Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 11. Die Reichstage zu Augsburg 1510 und Trier/Köln 1512 bearbeitet von Reinhard Seyboth

Nr. 176 Landgf.in Anna von Hessen, geb. Hg.in von Mecklenburg, an ihren Bruder Hg. Heinrich V. von Mecklenburg

ohne Ort, [Ende Januar 1510]

Druck: Glagau, Landtagsakten, Nr. 22.

Dankt ihm für die Entsendung seiner Räte und seinen (nicht vorliegenden) Ratschlag.1 Wäre bereit gewesen, diesen anzunehmen, konnte es aber nicht tun, da man ihr nicht mehr als den Zugang zu ihrem Sohn Philipp habe bewilligen wollen. Die Mitglieder des hessischen Regiments haben großen Haß auf sie und die Ihren. Wenn sie könnten, würden sie ihrem Sohn zweifellos Schaden zufügen. Aus Gewissensgründen und aufgrund ihrer Verpflichtung, das Testament ihres verstorbenen Gemahls zu erfüllen, kann sie nicht anders handeln.2 Lieber will sie in ein Kloster gehen als ihre Treue aufgeben. Der Verzicht auf die Vormundschaft bräche ihr das Herz. Fühlt sich verpflichtet, Schaden von ihrem Sohn fernzuhalten, und hofft, daß Hg. Heinrich diese Einstellung nicht mißfällt. Würde sie eine Person zum Ks. schicken, dürfte diese anschließend nicht wieder zurück ins Land. Zudem dürfen nur zwei Leute öffentlich bei ihr sein. Wenn sie diese entsendet, hat sie niemand mehr. Will deshalb wie Esther ihr Leben wagen und den Ks. persönlich aufsuchen.3 Hofft, daß Hg. Heinrich damit einverstanden ist, nachdem sie ihn zuvor nicht um Rat hat fragen können. Das Eintreffen seiner Antwort würde zu lange dauern, denn dem Vernehmen nach wird der Ks. nicht allzu lange (auf dem Augsburger Reichstag) bleiben. Auch befürchtet sie, daß die Gegenpartei früher (beim Ks.) eintreffen könnte. Bittet ihn, wie ein treuer Bruder zu seiner Schwester zu stehen. Falls es ihm möglich ist, möge er zudem gleichfalls auf den Reichstag kommen und ihr mit seinem Rat beistehen. Erbittet dies, kann es aber nicht von ihm verlangen, nachdem er schon zweimal nicht zu ihr gekommen ist. Wenn es ihm nicht möglich ist zu erscheinen, soll er ihren Bruder Hg. Albrecht schicken. Bittet, sie keinesfalls im Stich lassen.4

Nr. 177 Resolution Hg. Georgs von Sachsen zu seinen Differenzen mit Kf. Friedrich III. und Hg. Johann von Sachsen

[1.] Seine Unterredung mit Kf. Friedrich von Sachsen über ihre beiderseitigen Differenzen; [2.] Wunsch Hg. Georgs nach Einigkeit mit Kf. Friedrich, dessen Widerstand gegen ein gemeinsames Vorgehen in der hessischen Angelegenheit, Mutmaßungen über die Gründe; [3.] Eigene Interessen Hg. Georgs in der Erfurter Streitsache; [4.] Nochmaliges, aber nicht uneingeschränktes Bekenntnis zur Eintracht mit Kf. Friedrich; [5.] Rat, auf mögliche Benachteiligungen des Hauses Sachsen durch den Ks. zu achten.

Augsburg, [Ende Februar/Anfang März] 15101

Kop.: A) Dresden, HStA, GR, Loc. 9853/5, fol. 60a-63b (mit wenigen kleinen Korrekturen); B) Ebd., Loc. 10511/2, fol. 282a-284b ([1.] fehlt).

Inhaltsangabe: Rogge, Herrschaftsweitergabe, S. 283f.

[1.] Auf dem reichstag zu Augspurg auf die fasten Ao. etc. decimo ist mein gn. H. [Hg. Georg von Sachsen] bey seinen vettern [Kf. Friedrich und Hg. Johann von Sachsen] im closter zu Unser Lb. Frauen brüder [= Karmeliterkloster] gewest und irer beyderseits gebrechen halben anregens getan, wie dieselbig meynung hiernach verzeichent steht2:

[2.] Wir haben es allewege vor gut angesehen, das nichts erlichers, nützlichers [und] unsern landen und leuten bessers were, denn das wir in allem oblygen vor einen man stunden. Wir haben es auch in allen vorfallenden hendeln fleyssig gesucht, es ist aber, in der hessischen sachen mit uns vor eynen man zu stehen ader zu handeln, ganz abegeslagen umb ursach willen der irrigen sachen, so zwischen uns swebten. Im handel sey es auch bezeigt, dann sein lieb und seiner lieb bruder haben unsern bruder Hg. Heinrichen an sich gefast, und sobalde wir gleych nicht verfolget irem besließ, do haben sie sich von uns gesundert. Und also durch dise unschickliche handlung, die wir unsernthalben dargeflossen wollen achten, so hat dozumal dise sach ungeendet mussen bleyben, wie sie noch steht. Daraus wir nicht anders haben abnemen konnen, denn das ire lieben alle einen sunderlichen vorteyl vor uns gesucht ader gewost, darzu sie uns nicht haben wollen komen lassen. Ader müste der unwill so groß sein, den ire lieben gegen uns gefast, das sie auch unser beywesen ader handlung nicht hetten leyden mögen? Den unwillen abzuwenden, hetten wir möglichen vleys mit erbietung, wie wir mit iren lieben entlich vertragen müsten werden, iren lieben furgeslagen, es hat aber sein entschaft nicht erraycht.

[3.] Der erfurtisch handel were auch vorgefallen. In dem vor einen man mit iren lieben, indem das uns semptlich betrifft, zu stehn wir nye geweygert. Auch wo es ire lieben alleyn antreffe, so wolten wir dennoch mit rat und beystand von iren lieben nicht setzen, also doch, das es in allen fellen geschehe, denn was vorteyls ire lieben gehabt, in der hessischen sachen von uns zu stellen, das wüsten wir nicht. Aber was vorteyls uns in der erfurtischen sachen begegnen mochte, wolten wir iren lieben nicht vorhalten: Uns gelanget an, ire lieben hetten in langer arbeyt gestanden, des Bf. [von Mainz] gerechtigkeit an sich zu bringen hinder uns. Aus diser vorbitterung, so itzund zwüschen seiner lieb und dem Bf. ist, wolten wir ime wol neher sein.

Die erfurtischen lehen, so uns ire lieben lang vorgehalten, verhofften wir itzund vom neuen rat wol zu bekomen.

Wir vorhofften auch, durch disen handel unsern sone [Hg. Johann] zu provisor auf dem Eysfelt [= Eichsfeld] zu machen.

Wir verhofften, die lehen, so dem jungen Landgf. [Philipp] zu Hessen vom stift [= Erzstift Mainz] zustehen, semptlich zu erlangen.

Wir verhofften, so etwas unfreuntlichs solte furgenomen werden, das die von Erfurt uns ein gute pastey sein solten.

Dieweyl ire lieben den Bf. von Meyssen kegen uns in allen widerwertigkeiten zu schützen gedechten, sich auch understanden hetten, unsern bruder Hg. Heinrichen auf ire seyten zu ziehen, ime wider uns beystendig zu sein etc., solte uns darkegen der Bf. zu Meinz auch wol furzubehalten sein, in hoffnunge, das wir noch wol einen finden wolten, der sich mit unserm bruder Hg. Heinrichen vorgleycht.

[4.] Umb diser und mehrer ursach willen mochte uns wol furfallen, uns mit iren lieben zu sundern, und sunderlich, dieweyl kgl. [recte: ksl.] Mt. hirinne ein sunderung macht. Aber die lieb, die wir zum haus zu Sachsen tragen, hette uns noch darinne aufgehalten, das wir in dem alleyn nichts gehandelt ader getan. Wo auch ire lieben wege suchten, domit die ursach unsers scheydens, als [= nämlich] die irrigen artikel, entlich müsten hyngelegt werden, und ire lieben in allen erlichen sachen mit uns vor einen man stehn wolten, so gedechten wir uns keinen nutz zu bewegen lassen, von iren lieben zu stellen, es treffe leyb ader gut an, doch das es uns wider geschehe. Were aber ir gemüte anders, so konten sie betrachten, das wir uns das beste auch schuldig wern. Hiraus ire lieben ermessen konten unser gemüte und meynunge. Wir meynten es nicht anders dann fruntlich und als derjenig, der gerne wolte, das es gleych zugienge, dem haus zu Sachsen zu ere und nutz, mit weyter anzeygunge, ob in disem unserm antragen ichts unschicklichs furbracht, das iren lieben verdrieslich und beschwerlich were, das es ire lieben nicht anders denn fruntlich und das es aus treuem herzen geschehen, wolten vormerken. Dann wo unser gemüte anders were, wolten wir vil lieber disen handel heymlich bey uns enthalden dann uns desselbigen unsers gemüte also offentlich gegen iren lieben zu emplossen.

