Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 11. Die Reichstage zu Augsburg 1510 und Trier/Köln 1512 bearbeitet von Reinhard Seyboth

[1.] Vorwürfe Friedrichs von Thun gegen Erfurt wegen diverser neuer Übergriffe gegen kursächsische Untertanen; [2.] Strikter Befehl zum Vollzug des Augsburger Abschieds im Erfurter Streitfall und zum Stillstand gegenüber den Hgg. von Sachsen.

Innsbruck, 3. August 1510

Kop.: Weimar, HStA, EGA, Reg. G Nr. 195, fol. 67a-69a (Überschrift: Copey des ersten mandats an die von Erfurt auf den abschied, zu Augspurg ausgangen); Ebd., Reg. G Nr. 208, fol. 60a-61b.

[1.] Kf. Friedrich und Hg. Johann von Sachsen haben darlegen lassen, obwohl ihr Hauptmann zu Weimar, Friedrich von Thun, bereit ist, die bürger von Erfurt, so ime mit gelübden verstrickt sein, auf unser begern, soferr ir Heinrichen Kellner und etlich ander, die ir gefenglichen angenomen, uns gleicherweis zustellet, zu unser handen zu antwurten und wir eu solchs also zu tun geboten haben, so sollet ir doch solchem nit nachkomen und darinne ungehorsam erschinen sein und darzu wider unser willen und wissen aus eigem furnemen und willen an freitag, sambstag und sontag nach unsers Herrn fronleichnamstag negstverschinen [31.5.-2.6.10], als sein lieb von unserm gehalten reichstag zu Augspurg anheym zu ziehen willens und auf dem weg gewesen, desgleichen der obgenannt unser oheym und F. Hg. Johanns, Hg. zu Sachsen, auch ausser lands gewesen, mit 2000, 1000 und weniger stark mit geschütz und anderm, so zu dem ernst gehort, aus der stat getan und in irer lieb Ft. und oberkeit gezogen und gewaltig furnemen zu tun unterstanden, auch einen irer lieb lehenman, Hartung Milbitz genannt, so in irem schutz und schirm sey, gefangen, in die stat Erfurt gefürt, desgleichen etlich ander, so in irem schutz und schirm sein, und sonderlichen einen knecht, der Albrechten Thun, irem lehensman, zugehorte und in ungutem nichts mit eu zu tun gehabt, in der stat angenomen, in fengknus gelegt, auch an alle redliche ursachen schwerlichen gemartert und darzu gegen etlichen andern, so inen zu versprechen zusteen und ir gefangen haltet, inen zu verachtung und nachteyl schwerlichen handelt, auch euern paurn, so in irem Ft. und oberkeit sitzen und lehen und afterlehen von inen tragen, bevelhen, alle, die aus Erfurt, und die, so in irem schutz und schirm wern, anzunemen und gein Erfurt in die stat zu füren. Dem auch dieselben paurn, mit einem irem verwanten, Claus Gref genannt, also zu handeln und dem obberürten bevelh volg zu tun, understanden haben, alles, als ir lieb achtet, zu widerstand und gegenwehr der handlung und furnemen, so Caspar Wagner, euer veind, gegen eu geübt. Des doch ir lieb kein wissen gehabt, auch kein hilf, rat oder fürschub darinne getan hab, auch uber das, [daß] eu durch den gemelten seiner lieb bruder und irer beider rete auf euer anlangen ein tag gein Baberndorf angesetzt und mit gnugsamen geleyt darzu versehen seyt. Das ir alles abgeschlagen und darzu, unangesehen des obgenannten Friderichen Thuns erbieten, der gefangen halben bescheen, Heinrichen Kellner also gemartert, das ir in darnach auf einem karren zu dem gericht und nachfolgend zu dem tod fhüren müssen.1 Das alles irer lieb zu schwerer verachtung und nachteyl reiche und also zu gedulden und zu gestatten keins wegs gemeynt seye.

[2.] Da diese Handlungsweise dem jüngst in Augsburg ergangenen Abschied (Nr. 158) zuwiderläuft und ein Aufruhr daraus erwachsen könnte, der seine eigenen Pläne in Italien und andernorts beeinträchtigt, gebietet er mit allem Nachdruck, daß Erfurt besagten Abschied vollzieht, nichts weiter gegen die Hgg. von Sachsen unternimmt und sie auch zu keiner Gegenwehr veranlaßt, sonder eu gegen ine haltet, wie euer fordern sich gegen weylend irer lieb fordern und inen vor dieser zeit und aufrur gehalten haben, und die sachen, wie die auf dato unsers gegeben abschieds zu Augspurg gestanden sein, stellet und genzlichen dabey bleiben lasset, auch die auswendigen bürger ire güter nach irer notturft unverhindert und unbeschwert gebrauchen lasset. Behält sich eine Bestrafung der durch Erfurt verübten Handlungen vor. Geben in unser stat Insprugk am 3. tag des monats Augusti Ao. etc. decimo, unser reich des röm. im 25. und des hungerischen im 21. jarn.

Anmerkungen

1
 Der im Juni 1509 unter dem Vorwurf der Veruntreuung von Geld gefangengenommene und danach monatelang im Gefängnis massiv gefolterte Erfurter Vierherr Heinrich Kellner war am 28. Juni 1510 zum Tode verurteilt und anschließend sofort hingerichtet worden. Vgl. Burkhardt, Das tolle Jahr, S. 377-379.