Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 11. Die Reichstage zu Augsburg 1510 und Trier/Köln 1512 bearbeitet von Reinhard Seyboth
[1.] Werbung Bf. Hiobs von Pomesanien beim Kg. von Polen, dessen Vorschlag einer Zusammenkunft in Krakau; [2.] Äußerungen der kgl. Räte über negative Folgen einer Nichtteilnahme des Deutschen Ordens am Krakauer Schiedstag; [3.] Warnung Bf. Hiobs vor einem Krieg mit Polen, dringende Empfehlung zur Beschickung des Schiedstages; [4.] Wunsch Polens nach Einbeziehung des Ks. und anderer Mächte in die Verhandlungen zu einem späteren Zeitpunkt; [5.] Frage des Geleits für die Tagungsteilnehmer; [6.] Mögliche Terminverschiebung; [7.] Bitte um Stellungnahme des Hochmeisters.
[Ansbach], 3. April 1512 (sunnabents nach dem suntag judica in der vasten)
Berlin, GStAPrK, XX. HA, OF 32, fol. 30a-34a, Kop.
[1.] Bf. Hiob von Pomesanien kam nach seiner Abfertigung in Kulmbach durch Hochmeister Albrecht am 7. Februar (sunnabents nach Dorothee) mit verschiedenen Aufträgen zum Kg. von Polen nach Krakau. Am 12. Februar (volgenden donnerstag) wurde er vom Kg. empfangen und am 6. März (sunnabents nach invocavit) mit einer (nicht vorliegenden) kgl. Instruktion entlassen. Bf. Hiob hat ihn (Hans von Schönberg) angewiesen, sie Hochmeister Albrecht zu übergeben und ihm die Auffassung des Bf. in dieser Angelegenheit darzulegen.
Gemäß den Thorner Vereinbarungen1 soll am 24. Juni (Johannis baptiste) in Krakau eine Zusammenkunft stattfinden, an der auch der Kg. von Polen persönlich teilnehmen will. Dieser sähe es gerne, wenn als Vertreter des Hochmeisters dessen Bruder Mgf. Kasimir käme, außerdem bevollmächtigte Vertreter aus Preußen sowie aus den deutschen und livländischen Ordensgebieten. Bf. Hiob empfiehlt, daß Hochmeister Albrecht den Tag auf alle Fälle beschickt.
[2.] Nachdem Bf. Hiob in Krakau dem polnischen Kg. die Werbung des Hochmeisters vorgetragen hatte und auf Antwort wartete, nutzte er die Gelegenheit, um mit dem EB von Gnesen (Jan Laski) sowie anderen Prälaten und kgl. Räten zu beraten, wie die gegenwärtigen Zwistigkeiten zwischen dem polnischen Kg. und der Krone Polen einerseits, dem Hochmeister und dem Deutschen Orden andererseits beigelegt und sunderlich die beschwerde des ewigen frieds2 abgewant mocht werden, also das derselb genzlich verbliebe und getilget oder ain zeit lang in ain anstand gestalt ader aber in sein beschwerlichen artikeln gemessiget werde. Es seind aber seinen Gn. also abschlegliche verlegung begegent, als ob solichs furnemen weren, die der cron in keinen weg leidlich. Und das sein Gn. und der orden zu beschlus wissen solt, wo dieser angesetzt tag und furgenomen handlung abgeschlagen, dardurch dan der ewig fried in enderung quem, so wer kgl. irleuchtigkeit bedacht, hett auch mit seinen Hh. und reten der cron beschlossen, on allen verzug dasjenige ze suchen und furzenemen, dardurch der ewige fryde und was denselben berurt, on alle enderung genzlich volzogen, aufgericht und gehalten wurde. Wan sein kgl. irleuchtigkeit und die cron hetten befunden und vermarkt, was merklicher schad, nachteyl und beschwer inen aus verzoglichen handlungen während der Regierung von Hochmeister Albrechts Vorgänger (Friedrich von Sachsen) erwachsen sind.