[5.] Ire lieben hetten es nu vor ine. Und wo ire lieben das auch bedechten und zu tun geneigt, so were dennoch not, darauf zu trachten, wie man bey ksl. Mt. solch mandat und anders, dem haus zu Sachsen abtreglich, vorkomen mochte. Des solte unsernthalben nicht mangeln.

Nr. 178 Protokoll der Beratungen Kf. Friedrichs III. von Sachsen und seiner Räte mit Hg. Georg von Sachsen und seinen Räten in Sachen Session Landgf.in Annas von Hessen

[1.] Absicht des Ks., Landgf.in Anna von Hessen das Sessionsrecht auf dem Reichstag zu gewähren; [2.] Ausweichende Antwort Hg. Georgs; [3.] Weigerung Kf. Friedrichs, der Landgf.in das Sessionsrecht zuzugestehen; [4.] Zurückhaltende und mahnende Antwort der Räte Hg. Georgs; [5.] Anfrage Kf. Friedrichs von Sachsen bei Hg. Georg wegen gemeinsamen Widerstands gegen die Sessionsansprüche Landgf.in Annas; [6.] Rat Hg. Georgs zu gütlicher Verständigung; [7.] Argumente der kursächsischen Räte gegen den Kf. Friedrich unterstellten Mangel an Einigkeitswillen in der hessischen Angelegenheit, seine angebliche Eigensucht im Erfurter Streitfall und andere Vorwürfe Hg. Georgs; [8.] Ungebrochene Bereitschaft Kf. Friedrichs zur Kooperation mit Hg. Georg mit bestimmten Einschränkungen, nochmalige Aufforderung zu gemeinsamem Widerstand gegen die Sessionsansprüche der Landgf.in; [9.] Antwort Hg. Georgs; [10.] Vorschlag der kursächsischen Räte für einen Versuch zur Abstellung der Sessionsforderung Landgf.in Annas durch gütliche Verhandlung mit ihr selbst oder durch gemeinschaftliche Einschaltung des Ks.; [11.] Plädoyer Hg. Georgs für den gütlichen Weg; [12.] Nochmalige Frage der kursächsischen Räte nach Hg. Georgs Bereitschaft zu gemeinsamem Vorgehen in der Sessionsfrage; [13.] Hinweis Hg. Georgs auf sein eigenes Angebot zu solidarischem Handeln; [14.] Weitere Unterredungen der Räte beider Seiten; [15.] Vertagung der Anliegen beider Ff. bis zu ihrer Heimkehr; [16.] Erneute Frage Kf. Friedrichs nach Hg. Georgs Unterstützungsbereitschaft im Erfurter Streitfall und in der hessischen Sessionssache; [17.] Schlußantwort Hg. Georgs.

[Augsburg], 8./9./12. März 1510

Dresden, HStA, GR, Loc. 9853/5, fol. 66b-79a, Kop. (von verschiedenen Händen).

Auf freytag nach oculi Ao. etc. decimo [8.3.10] haben Hg. Friderichs von Sachsen etc., Kf., rete diese nachfolgende meynung an meinen gn. H. [Hg. Georg von Sachsen] getragen, wie hirnach geschriben steht, belangende die Landgf.in zu Hessen.

[1.] H. 1 Wolfen von Weispachs und Dr. Heniges [Göde] antragen an mein gn. H. am freitag nach oculi Ao. etc. 1510: Die durchleuchtige ksl. Mt. hat unserm gn. H. durch den marschalg [Ulrich] von Papenheim ansagen lassen, das sein Mt. unser gn. frauen, die Landgf.in von Hessen, morgen [9.3.10] irn stant und session geben wollen. Das haben sein ftl. Gn. euern Gn. nicht wollen vorhalden.

[2.] Antwort meins gn. H.: Ich habe gehort aus euerm antragen, das ksl. Mt. morgen meiner swer [= Schwägerin], der Landgf.in, irn stant und session geben will. Nun kann ich ksl. Mt. hierinnen nicht masse geben, nachdem ich meins standes selbest mangel, den ich von recht und bil[li]ch haben solt. Woe ich aber horte, vas meins vettern bedenken wer als des eldisten, wolt ich mich alsden auch, vas das beste wer, vornemen lassen.

[3.] Antwort der geschigkten: Gn. H., unser gnst. H. hat uns bevoln, euern Gn. seiner Gn. bedenken, wo es von euern Gn. gesunnen, zu entdegken. Nachdem euer aller ftl. Gn. die vormundschaft angenomen, sint sein ftl. Gn. bedacht, nicht nachzulassen [= zuzugestehen], das unser gn. frauen, der Landgf.in, dermassen der stant gegeben, sundern das sein ftl. Gn. und euer Gn. rete neben der Landgf.in stant nehmen liessen als ubervormunder. Und ers [= ehe] sein ftl. Gn. nachlassen wolle, wollen sein ftl. Gn. auf sein pherde sitzen und von hin reiten. Bitten hierauf euer Gn. bdenken.

[4.] Antwort meins gn. H., durch Heinrich von Schonberg, George von Harris und Dr. Wertern getan: Lb. Hh., ir habet gesen, das Mgf. Casimirus, unser gn. H., bei unserm gn. H. ist. Derhalben sein ftl. Gn. vorhindert ist, euch selbest antwort zu geben. Uns bvoln, euch zu sagen, das sein ftl. Gn. ksl. Mt. nicht haben masse zu geben dieser session halben, wie ir von sein ftl. Gn. selbest gehort, nachdem auch diese sachen unsern gn. H. und sein ftl. Gn. nicht alleine betrifft, sundern ander auch, die dozugezogen gehorn. So ist seiner ftl. Gn. fruntlich bitte, unser gn. H., sein Gn. vetter, wollen bdenken, ob irn Gn. auch fugen will, eincherlei vorzunemen, dieweil sich unser gn. fraue, die Landgf.in, erboten, ir aller Gn. rechtlich erkentnis zu leiden. Vas alsden sein ftl. Gn. finden, das mit fug und recht vorzunemen, das wollen sein ftl. Gn. nicht underlassen.

[5.] Auf sonnabent nach oculi [9.3.10] haben H. Wolf von Weyssenbach, ritter, und Dr. Hennig abermals von wegen Hg. Friderichs etliche meynung an meinen gn. H. Hg. Georgen werbend gelangen lassen, aber dieselbig werbung ist nicht ufgezeichenta. Aber es hab sich darauf gezogen, ob mein gn. H. mit seinen vettern [Kf. Friedrich und Hg. Johann von Sachsen] die session der Landgf.in wolle anfechten. Sundern was mein gn. H. Hg. Georg darauf zu antwort gegeben, steht hirnach verzeichnet:

[6.] Auf das antragen, so H. Wolf von Weyssenbach, ritter, und Dr. Henning von wegen Hg. Friderichs von Sachsen etc., Kf., an Hg. Georgen von Sachsen etc. am sonnabent nach dem sontag oculi Ao. etc. decimo zu Augspurg haben gelangen lassen etc.b, ist inen under anderm von Hg. Georgen antwort gegeben: Nachdem seine vettern und sein Gn. in annehmung der vormundschaft des jungen Landgf. [Philipp] zu Hessen in die fusstapfen derjenigen, die sich des regiments mit gewalt understanden, getreten wern, konnte Hg. Jorg bey sich nicht bedenken, das seiner Gn. vettern und seinen Gn. wol gezymen wollte, sich mit der Landgf.in des standes halben in rechtlichen zank zu geben. cAber seiner Gn. bedenken were, das besser sein sollte, solchs bey der Landgf.in gutlicher meynung zu suchen, mit irm guten willen darvon abzustehn. Darzu wollte mein gn. H., sovil ime moglich, gerne furdern helfen.–c

[7.] Nachfolgend hat Hg. Friderich seine rete abermals zu meinem gn. H. geschickt und nachfolgende meynung an meinen gn. H. tragen lassen. Darauf sein Gn. antwort gegeben, wie allenthalb hirnach vorzeichent steht.

Antragen der Kf.-rete: Unser gnst. H. kann sich nicht entsynnen, das sich sein ftl. Gn. ader seiner Gn. brudern [Hg. Johann] in sachen euer aller Gn., auch euer Gn. allain belangend ye gesundert ader hetten sundern wollen. Als aber euer ftl. Gn. anzaigt het, das unser gnst. H. und seiner Gn. bruder in der hessischen sachen mit euer ftl. Gn. vor einen man zu stehn geweygert, daraus euer ftl. Gn. nicht anders abnemen konnte, dann daz ir ftl. Gn. solichs aus einem vortail oder widerwillen vorgenomen etc., so solichs von yemant der euern irn ftl. Gn. aufgelegt, das es aus einem vortail dargeflossen, konnte sein ftl. Gn. nicht anders vormerken, denn das solichs von demselben zu merung weiters unwillens vorgenomen. Dieweil denn ir ftl. Gn. desselbigen unschuldig, wollte sich sein ftl. Gn. gegen demselben hören und merken lassen, das darin sein ftl. Gn. und seiner Gn. bruders unschuld befunden solt werden. Dann ir ftl. Gn. in den und andern sachen euern ftl. Gn. zu nachtail nye kainen vortail gesucht oder hinforder zu suchen nicht gemaint. So aber euer ftl. Gn. solichs von sich selbst bedacht und weiter ursachen angezaigt wurden, wollten sich ir ftl. Gn. darauf hören lassen, das sye solichs genzlich unschuldig.

