Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 11. Die Reichstage zu Augsburg 1510 und Trier/Köln 1512 bearbeitet von Reinhard Seyboth

[1.] Eintreffen ksl. Gesandter; [2.] Ruhen der Bemühungen um Fortsetzung der Niederen Vereinigung; [3.] Aufforderung zu deren Erneuerung, eventuellen Modifizierung und Erweiterung; [4.] Bereitschaft der bisherigen Mitglieder zu entsprechenden Beratungen; [5.] Aufforderung der ksl. Gesandten zur Vorlage von Verbesserungsvorschlägen; [6.] Heimbringen dieses Ersuchens; [7.] Vorschlag für mögliche neue Mitglieder sowie für ein Abkommen mit dem Schwäbischen Bund; [8.] Anberaumung einer weiteren Zusammenkunft; [9.] Anwesende Gesandtschaften.

Straßburg, 12. Mai 1512

Kop. (Unterschrift: Sebastian Brant): A) Colmar, AM, AA 134, o. Fol.; B) Innsbruck, TLA, Maximiliana XIV/1512, fol. 101a u. b, 106a.

[1.] Gemäß der Aufforderung des Ks. an die ehemaligen Mitglieder der Niederen Vereinigung sowie die Angehörigen der Landvogtei Hagenau, auf einer Versammlung in Straßburg am 9. Mai (sontag cantate) von ferrer ernuwerung und underhaltung derselben zu ratschlagen und beschliessen etc., erschienen am heutigen 12. Mai (mittwochs noch cantate) Fh. Hans Jakob von Mörsberg, Landvogt im Unterelsaß, Degen Fuchs von Fuchsberg, Hauptmann zu Kufstein, Rudolf von Blumeneck, Dr. Werner Wölflin, Dr. Hieronymus Baldung, Hans Heinrich Armstorffer, ksl. Zinsmeister zu Hagenau, und Ulrich Höltzel, Schultheiß zu Ensisheim, in Straßburg auf der Pfalz und trugen gemäß ksl. Kredenz und Befehl (Nr. 1478) Folgendes vor:

[2.] aNachdem die röm. und hungerisch ksl. Mt. als Ehg. in Osterreich mit irer Mt. vordern landen Elsaz, Sundgow, Brysgow mitsampt dem Schwarzwald vor verschiner zit mit den hochwürdigen unsern gn. Hh., den Bff. zu Straßburg und Basel, ouch etlichen ersamen stetten diser lands gezirk ein vereinung und fruntlichen verstand uf ein jarzale gehaben, do ir Mt. vor ausgang bemelter verein, dieselben witer zu erstrecken, mit den verwanten der verein handlen lassen, were doch solichs aus schweren und merklichen röm. ksl. Mt. gescheften und eehaften, ouch andern etlichen ursachen dozumal, ouch bishar in rug gestelt. Dadurch die anzale jare berurter vereyne, ouch dieselben geendet und verschinen.

[3.] Dieweyle aber berurte verein, als menklich gut wissens, irer Mt. als Ehg. zu Österrich, ouch dem loblichen huse Österrich und den verwandten solicher verein nützlich, wol erschossen und zu gutem komen were und noch hinfuro, wa die ferrer ufgricht, irer Mt. als Ehg. zu Österrich, inen und andern verwanten zu merem ufnemen und gutem dienen würde, so were irer Mt. ernstlichs ansinen und gn. begeren an die verwanten der vereine, sie wolten in ufrichtunge und ernuwerunge obangerurter vereine mit irer Mt. als Ehg. zu Österrich handeln und beschliessen verhelfen. Das wolte ir Mt. sich, also zu beschechen, zu inen genzlich versehen, in gnaden bedenken und zu gutem nit vergessen. Obe ouch etlich artikel in der alten vereyn vergriffen werent, die die verwanten der vereine bedunken wolte zu meren, myndern oder zu bessern, desglichen, ob die verwanden fur gut ansehen wolte, nachdem Basel und Mülhusen sich von der verein getan, yemants witers von Ff., Hh. oder stetten, dieser landsart gelegen, zu solcher ernuwerung der verein gut, erschießlich, tröstlich oder nützlich sin, wolte ir Mt. darin gn. insehen tun und zum besten anzuhalten und verhandlen helfen geneygt sein etc.–a

