Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 10. Der Reichstag zu Worms 1509 bearbeitet von Dietmar Heil

[1.] Widerstand Venedigs und Frankreichs gegen den ksl. Romzug; [2.] Abwehrkampf Tirols, Verweigerung von Hilfe durch den Schwäbischen Bund und die in Mainz versammelten Reichsfürsten; [3.] Auflösung der ksl. Partei in Italien; [4.] Ausschreiben eines Reichstages nach Worms; [5.] Abschluss eines Waffenstillstands mit Venedig; [6.] Notwendigkeit von Beratungen über Krieg und Frieden; [7.] Verschiebung des Termins für den Reichstag; [8.] Aufforderung zur Teilnahme daran zu Beratungen über Krieg und Frieden; [9.] Ankündigung eines ksl. Feldzugs in Geldern; [10.] französische Unterstützung für Karl von Egmond, Bedrohung der burgundischen Erblande.

Dresden, HStA, Geheimer Rat, Loc. 10180/23, fol. 1 (Or., gedr. Formular, Vermm. prps. (Stempel)/amdip., Gegenz. G. Vogt; Anrede, Ausstellungsort und Monatstag des Ausstellungsdatums handschriftlich inseriert) = Textvorlage A. Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Ratskanzlei, A-Laden Akten, A 141, Nr. 45, unfol. (wie A; Verm.: P[raese]nt[atum] durch ain jungen ksl. edelman am samstag Sebaldi, 19. Augusti 1508.) = B. München, HStA, KL Regensburg, Niedermünster, Nr. 40, fol. 100–100’ (wie A; Adressat: Äbtissin N. [= Agnes Nothafft] von Niedermünster/Regensburg) = C. Augsburg, StA, Rst. Nördlingen, Mü. Best. 28, unfol. (wie A). Berlin, GStA, I. HA, Repos. 10, Nr. ♃♆, Fasz. 2N, fol. 11–11’ (wie A, besch. S. auf der Rückseite; Präsentatverm.: Durch kayserlicher Mt. boten eingebracht am donerstag noch assumpcionis Marie [17.8.] anno etc. XVC octavo; Adressat: Kf. Joachim von Brandenburg). Berlin, GStA, I. HA, Repos. 11, Nr. 11245, unfol. (wie A, m. S.; Adressat: Bf. N. [= Dietrich] von Lebus). Duisburg, NRW LA, JB I, Nr. 200, fol. 10 (wie A; Adressat: Hg. Wilhelm von Jülich). Duisburg, NRW LA, Stift Werden, Akten XIa, Nr. 41, unfol. (wie A; Adressat: Abt N. [= Antonius] von Werden). Esslingen, StdA, F 283 RTA Worms 1509, unfol. (wie A). Frankfurt, ISG, RTA 24, fol. 11–11’, Nr. 4 (wie A; Präsentatverm.: Praesentatum per Hansen, Adam Lowers eidem von Menz, uf mentag nach Sixti [7.8.] anno XVCachten. Sagt, im habs ein ksl. bot zu Menz geben.). Hannover, HStA, Celle Br. 15, Nr. 46, fol. 11–11’ (wie A, Siegelspuren; Adressat: Hg. Heinrich d. M. von Braunschweig-Lüneburg). München, HStA, Gemeiners Nachlaß 27, [Fasz. 1508], unfol. (wie A, Siegelrest; Adressat: Kämmerer und Rat der Stadt Regensburg; präs. Regensburg, montags nach assumcionis Marie [21.8.]). München, HStA, Hst. Freising, K. blau 221/6, unfol. (wie A, Siegelrest; Adressat: Bf. Philipp von Freising. Präsentatverm.: Presentate in absencia r[everendissim]i in Haydelberg, 14. Augusti 1508.). Speyer, StdA, 1 A, Nr. 661e, fol. 1–1’ (wie A; Präsentatverm.: Freitag nach Steffani pape[4.8.]1508). Straßburg, AV, AA 329, fol. 2–2’ (wie A; Siegelrest; Adressat: Meister und Rat der Stadt Straßburg). Stuttgart, HStA, B 515 III, fol. 355–355’ (wie A, beschädigtes S.; Adressat: Abt N. [= Hartmann] von Weingarten). Wiesbaden, HStA, Abt. 131 Nassau-Usingen Akten, IV a, Nr. 21a (wie A, Siegelrest; Adressat: Gf. Johann Ludwig von Nassau-Saarbrücken; Präsentatverm.: Donnerstags nach decollacionis Johannis [31.8.]).1

Druck: Datt, Volumen, S. 571f., 574–576.