So sey es auch nicht aus keinem widerwillen dargeflossen, dann allain aus dem, das euer ftl. Gn. das testament zu handhaben angenomen. Das ir ftl. Gn., auch euer ftl. Gn. bruder, in solh testament zu bewilligen, in kainen weg leidlich, denn es irn ftl. Gn., auch euern ftl. Gn. selbst nachtailig, wie dann dasselbig ir ftl. Gn. euern ftl. Gn. zugeschriben.

Euer ftl. Gn. haben weiter angezaigt, das euer ftl. Gn. hetten euer Gn. vettern zu Molhausen2 nachhandlen müssen etc. Darauf teten ir ftl. Gn. diese bericht, das alle handlung durch euer allerseits Gn. rete gehandelt, ungezweifelt, die euern nottorftigen befelh, zu handeln und zu besliessen, gehabt. Welhe handlung zuletzt durch euer allerseits Gn. einmütig beslossen, vorreceßt und besigelt. Dadurch abzunemen, das euer ftl. Gn. irn ftl. Gn. nicht haben dorfen nachhandlen. Und es solt nicht vor unzimlich angesehen werden, was drey beslussen, das es der vierte vorfolgt.

Als aber euer ftl. Gn. angezaigt, das unser gnst. und gn. Hh., den gütlichen austrag, zu Molhausen von euer ftl. Gn. vorgeslagen, anzunemen gewaygert etc., ist nicht beschehen, dann ir ftl. Gn. solhen austrag nicht geweygert und noch nicht weygerten, so ir ftl. Gn. gleichmessig zur handlung hetten komen mogen oder noch komen mochten.

Das aber ir ftl. Gn., des Bf. von Menz gerechtigkait an sich zu bringen, in arbait gestanden etc., soll sich nymmer befinden. Und wa ir ftl. Gn. sich des understanden, so sollte es euern ftl. Gn. ane schaden und nachtail vorgenomen sein worden und gebeten, denselbigen vorzustellen etc. Dergleichen wollten sy sich zu euern ftl. Gn. auch versehen, das euer Gn. sich irn ftl. Gn. zu nachtail nichts understehn wurde. Wo aber euer ftl. Gn. zu erhebung des hauses von Sachsen, irn Gn. unnachtailig, ichts vornemen wurde, darzu wollte ir ftl. Gn. euer ftl. Gn. aufs höchst furdern. Und ir ftl. Gn. hörten gern, das euer ftl. Gn. das provisorampt vor euer ftl. Gn. son [Johann] konnten erlangen, dann es ir Gn. vor euer Gn. son lieber dann yemants anderm gönnen wollten.

Der erfurdischen lehen halben etc., die weren euer ftl. Gn. und sonderlich, die euer ftl. Gn. zustendig, nye gewaygert.

Des Bf. von Meissen halben etc. hetten ire ftl. Gn. demselben Bf. keinen unzimlichen zufall getan, mit erregung, das in der handlung, denselbigen Bf. belangend, vorgeslagen were, das Bischofswerde zu getreuer hand dem Bf. von Numburg sollt eingereumt werden, und einen entlichen austrag vorgeslagen, welher von euer ftl. Gn. geweygert. Und wer euer ftl. Gn. wol als leidlich gewest, als das euer ftl. Gn. hernachmals Bischofswerd dem Bf. sust wider gegeben.

Umb zuschickung irer ftl. Gn. rete Hg. Hainrich zu gut etc., ist deshalb beschehen, das Hg. Hainrich auf ir ftl. Gn. urbötig gewest, sich von aller unzimlichkeit zu weisen lassen. Und dieweil ir ftl. Gn. Hg. Hainrichen als vil als euer ftl. Gn. vorwandt, hetten es ir ftl. Gn. im nicht wissen abzuslahen. Dann wo euer ftl. Gn. umb zuschickung irer ftl. Gn. rete auch ansuchung getan, solt es euer ftl. Gn. auch nicht gewaygert sein. Aber euer ftl. Gn. hetten das vortrauen zu iren ftl. Gn. nicht gehabt, darumb villeicht euer ftl. Gn. nachgelassen, sye derhalben anzusuchen.

[8.] Mit anhangendem besluss, das ir ftl. Gn. alleweg genaigt gewest, alle sachen, sye und euer ftl. Gn. insampt, auch euer ftl. Gn. allain belangend, zum besten helfen zu furdern. Das solt sich euer ftl. Gn. zu iren ftl. Gn. noch vorsehen. Sondern in den gebrechen, die sich zwischen euer allerseits Gn. irrig halten, könnten ir ftl. Gn. aus grösse der gescheft ksl. Mt. nicht ausgewarten. So wollte es auch iren gnst. H. Hg. Friderichen, hinder seiner Gn. bruder in einichen handel zu gehen, nicht leydlich ader gepürlich sein, bittende, sein ftl. Gn. auf ditsmal derhalben weiter unangezogen zu lassen. Und euer ftl. Gn. wolde sein ftl. Gn. euer gemüte in der hessischen, auch erfordischen sachen ercleren, ab euer ftl. Gn. mit iren Gn. vor einen man stehn wollt und dasjenige, so durch die Landgf.in vorgenomen, helfen widerfechten. So aber euer ftl. Gn. solichs in wegerunge stehn wurde, so wollt es dennoch sein ftl. Gn. vor sich, seinen bruder und vettern Hg. Hainrich anzufechten nicht unterlassen.

[9.] Zu disen sachen hab sein Gn. [Hg. Georg] geschickt, zu hören seiner vettern und seins brudern bedenken. Dieweil es dan davor angesehen, das die artikel alle, so in der vorzeichnis, die sein Gn. nicht zukomen, vor gewilligte artikel angesehen und die geschigkten seiner Gn. vettern sich haben hören lassen, das billich sey, was drey vor gut ansehen, das der vierte auch folget, so acht sein Gn. dis gereyt vor ein beschlossen sach und vorgebens, das sein Gn. sein bedenken darzu sage, so es unvorfenglich, leßt es dismal dorbey. Wo es gut wird, so will ers loben, geretzs übel, so will er gegen Got und der werlt entschuldigt sein, hiemit ungeben, was im von vormundschaft ader anderm von billicheit zustehn soll.

[10.] Am dinstag nach letare Ao. etc. decimo [12.3.10] sein Friderich Dhune und H. Wolf von Weyssenbach von wegen irs gnst. H. Hg. Friderichs, Kf. etc., zu meinem gn. H. Hg. Jorg geschickt, die under anderm diß antragen getan:

Nachdem ir gnst. H. Hg. Friderich jüngst meins gn. H. Hg. Jorgen gemüte und bedenken vernommen, das gut sein solte, die Landgf.in zu besuchen, sie in fruntlicher meynung dohin zu vermogen, sich von irem furnemen der session selbs abzuweysen etc. [siehe oben [6.]], were irs gnst. H. bedenkend, wo mein gn. H. esich bedunken ließ ader einich–e vertrostung hette, das solch ansuchen bey der Landgf.in fruchtbar sein möchte, dasselbig seinen Gn. fruntlicher meynung zu entdecken. Alsdenn wolte sein Gn. dasselbig mit meinem gn. H. auch gerne einig sein. Wo aber solch ansuchen bey der Landgf.in vorgebens und nicht frucht wirken solte, were besser, dasselbig zu enthalden, mit ferner anzeygung, wo alsdenn mein gn. H. mit ihrem gnst. H. einig sein, solchs bey ksl. Mt. abzuwenden, so wolte es sein Gn. als fur sich von seiner, seines bruders und vettern wegen selbs tun.

[11.] Hg. Georgen antwort: Darauf mein gn. H. Hg. Jorgen antwort gegeben, sein Gn. konte nicht wissen, ob solch ansuchen bey der Landgf.in frucht ader nicht frucht bringen würde, denn sein Gn. wüste nicht, was in der Landgf.in herz steckt. Sein Gn. hette jungst disen wege fur den bequemsten zu diser sache angesehen und furgeslagen, in zuvorsicht, wo man dem uf dasmal nachgegangen, es solte baß denn nu zur zeit bey der Landgf.in zu erlangen gewest sein. Dieweil aber sein vetter einen andern wege furgenomen, wuste sein Gn. nichts weyters darbey zu tun.

[12.] Esf ist durch die geschickte abermals beslieslich angeregt, irem gnst. H. zu vormelden, ob mein gn. H. mit irem gnst. H. wolte einig sein, solchs bey ksl. Mt. abzuwenden.

