Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 11. Die Reichstage zu Augsburg 1510 und Trier/Köln 1512 bearbeitet von Reinhard Seyboth

[1.] Vorbereitungen für die Ankunft Kf. Friedrichs in Augsburg; [2.] Eintreffen eines deutschen Kaufmanns mit Briefen Venedigs an die Reichsstände, Übergabe der Schreiben an den Ks., Übersendung einer insgeheim angefertigten Kopie an Kf. Friedrich, Bitte um deren Rücksendung; [3.] Vom Ks. angeordnete Gedächtnisfeier für alle Gefallenen auf dem ital. Kriegsschauplatz; [4.] Geplantes Stechen; [5.] Mitteilung des EB von Mainz an den Ks. wohl wegen des Konflikts um Erfurt; [6.] Warten auf die Rückkehr Hans Renners; [7.] Unklare Absichten des Magdeburger Dompropsts.

[Augsburg], 25. Februar 1510

Weimar, HStA, EGA, Reg. E Nr. 57, fol. 42-44, Orig. Pap. m. S.

[1.] Gn., lb. H., ich hab eur kftl. Gn. am iongesten pei einem knaben geschriben [Schreiben liegt offensichtlich nicht vor], was mir der Ks. auf das gewerb, so ich von wegen eur ftl. Gn. an sein Mt. getragen, zu entwort geben hat, doneben angezeigt, das sein Mt. mir befolen, eur ftl. Gn. zukonft, so erst mir das eigentlich zu wissen word, irer Mt. und auf welche zeit eur kftl. Gn. einzihen werd, zu formelden, domit irer Mt. eur ftl. Gn. entkegen mocht reiten. Dyweil ich untz [= bis] anher kein schrift von eur ftl. Gn. wider gehabt, ist mir ein wan zugefallen, das villeicht eur Gn. meinung, von irem einreiten kein sonderliche vormeldung zu ton. Nu geb ich eur ftl. Gn. underteiniglich zu erkenen, das mein gn. H. von Pomborg den tag, do ich Hans von Koln zu eur ftl. Gn. geschickt, ein poten von heimet gehabt. Hat sein Gn. mir und andern gesagt, so ist es auch von Norberg aus und folgent von meinem gn. H. Hg. Iorgen auch rochtig worden, ob ich ksl. Mt. eur kftl. Gn. zukonft vorhalten wolt, so ichs west, so ist es doch also bestalt, das sein Mt. zwein reitend knecht kein Tonauwerd vorordent hat, auf eur kftl. Gn. achtong zu haben. Einer sol gar mit eur ftl. Gn. herreiten, der ander sol auf halben weg von eur ftl. Gn. eilent abreiten, ksl. Mt. eur Gn. zukonft vormelden. Der Gf. von Otting, H. Hans Lantschad, Konz von der Ros und andre haben mich gepeten, wen ich eur ftl. Gn. entkegen bolt reiten, inen solchs auch zu formelden, so wolten si mit mir eur ftl. Gn. auch entkegen reiten. Bu [= Wo] es eur ftl. Gn. gefellig, so wolt ich zusampt den angezeigeten eur Gn. ein meil aber z[w]u vor dem Ks. entkegenreiten.

[2.] Ich geb eur kftl. Gn. auch zu erkenen, das di von Venedig einen deuzen kaufman [Wolfgang Wiener] mit fir pferden und diner alhi zu Ausporg gehabt. Der hat ein prif in gemein an di stend von in [liegt nicht vor] und in sonderheit ein allein an eur kftl. Gn. halten gehabt [vgl. Nr. 7] und, als ich pericht, son[s]t kein prif, sonderlich an einigen F., gehabt. Derselbig geschigkt ist angenomen [= festgenommen], kein [= nach] Fridborg gefort und di prif sint dem Ks. geantwort. Ich hab den fleis auch dopei gehabt, doch in geheim und gutem fortrauen, das ich dise eingeschlossen copien des einen prifs, so der geschigkt von Venedig pei sich gehabt, erlangt hab in diser stond, doch das ich den zu dem forderlichesten unergenzt an sein gehorig end wider antworten sol. Pit, wollet solch copien mir, so pald es gesein mag, wider zuschigken. Eur kftl. Gn. in aller underteinikeit zu dinen pin ich scholdig und willig. Geben fast eilent umb acht or vormittag montag noch reminiscere Ao. domini 1510.
[3.] Nachschrift: Heut lest der Ks. alle, di in seinem dinst dis iar in welessen landen vorschiden sint, zu St. Ulrich begen. Man hat allen Ff., di personlich do sint, angesagt, dopeizusein. Der Ks. hat Fridrich [Baier] befolen, keiner potschaft aber [= oder] geschigkten der Ff. dorzu anzusagen.
[4.] Di pan ist gestern [24.2.10] wider vorneut [= erneuert]. Ich mein, man werd dorauf noch mittag renen und steichen, es wor dan, das man auf eur kftl. Gn. domit vorzog.1

[5.] Zettel: Auch so wis eur ftl. Gn., das meyn gn. H. von Meinz itzt eyn botschaft bei ksl. Mt. geschigkt. Vorsich mich, es werd eur ftl. Gn. und dy von Erfort anlangen. Darumb, wu ich hor, das was wyder eur ftl. Gn. gehandelt, wil ich muglich fleis ankeren, auf das sulchs eur Gn. zu gut forkumen, und was ich erfar von sulchem handeln, wil ichs eur Gn. unferzuglich zuschreyben, dan ich eur Gn. in alweg bin willig zu dynen.