Kurzregest: Janssen, Reichscorrespondenz II, Nr. 942, S. 746.

[1.] WJr, Maximilian, von gottes gnaden Erwelter Roͤmischer kayser, zuͦ allen zeyten merer des Reichs, in Germanien, zuͦ Hungern, Dalmacien, Croacien etc. Künig, Ertzhertzog zuͦ Osterreich, Hertzog zuͦ Burgundi, zuͦ Brabant etc. vnd pfaltzgraue etc. Empieten adem hohgebornen Jorigen, herzogen zu Sachsen, landgrafen in Duringen und margrafen in Meyssen, unserm lieben oheim und fursten und ewigen gubernator der Friesland unser gnad und alles gut. Hohgeborner, lieber oheim und furst–a, Wir haben dirb und andern Stenden des heiligen Reichs hieuor zum tayl erzelt [Nr. 36], zusampt dem sunst meniglich wissen mag die gewaltig, hohmüetig widerwertigkait, anfechtung vnd jrrung, so vns vnd dem heiligen Reich von den Venedigern mit hilff vnd beystandt der Frantzosen, auch ainer anzal Aydgenossen, die jnen derselben zeyt zuͦgezogen, an vnsern fürnemen des Romtzugs zu erlangen kaiserlich croͤnung auff den abschidt zuͦ Costentz begegnet sein. Vnd des zuͦ merer vnderricht geben wir dir zu erkennen: Als wir vns soͤlchs Romtzugs vnderstanden, haben wir denselben dannocht dergestalt fürnemen woͤllen, das wir, auch Churfürsten, Fürsten, Grauen, Herren, die vom Adel vnd ander treffenlich leüt zuͦ Roß vnd fuͦeß, dero vil mit vnns gezogen, für vnser personen gesichert wern, jn bedacht, wo die Venediger vnd Frantzosen als vnser aller natürlich veind vnns vnd vnnser geselschaft vntrewlich gemaynt vnd begriffen, das sy dardurch alle teütsche nacion zuͦsampt Jtalien zuͦ jrem willen vnd gehorsam erlangen vnd dringen mügen hetten. Wiewol wir nu von den Venedigern, als wir gen Triendt kommen, souil getroͤst sein, wann sy vnsern ernst, die Kayserlich cron zu erlangen, [ge]sehen, das sy sich gepürlich gegen vns halten wollten: So haben sy vnns doch, alspald vnnser vnnd des Reichs kriegsuolck im antzug gen Triendt geweßt ist, all ir Clawsen vnnd pass gespert vnd vnns die, über das wir vnns gegen jnen erpotten, nit mer dann mit zwaytausent pferden vnd viertausenten zuͦ fuͦess sampt ainem streytgeschütz, als ungeferlich zwoͤlff schlangen, fridlich durchzuziehen, gewaltiglich vnd hochmüetigklich vorgehalten. Darauff wir bedacht haben, jre Clawsen zuͦ vmbgeen, die gepirg angetzogen, des willens, vnsern zug darüber zuͦ nemen; derselben auch etliche erlangt, die gepirgleüt gehuldigt, doch nit zuͦ vnnser ewigen gehorsam, sonder allayn in ayner gstalt, das wir vnd die vnsern zuͦ vnserm durchzug gegen jnen gesichert wern, mit vorbehalt den Venedigern alle ir gerechtigkeit. Das sy aber auch nit gedulden woͤllen, die vnsern an aynem ort des gepirgs, genant in kodober, mit heeres crafft überfallen2, darnach vnser erbliche Lannd an zwayen orten angegriffen vnd also ain gewaltigen krieg angefangen. Jn dem sich der Frantzosen hauptleüt mit ainer treffenlichen anzal zuͦ Ross vnd den obgedachten Aydgenossen zuͦ jnen gethan, damit sich ir macht, als vnser kundtschafft gelaut, von fünfftzig- biß in sechtzigtausent sold zuͦ besetzung irer Land vnnd zuͦ dem angriff überal geloffen hat.