[13.] Darauf mein gn. H. antwurt gegeben, sein Gn. hette sich jüngst gegen seinen vettern seins gemüts vernemen lassen, ob seine vettern in allen sachen mit seinen Gn. fur einen man stehn wolten. Des hat sein Gn. von seinen vettern noch kein antwort. So sein Gn. aber desselbigen antwort erlangt, alsdenn wolte sein Gn. seinen vettern sein gemüte auch ferner eroffenen.

[14.] Nachfolgendg hat Hg. Friderich abermals seine rete zu meinem gn. H. geschickt mit einer langen werbung. Darauf mein gn. H. denselben reten gesagt, ein bedenken darauf zu haben und alsdenn seinen vettern seiner Gn. gemüte widerumb zu erofnen. Und mein gn. H. hat dasselbig der rete antragen, wie es sein Gn. und seiner Gn. innebehalten, aufzeichnen lassen und mit derselbigen ufzeichnis seine rete zu seiner vettern reten geschickt, an inen erfarung zu haben, ob ir antragen dermassen gelautet. Und wie dasselbige antragen von meinem gn. H. vermerkt und aufgezeichent ist, steht hirnach geschryben.

Als solchs dermassen von meins gn. H. reten an Hg. Friderichs rete gelangt ist, haben sie sich vornemen lassen, das hsolchs nicht die meynung sey. Darauf meins gn. H. rete gebeten, solchs, wuran es manglt, zu verandern. Des sich Hg. Friderichs rete geweygert, mit anzeygung, das–h es der gebrauch zwischen dem haus zu Sachsen nicht sey, ir antragen schriftlich uberzugeben. Darumb wusten sie dasselbig nicht zu deuten. Sie liessen es bey irem antragen bleyben.

Nach vilgehabter underredung, so beyder Ff. rete miteinander gehabt, hat mein gn. H. dise nachfolgende meynung seinen vettern furhalten lassen. Darauf Hg. Friderich durch seine rete hat antwort geben, sich auch mein gn. H. beslieslich gegen seinen vettern vornemen lassen, wie solhs allenthalb hirnach vorzeichent volgt:

[15.] Unser gn. H. hette erleiden können, das auf baiderseits unser gnst. Hh. antragen, so ain tail an das ander hat gelangen lassen, von ainem tail dem andern antwort gegeben und alhir daraus gehandelt were worden. Dieweil aber unser gnst. H., der Kf., von unsers gn. H. antragen, alhier zu handeln, beschwert, sonder ins land geschoben, will unser gn. H. Hg. Georg mit der sachen, an sein Gn. gelanget, auch dergleichen getan und in das land zu irer baider Gn. anheimkomen geschoben haben, mit diser entschuldigung, so ichts mitler zeit unschicklichs vorfallen würde, das unser gn. H. Hg. Georg des nicht geursacht habe.

[16.] Kf. rete: Wir haben euer jungst antragen an unsern gnst. H. gelangen lasen. Sodan die zwene artikel, die unser gnst. H. an Hg. Gorgen, die erfordische und hessische handelung belangend, itzund und alhir vorgefallen und den vorzug ins land nicht erleiden kan., dan unser gnst. H. von Menz unsern gnst. H. Hg. Friderich vor dem bund zu rede gesetzt.3 Des seinen Gn. zu verantworten geburen will. Auch die vormundeschaft des landgraftums zu Hessen, alhir angefochten, darwider sein Gn. vor sich, seinen bruder und vettern Hg. Heinrich zu handeln geburen wil. Darumb ist nochmals unsers gnst. H. an seinen vettern Hg. Gorgen fruntlich bitt, im zu vermelden, ab sein Gn. bei unserm H. Hg. Friderichen neben seinem bruder [und] vettern in der erfurdischen, auch hessischen sachen stehen wil. Wa aber sein ftl. [Gn.] unserm gn. H. hirauf nicht antwort geben, so wil es unser gn. H. darvor haben, das sich sein ftl. Gn. hievon zu sundern gedenke. Und sein ftl. Gn. wil sulchs seinem bruder [und] vettern und der landschaft zuschreiben, das sein ftl. Gn. der vormundschaft halb angefochten und unsern gn. H. Hg. Gorgen, sulchs helfen zu vertreten, angezogen und das sich sein ftl. Gn. dasselbt gewegert.

[17.] Hg. Georg: Unser gn. H. Hg. Jorg lest sich bdunken, das seinen Gn., uf seyne angegeben artikel antwort alhir zu wissen, als nottorftig und nicht weniger dan als sein vettern. Dyweil dan sein veter, alhy antwort zu geben, bswert, so wil es sein Gn. bey foriger antwort bleyben lassen.i Wen sein Gn. wolt och das nicht gern bgeben, das im von recht zusteen solt, vil weniger sich des anmassen, das mit fug nicht erhalten mocht werden. Dorumb sein Gn., guten rat, den sich sein Gn. och hy zu erholen befeilt, doheiment zu suchen, nicht unnottorftig. Wil sich hymit von seiner Gn. vetter und bruder in allen zimlichen und bilichen sachen nicht gezogen haben. Solchs mog man von sein Gn. schreiben und sagen.

Nr. 179 Supplikation Landgf.in Annas von Hessen, geb. Hg.in von Mecklenburg, an Ks. Maximilian

Bitte um Stand und Session auf dem Reichstag gegen den Widerstand Kf. Friedrichs von Sachsen.

[Augsburg], 11. März 1510

Weimar, HStA, EGA, Reg. C Nr. 181, fol. 3a, Kop.

Regest: Glagau, Landtagsakten, S. 102 Anm. 1.

Allerdurchleuchtigster, großmechtigster Ks., allergnst. H., wiewol euwer ksl. Mt. mich sampt meynen zugeordenten zu diesem itzigen reychstag gefordert hat, ich auch daruf als die rechte, ehafte furmunderin meynes eynigen sons [Landgf. Philipp] in craft meines H. und gemahels seligen [Landgf. Wilhelm d. M.] veterlicher ordnong oder lesten willens, auch gemeynes rechtens gehorsamlich erschyenen bin und euer ksl. Mt. mich dermassen angezeugt, umb stand und session demutiglich gebeten, auch von derselben gn. antwort und zusag entpfangen hab, so ist mir doch solichs bysher verzogen wurden (als ich bericht bin) us etlichen ungegrunten inreden meyns ohemen Hg. Fridrichs von Sachsen, Kf. Nachdem ich mich dan des zu seiner lieb uber meyne habende gerechtigkeit, vorergangne handlung, auch sein eygen montlich und schrieftlich mir beschene zusag keyneswegs versehn gehabt hab, so bite dieselben euer ksl. Mt. ich gar demütiglich, sie wolle als mein allergnst. [H.] in ansehong oberzelter ursachen mir nachmals stand und session gnediglich geruhen zu vorschaffen. Als dann itzo ymands zu mir des und anders halb ichts zu sprechen zu haben vermeynt, demselben will fur euer ksl. Mt. ich alzeit genugsams rechtens pflegen, gn. antwort gewartend. Datum montags nach letare Ao. etc. decimo. 1

Nr. 180 Kf. Friedrich III. von Sachsen an Ks. Maximilian

Bitte um Zurückweisung der Forderung Landgf. Annas von Hessen nach Stand und Session auf dem Reichstag.

[Augsburg], 16. März 1510

Weimar, HStA, EGA, Reg. C Nr. 181, fol. 8a u. b, Kop.

Regest: Glagau, Landtagsakten, S. 102 Anm. 1.

Gruß. Allergnst. H., als euer ksl. Mt. mir ein suplication, die an euer ksl. Mt. von meiner muhmen frauen Anna, geborn Hg.in von Meckelnburg, Landgf.in zu Hessen etc., witwen, gereicht [Nr. 179], gnediglich uberantwurt hat, die meynung inhaltend, als solt ir als der rechten vormündern irs einigen sons, meins ohmen Landgf. Philippsen zu Hessen, auf diesem reichstag stand und session gegeben werden, als ir doch bisher aus meinen ungegründten einreden uber mein aigen müntlich und schriftlich zusage verzogen wurden sey etc., hab ich ferrers inhalts vernomen und bedanke gegen euer ksl. Mt. mich erstlich der gn. uberantwurtung, mit erbietung, solchs umb dieselb euer Mt. unterteniglich zu verdienen. Füge auch euer ksl. Mt. darauf unterteniglich zu wissen, das ich mich der suplication und clage meiner muhem in kein weg versehen hett, sonderlich aus dem, weyl irer lieb unverborgen, das mein lb. brüder [Hg. Johann], vettern [Hg. Georg und Hg. Heinrich] und ich als erbwarten des Ft. zu Hessen uns der vormundschaft auf ersuchen, bit und begern der landschaft angenomen, der wir auch in besitzung, geprauch und gewheren sind und als vormunden zwischen irer lieb und der landschaft zu Hessen irer geprechen halb gehandelt, mein muhem auch, das sie auf diesen reichstag session bitten oder fur euer ksl. Mt. uns beclagen wolt, an uns nye hat gelangen lassen. Bin ir auch nit gestendig, sie an der vormundschaft nit zu irren, zugeschrieben oder zugesagt zu haben. Derhalb, so yemands als vormunden des Ft. zu Hessen stand oder session gegeben werden soll, anders dann hofmeister und regenten desselben Ft., die euer ksl. Mt., auf diesen reichstag neben andern stenden des hl. Reichs zu erscheinen, das best und nützlichist zu handeln und zu schliessen helfen, auch beschriben hat, so haben euer ksl. Mt. aus solchen und andern ursachen gnediglich zu bedenken, das solcher stand billicher niemands dann meinen brüdern, vettern und mir gegeben werd, underteniglich bittend, euer ksl. Mt. wolle meiner muhm, der Landgf.in, ires ungegründten furnemens nit stat und, sovil mein person sonderlich betrifft, nit glauben geben, sonder mein brüder, vettern und mich bey unser gewher gnediglich schützen und handhaben. Das bin umb euer ksl. Mt. ich unterteniglich zu verdienen ganz willig und bevilh derselben euer ksl. Mt. mich hiemit zu allem undertenigem gehorsam. Datum am sambstag nach dem sontag letare Ao. etc. decimo.

