebhurlichen gehorsam laisten mogen.