[2.] Als wir nuͦn soͤlch der Venediger, Frantzosen vnnd irer helffer macht vnd anfechtung so mercklich vnnd groß vernomen vnnd dagegen vnnser vnd des Reichs kriegßvolck so in klayner anzal gesehen, haben wir vnns herauß von vnnserer Grafschafft Tirol gethan, der maynung vnd hoffnung, die stennd des heiligen Reichs vnd vnnsers loͤblichen pundts zuͦ Swaben zuͦ merer vnnd ernstlicher hilff zu bewegen. Daneben auch des gemüets, vnnsern lieben oͤheim vnnd Fürsten [Rudolf] von anhalt mit andern vnnsern dienstleüten, die wir bißher gegen vnserm Lannd von Gheldern ligen gehabt, abtzuͦnemen, doch die Ghelderischen nicht destmynder in ander weg zu besetzen vnd anzufechten, vnns darzuͦ mit merer hilff zu stercken vnd dem künig zuͦ Franckreich sein practica, so er gegen den Lendern vnd Stetten Lüttich, Vtricht vnd Trier, vnns vnd dem hailigen Reych zuͦ abpruch vnd nachteyl vnnd den Ghelderischen zuͦ sterckung vnd hilff fürgenomen het, zuͦ brechen vnd zuͦ wenden.

Aber über vil vnser hoh ansuͦchen vnd ermanen haben wir die Stend des reichs noch vnsers pundts zuͦ Swaben so pald nit auffpringen mügen, dann das jr ain tail soͤlch vnser ansuͦchen auff ainen gemaynen Reichs tag gewegert.3 Dess vnser grafschafft Tirol vnd andere vnser erbliche Land, an den veinden gelegen, bißher seer entgelten müessen.4 Welche vnsere Land wir doch anfengklich gegen der Venediger vnd Frantzosen, auch irer helffer anfechtung vnd irrung von des Reichs wegen in den krieg bewegt vnnd vermügt, die sich auch also nit allayn von irn wegen, sich vor den veinden zuͦ entschütten vnd zuͦ behalten, sonder auch für das Reich vnd teütsche nacion, die nach jnen vor überfall vnnd beschwerung zuͦ uerhüten, mit der gegenwer an leib vnd guͦt jrem vermügen nach tapffer vnnd Erlich angegriffen vnnd gemüet, wyewol soͤlch jr weer, müe vnd darlegen gegen den zwayerlay gewalten Venedig vnd Frantzosen mit jrn helffern, als wol abzuͦnemen ist, wenig erschiessen noch fürtragen mügen haben, dann das sy mitsampt vns in vnleidenlichen costen gefüert vnd gewachsen, vns auch etwevil güeter befestigung vnnd stück vnserer Land abgedrungen sein.