[3.] Dieweil dan sein Gn. daraus endlich vermarkt, wo dieser benant tag abgeschlagen, das eur Gn. und dem orden nichts anders ze warten, dan den ewigen fride mit beschwerung zu schweren oder kgl. irleuchtigleit gewaldiges furnemens mit krige zu widerstehen, das doch bederseyt sein Gn. aus vil bewegnussen und ursachen, wie aus der handlung abzunemen, nicht gern sehen. Wan was eur ftl. Gn. und dem wirdigen orden durch den ewigen fried, so derselb in sein craft gehen und gehalten soll werden, vor schaden und beschwer zuwechst, ist aus den artikeln und inhalt desselbigen ewigen frides zu vermerken. Wie aber eur Gn. zu krige und gewaltigem furnemen der cron und irem anhang sambt eur ftl. Gn. Hh. und freunden, mein gnst. und gn. Hh., zu widerstehen und den ritterlichen orden in landen Preussen, die eur Gn. etwas entlegen, zu hylf und zu entsetzung zu komen geschickt, tragen sein Gn. nicht wissen. Über die sehr eingeschränkte Fähigkeit und die geringe Bereitschaft des Ordenslandes, einen Krieg zu führen, kann sich Hochmeister Albrecht selbst informieren. Auch ist daran zu erinnern, wie der verstorbene Hochmeister diese sachen uf gemeinen tagfarten mit sein Gn. landen und leuten vleissig beratschlaget. Welche sein Gn. alzeit mit vleis gebeten und emsyglich vermant, sein ftl. Gn. wolde sich in die sach zwischen der cron, seiner ftl. Gn. und dem orden dermas schicken und darin handlen, damit es in alle weg zu keinem krieg reychet, nachdem in und den landen krieg in keinen weg treglich oder leydlich wer, nicht mit tunkeler anzeygung und warnung, das in lieber und leydlicher, das durch sein ftl. Gn. und den orden der ewige fryde bewilliget, beschworen und gehalten wurde, dan das sie durch vehde und krieg ferlich beschwerde, schaden oder verterbnus dulden und leyden solten. Bf. Hiob rät deshalb, Hochmeister Albrecht solle seinen Bruder Mgf. Kasimir dazu bewegen, in seinem Namen an besagtem Schiedstag teilzunehmen. In diesem Fall ist zu hoffen, daß beim polnischen Kg. etwas erreicht wird, das dem Hochmeister, dem Haus Brandenburg, dem Deutschen Orden und der deutschen Nation zur Ehre, zum Ruhm und zum Nutzen gereicht. Alle künftigen Beschwerungen, die vermutlich für den Orden und die deutsche Nation aus dem gegenwärtigen Handel erwachsen würden, könnten dadurch vermieden werden. Außerdem empfiehlt Bf. Hiob, den Deutschmeister zu ersuchen, ein oder zwei bevollmächtigte Vertreter zum Schiedstag zu entsenden.
[4.] Wie mit Hochmeister Albrecht in Kulmbach vereinbart, hat sich Bf. Hiob beim Kg. von Polen auch nachdrücklich dafür eingesetzt, das ksl. Mt., des hl. Reichs, ander Kgg. und Ff. botschaft zu solchem tag auch gebraucht wurden. Es haben aber mein gn. H., der EB, und ander rete der cron nicht vor tuglich oder nutz geacht, sunder, wo die sachen, wie hoffentlich, zu gutem ende raychen, sambt seiner Gn. schickerlich bedacht und angesehen, das alsdan uf nechstkomenden reichstag von beyden teylen, der cron und des ordens, geschickt wurde und, wes man sich underredet und verayniget hett, alsdan ksl. Mt. und ander stende des Reichs vortrugen und solichs und anders, das des handels notturft erfordert, zuzelassen und zu bewilligen bete, und das dergleich bey Bebstlicher Hlkt. und am hof zu Rom auch geschee.
[5.] Als Bf. Hiob um Geleit für die Teilnehmer am Schiedstag bat, erhielt er zur Antwort, dies sei nicht notwendig, da man gütlich handeln wolle. Falls aber der Hochmeister das Geleit verlange, werde es beim polnischen Kg. keinen Mangel haben.
[6.] Der Kg. erklärte gegenüber dem Bf., falls er wegen Kriegsgeschäften außer Landes gehen müsse, werde er den Schiedstag rechtzeitig absagen und einen späteren Termin, etwa um den 11. November (Martini) benennen, um persönlich daran teilnehmen zu können.
[7.] Dies alles hat Bf. Hiob auch den übrigen Regenten in Preußen mitgeteilt und sie um ihren Rat gebeten. Entsprechend möge auch der Hochmeister seine Meinung kundtun.