Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 9. Der Reichstag zu Konstanz 1507 bearbeitet von Dietmar Heil
[1.] Bezüglich des auf ksl. und kgl. Begnadungen beruhenden Rechts des Hst. Utrecht an der zugleich zur Diözese gehörenden Stadt Groningen ist an erster Stelle zu beachten, daß die Stadt in der Gft. Drente liegt, welche das Hst. bzw. die Bff. seit der Übereignung mit allen Rechten und Zugehörungen bis zum heutigen Tag unangefochten innehaben. 2. Darüber hinaus ist zu bedenken, daß das in der Gft. Drente gelegene Landgut Groningen und das Dorf mit allen damaligen und künftigen Zugehörungen der Utrechter Domkirche geschenkt wurden, wie dies aus der Urkunde Kg. Heinrichs III. von 10401 und aus deren mit dem Rat der Reichsfürsten, darunter Kf. Rudolf von Sachsen und Mgf. Wilhelm von Meißen, erfolgten Bestätigung durch Ks. Karl IV. hervorgeht.2 Auf dieser Rechtsgrundlage besaßen das Stift und die Bff. von Utrecht das Landgut und Dorf Groningen, das durch den Fleiß seiner Einwohner und glückliche Umstände zu der heutigen Stadt wurde. 3. Seit dieser Zeit huldigen die Einwohner Groningens den Bff. von Utrecht als ihren Fürsten und weltlichen Herren. 4. Die Einwohner der Stadt Groningen empfingen Bf. Friedrich bei seinem ersten Einzug in die Stadt und bei allen folgenden Gelegenheiten, wie seine Vorgänger auch, als ihren Herrn und akzeptierten die von ihm eingesetzten Richter. 5. Demnach waren und sind die auf den ksl. und kgl. Donationen beruhenden Rechte des Hochstifts an der Stadt uneingeschränkt und unbestritten. Selbst wenn der auf der Schenkung ruhende Rechtstitel unwirksam geworden wäre, so hätte doch das Hochstift die Stadt seit 500 Jahren mit allen Rechten und Zugehörungen in gutem Glauben inne, was seit Menschengedenken unangefochten blieb. 6. Falls Hg. Georg oder sein Vater Hg. Albrecht von Sachsen durch den röm. Kg. irgendeinen Rechtstitel auf die Stadt Groningen zum Nachteil Utrechts erlangt haben sollten, so wäre dieser schon deshalb nichtig, weil in dieser Sache weder Bf. Friedrich noch ein anderer Vertreter des Hochstifts angehört wurden, wie dies rechtlich vorgeschrieben ist.
[2.] Bf. Friedrich hat aufgrund der an ihn – nicht aufgrund einer Klage, sondern von Amts wegen – ausgegangenen Zitation seine dementsprechend bevollmächtigten Anwälte entsandt, um die Rechte Utrechts an der Stadt Groningen zu verteidigen. Die bfl. Vertreter erheben – gemäß der kgl. Zitation – Einrede und fordern, daß zuallererst der gewaltsam seiner Rechte beraubte Bf. uneingeschränkt wieder in den Besitz der Stadt eingesetzt werden muß. Danach ist er bereit, sich gegen jegliche Ansprüche Dritter vor dem zuständigen Richter zu verteidigen. Sie beantragen demnach im Namen des Bf., das Hauptverfahren erst nach dessen Restitution zu eröffnen.
[3.] Desweiteren fordern sie, nicht aufgrund einer Klage Hg. Georgs zu prozessieren, womit der Bf. aufgrund der ihm zugestellten kgl. Zitation nicht rechnen konnte. Der Streit mit Hg. Georg von Sachsen betrifft dessen Vorgehen in Friesland, von Groningen war nie die Rede. Dem Bf. war zu keinem Zeitpunkt bewußt, daß es den Hgg. von Sachsen darum ging, dem Hochstift und ihm Groningen wegzunehmen. Deren Vorgehen gegen die Stadt bezweckte nach seiner Überzeugung vielmehr, diese zur Preisgabe der Ommelande zu zwingen. Da der Bf. und das Hochstift in den Ommelanden keinerlei Rechte beanspruchen, wurde der dortige Widerstand gegen die Hgg. von Sachsen auch in keiner Weise unterstützt. Wenn der Bf. den Eindruck gewonnen hätte, daß die Belagerung Groningens darauf abzielte, ihm und seinem Stift die Stadt wegzunehmen, wäre es für ihn ein Leichtes gewesen, dieses Unternehmen zu unterbinden.
[4.] Abschließend beantragen sie, ihnen die Eingabe lateinischer Schriftstücke zu erlauben, da ihre Unterlagen und Instruktion in dieser Sprache verfaßt sind und es sich um eine kirchliche Angelegenheit handelt, die besser in Latein verhandelt wird – und nicht in einer Sprache, deren die Anwälte nicht mächtig sind. Es besteht sonst die Gefahr, daß ihnen im Verfahren Fehler unterlaufen, die nicht mehr zu korrigieren sind. Da die Gegenseite über genügend rechtsgelehrte Vertreter verfügt, stellt es für sie keinen Nachteil dar, wenn in lateinischer Sprache verhandelt wird oder lateinische Schriftsätze eingereicht werden.
In Konstanz am 27. Mai 1507 präsentiert.3
Dresden, HStA, Geheimer Rat, Loc. 8194/10, fol. 1–4’ (lat. Kop., Überschr.: Summaria et brevis informatio de et super jure, quod semper habuit ecclesia Traiectensis et pro tempore eius nomine reverendus pater et illustris dominus Federicus marchio Badensis eiusdem ecclesie episcopus in oppido de Gröningen habet.).