Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 9. Der Reichstag zu Konstanz 1507 bearbeitet von Dietmar Heil
[1.] Der Kg. gab sich mit der durch Gesandte überbrachten Antwort der Bundesstädte bezüglich der Anleihe [Nr. 875] nicht zufrieden und hat die Städte jetzt durch seine Emissäre aufgefordert, sich der Handelsgesellschaften nicht weiter anzunehmen.1
[2.] Die Vertreter der Städte und Gesellschaften haben den Vortrag der kgl. Gesandten angehört und geben darauf folgende Antwort: Wie die Gesandtschaft der Bundesstädte dem Kg. bereits dargelegt hat, tragen die in den Gesellschaften zusammengeschlossenen Kaufleute entsprechend ihrem Vermögen sämtliche städtischen Lasten mit. Üblicherweise wird dabei die Fahrhabe doppelt so hoch besteuert wie Liegenschaften. Infolgedessen ist diese Gruppe von Kaufleuten ohnedies stärker belastet als andere Bürger. Die Gesellschaften können die geforderte Anleihe nicht aufbringen. Für ihre Geschäfte sind sie auf Kapitaleinlagen von Leuten angewiesen, die keine Bürger in den [vier betroffenen] Städten [Augsburg, Nürnberg, Memmingen und Ravensburg] sind. Ihren Geschäfte betreiben sie nur zu einem geringen Teil im Reich und in Deutschland, viel wichtiger sind der Überseehandel und die Geschäfte im Ausland. Falls sie die Anleihe geben müßten, würden sie dort ihre Kreditwürdigkeit verlieren und müßten ihre Geschäfte einstellen. Die Gesellschaften schmälern auch keineswegs die Einkünfte einzelner Kaufleute. Diese profitieren vielmehr vom Vertriebssystem der Gesellschaften, ebenso wie viele andere Bewohner von Stadt und Land.
[3.] Der Kg. behauptet, daß die Anleihe von den in Konstanz versammelten Reichsständen beschlossen worden sei. Davon haben die hier anwesenden Vertreter der Städte und Gesellschaften keine Kenntnis, die Gesandten der Bundesstädte haben darüber nichts berichtet und auch im Konstanzer Reichsabschied steht davon nichts. Auch wenn es einen diesbezüglichen Beschluß gäbe, so wäre er ohne Wissen und Zustimmung der Städte als des nideresten glids des Reichs zustandegekommen und wäre deshalb, wie der Kg. weiß, für sie nicht verbindlich, dan kain stand des Reichs fur den andern beschwert werden sollt. Die aus Konstanz zurückgekehrten Städtegesandten haben indessen berichtet, daß der Kg. den Reichsständen die Anleihe vorgeschlagen habe [Nrr. 157, 163]. Die Stände hätten daraufhin bewilligt, daß er die Gesellschaften um eine Anleihe bitten könne, und sich bereiterklärt, diese Bitte durch Fürschreiben zu unterstützen. Doch hätten die Stände sich ausbedungen, daß auf die Gesellschaften kein Druck ausgeübt werden dürfe [Nrr. 162, Pkt. 1; 164, Pkt. 1; 165]. Der Kg. kann sich daran sicherlich noch erinnern.
[4.] Die Städte können die Gesellschaften nicht, wie von den kgl. Gesandten gefordert, im Stich lassen. Dies sind sie ihren den Gesellschaften angehörigen Bürgern schuldig. Diese Kaufleute sind wie andere Bürger ihren Heimatstädten verpflichtet und leisten wie diese jedes Jahr den üblichen Bürgereid. Gemäß der Wormser Reichsordnung2 und den von Kss. und Kgg. herrührenden Freiheiten und Privilegien sind die Städte ihrerseits verpflichtet, die Rechte ihrer in Gesellschaften verfaßten Bürger zu schützen. Wenn der Rat seine Pflichten vernachlässigt, sind Irritationen zwischen der Gemeinde und dem Rat und schließlich Aufruhr die Folge.
[5.] Die Anleihe hätte nachteilige Konsequenzen für die Städte, die dann nicht mehr in dem Maße wie bisher Kg. und Reich dienen könnten. Die Gesandten der Städte und die Vertreter der Gesellschaften bitten den Kg., die geltend gemachten Gründe und die bisherigen Verdienste der Bundesstädte für den Kg. und seine Vorfahren zu bedenken und auf die Anleihe zu verzichten.
s.l., s.d., jedoch Ulm, 23. November 1507.3
Memmingen, StdA, A Bd. 292, unfol. (Kop.).