Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 11. Die Reichstage zu Augsburg 1510 und Trier/Köln 1512 bearbeitet von Reinhard Seyboth
Der vorliegende Band 11 der Deutschen Reichstagsakten, Mittlere Reihe ist mit seinen über 2800 Druckseiten der bislang umfangreichste dieser Abteilung. Sein vergleichsweise großer Umfang erklärt sich dadurch, daß er die schriftliche Hinterlassenschaft von gleich zwei Reichsversammlungen enthält, nämlich der zu Augsburg 1510 und der zu Trier/Köln 1512. Seine Konzeption folgt derjenigen anderer Bände der Maximilian-Reihe, in denen aufgrund übergreifender Inhalte und längerfristiger Problemstellungen jeweils mehrere Versammlungen in einer Publikation behandelt worden sind bzw. werden.1 Auch zwischen den Reichstagen von 1510 und 1512 gab es eine ganze Reihe wichtiger thematischer Kontinuitäten. Auf außenpolitischem Gebiet war dies vor allem der von Kaiser Maximilian seit 1508 mit großer Erbitterung geführte Krieg mit der Republik Venedig, im Reichsinneren zogen sich die Konflikte zwischen dem Mainzer Erzbischof Uriel von Gemmingen und Kurfürst Friedrich von Sachsen um Erfurt, den sächsischen Herzögen und Herzog Johann III. von Kleve um das territoriale Erbe des verstorbenen Herzogs Wilhelm von Jülich-Berg, den beiden hessischen Landgräfinnen Anna von Mecklenburg und Anna von Braunschweig einerseits und dem hessischen Regiment andererseits sowie dem Wormser Bischof Reinhard von Rüppurr und der Reichsstadt Worms jahrelang hin. Den teilweise sehr wechselhaften Verlauf all dieser Vorgänge und Probleme, die in der Quellenüberlieferung teilweise sehr breiten Niederschlag fanden, galt es zu verfolgen und editorisch angemessen zu berücksichtigen.
Zur Verdeutlichung der genannten inhaltlichen Kontinuitäten erschien es auch sinnvoll, ja letztlich notwendig, den zwischen den beiden wichtigen Reichstagen zu Augsburg und Trier/Köln liegenden Zeitabschnitt von Juni 1510 bis März 1512 nicht einfach zu überspringen, handelte es sich doch dabei keineswegs um eine völlig reichstagsfreie und deshalb für die vorliegende Publikation irrelevante Zwischenperiode. Der in der ersten Oktoberhälfte 1510 in Überlingen und Konstanz durchgeführte kaiserliche Tag wird deshalb ebenso dokumentiert wie der für den 2. Februar 1511 in Augsburg geplante, dann aus verschiedenen Gründen zunächst nach Straßburg, anschließend nach Freiburg im Breisgau verlegte und am Ende doch nicht zustande gekommene Reichstag und die vom Kaiser für den 16. Oktober 1511 wiederum nach Augsburg ausgeschriebene, aber erneut nicht durchgeführte Versammlung, sind doch auch diese gescheiterten Projekte für die keineswegs geradlinige Entwicklungsgeschichte des Reichstags von großem Interesse. Sie belegen den auch im letzten Regierungsjahrzehnt Kaiser Maximilians I. noch immer unfertigen Charakter dieser zentralen Verfassungsinstitution und lassen erkennen, in welch hohem Maße sie nach wie vor dem prägenden Einfluß und dem Zugriff dieses eigenwilligen Monarchen unterworfen war.
Während der Augsburger Reichstag 1510 insofern den ganz „normalen“ Reichsversammlungen der Regierungszeit Maximilians I. zuzurechnen ist, als seine Verhandlungen ohne Unterbrechung an einem einzigen Ort stattfanden, wurde der Reichstag von 1512 nach knapp elfwöchigen Beratungen in Trier auf Betreiben des Kaisers nach Köln verlegt und dort rasch fortgesetzt, was auch die kontinuierlich weitergeführte Überlieferung der einschlägigen Akten in zahlreichen Archiven widerspiegelt. Daher bleibt der genannte Ortswechsel in der Gliederung des Quellenmaterials unberücksichtigt.