[6.] Auch so ist meyster Hans Renner noch nyt wider kumen, ich forsich mich aber sein al dag. Was ich dan grundlichs neues von im erfar, wil ichs eur Gn. auch zu erkennen geben etc.

[7.] Was der dumbrobst von Meydenborg [Adolf von Anhalt] hir gehandelt, ist mir noch vorborgen. Ich wil aber fleis ankeren, noch solch zu erfaren. Datum ut supra.

Anmerkungen

1
 Über ein sogen. „Scharfrennen“ zwischen Ks. Maximilian und Kf. Friedrich von Sachsen, das am 15. Mai 1510 im Rahmen des Augsburger Reichstags stattfand, berichtet der Augsburger Chronist Wilhelm Rem (1462-1529): Wie der Ks. mit Hg. Fridrich von Saxen scharpf rannt und sunst auch 2 Ff.: Ao. domini 1510 auf dem reychstag, da rant der Ks. Maximilianus scharpf mit Hg. Fridrich von Saxen, Kf., hinder dem bund. Der Ks. kam kostlich auf die pan, er het ain berlin decky und 1 berlin rock und kostliche klainet auf dem erwel und auf dem hut und pund. Sy teten ain gut rennen. Es geschach auf mitwoch vor pfingsten [15.5.10]. Es fiel kainer. Darnach, da rant Mgf. Kasamirus und ain Hg. von Praunschweig mitainander, die teten ain gut rennen und fielen baid. Augsburg, StadtA, Chroniken Nr. 5, fol. 335a u. b. Druck: Die Chronik von Clemens Sender, S. 128 Anm. 9 (mit kleineren Abweichungen vom Archivale). – Beim Augsburger Chronisten Clemens Sender (1475-1537) heißt es dazu: Ks. Maximilian hat sein letzst scharpf rennen hye mit dem Kf. von Sachsen getan, und ist kainer gefallen, aber die schilt von inen, und hat der Ks. von edlem gestein und berlach und klainet an im und dem roß gefiert, das man ob 8 mal hunderttause[n]t fl. es geschetzt hat, und haben ainander beyd wol troffen. Augsburg, StadtA, Chroniken Nr. 8, fol. 331a; Druck: Die Chronik von Clemens Sender, S. 128 (mit kleinen Abweichungen vom Archivale). – Auch der Mitte des 16. Jahrhunderts entstandene Fuggersche Ehrenspiegel beschreibt das Ereignis: Unter diesen Reichstags-handlungen ergetzte sich K. Maximilian neben denen Chur- und Fürsten mit Gastmahlen, Dänzen, Mumereyen, rennspielen und dergleichen Kurzweilen: deren die vornemste gewesen ein Scharfrennen des Keysers mit Churf. Fridrichen zu Sachsen, welches den 15. May mit grossen Pracht gehalten worden. K. Maximilian erschiene in einem rohten mit grossen HauptPerlen und kostbaren Edelsteinen überstickten Waffenröcklein und führte auf dem Helm einen zweyköpfichten Adler mit der Diadem, auf welcher vornen das Wappen von Oesterreich und Burgund zu sehen gewesen. So war auch sein Roß mit einer rohtseidenen Decke voll grosser Zahlperlen bekleidet. Churf. Friderich ware mit schwarz und gelben Damast angethan und führte auf dem Helm den Sächsischen grünen Rautenkranz. Beyde Helden kamen um zwey Uhr auf die Rennbahn in begleitung aller anwesenden Fürsten und Herren, worbey auch neben 4 Heerpaukern eine grosse anzahl Trompeter sich hören lassen. Insonderheit hatten sie bey sich 24 Graven und Herren, von denen sie auf der Bahn bedienet wurden. Nachdem sie also mit ihrer Geleitschaft die Bahn dreymal umritten und jeder einen Versuchritt darüber verrichtet, verfügte sich K. Maximilian in Jacob Fuggers Behausung, daselbst er den köstlichen Schmuck abgeleget, sich und sein roß mit roht und weissem Damast angethan und den Helm mit einem schönen Pfaufederbusch bezieret. Hierauf ritte er wiederum auf die Stechbahn, da dann unter dem Schall der Trompeten und Heerpaucken diese zwen Aller- und Durchleuchtigste Rittere zusammengerennet und also wol getroffen, daß sie beyde fast sitzen blieben und allein die schilde über das Haupt in die höhe slogen. Nach diesem schönen ritt begaben sie sich in besagte Fuggerische Behausung, alda sie die Rüstung von sich geleget, den NachtImbiß eingenommen und folgends in einer köstlichen Mumerey nach dem Danzhaus sich verfüget; dahin die von der Burgerstuben alle ihre Frauen und Jungfrauen hatten kommen lassen. Also wurde diese Kurzweil mit aller freud und in vertreulichem guten willen verbracht und geendet. K. Maximilians rüstung, die er vor dißmal zu roß geführet, ist um mehr als 200 000 Gulden geschätzet worden. Druck: Birken, Spiegel der Ehren, S. 1274f. Vgl. auch Wiesenberger, Maximilian I., S. 13f. Zu Ks. Maximilian als Teilnehmer an etlichen Turnieren und sonstigen Formen ritterlichen Zweikampfs vgl. Pfaffenbichler, Maximilian I., der allerdings das Ereignis auf dem Reichstag 1510 nicht berücksichtigt.