[3.] Wir hetten auch auff vnsern abschidt zuͦ Costentz vnsern vnd des Reichs fürnemen zuͦ guͦt den maysten tayl aller Fürsten vnd Comun in Jtalien durch vnser fleissig vbung vnnd handlung dermassen beworben, das wir vnns grosser irer hilff vnd fürderung an Leüten vnd gelt versehen vnd darauff so vil vnd mer als auff vnser vnd des Reichs macht, damit wir gefaßt geweßt sein, gehofft Vnd deßhalben zuͦ vnsern fürnemen des Romtzugs dest leichter vnd trostlicher gegriffen. Als sy aber gemerckt haben, vnns von dem Reich so mit klayner macht fürsehen, dartzuͦ in eyl, als not gewest wer, nyendert merer hilff zu erlangen vnd vnsere Land vnd leüt also allain in beschwerden verlassen5, auch die veind, so in grosser rüstigung vnd glück gegen jnen sein, alle menschen in Jtalien an vns geergert, die Roͤmer wider vnns gezogen, deßgleichen die Dalmacianer, die doch solchs vnbillich thuͦen, in ansehung, das all jr hail vnd auffenthalt gegen den Türcken auff aynem Roͤmischen kayser vnd den teütschen steet, Auch über das sy vnser als ayns künigs zuͦ hungern recht, natürlich vndersessen sein. Daneben sich doch die Krabaten eerlich vnd wol gehalten, das wir vnd das Reich jnen zuͦ eren vnd danck billich nit vergessen soͤllen. Damit vns gar nach nyemand in gantz Jtalien sein zuͦsagen vnd vertroͤsten gehalten. Soͤlchs alles vns den maysten schaden gethan hat, mer dann der Venediger geporn kriegßuolck, das ausserhalb der stat Venedig auch dem Reich verwandt ist; doch damit nit gemaynt, die in Venedig gesessen sein vnd on vnderlaß alayn jrer hoffart vnnd handtwerchen außwarten.

[4.] Auff das alles haben wir hieuor den Stenden des heiligen Reichs mit ertzelung mer des Reichs vnd teütscher nacion notturfft vnd sorgfeltigkait dann vnserer erbland obligen vnd beschwerung ainen eylenden Reichs tag auff sant Eustachius, den sechtzehenden tag Julii, yetzkünfftig gen Wormbs außgeschriben [Nr. 36], in hoffnung, hilff, Rat vnd trost bey jnen zu erlangen. Dess aber vnsere erbland vnd leüt aus stedter, gewaltiger kriegs übung der veind vnd jrer clainen macht nit erwarten noch den schweren, unseglichen costen vnd last, so sy lang gelitten, fürter ertragen mügen haben in sorgen merer verlursst [!] vnd abfal. Vnd wo sy gleich in jrer gegenwer verhart, das sy doch in die leng nit besteen, dardurch die veind mit jrm schwern gewalt weytern eyntzug vnd porten6 des heyligen Reichs vnnd teütscher nacion erlangen vnd gewynnen mügen hetten; wie hart sy nachmaln widerumb dauon zu treiben gewesst vnd was sorgen dem heiligen Reich vnd Teütscher nacion darauff gestanden wer, ist wol zuͦ ermessen.

[5.] Darumb dann not geweßt, vnserer fürnemen von des reichs wegen vnd der veind anfechtung vnd kriegs vbung halben Treügam oder ayn Bestandt eintzuͦgeen. Der auch gemacht vnd auff drew jar gestelt7, wiewol sich dannocht nit gantz darauff zuͦ uerlassen, sonder zu bedencken vnd auffzusehen ist, die gemelten walhen als vnser vnd des Reichs ewig veind, die vns teütschen alweg gott vnd vnser Eer, der wir vns gebrauchen, beuor geben vnd vndersteen vns dannocht mit jrem gold zu überlissten oder zuͦ uerraten, moͤchten den bestandt zuͦ jrem vortayl über kurtz oder lang prechen, wie von vil jarn her jr gewonheit wewesst [!] vnd noch ist.

[6.] Darauff nu vnser vnd des heiligen Reichs notturft, Eer vnd wolfart erfordert, zuͦ bedencken, zu erwegen vnd zuͦ entschliessen, was vns yetzo mitler zeyt des bestands zuͦ einer erlichen Rachtigung oder nach ausgang des bestands vnd, wo die veind den prechen würden, in zeyt desselben zuͦ weyterm krieg zuͦ handlen vnd fürzuͦnemen, wess sich auch in all weg gegen den veinden zuͦ uersehen vnd wie vnns allen einzuͦsehen sey, damit wir vnd Teütsche nacion nit so gewalt[i]gklich, hohmüetigklich vnd boͤßlich an vnsern eeren vnd wirden kayserlicher cron, die doch vnser vorfordern vor vil jaren mit schwerer not vnd müe Ritterlich vnd strenngklich erobert vnd bis auff dise vnser zeit loblich herbracht haben, gehindert, dauon getriben vnd zuͦletst derselben gar entsetzt werden, vnns allen vnd vnsern nachkommen zuͦ ewiger schmach, nachred, auch vnleydenlicher beschwerung, seruitut vnd trübsal.