Die Reihenfolge der einzelnen Kapitel im Band ist für die beiden Reichstage 1510 und 1512 zum großen Teil identisch. Dabei verdeutlichen die jeweils am Anfang stehenden Abschnitte zu den „Außenpolitischen Rahmenbedingungen“ (I.1., IV.1.), wie sehr die Einberufung, der Verlauf und teilweise auch die Verhandlungsthemen beider Versammlungen von den weite Teile Europas umspannenden, ehrgeizigen Plänen Kaiser Maximilians bestimmt waren. In deren Mittelpunkt stand zwar lange Zeit seine kriegerische Auseinandersetzung mit Venedig, doch war dies keineswegs ein rein bilateraler Konflikt, vielmehr spielten darin auch andere europäische Mächte wie der Papst, Frankreich, England, Aragón, Böhmen-Ungarn, Mailand, Mantua und die Eidgenossenschaft eine wichtige Rolle. Obwohl es zu den grundlegenden Wesenszügen des Kaisers zählte, seine umtriebigen Absichten und Pläne vor Außenstehenden und gerade auch auf Reichsversammlungen nicht völlig offenzulegen, so stellten sie auf jeden Fall sowohl für den Reichstag 1510 als auch für die Zusammenkunft zwei Jahre später das entscheidende Motiv dar und gaben den dortigen Beratungen in hohem Maße Inhalt und Richtung vor. Diese Bedeutung der auswärtigen Politik Maximilians für das Verständnis der beiden Reichstage aufzuzeigen, ist Zweck der in Auswahl dargebotenen Quellenstücke zu den außenpolitischen Rahmenbedingungen.
Gegenstand der Abschnitte „Ladungen und Vorbereitungen“ (I.2., IV.2.) ist die im Fall von Trier/Köln 1512 mehrwöchige, im Fall von Augsburg 1510 sogar mehrmonatige Zeitspanne zwischen der Versendung des kaiserlichen Ladungsschreibens und dem Beginn der Beratungen. Dabei werden die Aktivitäten, Überlegungen und Absprachen von Kaiser und Reichsständen im Vorfeld des Reichstags sowie deren organisatorische Planungen für die Reise zum Tagungsort dokumentiert. Bisweilen treten auch die Gründe zutage, warum so mancher Geladener nicht persönlich auf dem Reichstag erschien, seine Ankunft bewußt hinauszögerte oder überhaupt nicht teilnahm.
Das Kernthema sowohl des Augsburger Reichstags als auch desjenigen in Trier und Köln bildeten die „Verhandlungen über Reichshilfe und Verfassungsfragen“ (I.3., IV.3.). Wie schon auf etlichen früheren Reichsversammlungen, so verlangte Kaiser Maximilian von den Ständen auch diesmal Unterstützung für seine Kriege gegen Venedig bzw. den Herzog von Geldern. Im Gegenzug wünschten die Stände größeres Engagement bei der Beilegung interterritorialer Konflikte, Maßnahmen für einen verbesserten reichsinternen Friedensschutz sowie Beseitigung von Mängeln beim Reichskammergericht. Die teilweise kontroversen Verhandlungen über diese beiden so unterschiedlichen Themenfelder zogen sich auf beiden Reichstagen vom ersten bis fast zum letzten Tag hin. Für Augsburg 1510 sind sie durch in der Regel chronologisch geordnete Zusammenstellungen kopial überlieferter Verhandlungsakten aus einer ganzen Reihe von Staats- und Stadtarchiven gut dokumentiert. Sie tragen oftmals die zeitgenössische Bezeichnung „Reichshandlung“ und ermöglichen es aufgrund der relativ dichten Abfolge der Einzelstücke, den Beratungsgang in seinen wesentlichen Zügen zu rekonstruieren. Besondere Bedeutung kommt dabei dem Exemplar aus dem Generallandesarchiv Karlsruhe (Nr. 94) zu, das als einziges auch über die ersten Verhandlungstage Anfang März 1510 Auskunft gibt. Andere Überlieferungen weisen hingegen unterschiedlich große Lücken auf, da manche Reichstagsteilnehmer erst verspätet eintrafen, früher abreisten, nicht an allen Beratungen teilnahmen oder von manchen Akten keine Abschriften erhielten. Auch zu den Kernverhandlungen des Reichstags 1512 liegen so viele Texte vor (Nr. 981-1011), daß sich ihr Verlauf von der Verlesung der Proposition am 16. April in Trier bis zum Kölner Reichsabschied vom 26. August (Nr. 1592) in seinen wesentlichen Schritten gut nachvollziehen läßt. Mit im Zentrum standen dabei die Vorbereitungen zu einer neuen Ordnung für das Reich, für die die Reichsstände in mehreren Textstufen einen Entwurf erarbeiteten (Nr. 989/I-III), aus dem nach langer, kontroverser Diskussion mit dem Kaiser schließlich die endgültige Reichsordnung vom 26. August mit wichtigen Regelungen zu aktuellen Problemen und Erfordernissen im Reich hervorging (Nr. 1011).