Nr. 181 Landgf.in Anna von Hessen an Ks. Maximilian

Augsburg, 22. März 1510

Teildruck bzw. Regest: Glagau, Landtagsakten, Nr. 24.

Hätte nicht erwartet, daß Kf. Friedrich von Sachsen ihr das Sessionsrecht auf dem Reichstag streitig machen würde, nachdem er doch weiß, daß sie gemäß der väterlichen Ordnung ihres verstorbenen Gemahls sowie dem gemeinen geschriebenen Recht der rechtmäßige Vormund ihres Sohnes und seines Landes ist. Zudem hat der Ks. sie wie andere Stände des Reiches auf diesen Reichstag geladen. Gesteht weder Kf. Friedrich noch dessen Bruder (Hg. Johann) oder Vettern (Hg. Georg und Hg. Heinrich) die Vormundschaft über ihren Sohn zu. Hierfür können sie aus dem Umstand, daß sie erbwarten des Ft. sind, kein Recht ableiten. Den Landständen steht es als Untertanen ihres Landesfürsten gar nicht zu, Vormünder zu erbitten und noch viel weniger, sich aus eigener Kraft zu Regierenden aufzuschwingen. Falls sie nicht selbst die Vormundschaft übernehmen will, steht es niemandem mehr als ihr selbst zu, einen Vormund für ihren Sohn zu benennen. Demzufolge können die sächsischen Hgg. nicht im rechtmäßigen Besitz der Vormundschaft sein. Gesteht auch nicht zu, daß die Hgg. in den Differenzen zwischen ihr und den Regenten als Vormünder agiert haben. Sie haben im Streit um die Vormundschaft nur Schiedstage angesetzt, sich aber zunächst keine Vormundschaft angemaßt bis zum Tag in Mühlhausen,1 auf dem sie sich vor ihnen zu Recht erboten hat. Erst bei dieser Gelegenheit erklärten sie, sie seien von den hessischen Landständen um Annahme der Vormundschaft ersucht worden. Dagegen hat sie häufig öffentlich protestiert. Hätte sie um die entsprechenden Ambitionen der Hgg. gewußt, wären diese für sie als Vermittler nicht in Frage gekommen.

Nr. 182 Ksl. Schutzbrief für Landgf.in Anna von Hessen

Augsburg, 25. März 1510

Darmstadt, StA, Best. B 9 Nr. 850, Orig. Perg. m. S. (Gegenzeichnung: Serntein).

Regest: Battenberg, Solmser Urkunden, Nr. 2419.

Ks. Maximilian bekundet, daß er Landgf.in Anna von Hessen, Witwe Landgf. Wilhelms d. M., gegen ihre Räte, Diener und Verwandten in Schutz genommen hat. Gebietet unter Androhung einer Strafe von 50 Goldmark, diese Erklärung zu respektieren.

Nr. 183 Die Gesandten des hessischen Regiments an Hg. Georg von Sachsen

[1.] Bitte um Unterstützung bei der Zurückweisung der Forderung Landgf.in Annas von Hessen nach Stand und Session auf dem Reichstag; [2.] Ersuchen um Mithilfe beim Widerstand gegen die Bestrebungen des EB von Mainz zur Aufhebung des Güldenweinzolls; [3.] Bitte um Unterstützung bei der Rückführung von Pretiosen der Landgff. von Hessen.

Augsburg, 28. März 1510

Orig. Pap. m. S.: Dresden, HStA, GR, Loc. 8675/1, fol. 88.

Kop.: Weimar, HStA, EGA, Reg. C Nr. 181, fol. 4a-5a.

Regest: Glagau, Landtagsakten, S. 102 Anm. 1.

[1.] Durchleuchtiger, hochgeborner F., gn. H., gestern [27.3.10] morgens haben wir euer ftl. Gn. reten entdeckt, das wir nach unser ankunft auf disem röm. ksl. Mt., unsers allergnst. H., angesatzten reichstage vornemen, wie die hochgeporne F.in und fraue, frau Anna, geporne Hg.in zu Megkelnburg und Landgf.in zu Hessen etc., witwe, bey ksl. Mt. angesonnen und, umb session zu erlangen, sich bearbait, das doch unser gnst. H., Hg. Friderich, Kf. etc., bey ksl. Mt. mit bit bis auf unser zukunft aufgehalten hat. Ist darumb unser undertenig bit, euer ftl. Gn. wolle als ein mitfurmunde neben andern unsern gnst. und gn. Hh. von Sachsen uns beholfen und beraten sein, damit solich furnemen genanter F.in abgewendt werde, wie der obgedachte unser gnst. H., solichs zu verkomen, unsern gn. Ff. zu Hessen zu ere und gute genediglichen neben euer ftl. Gn., in dem uns auch hulflich und retig zu sein, zugesagt hat, des wir uns nicht weniger zu euer ftl. Gn. vortrösten.

[2.] Zum andern hat uns angelangt, wie unser gnst. H. von Menz etc. sich bey der ksl. Mt. gearbait habe, den guldenweinzoll abzustellen. Wue nu dem also were, truegen wir des nicht unpillich befrembden, bitten aber euer ftl. Gn. als mitfurmunden unser gn. Ff., neben unsern gnst. und gn. Hh. von Sachsen dafur zu sein, damit unsern gn. Ff. solher erlangter zoll nicht abgezogen oder -gedrungen werde.

[3.] Zum dritten ist euer ftl. Gn. rat H. Cesar Pflug wissend, wie wir uns hievor beclagt haben, das mehrgedachte F.in von Hessen, witwe etc., aus dem Ft. Hessen zwo kysten in ain frembde stat gein Molhausen gefürt und daselbst hinder ainen rat gesetzt hat. Darin (als wir es ungezweifelt achten) barschaft, kleynot und anders, unsern gn. Ff. und derselben Ft. zustendig, vorslossen sind. Und wiewol wir merveldiglich den von Molhausen geschriben, soliche kysten vorpetzschirn ze lassen, ists doch alles unfruchtbar gewesen. Bitten darumb abermals euer ftl. Gn. als ainen mitfurmund, beraten und beholfen zu sein, damit angezaigte kysten, in massen die gein Molhausen komen, widerumb in das Ft. Hessen gepracht werden. Wollen wir umb euer ftl. Gn. in aller undertenigkait vordinen. Auf das alles gn. und trostliche antwurt bittend. Datum Augspurg auf dornstag nach dem hl. palmtage Ao. etc. decimo.

Nr. 184 Antwort Hg. Georgs von Sachsen auf die Bitten der Gesandten des hessischen Regiments

[1.] Allgemeine Hilfszusage in Sachen Landgf.in von Hessen; [2.] Ebenso in Sachen Güldenweinzoll; [3.] Wohlgemeinte Empfehlung zur Rückholung der Pretiosen.

[Augsburg, Anfang April 1510]

Kop.: Weimar, HStA, EGA, Reg. C Nr. 181, fol. 6a-7a; Dresden, HStA, GR, Loc. 8675/1, fol. 90a u. b.

[1.] Antwortet auf die schriftliche Bitte der Gesandten um Unterstützung gegen die Bemühungen Landgf.in Annas von Hessen um Erlangung der Session auf dem Reichstag (Nr. 183), er sei bereit, alles das ze furdern, das unsern ohmen, den Landgff., zu ere und gut kommen soll. Und wen wir vorstendigt, was schade unserm ohmen daraus entstehe, so unser swyger session gegeben und wir ermessen moegen, das dis zur unpillicheit furgenomen und unserm ohmen [Landgf. Philipp] zu nachteil reichet, so wullen wir uns alsden hoeren und vernemen lassen als der nicht gerne wolt, das einigerley unserm ohmen solte zu nachteyl furgenommen werden.