Dann zu besorgen vnd sich gewiss zuͦ uersehen ist, wo die keyserlich cron (darvnder auch ytalien zuͦ uersteen) verloren, das darnach der krieg vnd parthey in tütsche nacion wachßen würd, wie bey zeyten weylendt vnsers Schwehers hertzog Karls von Burgundi durch den krieg vor Newss (als noch in menschen gedechtnüß ist) schier beschehen wer, welches Hertzog Karls macht doch nit den zehenden tayl geweßt, als die macht der Venediger, Frantzosen vnd aller walhen, auch aydgenossen vnserer widerparthey yetzo ist, die jnen das hailig Reich zuͦ incorporiern vndersteen; aus was vrsachen, sein on not hierynn weyter zuͦ melden. Wir haben soͤllichs vor offt wol auff syben Reichßtagen ertzelt, wiewol das layder nyemand zuͦ hertzen geen will.

[7.] Dieweil wir dann ermessen, das soͤlchs also notturftigklich vnd mit guͦtem Rat zuͦ bedencken vnd fürzuͦnemen ayner zeyt bedürffen, Deßhalben vns der vor angezaygt Reichßtag zuͦ kurtz fallen will, So erstrecken vnnd erlengern wir denselben Reichßtag, setzen vnnd bestymmen den von newem hiemit auff Allerheyligen, das ist der Erst tag des monats Nouembris, nechstkünfftig gen Wormbs an Reyn; und stellen den so lanng aus der vrsach, Mittler zeyt durch die vnnsern zuͦ erkunden, was vnserer veind maynung auff den sig, so sy diß jars gegen vnns vnd den vnsern gehabt haben, seyn Vnd wie sy weyter fürnemen werden, sonderlich gegen den, die vnnser parthey sein vnd vnnser kayserlich croͤnung jm hertzen gern gesehen hetten, Sich aber mit jrer hilff vor der veind grossen macht nit mercken lassen türren8; dann wir guͦet wissen haben, was nu vnser vnd des Reichs veind an dieselben vnserer parthey begern, das sy soͤlchs füran on widerred thuͦn werden müessen.