Ein weiteres wichtiges Thema auf beiden Reichstagen waren die Schiedsverhandlungen zu zahlreichen Zwistigkeiten zwischen Reichsgliedern bzw. – wie im Fall der Auseinandersetzung der beiden Deutschordenshochmeister Friedrich von Sachsen und Albrecht von Brandenburg mit König Sigismund von Polen – mit einer außerdeutschen Macht (I.4., IV.5.). Die Streitfälle deckten ein inhaltlich breites Themenspektrum ab, das von der massiven, hart am Rande eines Krieges verlaufenden Auseinandersetzung zwischen zwei Kurfürsten bis hin zur Uneinigkeit innerhalb einer niederadeligen Familie reichte. Zu ihrer Beilegung lud der Kaiser die beteiligten Parteien auf den Reichstag, um – gegebenenfalls zusammen mit den Reichsständen – eine gütliche Einigung zu versuchen oder eine rechtliche Entscheidung herbeizuführen. Bisweilen wurde er seinerseits von ihnen um eine Problemlösung gebeten. Zur leichteren und zügigeren Abwicklung besonders komplexer und schwieriger Verfahren wurde zumeist ein eigener Ausschuß gebildet. Die entsprechenden Vermittlungsgespräche fanden neben bzw. parallel zu den Kernverhandlungen über allgemeine Reichsangelegenheiten statt und erweiterten so das Arbeitspensum des Reichstags gleichsam um eine zusätzliche Dimension, deren Umfang und Zeitaufwand nicht von vornherein absehbar war. Diese befriedende bzw. friedenstiftende Wirksamkeit wurde im Laufe der Regierungszeit Maximilians I. für den Reichstag zu einer immer wichtigeren und wertvolleren Aufgabe, trug sie doch maßgeblich zum leidlich harmonischen Miteinander der Reichsglieder und damit letztlich zur inneren Stabilität des Reichsganzen bei. Natürlich hatte der Kaiser auch ein eigenes, ganz persönliches Interesse an der Beendigung interterritorialer Konflikte, weil sie die Aufmerksamkeit und die Ressourcen der darin verwickelten Stände stark beanspruchten und ihre Bereitschaft zur tatkräftigen Unterstützung seiner Belange, insbesondere der Kriegspläne, in erheblichem Umfang beeinträchtigten.
Eine spezielle Form interständischer Streitigkeiten waren die auch auf den Reichstagen von 1510 und 1512 wieder auftretenden Sessionskonflikte (I.5., IV.6.). Diesmal beteiligten sich aber nicht nur Reichsfürsten und deren Abgesandte an diesem Wettstreit um Rang und Ansehen, sondern bemerkenswerterweise auch Vertreter mehrerer großer Reichsstädte.
Auch im vorliegenden Band werden wieder sämtliche von Kaiser Maximilian im Zuge der Reichstage vorgenommenen oder zumindest erwogenen Reichsbelehnungen, Privilegierungen, Begnadungen und Konfirmationen berücksichtigt (I.9., IV.9.). Obwohl nur einige von ihnen im Zuge der Beratungen eine Rolle spielten, wie etwa die heikle (und dann letztlich doch nicht zustande gekommene) Belehnung Kurfürst Ludwigs von der Pfalz (I.9.2.), so ist die stattliche Zahl entsprechender Vorgänge doch ein erneutes Indiz dafür, daß für etliche Besucher einer Reichsversammlung weniger die Teilnahme an den dortigen gemeinsamen Beratungen, sondern vielmehr die Möglichkeit zur persönlichen Kontaktaufnahme mit dem Reichsoberhaupt sowie die von ihm erhofften individuellen Vorteile und Vergünstigungen das entscheidende Movens für ihre Reise zum Tagungsort waren.
