Deutsche Reichstagsakten, Reichsversammlungen 1556 – 1662 Der Kurfürstentag zu Regensburg 1575 bearbeitet von Christiane Neerfeld

Zur Unterstützung des Mainzer Einladungsschreibens und um einen reibungslosen Ablauf der Versammlung zu ermöglichen, verfasste Kaiser Maximilian II. Anfang Juni 1575 ein „Nebenersuchen“, in dem er die Kurfürsten um ihr persönliches und pünktliches Erscheinen bat37.

Die Kurfürsten von Köln, Pfalz, Sachsen und Brandenburg folgten dieser Aufforderung und sagten zu, die Versammlung persönlich besuchen zu wollen38. Lediglich Kurfürst Jakob von Trier ließ in seiner Antwort an den Kaiser vom 8. Juli offen, ob er angesichts seiner angegriffenen Gesundheit und des bei der winterlichen Witterung beschwerlichen Wegs sowie mit Rücksicht auf die hohen Kosten und die erwarteten Durchzüge französischer Truppen die Reise zum Kurfürstentag antreten würde. Erst nachdem der Kaiser ihn Ende Juli ermahnte, er möge bei seiner früheren Zusage bleiben und sich die von ihm angeführten Schwierigkeiten „nit schwerer als sie seindt einbilden“ und auch der von Maximilian eingeschaltete Mainzer Erzkanzler der kaiserlichen Aufforderung Nachdruck verlieh, sagte auch der Kurfürst von Trier am 9. August zu, die Reise nach Regensburg anzutreten39. Den Befürchtungen Kurtriers und der anderen rheinischen Kurfürsten, die sich wegen der Truppenwerbungen für den Krieg in Frankreich sorgten und ihr Territorium nur ungern verließen, begegnete Maximilian II. mit der Entsendung kaiserlicher Kommissare, die in Frankfurt gemeinsam mit mainzischen, pfälzischen und hessischen Räten „der an- unnd durchzüg vleissig warnemmen, dem kriegsvolck under augen rucken unnd mit hilff unnd zuethun der kraisöbristen dasselbig zulaistung der gepür unnd getrentem unschedlichem durchtzug anhalten sollen“40.

Kurfürst Friedrich III. von der Pfalz, an dessen Erscheinen der kaiserliche Rat Hegenmüller und auch der Mainzer Erzkanzler Zweifel hegten41, erneuerte am 7. September seine Bereitschaft, persönlich an der geplanten Zusammenkunft teilzunehmen, fügte aber – wie bei seiner ersten Zusage vom Juni – einschränkend hinzu: falls „bemelte meine leibsungelegenheit nit böser würdt“42. Bereits einige Tage später überfiel ihn jedoch „ganz unversehenlich ein so hefftiger catarr“, dass er seine für den 16. September geplante Abreise zum Kurfürstentag absagen und seinen Sohn Pfalzgraf Ludwig als Vertreter nach Regensburg schicken musste43. Die Vermutung, dass seine Krankheit für Friedrich III. nur ein Vorwand gewesen sei, um auf der Kurfürstenversammlung nicht persönlich erscheinen zu müssen, findet in den kurpfälzischen Akten keine Bestätigung44.

Lange Zeit unsicher war auch die Teilnahme Kurfürst Johann Georgs von Brandenburg. Dieser wollte seine lebensbedrohlich erkrankte Frau Sabina nicht alleine lassen und bat Anfang September Kurfürst August von Sachsen um Rat, wie er mit der Situation umgehen solle. Dieser riet ihm davon ab, seinen Sohn als Vertreter nach Regensburg zu entsenden, und empfahl ihm, bevollmächtigte Räte nach Regensburg vorauszuschicken und dann selbst nach Möglichkeit so schnell wie möglich nachzukommen45. Johann Georg folgte dieser Empfehlung und benachrichtigte am 7. September den Kaiser, der ihn inständig darum bat, trotz der Krankheit seiner Frau nach Regensburg zu kommen46. Nachdem er seine Räte mit den entsprechenden Vollmachten und Instruktionen47 vorausgeschickt hatte, brach der Kurfürst von Brandenburg am 21. September nach Regensburg auf, wo er noch rechtzeitig vor der erneut verschobenen Eröffnung der Versammlung am Morgen des 5. Oktober eintraf.