[8.] Dem allem nach Ermanen wir dich aus notturfften vnd obligen des Heiligen Reichs vnd teütscher nacion bey den pflichten, damit du vns vnd dem Reich verwandt bist, aus Roͤmischer kayserlicher macht ernstlich gepietend vnd woͤllen, das du soͤlch obangetzaygt des hailigen Reichs vnd Teütscher nacion obligen vnd notturfft getrewlich für dich nemest, aygentlich erwegest vnd betrachtest Vnd darauff wolbedacht vnd gefaßt selbs Persondlichc auf dem bestymbten Reichßtag Allerheilgen tag zuͦ Wormbs erscheynest vnd dich daran [durch] kainerlay aygen sachen jrren noch verhindern, sonder dir des heiligen Reichs vnd teütscher Nacion notturfften als den gemeynen nutz für das genoͤttigist getrewlich bevolhen sein lassest dvnnd also mit kayner vrsach dann alleyn aus vnuermügen von gotts gewalt aussen pleybest.9 Vnd ob du derselben vnd sunst kayner andern jrrung halben ye nit erscheynen moͤchtest, Alßdann yemand von deinen wegen schickest, darbey deins vnuermügens glauplich anzaygen thüest–d, Mit volkomner gewaltsam, mit vns oder, wo wir kriegß halben, darynn wir yetz mit den ghelderischen seyn, jm anfang nit erscheynen moͤchten, doch mit vnsern treffenlichen Reten vnnd andern Stenden vnnser vnd des heiligen Reichs vnnd Teütscher nacion notturfft vnnd obligen, darzuͦ künfftig sorgfaltigkeyt vnnd beschwerung vnd sonderlich, wie vnns zuͦ ayner Rachtigung oder weyterm krieg auff obangezeygt maynung zuͦ greyffen vnd fürzuͦnemen sey, zuͦ Ratschlagen, zuͦ hanndlen vnd on hinder sich pringen entlich zuͦ schliessen, Damit doch die kayserlich Cron mitsampt Jtalien darzuͦgehoͤrend erlangt vnd behalten vnd nit also schmechlich vnd weerloß verlassen. Wir auch (für das mynnßt) der stück vnd befestigungen, so vnns von des heiligen Reichs wegen entzogen seyn (geschwigen des mercklichen costen, den wir vnsers Camerguͦets mitsampt vnsern Erblanden datzwischen gelitten haben), von den veinden habhafft vnd ergoͤtzt vnd dieselben dem heiligen Reich vnd teütscher Nacion zuͦ merer behuͦt gegen vnsern veinden, Cristen vnd vnglaubigen, widerumb in vnnser gehorsam gepracht werden. Auch hierynn auff ander nit wegerest noch vertziehest, sonder dich so gehorsam, guͦtwillig vnnd fürderlich beweisest, damit wir all zuͦ gleichermassen ankumen, die handlung aynhellig anfahen vnd also loblich vnd getrewlich schliessen vnd volennden mügen. Darauff woͤllen wir vns verlassen. Vnnd du thuͦest daran zuͦsampt schuldiger pflicht vnnser ernnstliche maynung vnnd gefallen; dann du erscheynest also oder nit, nicht destmynder, was durch ander gegenwürtig Churfürsten, Fürsten vnnd Stennd gehandelt vnnd beschlossen wirdet, Sol durch dich vnd ander Abwesend zuͦ voltziehen vnd außzuͦrichten auch geholffen werden.

[9.] So nu vnnser fürnemen des Romzugs auff dißmal aus obberürten jrrungen vnnd vrsachen über vnsern getrewen fleyß, willen, auch darstrecken vnd verkümbern vnserer Land, Leyb vnd güeter ye nit vonstatt geen noch volzug haben mag, So seind wir willens, damit wir doch mitler zeyt des Bestands vnd bis auff den Reichßtag nit feyrn, vns vmb das landt Gheldern als des heilgen Reichs aygenthumbe vnd vnnser recht Erblehen anzuͦnemen, jn hoffnung, dasselb (als yetzo mer dann vor ye müglich geweßt ist) zuͦ erobern. Dardurch vnser Nyderburgundische land, die dann gegen den ghelderischen (nachdem sy der künig zuͦ Franckreich on vnderlaß mit hilff an leüten vnnd gelt vnderhelt) in steten kriegen, beschwerden vnd vncosten steen müssen, in ruͦe vnd frid zu setzen, auff das, ob vnnser vnnd des Reichs fürnemen auff berürtem Reichßtag nit zuͦ Rachtigung, sonder zuͦ weyterm krieg raichen würden, das alßdann vnser Niderburgundische lannd vnnsers beywesens geraten, dest rüewiger vnd fridlicher sitzen vnd vnns zuͦ vnsern vnd des Reichs fürnemen souil dest tapfferer hilff vnnd fürdrung thuͦn mügen. Als wir auch, wo sy des ghelderischen kriegs enthebt vnnd ledig, verhoffen vnd von jnen wol getroͤst seyn. Das alles wolten wir dir auch nit verhalten. Geben in vnnser vnd des heiligen Reichß statt Collene, am vierzehendenf tag des Monats Julii Anno domini etc. fünfftzehenhundert vnd jm achten, vnserer Reiche, des Roͤmischen jm drewundzwayntzigisten vnd des Hungerischen jm Newntzehenden jarn.

