Deutsche Reichstagsakten, Reichsversammlungen 1556 – 1662 Der Kurfürstentag zu Regensburg 1575 bearbeitet von Christiane Neerfeld

Truppenwerbungen im Reich; diplomatische Unterstützung für die französischen Protestanten. An die Kff.

Supplikation an die Kff. (präs. Regensburg, 2.11.1575; den kfl. Räten und ksl. Kommissaren von den Gesandten des Prinzen von Condé mündlich vorgetragen und schriftlich übergeben1), unterzeichnet von La Galaizière und François de Bouchard2, Gesandte des Prinzen von Condé3: Vor drei Jahren ist im Namen des französischen Kg. in Paris ein Massaker an den französischen Protestanten verübt worden, bei dem zahlreiche berühmte Anführer und viele unschuldige Menschen getötet wurden4. Die Protestanten werden seither vom französischen Kg. unterdrückt. Der Prinz von Condé und der Hg. von Alençon5, suchen daher Unterstützung bei der Wiederherstellung des Friedens in Frankreich. Bitte um die Genehmigung für Truppenwerbungen im Reich und um diplomatische Unterstützung des Ks. für die Friedensbemühungen der französischen Protestanten.

Beschluss im KR (Sitzung der kfl. Räte) am 3.11.15756; Übergabe einer schriftlichen Antwort an die Gesandten La Galaizière und Bouchard im Namen der Kff.7 : Bedauern über die Situation der Protestanten in Frankreich. Positive Antwort auf ihre Bitten nicht möglich, da vom französischen Kg. keine entsprechenden Gesuche vorliegen. Rat an die protestantischen Führer, einen Friedensschluss anzustreben.

Anmerkungen

1
Vgl. Kurpfalz, fol. 93' (Nr. 21); Sayn-Wittgenstein, nach Schneidt, Geschichte, 535 f. Referiert bei Häberlin, Reichs-Geschichte IX, 413 f.
2
François d'Amours, sieur de La Galaizière, Agent der französischen Protestanten auf dem RT in Speyer 1570 (DBF , II, Sp. 707; Nicollier-de Weck, Languet, 352, Anm. 42), und François Bouchard; zu ihrer Mission vgl. La Huguerye, Mémoires I, XLI (Archivnachweis ihrer Instruktion vom 17.10.1575), 361 mit Anm. 4, 362 mit Anm. 1; Bezold, Briefe I, Einleitung, 165, 166 mit Anm. 1.
3
HStA München, K. blau 110/1, fol. 454–455. Undatierte lat.Kop.
4
Bezug auf das als „Bartholomäusnacht“ oder „Pariser Bluthochzeit“ bekannte Blutbad an französischen Protestanten in der Nacht vom 23. auf den 24. August 1572, bei dem Gaspard de Coligny und weitere protestantische Führer ermordet wurden. Anlässlich der Hochzeit des protestantischen Kg. Heinrich III. von Navarra (1553–1610, ab 1589 Kg. Heinrich IV. von Frankreich; Hinrichs, Heinrich IV.) mit Margarete von Valois, der Schwester des damaligen französischen Kg. Karl IX., die den Frieden von Saint-Germain von 1570 festigen und die Aussöhnung der Hugenotten mit den französischen Katholiken befördern sollte, hatten sich zahlreiche Protestanten in Paris versammelt. Den Massakern in Paris und anderen Städten fielen in der „Bartholomäusnacht“ und in den Wochen und Monaten danach mehrere Tausend französische Protestanten zum Opfer (Jouanna/Boucher/Biloghi/Le Thiec, Histoire, 194–204).
5
Prinz Henri I. von Bourbon-Condé (1552–1588), Feldherr und Anführer der Protestanten in den französischen Religionskriegen, und Hg. Franz(-Herkules) von Alençon (François-Hercule de Valois; 1554–1584), jüngerer Bruder des 1574 verstorbenen französischen Kg. Karl IX. und des amtierenden Kg. Heinrich III. Der Hg. von Alençon war im September 1575 aus dem Louvre geflohen und neben dem Prinzen von Condé und Heinrich III. von Navarra einer der Anführer der konfessionsübergreifenden Adelspartei der malcontents, deren Revolte gegen die Krone den fünften Hugenottenkrieg auslöste (Jouanna/Boucher/Biloghi/Le Thiec, Histoire, 228–241, 815 f., 932–934, 1068 f.).
6
Vgl. Kurpfalz, fol. 96 f. (Nr. 22); Sayn-Wittgenstein, nach Schneidt, Geschichte, 539. Referiert bei Häberlin, Reichs-Geschichte IX, 418.
7
HStA München, K. blau 110/1, fol. 456 f. LHA Koblenz, Bestand 1C, Nr. 16330, pag. 199 f. Lat. Kopp., datiert Regensburg, 3.11.1575.