Anmerkungen

37
Die Konzeptkopie und die Originale seines auf den 7.6. datierten Werbungsschreibens für die Kff. von Köln, Trier und Pfalz übersandte der Ks. am 4.6. an Kf. Daniel (vgl. oben Anm. 34, Beilage: HHStA Wien, MEA, WuKA 6-2, fol. 361 f. Druck: Schneidt, Geschichte, 305 f.). Ein älteres Konz., mit Verweis auf den für Mitte Juli geplanten Beginn der Versammlung und noch ohne Nennung des Tagungsortes, ist überliefert in HHStA Wien, MEA, WuKA 6-2, fol. 432 f. Konzeptkop. In einer Kopie aus der ksl. Überlieferung HHStA Wien, RK, WuKA 4, fol. 72' f. heißt es dazu in einer Anm.: „Disß ausschreiben ist nit ausgangen, weil Maintz ausgeschriben nobis non expectatis, darumb hernach in translatione loci et prorogatione temporis ein anders geferttigt worden etc.“ Druck: Schneidt, Geschichte, 155 f. – Das von Kurmainz übersandte Or. des ksl. Nebenersuchens aus Prag vom 7.6.1575 für Kurköln ist überliefert in LAV NRW R, Kurköln V, Nr. 8, fol. 66–67 (präs. Arnsberg, 13.7.1575), das Or. für Kurtrier ist nicht erhalten, das Or. für Kurpfalz wurde von Kurmainz nicht weitergeleitet, da sich die Mission Hegenmüllers in Heidelberg verzögerte und Kf. Daniel vermeiden wollte, dass Kf. Friedrich das ksl. Nebenersuchen erhielt, bevor er seine Zustimmung zur Verlegung des Kurfürstentags nach Regensburg erteilt hatte (vgl. Kf. Daniel von Mainz an Ks. Maximilian II.; Mainz, 11.8.1575: HHStA Wien, RK, WuKA 4, fol. 194'–196. Kop. Druck: Schneidt, Geschichte, 387–390). Die Kff. von Sachsen und Brandenburg wurden vom Ks. ebenfalls gebeten, die Versammlung persönlich zu besuchen; Prag, 4.6.1575: HStA Dresden, Geheimer Rat, Loc. 10675/1, fol. 225 f. (Or. an Kursachsen; präs. Annaburg, 9.6.1575); Prag, 7.6.1575: GStA PK Berlin, I. HA Geheimer Rat, Rep. 10, Nr. Kk 1 Fasz. B, fol. 228 f. (Or. an Kurbrandenburg; präs. Letzlingen, 17.6.1575).
38
Vgl. Kf. Daniel von Mainz an Ks. Maximilian (Mainz, 22.7.1575): HHStA Wien, RK, WuKA 4, fol. 190–191. Kop. Druck: Schneidt, Geschichte, 380 f. Dort als Beilagen die bei ihm eingegangenen Zusagen der Kff. von Köln (Erwitte, 6.7.1575; HHStA Wien, MEA, WuKA 6-2, fol. 373. Or.; präs. Mainz, 11.7.1575), Pfalz (Heidelberg, 18.6.1575 [als Antwort auf die Werbung Hegenmüllers]: Ebd., fol. 371. Or.; präs. Mainz, 20.6.), Sachsen (Annaburg, 6.7.1575: Ebd., fol. 380. Or.; präs. Mainz, 19.7.1575) und Kurbrandenburg (Beelitz, 10.7.1575: Ebd., fol. 382 f. Or.; präs. Mainz, 21.7.1575).
39
Die entsprechende Korrespondenz Kf. Jakobs mit Ks. Maximilian II. und Kf. Daniel von Mainz in HHStA Wien, RK, WuKA 4, fol. 184'–187, 192'–194', 196–197'. Kopp. Das Zitat aus dem ksl. Schreiben an Kf. Jakob vom 30.7.: Ebd., fol. 186'. Kop. Druck: Schneidt, Geschichte, 370–374, 383–387, 390–392. Vgl. Moritz, Wahl, 101 f.
40
Antwort Ks. Maximilians II. auf die Zusage des Kf. von Trier (Prag, 18.8.1575): LHA Koblenz, Bestand 1C, Nr. 16330, pag. 95–98, hier 97. Or. Druck: Schneidt, Geschichte, 385–387. Vgl. auch Ks. Maximilian II. an Kf. August von Sachsen (Prag, 18.8.1575): HStA Dresden, Geheimer Rat, Loc. 10675/1, fol. 290–291. Or.; präs. Mühlberg, 23.8.1575. – Der Abschied des ksl. Kommissars und der kfl. und f. Räte (Frankfurt, 3.10.1575): HStA München, K. blau 100/1, 41–45'. Kop. Vgl. Kopien ihrer Schreiben vom 2.10. an die Befehlshaber Hg. Heinrich von Guise und Wolff Heinrich von Affenstein an den oberrheinischen Kreisobristen Gf. Ernst von Solms sowie an kursächsische und kurbrandenburgische Räte ebd., fol. 33–40'.