[4.] Hierauf antworteten die Vertreter der Mitglieder der Niederen Vereinigung, was zu iren nutze, guten und wolfarte, röm. ksl. Mt., unserm allergnst. H., und dem loblichen huse Österrich dienstlich und gefellig sein möcht, werent ire gn. Hh., obern und frunde als irer Mt. gehorsamen zu undertenigem gefallen alzeit gutwillig und geneigt gewesen, als sy nochmals und furter gern tun wolten. Über das Angebot der ksl. Gesandten zu einer eventuellen Modifizierung der Bundesverfassung oder des Mitgliederbestands wollten sie beraten und dann antworten.

[5.] Daruf die ksl. rete geantwurt, sy hetten nit zwyfel, die alte verzichunge der vereine were loblich, betrachtlich, wolbedacht und beretlich angenomen und gesetzt worden, so sy zu verbessern nit wol wisseten, hette ouch ksl. Mt. damals daran ein gefelligs vermugen und gn. gefallen gehaben und noch. Wisten aber die verwanten der vereine etwas in solicher alten verschribung vergriffen, das sy zu endern, bessern, meren oder myndern gut bedunken wolte oder yemants von iren anstossenden nochburen oder andern von Ff., Hh. oder stetten zu solicher vereine nützlich, erschießlich oder fur gut anzuzeigen, möchten sy als diser landsart kundig und als die, so das us lang harbrachter erfarunge sunder zwifels wol wissens tragen, inen anzögen. Wolten sie alsdann von wegen ksl. Mt. ir gutbedunken und was sy wyter in befelch hetten, sich ouch hören lossen.

[6.] Hierauf erklärten die anwesenden Gesandten, daß sie keine Weisungen in dieser Angelegenheit hätten, die Sache jedoch ihren Oberen heimbringen wollten.

[7.] Als mögliche neue Mitglieder der Vereinigung nannten die ksl. Beauftragten folgende Ff., Hh. und Städte, die ihnen zu dem handel togenlich, ersprießlich und nit ungemeß bedunken wolt, doch uf gut gefallen und wilfarung der stenden der vereyn, nemlich: Wirtemberg mit der Hft. Horburg und Richenwyler, item Mgf. von Baden mit der Mgft. und Hftt. Röteln und Hochberg, item Fürstenberg mit dem Kyntziger tale und der Borre [= Barr], item Bütsch und Honow [= Hanau], item von stetten Hagenow, item Wissenburg, item Offemburg, item Gengembach, item Zelle, item Spire und Worms, doch zu bedenken, diewyl dieselben mit iren stiften und geistlichen etwas spenne und irrung hettent etc., item Rottemburg am Necker mit der Hft. Horwe, item Rotwyl, die stat, nachdem dann ksl. Mt. mit denselben in sunderheit verstäntnus hat. Sodann, als der swebisch bund ungezwifelter hoffnung wyter herstreckt werde, setzt ir Mt. den verwanten der vereine zu bedenken, obe mit demselbigen bunt ouch ein fruntlicher verstand zu suchen were, doch wolte ir Mt. solichs den stenden der verein heymgesetzt und witer alle obangezeigten meinung zu bedenken befolhen haben.

[8.] Zur weiteren Beratung beraumten die ksl. Beauftragten für den 29. Juni (Petri und Pauli apostolorum) eine erneute Zusammenkunft in Straßburg an.

[9.] Anwesend waren die Gesandtschaften der Bff. von Straßburg und Basel sowie der Städte Straßburg, Hagenau, Colmar, Schlettstadt, Kaysersberg, Oberehnheim, Münster im St. Gregoriental und Rosheim. 1

Anmerkungen

a
–a B fehlt.
1
 Zu Verlauf und Ergebnis der Straßburger Versammlung vgl. Matzinger, Geschichte der Niederen Vereinigung, S. 810-812.