Die relativ große Anzahl an Supplikationen, die in Augsburg, Trier und Köln an den Kaiser, die Reichsstände oder an beide Instanzen zugleich herangetragen wurde (I.10., IV.10.), beweist, daß diese Textgattung bereits kurz nach Beginn des 16. Jahrhunderts einen festen Platz im Handlungsprogramm von Reichstagen erlangt hatte. Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang, daß nunmehr bereits für die Versammlung von 1510 die Existenz eines speziellen, für die Prüfung der Eingaben zuständigen Supplikationsausschusses nachgewiesen werden kann (Nr. 537 Anm. 2). Für seine konkrete Arbeitsweise gibt es allerdings noch keine Belege.
Des weiteren läßt der vorliegende Band erkennen, welch große Herausforderung die aktuellen Probleme im Zusammenhang mit dem Reichskammergericht für beide behandelten Reichstage darstellten (I.7., IV.11.1.). Bereits 1510 in Augsburg war anhand verschiedener Beschwerden ein großer Reformbedarf beim obersten Reichsgericht deutlich geworden, doch hatte man ihm nicht wirklich Rechnung getragen. Bis 1512 häuften sich die Klagen und kritischen Stimmen derart, daß nach einer eingehenden Überprüfung der Zustände durch den Trierer Reichstag schließlich in Köln einschneidende personelle Veränderungen und andere Reformmaßnahmen beim Gericht beschlossen und schriftlich fixiert wurden (Nr. 1561). Eine gewisse Ergänzung dazu stellt die erst nach Ende der Kölner Verhandlungen publizierte Reichsnotarordnung dar, die ebenfalls der Einsicht in notwendige Verbesserungen auf dem Gebiet der Rechtspflege entsprang (IV.11.2.).
Die unter dem Titel „Nebenhandlungen“ edierten Stücke haben zwar durchwegs eindeutigen Bezug zum Reichstag, ihr jeweiliger Inhalt ist jedoch von so singulärem Charakter, daß sie sich keinem der anderen Themenabschnitte sinnvoll zuordnen ließen und deshalb in zwei separaten, kurzen Abschnitten zusammengefaßt wurden (I.12., IV.12.).
Neben den bislang genannten Themenkomplexen, die sowohl in Augsburg als auch in Trier/Köln das Verhandlungsgeschehen prägten, gab es im Kontext der beiden Reichstage noch einige zusätzliche berücksichtigungswerte Materien. 1510 ging es dabei überwiegend um finanzielle Belange des Kaisers, wie etwa bei seinen Verhandlungen mit Vertretern der Landstände der niederösterreichischen Erbländer über eine Hilfe für den Konflikt mit Venedig (I.8.), bei der Einsammlung der von den Reichsständen verlangten Kriegsanleihe (I.13.) sowie bei einigen anderen kaiserlichen Geldgeschäften (I.14.). 1512 entwickelte die Frage, wie das Reich auf den während des Trierer Reichstags verübten Überfall Götz von Berlichingens und anderer Adeliger auf einen Kaufmannszug nahe Forchheim rasch und angemessen reagieren sollte, enorme Dynamik. Dabei stellte sich insbesondere auch das Problem, ob die seit Erlaß des Wormser Landfriedens von 1495 geltenden Bestimmungen zum reichsweiten Friedensschutz ausreichten, um einen derart massiven und diffizilen Friedbruchfall adäquat zu ahnden (IV.4.). Sowohl die für 1512 anstehende Verlängerung des Schwäbischen Bundes als auch die zeitgleich betriebene Wiederbegründung der Niederen Vereinigung waren zwar keine auf dem Reichstag diskutierten, für Maximilians Bündnispolitik aber dennoch höchst relevante Themen, die es deshalb auch im Kontext der Reichstagsakten zu berücksichtigen galt (IV.7.1., IV.7.2.). Noch wichtiger war dem Kaiser allerdings die Erlangung einer ständischen Kriegshilfe gegen seinen langjährigen Gegenspieler Herzog Karl von Geldern, gegen den er im Herbst 1512 einen Feldzug plante. Die darüber mit den Reichsständen geführten Verhandlungen sowie die organisatorische Vorbereitungen des Krieges standen auf dem Kölner Reichstag mit im Zentrum des kaiserlichen Interesses (IV.13.).