[10.] Als wir disen druck vertigen lassen, sein wir warlich bericht, das der künig von Franckreich den Basthart von Gheldern10 mit ainer grossen antzal Cronen Karln von Egmond, der sich nennet hertzog zuͦ Gheldern, zuͦ behelff geschickt hat, Damit nu derselb von Egmond vnd die Ghelderischen die Landßknecht, dero yetz nach dem Bestand des kriegs oben vil herabreysen, bestellen vnd an sich kauffen, zuͦsambt den, die vor daniden auff Holand kriegen vnd durch den hochgepornen Ruͦedolffen, Fürsten zuͦ Anhalt, Grauen zu Ascanien, vnsern lieben oͤheim, fürsten vnd Rat, behawrt11 vnd belegert sein, in hoffnung, Sy zuͦ gewinnen vnd zuͦ straffen. Dartzu schickt der künig von Franckreich Drey seiner oͤbristen Hauptleüt aus Franckreich herdißhalb des gepirgs mit vil tausenten zuͦ ross vnd fuͦess den Ghelderischen zuͦ hilff, Mit beuelch, vnnser vnd vnnserer iungen Enicklen Niderburgundische erblannd, nemlich die dem heiligen Reich vnd teütscher nacion auch verwandt sein, vnd sonderlich die Landtschafft, die jüngst der Frantzosen tausent pferd in dergleichen irn vnpillichen fürnemen geschlagen vnd nidergelegt haben12, anzuͦgreiffen, dieselben drey Frantzoͤsischen haubtleüt Sich auch yetzo besamblt haben vnd mit püxen, Laytern, wagen vnd anderm gezewg, so zum krieg dient, wider die gedachte vnnsere lannd vnd leüt offenpar rüssten. Darauff wir vnns mit vnnser person erheben vnnd ziehen bemeltem vnserm Fürsten von Anhalt vnnd vnsern Lannden vnd leüten zuͦ trost vnd hilf. Jtalia ist nu, wie du wissen magst. So steet es vmb oͤsterreich, wie du siechst. Yetz geet es an vnnser vnd vnserer Enicklen hawß Burgundi. Wellen du vnd ander Sich darab nit exempln13; was eüch daraus zuͦ gewarten vnd zuͦ sorgen ist, geben wir eüch zuͦ ermessen. Soͤlchs verkünden wir dir darumb, das du von dem tag zuͦ Wormbs nit aussen pleibest, Sunder denselben, zuͦ schetzen, als peremptorie14 suechest. Dann wir gedencken, wir mit allen den vnnsern, die aller teütschen Eer zuͦ retten vndersteen werden, derselben zeit in grossen beschwerden sein.

