Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 11. Die Reichstage zu Augsburg 1510 und Trier/Köln 1512 bearbeitet von Reinhard Seyboth
[1.] Antwort auf den ksl. Wunsch nach Erneuerung der Niederen Vereinigung, Wunsch nach genauer Festlegung der zu leistenden Hilfe; [2.] Beratung hierüber durch einen Hauptmann und Räte; [3.] Gedanke an ein Abkommen mit den Eidgenossen über die Behandlung jeweiliger Feinde; [4.] Vorschlag für mögliche neue Mitglieder, Argumente gegen sonstige Kandidaten und eine zu enge Verbindung mit dem Schwäbischen Bund; [5.] Kriterien für die Festlegung der Hilfeleistung; [6.] Vorgehen bei Konflikten zwischen Vereinigungsmitgliedern; [7.] Anberaumung einer weiteren Zusammenkunft.
Schlettstadt, 7. Juni 1512 (montag nach trinitatem)
Colmar, AM, AA 134, o. Fol., Kop.
[1.] Die versammelten Vertreter ehemaliger Mitglieder der Niederen Vereinigung beschließen, auf der nächsten Versammlung den Antrag der ksl. Räte auf Erneuerung der Vereinigung folgendermaßen zu beantworten:
Zum ersten in bedacht der schweren und sorgfeltigen, ungetruwen louf und handel, so in der welt schweben und zu zeiten furgenomen werden, das gut wer, wie die nachpurschaft in disem bezirk des landes sich in einem fruntlichen verstand und nachburlich vereyne miteinander deten und truwlich hielten, doch das keinem teyl, so sich witer darin begeben würde, sunderlich belestigen und beschwerung bringen möcht, und namlich in dem, das ye ein teyl dem andern lut jüngster verein mit aller macht zum höchsten zuziehen solt, das dann ein ordnunge vergriffen werde, ein yedem nach seinem stand und gebüre mit zymlicher anzale dem andren zu hilf zu komen, es syge mit dem ersten, andren, dritten anzug, wie sich dann das nach notturft und gestalt der sachen erheischen würde, damit nach der hand kein teyl das ander anziechen oder verunglümpfen möcht, seiner vermüglicheit nit gnug getun zu haben.
[2.] Das zu diser handlung und guetlichen verstand not sin, houptlut und rat zu ordnen, damit nit ein yeder, so sich an dem andren zu rechnen oder beclagen understund, nach sym gefallen ein ufgebot tun oder ufrüstung einer hilf usgen lasen möcht. Ist geratschlagt, das man von den Ff. und Gff. einen houptman und von den stetten ouch einen nemen und inen ein anzale rate zuordnen solte.
[3.] Sodann, als ein anzoge durch ksl. Mt. rate beschehen, dwyl Basel und Mülhusen sich außer der vereyn getun, ob dann die gesanten für gut ansehen wolt, mit etlichen Ff., Hh. und stenden, so dann vormals nit in der ausgangen verein gewesen, [in die Vereinigung] zu komen, und under andern angezeygt ein Mgf. von Baden mit der Mgft. sampt der Hft. Röteln etc. So nu die Hft. Roteln denen von Basel und der Eidgnoßschaft nahe gelegen und bishar zu ziten etwas viel gezenk gehaben, da würt not sin zu bedenken, was man sich in solchen oder andren fellen gegen den Eydgnossen versehen müge. Darauf geratschlagt, mit den Eydgenossen ein verein zu machen oder ein verstentnuße, die vinde nit zu enthalten oder furschub zu geben etc. oder aber sy gar auszunemen.
[4.] Item Hagnow mit der landvogty, Wyssenburg, Landow, Offemburg, Gengembach und Zelle, desglichen Bitsch und Hanow mitsampt der Hft. Bitsch und Liechtenberg, ouch der Ortnow mit der Hft. Fürstenberg und dem Kintziger tale bis gen Wolfach, auch der Gft. Horburg, Richenwyler mitsampt der Hft. Mümpelgart; die Hh. von Rapoltzstein; die Gff. von Lupfen von wegen der Hh. von Landspurg.
Item Spier und Wurms sind aus angezeigter iren hendel entlegen.
Item die Hft. Horbe, Rottenburg, Rotwyle und die Bore sind des ussren waldes halben entlegen.
Item als die schwebische verein angezeigt, da möcht villicht wol zu liden sin ein fruntlicher verstand, das ein teyl dem andern sein find nit ufgehalten etc. Aber mit hilflicher verein sind die land einander entlegen, also das eins dem andern nit wol zu statten komen mag oder zu sprießlich sin.
[5.] Und damit die sachen fruntlichen zugangen und nyemants fur den andern beschwert oder im zugemessen, er het seinem vermügen nach nit gnug getun, wo do yemans diser verein überzogen oder beschediget würd, das dann zu frischer getat jederman nachilend und das beste tun, als ob die sach sin eigen were. Wo aber nach der hand durch den verletzten ein zug oder veltleger wider ein auslendigen, diser verein nit verwanten, [erfolgt] und derselb rechts uf die verein bieten würde, so soll der pundsverwandt schuldig sin, solch rechtbot uf der verein anzunemen, und wo er das nit tun wolt, so soll man ime zu helfen nit schuldig sin. Wolt aber der auslendig solch rechtbot nit tun oder annemen, solt man doch dem beschedigiten zu solchem veltleger oder überzug uf sin ansuchen und erfordern mit ufristung zu tund nit schuldig sin, es were dann vor und ee der handel und beschwerde durch die beliedigten houptman mit rat des andern hoptmans den stenden der verein schriftlich überschickt und nachmals durch die ret und houptlut der vereyn oder das merertayle under inen erkannt, nach gestalt des handels und notturft der sachen hilf, ausristung und uszug zu tunde.
[6.] Es ist ouch bedacht, ob sich spen und zweyung zwüschen den stenden der verein erheben würde, dieselben mit einem ustreglichen rechten zu entscheiden und gewertigen uf uswisung der vergangnen vereyn, oder aber, so zwen houptman und rete, wie dann obgemeldt ist, verordent werden, das dann der houptman des angeclagten teyls in volfurung der rechtvertigung obmann sig und die verordneten ret beisitzer, und so der cleger rechts erfordert, das dann der obman furderlich beyde partyen an gelegen malstat, in dem bezirk diser verein gelegen, uf einen namlichen tag beschribe und vertrag, dise sachen nach notturft verhöre, und was durch sy sampt oder durch den merenteyl gesprochen, das beid teyl dem unwidersprechenlich geleben, und ob sich einich teyl des spruchs weygern, das dann die bundsverwandten inen zu gehorsamen und zu volziechung halten etc. oder sunst einer andren maß, uf kunftigen tagen rat zu schlahen und ze beschliessen.
[7.] Für den 27. Juni (sonntag nehst vor Petri und Pauli apostolorum) wird eine weitere Versammlung nach Straßburg anberaumt, am 30. Juni (mitwochen nehst darnach) soll den ksl. Räten auf ihr Begehren geantwortet werden. 1