[2.] Was das Ersuchen um Hilfe gegen den Versuch des EB von Mainz, die Abstellung des Güldenweinzolls zu erreichen, betrifft, sein wir dem hause zu Hessen also gneigt und sonderlich unserm ohmen Landgf. Philipsen so verwandt, deme solicher zoll unsers versehens aus ksl. Mt. begnadigung itzt alleine zustehit, woe der Bf. von Mentzs odir andere ime den entziehen wolten, das wir alsden als der getreue freund uns bey ime befinden wolten lassen. Bedarf es ouch bit bey ksl. Mt. odir an andern orten, was wir dan darin unserm ohmen zu guet tun solten, weren wir willig.

[3.] Auf die dritte Bitte um Rat und Hilfe bei der Rückholung der durch Landgf.in Anna nach Mühlhausen verbrachten Kisten lautet seine Antwort, was die von Moelhausen euch nicht willefaren, steet in irer verantwortung. Das abir wir solten in dem namen einicherley bearbeyten, als were von barschaften und kleynoten darin, das dem Ft. Hessen zustendig, uf wane sonder gründe, haben wir sonders bedenken, den es ist unsers versehens nicht vermutlich, dieweil sich unser swyger, als einer frommen, tugentlichen F.in gezymet, gehalten, das ire lieb unsers verhoffens mit warheit nymand anders zu sagen mag, das ir lieb darin habe, das dem hause zu Hessen zustehe, sonder mer, das sie das ire darin verwart halte. Solt nue uf einen wan was furgenommen werden und sich anders befinden, was beswerung und unrecht der frommen F.in daraus entstoende, kont ir achten. Darumb, ane grund etwas furzunemen, guets bedenkens bedarf. Dan fünde sichs mit grunde also, wie ir anzeigt, das sie was darin hette, das iren kinden und den landen zusteende und gedecht, das denselben zu entwenden, so solte uns leyd sein, das unser soen der dochter solle nemen, die mit solichen mishendeln uberwunden. Und wollen alsden gerne möglichen vleis furwenden, damit unserm ohmen das sein erhalten werde.

Nr. 185 Vorschläge Ks. Maximilians zur Beilegung des Vormundschaftsstreits zwischen Landgf.in Anna von Hessen und dem hessischen Regiment

[1.] Jährliche Zahlung von 5000 fl. an Landgf.in Anna; [2.] Verfahrensweise bei Wittum und Morgengabe gemäß den entsprechenden Rechtsbestimmungen; [3.] Versorgung Landgf. Philipps; [4.] Mitwirkung der Landgf.in bei der Beratung der Landesangelegenheiten; [5.] Regelung der Sessionsfrage; [6.] Verfügung über die Kleinodien; [7.] Ersuchen an die Reichsstände um Ratschlag für das weitere Vorgehen.

[Augsburg, vor 20. Mai 1510]1

Kop.: A) Dresden, HStA, GR, Loc. 8675/1, fol. 97a-98a (Überschrift: Von diesen mitteln soll zu Hessen durch ksl. Mt. rete gehandelt werden); B) Weimar, HStA, EGA, Reg. C Nr. 181, fol. 17a-18a (Überschrift: Ksl. Mt. meynung und furslag zwischen der Landgf.in und der landschaft zu Hessen zu entschied und eynung zu beden tailn).

Teildruck bzw. Regest: Glagau, Landtagsakten, Nr. 26 (nach B).

[1.] Anfenglich bedunkt sein ksl. Mt. zimlich, das der Landgf.in uber und zusampt den 2000 fl., darumb sie versichert ist, noch 3000 fl., das in sum 5000 fl., werden verordent und zugestelt, und umb dieselben 5000 fl. yendert uf eynem schloss oder statt, da sye des jerlichen a habhaftig sey, verwyesen und versichert werd, und das ire solich 5000 fl. ire leben lang zusteen und volgen.

[2.] Mit dem wiedumb und morgengab soll es gehalten werden, wie wyedumbs- und morgengabrecht und -geprauch ist.

[3.] Des jungen Landgf. [Philipp] halben, das derselb zu Cassel pleyb und die Landgf.in inen [= ihn] personlich und mit weybsbilden versehe, desgleichen sie und die regenten in ksl. Mt. rete gegenwurtigkeit [ihn] mit etlichen personen us der lantschaft besetzen, bis das er in das 10. jar alt wirt. Alsdan mag man in, wie sich gepürt, vor sein statt machen. Und das nemlich dergestalt bestelt oder vergleicht werd, das entweders die Landgf.in den jungen H. mit seinem gesind umb ein gepürlich, zimlich gelt in irem kosten oder aber die Landgf.in mit irem statt umb ein zimlich gelt von der lantschaft bey dem sone in der liferung und notturft gehalten werd.

[4.] Das die Landgf.in, diweil sie iren witwenstul b behelt, selbst in dem rate des landes zu Hessen sein oder eynen an ire stat verorden müge, mitsampt den Hgg. zu Sachsen als obersten furmunden und der lantschaft helfen zu raten.

[5.] Das die session uf diesem reichstag mit eynem us der lantschaft, so hergeschigkt seint, von wegen der gemeynen regirung besetzt werd und nit bestimpt von keyner partei wegen, sonder der gemeynen regirung c, yedes gerechtigkeit ane nachteil und schaden–c.

[6.] Der kleynot halben soll es also gehalten werden: Was ire eigen kleynot, die sie dem Landgf. [Wilhelm d. M.] zupracht oder selbs erkauft het oder ir geschenkt weren, die sollen ir eygen volgen und pleyben. Was aber kleynoter des Landgf. gewest weren oder der Landgft. zugehorten, das dieselben beschrieben und versichert werden zu des jungen [Landgf.] handen, bis das er zu seynen jaren kompt, dem sie alsdan volgen sollen. Was kleynot aber des Landgf. bruder [Landgf. Wilhelm d. Ä.] zugehorten, die sollen in des regiments handen steen, beschrieben und versichert werden zu desselben Landgf. tochter [Elisabeth] handen, bis sie verheyrat wirdet; alsdan sollen sie derselben volgen.

[7.] Auch ist ksl. Mt. begeren an Kff., Ff. und stend des Reychs, ir Mt. zu raten, wo die partien diese artikel nit annemen wurden, was irer Mt. dornach in der sach zu handeln gepüre.

Nr. 186 Kompromißangebot Landgf.in Annas von Hessen im Vormundschaftsstreit mit dem hessischen Regiment

[Augsburg, kurz vor 20. Mai 1510]1

Druck: Glagau, Landtagsakten, Nr. 25.

Ist, ohne auf ihr Recht auf die Vormundschaft zu verzichten, kraft gemeinen Rechts und des Testaments ihres Gemahls Landgf. Wilhelm d. M. bereit, Ks. Maximilian zu Ehren und Gefallen Folgendes zu akzeptieren:

1. Will ihren Sohn Landgf. Philipp in Kassel oder Marburg in ihrer mütterlichen Obhut behalten, bis er zehn Jahre alt ist. Dort will sie ihm nach Rat der Vormünder und der Landstände einige Frauen und Männer zur Seite stellen. Ihr selbst sollen das Frauenzimmer, Küche und Keller sowie die Holznutzung an einem der beiden genannten Orte übertragen werden. Sie will dort entweder von ihrem Wittum oder zusammen mit einigen Personen auf Kosten ihres Sohnes leben oder ihr Sohn soll mit einigen Personen auf ihre Kosten leben.

2. Nimmt den Vorschlag des Ks. bzgl. einer Verbesserung ihres Wittums auf 5000 fl. an.

3. Beansprucht 10 000 fl. als Morgengabe, wie sie auch die Gemahlin Landgf. Wilhelms d. J., Pfalzgf.in Elisabeth, bekommen hat, denn sie hat einen Erben geboren und ihr Gemahl hat das ganze Land regiert.

4. Will Mitvormund ihres Sohnes sein und über Angelegenheiten des Landes persönlich oder durch einen Vertreter mitberaten.

5. Beansprucht von den Kleinodien diejenigen, die ihr zustehen, außerdem zu lebenslänglichem Gebrauch die, die ihr ihr verstorbener Gemahl zugewiesen hat. Hingegen ist sie bereit, die geliehenen Perlen, die ihrem Schwager von Hessen (Landgf. Wilhelm d. Ä.) gehören sollen, an dessen Kinder herauszugeben.

6. Das silberne Eß- und Trinkgeschirr, dessen Herausgabe an die Regenten bis zum 24. Juni 1510 sie versprochen hat, soll ihr zum lebenslänglichen Gebrauch verbleiben.

7. Verlangt ein Stück goldenen Stoff für ein Meßgewand sowie einen angemessenen Hausrat.

8. Bittet den Ks., sie und ihre Diener gegenüber dem Regiment und den Landständen in Verspruch zu nehmen.

Von diesen Artikeln wird sie diejenigen, über die entschieden wird, annehmen, die übrigen wird sie bis zur Weiterbehandlung durch den Ks. stehen lassen, doch in jedem Fall sollen die ihren Sohn betreffenden Artikel bewilligt werden.