Unserem differenzierten Wissen über das komplexe Geschehen auf den Reichsversammlungen der Jahre 1510-1512 kommt die enorme Anzahl der vorhandenen Instruktionen und Weisungen für die fürstlichen und reichsstädtischen Gesandten sowie der von ihnen verfaßten Berichte überaus zugute (I.15., IV.15.). Für Augsburg 1510 sind es nicht weniger als 153, für Trier/Köln sogar 206. Insgesamt enthalten sie eine Fülle von Details zu den Interessen und Zielen der an den Verhandlungen beteiligten Personen und Gruppierungen, sie liefern viele über die Aussagen der Verhandlungsakten hinausgehende Informationen zum Gang der Beratungen und zum Zustandekommen von Beschlüssen, gewähren zudem authentische Einblicke in die private Lebenswelt der handelnden Personen. Unter den Verfassern von Berichten sind diejenigen besonders interessant, die regelmäßig und über einen längeren Zeitraum hinweg entsprechende Aufzeichnungen anfertigten, das Reichstagsgeschehen also gewissermaßen aus einem gleichbleibenden Blickwinkel verfolgten, wie beispielsweise der kursächsische Vertreter Wolf von Weißenbach und die Gesandten Frankfurts, Nürnbergs und Regensburgs in Augsburg sowie die sächsischen, Würzburger, Frankfurter, Nürnberger, Straßburger und Wormser Delegierten in Trier und Köln.
In diesem Zusammenhang ist auch auf zwei für den Reichstag 1512 bedeutsame Korrespondenzreihen zu verweisen. Die erste enthält den Briefwechsel der drei Herzöge Friedrich, Johann und Georg von Sachsen, die mit dem Erfurter Streitfall, dem Erbstreit um Jülich-Berg und dem Konflikt zwischen Landgraf Wilhelm d. Ä. von Hessen und dem dortigen Regiment in gleich drei zentrale Verhandlungsmaterien des Reichstags involviert waren, über die sie sich untereinander fortwährend schriftlich austauschten (IV.17.1.). Diese Schreiben stellen eine wichtige inhaltliche Ergänzung zum Schriftwechsel mit ihren in Trier und Köln anwesenden Gesandten dar (IV.15.1.) und sind deshalb für das Verständnis der dortigen Abläufe und Entscheidungen unverzichtbar. Ähnliches gilt für die Korrespondenz Zyprians von Serntein mit anderen führenden kaiserlichen Räten (IV.17.2.). Der kaiserliche Hofkanzler führte nach der Abreise Maximilians aus Trier am 17. Mai zusammen mit dessen Hofmeister Graf Eitelfriedrich von Zollern die Verhandlungen mit den Ständen weiter und erhielt bis zur Fortsetzung des Reichstags in Köln ab Mitte Juli auch den schriftlichen Kontakt mit dem in den Niederlanden weilenden Reichsoberhaupt aufrecht. Die Briefe belegen Sernteins politischen Weitblick und seinen Realitätssinn, der oft größer erscheint als derjenige seines Herrn, werfen manches Schlaglicht auf die komplizierte Persönlichkeit Maximilians und gewähren interessante Einblicke in die Binnenstruktur des kaiserlichen Hofes.