41
Vgl. die Berichte Hegenmüllers an Ks. Maximilian II. vom 24.5. (HHStA Wien, RK, WuKA 4, fol. 148–151, hier 150–151. Kop.) und 7.6.1575 (ebd., fol. 165' f., hier 166. Kop.).
42
Kf. Friedrich III. von der Pfalz an Ks. Maximilian II. (Heidelberg, 7.9.1575): HHStA Wien, RK, WuKA 4, fol. 201 f., hier 201. Kop.
43
Kf. Friedrich III. von der Pfalz an Pfgf. Ludwig (Heidelberg, 14.9.1575): HStA München, K. blau 110/6, fol. 322 f. Konz. Am selben Tag informierte er darüber auch Kf. Daniel (ebd., fol. 320. Konz.). Vgl. auch seine Schreiben an Lgf. Wilhelm IV. von Hessen-Kassel (Heidelberg, 20.9.1575: Kluckhohn, Briefe II, Nr. 835 S. 853–855, hier 852) und an seinen Sohn Pfgf. Ludwig (Heidelberg, 27.9.1575: HStA München, K. blau 100/1, fol. 12–13'. Kop. Druck: Kluckhohn, Briefe II, Nr. 838 S. 873–875).
44
Moritz, Wahl, 118 f. Vgl. auch unten Kap. 3.3.
45
Kf. Johann Georg von Brandenburg an Kf. August von Sachsen (o. O., 2.9.1575): HStA Dresden, Geheimer Rat, Loc. 10674/10. Eigenhd. Or., unfol. Die Antwort Kf. Augusts (Mühlberg, 4.9.1575): GStA PK Berlin, I. HA Geheimer Rat, Rep. 10, Nr. Kk 1 Fasz. B, fol. 310 f. Eigenhd. Or. Vgl. Moritz, Wahl, 102 f. – Sabina von Brandenburg-Ansbach war die Stieftochter von Aemilia, einer Schwester Kf. Augusts von Sachsen (Europäische Stammtafeln, N. F. I.1, Tafeln 130, 139, 167).
46
Kf. Johann Georg von Brandenburg an Ks. Maximilian II. (7.9.1575): GStA PK Berlin, I. HA Geheimer Rat, Rep. 10, Nr. Kk 2 Fasz. A, fol. 77–78. Kop. Druck: Schneidt, Geschichte, 415–417. – Ks. Maximilian II. an Kf. Johann Georg von Brandenburg (Prag, 15.9.1575): GStA PK Berlin, I. HA Geheimer Rat, Rep. 10, Nr. Kk 1 Fasz. B, fol. 333–334. Or.; präs. Berlin, 20.9.1575. Teildruck: Schneidt, Geschichte, 414; (Prag, 18.9.1575): Ebd., fol. 335 f. Or.; präs. Kemnath, 30.9.1575. Druck: Schneidt, Geschichte, 418 f.
47
Kredenzbrief für die brandenburgischen Gesandten (Cölln an der Spree, 10.9.1575): GStA PK Berlin, I. HA Geheimer Rat, Rep. 10, Nr. Kk 2 Fasz. A, fol. 78'. Kop. Druck: Schneidt, Geschichte, 364 f. – Vollmacht für die brandenburgischen Gesandten (Cölln an der Spree, 10.9.1575): HHStA Wien, MEA, WuKA 6-2, fol. 436. Or.; der Mainzer Kanzlei präs. Regensburg, 3.10.1575. – In der schließlich nicht benötigten Instruktion (Cölln an der Spree, 10.9.1575: GStA PK Berlin, I. HA Geheimer Rat, Rep. 10, Nr. Kk 2 Fasz. A, fol. 79 f. Kop.) gibt Kf. Johann Georg seinen Gesandten keine konkreten Anweisungen, wie sie sich bei den Verhandlungen zur Wahl verhalten sollen, sondern weist sie an, „dieweill wir ihnen ein buch, darinne gleichmessige hiebevor furgelauffene Reichs tractaten beschrieben, anstadt der instruction zustellen lassen, so werdenn sie sich, was auf furstossenden furlauf in sachen zuthun, auß demselbigen allendhalben weittere notturfftige nachrichtunge zunehmen [...] wissen.“