Nr. 187 Ks. Maximilian an das hessische Regiment

Augsburg, 20. Mai 1510

Weimar, HStA, EGA, Reg. C Nr. 175, fol. 42, Orig. Pap. m. S. ( p.r.p.s.; a.m.d.i.p.; Gegenzeichnung: Serntein).

Regest: Glagau, Landtagsakten, S. 104 Anm. 1.

Landgf. Wilhelm d. M. von Hessen hat seiner Gemahlin Anna verschiedenes silbernes Eß- und Trinkgeschirr zum lebenslangen Gebrauch verschrieben, das sie auch nach wie vor verwendet. Sie mußte sich jedoch gegenüber dem Regiment verbürgen, dieses Geschirr bis zum 24. Juni 1510 ( St. Johannstag schieristkomend) zurückzugeben. Da er zuversichtlich ist, in diesem und anderen Streitpunkten einen Ausgleich herbeiführen zu können, ersucht er nachdrücklich darum, ungeachtet besagter Bürgschaft mit der Rückforderung des Silbergeschirrs und der Becher bis zu dem von den ksl. Räten anberaumten Schiedstag stillzustehen und die Landgf.in am Gebrauch der Gerätschaften so lange nicht zu hindern, bis durch die Räte darüber verhandelt worden ist.

Nr. 188 Landgf.in Anna von Hessen an Hg. Georg von Sachsen

Augsburg, 20. Mai 1510 (pfingstmantag)

Dresden, HStA, GR, Loc. 8675/1, fol. 99, Orig. Pap. m. S.

Teildruck: Glagau, Landtagsakten, Nr. 26 Anm. 1.

Ks. Maximilian ist es nicht gelungen, seine Bemühungen um eine Beilegung der Konflikte zwischen ihr (Landgf.in Anna) und der Gegenseite (d. i. das hessische Regiment) zum Abschluß zu bringen, da letztere erklärt hat, von Hg. Georg, den anderen Hgg. von Sachsen und den hessischen Landständen keinen Befehl zu haben. Der Ks. hat jedoch aus besonderer Gnade ihr gegenüber Vergleichsvorschläge (Nr. 185) unterbreitet, die diesem Schreiben beiliegen. Er beabsichtigt zudem, alle sächsischen Hgg. sowie die hessischen Landstände zum 13. Juli ( St. Margarethentag) nach Marburg zu laden und dorthin auch seine Gesandten zu schicken mit sonderlicher instruction und bevehl, von seiner ksl. Mt. wegen zwischen allen teilen gutlicher handlung zu pflegen, ob diese sach inhalt solicher inligender furschleg hingelegt werden mocht. Bittet Hg. Georg, den Tag persönlich zu besuchen oder, falls dies nicht möglich ist, ihn gut zu beschicken.

1. Zettel: Wie Hg. Georg vielleicht weiß, hat Kf. Friedrich von Sachsen ihr in dieser Angelegenheit viel Widerstand geleistet und tut dies bis zum heutigen Tag.

2. Zettel (eigenhändig): Bittet Hg. Georg als Freund um persönliches Erscheinen auf dem Marburger Tag. Da er gute Kontakte nach Hessen hat, ist zu hoffen, daß er ihrer Sache nützen kann.

Nr. 189 Ks. Maximilian an Kf. Friedrich III. von Sachsen und in gleicher Form an Hg. Georg von Sachsen und das hessische Regiment

Augsburg, 5. Juni 1510

Orig. Pap. m. S. ( p.r.p.s.; a.m.d.i.p.; Gegenzeichnung: Serntein): Weimar, HStA, EGA, Reg. C Nr. 175, fol. 46 (an Kf. Friedrich von Sachsen); Dresden, HStA, GR, Loc. 8675/1, fol. 101 (an Hg. Georg von Sachsen).

Kop.: Dresden, HStA, GR, Loc. 8675/1, fol. 102a u. b (an das hessische Regiment).

Regest: Glagau, Landtagsakten, Nr. 27 (an das hessische Regiment).

Hat bekanntlich auf dem Augsburger Reichstag viel Mühe aufgewendet, um in den Konflikten zwischen Landgf.in Anna von Hessen und dem hessischen Regiment einen Ausgleich herbeizuführen, ist aber zu keinem Ergebnis gelangt, vor allem deshalb, weil die Vertreter des hessischen Regiments keine Vollmacht besaßen. Hat deshalb beschlossen, zu weiterer und abschließender Verhandlung der Sache einen Tag anzuberaumen, dorthin seine Räte mit einer Instruktion zu schicken und alle zu laden, die mit der Angelegenheit zu tun haben. Ersucht deshalb darum, zum 13. Juli nach Marburg zu kommen und dazu beizutragen, daß der Konflikt gemäß der Instruktion, die durch ihn mit Rat der in Augsburg versammelten Reichsstände verfaßt und den ksl. Räten übergeben worden ist,1 gütlich beilegt wird und weitere Kosten und Mühen vermieden werden.2

Nr. 190 Kf. Friedrich III. von Sachsen an EB Philipp von Köln und in gleicher Form an Bf. Lorenz von Würzburg, die Mgff. Friedrich d. Ä. und Kasimir von Ansbach-Kulmbach, Hg. Heinrich von Braunschweig, Hg. Ulrich von Württemberg und den Abt von Fulda, Johann von Henneberg-Schleusingen

ohne Ort, 18. Juni 1510

Weimar, HStA, EGA, Reg. C Nr. 175, fol. 52a, Konz.

Aus beiliegender Abschrift ist zu ersehen, daß Ks. Maximilian ihm und der Landgf.in Anna von Hessen für den 13. Juli 1510 (Maragrethe) einen Tag nach Marburg angesetzt hat (Nr. 189). Bittet darum, ihm hierfür ein oder zwei Räte zur Verfügung zu stellen, die ihn beraten und unterstützen können. Da es zudem in dem ksl. Schreiben heißt, die Instruktion, die die ksl. Räte nach Marburg mitbrächten, sei mit Rat der in Augsburg versammelten Reichsstände verfaßt worden, bittet er nachdrücklich darum, einen Rat zu schicken, der während der Entstehung der Instruktion im Reichsrat gewesen oder von seinem Herrn informiert worden ist, was die Stände in besagter Angelegenheit beschlossen haben.