Organisatorische, zeremonielle und finanzielle Aspekte der Reichstage finden in der Edition ebenfalls Berücksichtigung. Während zu den Bemühungen in den gastgebenden Städten Augsburg und Trier um die Vorbereitung und reibungslose Durchführung eines so aufwendigen Großereignisses einige aussagekräftige Quellen überliefert sind (Nr. 593, 594, 1847), gibt es hierzu für die Kölner Zusammenkunft allerdings so gut wie keine Hinweise. Besonders aufschlußreich, ja, für die Reichstage der Maximilianszeit geradezu einzigartig ist eine von der Augsburger Stadtführung erstellte Liste sämtlicher Personen, die 1510 und damit auch während des Reichstags die schwäbische Metropole besuchten (Nr. 596). Sie nennt neben vielen anwesenden Fürsten auch deren mitgereiste Räte und sonstige Begleiter, zahlreiche rangniedrigere Versammlungsteilnehmer und etliche Gesandtschaften, außerdem das jeweilige Ankunftsdatum der Gäste, ihre Herberge in der Stadt sowie die Mengen an Wein und Fischen, die ihnen vom Augsburger Rat als Gastgeschenk überreicht wurden. Unter den entsprechenden Quellen zum Reichstag 1512 ist die Aufzeichnung des Kurtrierer Sekretärs Peter Maier hervorzuheben, die in tagebuchähnlicher Form den chronologischen Ablauf der Tagung widerspiegelt und insbesondere viele Details zu Fragen des Zeremoniells, der Repräsentation und der Freizeitgestaltung der Teilnehmer enthält (Nr. 1832). Die Kosten, die die Organisation bzw. der Besuch eines Reichstags verursachte, sind exemplarisch aus Ausgabenverzeichnissen der zwei gastgebenden Städte Augsburg und Trier sowie mehrerer Tagungsteilnehmer ersichtlich (I.18.2., IV.18.3.). Sehr hilfreich ist es darüber hinaus, daß für beide Reichsversammlungen ausführliche, wenn auch nicht ganz vollständige Teilnehmerverzeichnisse in Form zeitgenössischer Drucke überliefert sind (I.18.1., IV.18.2.).
Die Quellendarbietung zu beiden Reichstagen endet jeweils mit den „Nachakten“ (I.19., IV.19.). Aus ihnen geht hervor, inwieweit und in welcher Form die zuvor gefaßten Beschlüsse vollzogen wurden bzw. worin die Ursachen für eine unvollständige oder gar gescheiterte Umsetzung bestanden. Für 1512 ist der Umfang der Nachakten allerdings bewußt auf die Zeit bis zum Jahresende 1512 beschränkt, da auf dem Kölner Reichstag bereits wieder eine neue Zusammenkunft in Worms ab dem 6. Januar 1513 vereinbart worden war. Durch diese klare zeitliche Begrenzung der Quellenwiedergabe ließen sich mögliche Probleme bei der Konzipierung des nachfolgenden Reichstagsaktenbandes2 von vornherein vermeiden. Inhaltlich geht es bei den Nachakten vor allem um die Einhebung verschiedener vom Reichstag beschlossener Hilfen für den Krieg gegen Venedig bzw. den Herzog von Geldern. Weitere Themen waren 1510 der von der Augsburger Reichsversammlung anberaumte Tag zur Visitation des Reichskammergerichts am 24. Juni, 1512 die Organisation der von den Ständen bewilligten berittenen Friedensschutztruppe für den Bischof von Bamberg sowie der im Dezember desselben Jahres durchgeführte Schweinfurter Rittertag, auf dem der fränkische Adel über seine Haltung zu den Kölner Beschlüssen diskutierte.
Die beiden Kapitel über den kaiserlichen Tag in Überlingen und Konstanz im Oktober 1510 sowie die drei Tagungsprojekte des Jahres 1511 sind, soweit möglich, analog zu denjenigen über die Reichstage 1510 und 1512 gegliedert. So gibt es auch für diese Zusammenkünfte Akten zu den Ladungen und Vorbereitungen (II.1., III.3.1.), Instruktionen, Weisungen und Berichte (II.3., III.3.2.) sowie Korrespondenzen kaiserlicher Räte (III.3.3.), außerdem für die Versammlung am Bodensee Verhandlungsakten (II.2.) und ein Teilnehmerverzeichnis (II.4.). Die ausgewählten Materialien zu den für Februar bzw. April 1511 projektierten, aber nicht zustande gekommenen Tagungen in Augsburg und Trient sind in je einem Abschnitt (III.1., III.2.) zusammengefaßt.