Anmerkungen

1
 Hasselblatt/Kaestner(Urkunden, Nr. 41, S. 35) weisen das an die Stadt Göttingen übergebene Exemplar nach. Das an die Ff. von Anhalt adressierte Ausschreiben (LHA Sachsen-Anhalt, Dessau, Z 4 I [Anhaltisches Gesamtarchiv, Alte Ordnung, Beziehungen zu Ks. und Reich], 96b, Nr. 5) ist verlorengegangen.
a
–a dem ... furst] Handschriftliche Einfügung. In B: den ersamen unsern und des Reichs lieben getreuen N., burgermaister und rat der stat Nuremberg, unser gnad und alles guet. Ersamen, lieben getreuen. In C: der erwirdigen unser und des Reichs furstin und liebe andechtige N., ebtissin des gotzhaus Nidermunster zu Regenspurg, unser gnad und alles gut. Erwirdige furstin, liebe andechtige.
b
 dir] In B: eüch. – Varianten bei der Anrede (Dir/Eüchetc.) und daraus resultierende grammatikalische Abweichungen werden in der Folge nicht mehr erfasst.
2
 Zur Niederlage der ksl. Truppen im Cadore im März 1508 vgl. Sanuto, Diarii VII, Sp. 347–352 (Bericht Bartolomeos d’Alviano vom 10.3.); Ulmann, Kaiser II, S. 344–346; Wolff, Beziehungen, S. 98–100; Skriwan, Kaiser, S. 71-73; Wiesflecker, Maximilian IV, S. 18f.
3
 Verweist auf die Verhandlungen mit den in Mainz versammelten Kff. und Ff. (Kap. I.1) sowie auf die Verhandlungen mit dem Schwäbischen Bund im April/Mai 1508 [Nrr. 2; 5; 10, Anm. 8].
4
 Zum Beitrag der österr. Erblande für den Romzug vgl. Heil, RTA-MR IX/2, S. 1189f. Anm. 2; Wolff, Beziehungen, S. 91f.; Pernthaller, Bestrebungen, S. 91f.; Schmid, König, S. 189–191; Skriwan, Kaiser, S. 19f.; Köfler, Land, S. 275f.
5
 Vgl. zu den vergeblichen Bemühungen Ks. Maximilians um Unterstützung in Italien Schmid, König, S. 191f.; Pernthaller, Bestrebungen, S. 93f.; Skriwan, Kaiser, S. 18f.
6
 = Einfallstore, Angriffsbasen.
7
 Dreijähriger Waffenstillstand von Arco bzw. St. Maria di Grazia, 6.6.1508 [Nachweise siehe Nr. 36, S. 174, Anm. 4].
8
 = dürfen, können (Fischer, Schwäbisches Wörterbuch II, Sp. 509f.).
c
 selbs Persondlich] In B: durch ewer Ratspotschafft.
d
–d vnnd ... thüest] Fehlt in B.
9
 Zumindest einige Reichsstände gingen davon aus, dass der Ks. auch diesen Termin nicht einhalten würde. So entschuldigten sich Kf. Ludwig von der Pfalz und Bf. Gabriel von Eichstätt noch vor der nächsten offiziellen Verschiebung auf den 21.2. [Nr. 50], wegen des RT nicht an den für den 22.–24.1.1509 angesetzten Trauerfeierlichkeiten für Hg. Albrecht von Bayern teilnehmen zu können (Czerny, Tod, S. 241).
e
 Collen] Handschriftliche Einfügung.
f
 vierzehenden] Handschriftliche Einfügung.
10
Gemeint ist Reiner, illegitimer Sohn Adolfs von Egmond, von 1502 bis 1522 Statthalter des Oberquartiers Geldern und seit 1507 geldrischer Rat. – Aufgrund einer Warnung des Kommandeurs von Béthune, Claude Bonnard, an Ehgin. Margarethe, wonach Kg. Ludwig von Frankreich bis zu 10 000 Gascogner (Gassecon)aus Italien nach Geldern entsandt hatte, befahl Ks. Maximilian am 16.7. der niederländischen Statthalterin die Einleitung von Gegenmaßnahmen (Bergh, Correspondance I, Nr. 44, S. 115f.; Struick, Gelre, S. 128). Vgl. Kalsbeek, Betrekkingen, S. 72.
11
= einschließen, belagern, schädigen (Anderson/Goebel/Reichmann, Frühneuhochdeutsches Wörterbuch III, Sp. 749f.).
12
Spielt auf die Niederlage der bereits auf dem Rückzug befindlichen frz. Hilfstruppen gegen ein Brabanter Aufgebot bei St. Hubert im Okt. 1507 an (Nijhoff, Gedenkwaardigheden VI/1, S. C; Duncker, Fürst, S. 41; Struick, Gelre, S. 120).
13
 = anderen ein (warnendes) Beispiel geben, (ein Vorbild) nachahmen (Lehmann/Stroux, Mittellateinisches Wörterbuch III, Sp. 1556f.).
14
 = unweigerlich, ohne Aufschub (Deutsches Rechtswörterbuch X, Sp. 601f.). Hier ist zugleich angedeutet, dass Säumigkeit als Ungehorsam angesehen würde (Anderson/Goebel/Reichmann, Frühneuhochdeutsches Wörterbuch III, Sp. 1401).