Anmerkungen

1
 Die Räte Hg. Heinrichs hatten am Kasseler Schiedstag vom 15.-22. Januar 1510 teilgenommen, auf dem sächsische Räte versucht hatten, einen Ausgleich zwischen der Landf.in und dem hessischen Regiment herbeizuführen. Im Mittelpunkt der Auseinandersetzung stand die Vormundschaft über Annas unmündigen Sohn Philipp, die sie für sich beanspruchte, was die Regenten jedoch strikt ablehnten. Daraufhin brach Anna die Verhandlungen ab. Vgl. das Protokoll des Schiedstages bei Glagau, Landtagsakten, Nr. 19.
2
 In diesem Testament vom 29. Januar 1508 hatte Landgf. Wilhelm d. M. seine Gemahlin Anna, EB Hermann von Köln sowie vier seiner Räte zu Testamentsvollstreckern und Vormündern seiner beiden Kinder Elisabeth und Philipp bestimmt. Teildruck: Glagau, Landtagsakten, Nr. 1 S. 2-13, hier S. 4. – Zu den Auseinandersetzungen um das Testament zwischen Landgf.in Anna einerseits, dem hessischen Regiment und den sächsischen Hgg. andererseits vor Beginn des Augsburger Reichstags vgl. ausführlich Glagau, Vorkämpferin, S. 16-63 und Scheepers, Regentin per Staatsstreich?, S. 85-106, außerdem Puppel, Die Regentin, S. 161-171; Dies., Der junge Philipp, S. 52-54; Neu, Erschaffung, S. 101-104, 111-113; Ludolphy, Friedrich der Weise, S. 256-258.
3
 Bezugnahme auf das alttestamentarische Buch Esther (Kap. 7 und 8), in dem geschildert wird, wie Esther, die jüdische Gemahlin des Perserkönigs Xerxes (reg. 485-465 v. Chr.) sich mutig für ihre verfolgten Glaubensgenossen einsetzte. Mit diesem Vergleich signalisierte Landgf.in Anna, daß auch sie selbstlos zum Wohl des hessischen Volkes handeln wolle. Vgl. Puppel, Regentin, S. 170f.
4
 Zu diesem Schreiben vgl. Scheepers, Regentin per Staatsstreich?, S. 104f.
1
 Die zu Beginn genannte, für die Datierung des Stückes relevante ungenaue Zeitangabe auf die fasten kann dadurch präzisiert werden, daß Hg. Georg am 24. Februar (vgl. Nr. 482 [3.]), Kf. Friedrich wohl am 25. oder 26. Februar (vgl. Nr. 523 [1.]) in Augsburg eintraf. Da die kursächsischen Räte am 9. März auf die vorliegende Resolution Hg. Georgs Bezug nahmen (Nr. 178 [1.]), dürfte diese Ende Februar oder Anfang März 1510 entstanden sein.
2
 [1.] belegt eindeutig, daß das Stück auf dem Augsburger Reichstag verfaßt wurde. Die entsprechende Angabe bei Volkmar, Reform, S. 181 Anm. 56, dem nur Exemplar B vorlag, ist demzufolge richtig. Die Aussage bei Rogge, Herrschaftsweitergabe, S. 282, die Schrift sei im Zuge von Gesprächen Hg. Georgs mit Kf. Friedrich im Februar 1510 in Nürnberg entstanden, entspricht hingegen nicht den Tatsachen.
1
 Ab hier von der Hand des hgl.-sächsischen Rats Cäsar Pflug. Vermerk am linken Rand von anderer Hand: Belangt die Landgf.in zu Hessen.
a
 Folgt gestrichen: dann ich [wohl: Cäsar Pflug] nicht dabey gewest.
b
 Vermerk am linken Rand: Belangt die Landgf.in zu Hessen.
c
–c Korrigiert aus: Was man aber an der Landgf.in mit irer fruntschaft und mit irem guten, fruntlichen willen erlangen konnte, darzu wollte sein Gn., sovil seinen Gn. moglich, gerne furdern helfen.
2
 Gemeint ist der Schiedstag zu Mühlhausen vom 15. November bis 1. Dezember 1509, auf dem sich Kf. Friedrich von Sachsen für die Übergehung, Hg. Georg von Sachsen hingegen für die Erfüllung des Testaments Landgf. Wilhelms aussprach. Dieser hatte darin seine Gemahlin Anna als Vormund seines Sohnes Philipp eingesetzt. Vgl. das Protokoll des Schiedstags bei Glagau, Landtagsakten, Nr. 16 S. 49-79.
d
 Korrigiert aus: fruntlich bitte.
e
–e Am Rand hinzugefügt.
f
 Am Rand neben diesem und dem folgenden Absatz: Belangt beyder Hh. gebrechen.
g
 Am Rand neben diesem und dem folgenden Absatz: Belangt etlichermas beyder Ff. gebrechen.
h
–h Am Rand hinzugefügt.
3
 Gemeint ist das Ersuchen EB Uriels von Mainz an den Schwäbischen Bund, ihm in der Erfurter Streitsache Hilfe gegen Kf. Friedrich von Sachsen zu leisten, Nr. 127.
i
 Folgt gestrichen: Dan in der itzigen vormundschaft und regirung so vil geschicht, geubt und vorhanden kegen seyner Gn. jungen ohemen [Landgf. Philipp von Hessen] und seiner Gn. schwiger [Landgf.in Anna von Hessen], das sein Gn. ein groß bdenken hat, wy es mit der zeit kegen seinen jungen ohemen zu vorantworten sey.
1
  Landgf.in Anna hatte ihre Situation dem Ks. bereits mit folgendem Schreiben aus Marburg vom 14. Oktober 1509 (sontag nach Dionisii) dargelegt: Hat ihn vor einiger Zeit über den Tod ihres Gemahls (Landgf. Wilhelm d. M. am 11. Juli 1509) unterrichtet und, nachdem dieser nicht nur zu seinen Lebzeiten dem Ks. stets zuverlässig gedient, sondern auch in seinem Testament von dieser Treue geschrieben hatte, gebeten, ihr, ihren Kindern (Elisabeth und Philipp) und ihrem Ft. Schutz und Schirm zu gewähren. Weiß gegenwärtig nicht, ob der Ks. dieses Bittschreiben erhalten hat. Ihr Gemahl hat in seinem Testament sie und einige ihr zugeordnete Personen als Vormünder ihrer beiden Kinder und ihres Landes eingesetzt, wogegen sich jedoch mehrere Angehörige der Landstände gestellt und sie nicht zur Ausübung ihrer Vormundschaft und der Landesverwaltung haben kommen lassen, zudem entgegen dem Testament und wider das ksl. geschriebene Recht, das ihr als Mutter ihrer Kinder vor allen anderen die Vormundschaft einräumt, ein eigenes neunköpfiges Regiment eingerichtet und sich selbst zu Regenten ernannt haben. Wird ihm hierüber bald durch eine Gesandtschaft Genaueres berichten. Vorläufig bittet sie ihn als obersten Vogt der Christenheit, Beschirmer der Witwen und Waisen und eingedenk der treuen Dienste ihres Gemahls, sie, ihre unmündigen Kinder und ihr Land in Schutz und Schirm zu nehmen und nichts zu glauben, was ihre Mißgönner unter dem Vorwand, daß es zum Wohl ihres Sohnes Philipp sei, möglicherweise vorbringen werden. Er allein ist ihr natürlicher Erbherr und ihrer zu Recht mächtig. Wird in diesem Sinne ihren Sohn Philipp erziehen, damit er als Erwachsener gleichfalls zu einem treuen Diener von Ks. und Reich wird. Teildruck: Glagau, Landtagsakten, S. 100f. Anm. 2. Zu diesem Schreiben und zu den nachfolgenden Verhandlungen auf dem Augsburger Reichstag über den hessischen Vormundschafsstreit vgl. Glagau, Vorkämpferin, S. 61-66; Puppel, Regentin, S. 171; Dies., Regentschaft, S. 255f.; Scheepers, Regentin per Staatsstreich?, S. 106-108; Klein, Politik und Verfassung, S. 197.
1
 Im November 1509. Vgl. Nr. 178 Anm. 1.
1
 Mit Schreiben von diesem Tag (Nr. 188) übersandte Landgf.in Anna die ksl. Vorschläge an Hg. Georg von Sachsen. Puppel, Regentin, S. 172 Anm. 101 vermutet in dem Text fälschlicherweise die Instruktion für den kursächsischen Gesandten auf dem Augsburger Reichstag.
a
 B fehlt.
b
 B witwenstant.
c
–c B fehlt.
1
 Das Angebot stellt wohl die Reaktion der Landgf.in auf die Vorschläge des Ks. (Nr. 185) dar, stimmt sie doch beispielsweise dem darin formulierten Gedanken einer Erhöhung ihres Wittums auf 5000 fl. zu.
1
Diese Instruktion liegt nicht vor, sie deckt sich jedoch, wie das Protokoll des Marburger Schiedstages (Druck: Glagau, Landtagsakten, Nr. 28) zeigt, weitgehend mit den ksl. Vermittlungsvorschlägen vom Augsburger Reichstag, Nr. 185.
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Der Marburger Schiedstag fand vom 16.-24. Juli 1510 statt. Vertreter des Ks. waren Gf. Adam von Beichlingen, Dr. Erasmus Toppler und Johann Storch. Teildruck bzw. Regest des Verhandlungsprotokolls: Glagau, Landtagsakten, Nr. 28. Am 24. Juli brachten die ksl. Räte einen Vertrag zwischen Landgf.in Anna und den hessischen Landständen zustande. Teildruck bzw. Regest: Ebd., Nr. 29; Regest: Battenberg, Solmser Urkunden, Nr. 2424; Demandt, Regesten, Nr. 2015. Zum Verlauf des Marburger Schiedstages und zur Bewertung seiner Ergebnisse vgl. Glagau, Vorkämpferin, S. 66f.; Scheepers, Regentin per Staatsstreich?, S. 108-111; Puppel, Regentin, S. 171-173. – Über die schwierigen Verhandlungen in Marburg berichtete Johann Storch mit Schreiben vom 23. Juli 1510 (erichtag nach Magdalene) an Zyprian von Serntein: [...] Ist vast sorglich, mit etlichen leuten zu handeln, dann was heut abgeredt und zugesagt wirt, ist morgen gewendet, und wer not, by allen reden ein notarien zu haben. Trag fursorg, das der artikel, wie die durch ksl. Mt. und die stende verfast sein, kayner dermassen erlangt werden mog. Sie bochen und stolziren nit anders, dann ob sie Babst und Ks. seyen. So die sachen zurschlagen werden solt, wirt uns not sein, wol furzusehen, wie wir aus dem land komen, dann die Schenken von Schweynsberg haben ein schloß, Schweinsperg genant, ein meyl wegs von Marpurg gelegen. Da ligt Hans von Senshaym und etliche andere reuter, die des von Menz, Wurzpurgs, Konigsteyns und anderer feynd sein, die werden nit feyern. So ist by etlichen leuten kein glaub oder trau. H. Peter von Aufses, der den regenten bysteet, besorgt sich nit wenig. Sie haben Konigsteyn vier knecht gefangen, harnisch und pferd gebeutet. Die regenten haben fur bystant kolnisch, wurzpurgisch, braunswigisch, brandemburgisch, wirtembergisch, fuldisch und ander mer rete, darzu etlich von der lantschaft, die ine anhangen, aber die gemeyn landschaft nit erfordert. Got gebe uns gluck, des wir wol bedorfen, zu der handelung. [...] Innsbruck, TLA, Maximiliana XIII 256/VI, fol. 107, Orig. Pap. m. S. (Vermerk: Zu aigen handen).