Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 9. Der Reichstag zu Konstanz 1507 bearbeitet von Dietmar Heil

[1.] Bestätigung der eidgenössischen Privilegien und Freiheiten im Gegenzug zur zugesagten Unterstützung des kgl. Romzuges; [2.] Einung der Eidgenossen mit Reichsoberhaupt und Reichsständen; [3.] gegenseitiger Verzicht auf Schutzverhältnisse mit den Untertanen des Vertragspartners und auf den ungenehmigten Erwerb größerer Güter in dessen Territorium; [4.] Regelung eines Austragsverfahrens zwischen den Eidgenossen und den übrigen Reichsuntertanen; [5.] Generalkonfirmation der eidgenössischen Privilegien und Freiheiten sowie Befreiung von der Reichsgerichtsbarkeit, vorbehaltlich der Reichsrechte an Basel und Mülhausen; [6.] Mandat an alle Reichsuntertanen zur Respektierung der eidgenössischen Privilegien.

s.l., s.d., jedoch Konstanz, wohl 25. Juni1 bzw. 8. August 15072.

Wien, HHStA, MEA RTA 3a, fol. 469–474’ (Kop., (2) Aufschrr.: Notel der kgl. frijheyt der Eydgenossen. – Hiernach volgt ein notel der kgl. freiheyt der Eydgenosschaft. Dorsalverm.: Fryheit der Eydgenossen.) = Textvorlage A. Wien, HHStA, Schweiz, Kart. 2, Fasz. 2, fol. 127–127’, 125–125’, 130–130’, 128, 127’, 126, 128’, 126 (Konz. mit ex.-Verm. J. Sachs) = B.3 Würzburg, StA, WRTA 5, fol. 36–38 (Kop.) = C.

[1.] /470/ Wir Maximilian etc. bekennen offenlich mit disem brief und tun kunt allermeniglich: aAlsb die ersamen unser und des Reichs lb. getreuen N., die Eidgnossen von ortern und lendern, als gelider und verwandten des H. Reichs ein anzal cder iren zu fuss auf unsern costen zu unserm romzug, die ksl. cron zu empfahen, und gegen den, so uns daran zu verhindern understunden, zuziehen und volgen ze lassen zugesagt und uns daneben angerufen und gebeten, das wir inen all und yeglich ir gnad, freyheit, privilegia, alt herkommen und gut gewonheit zu confirmieren und zu bestetten und sy darzu fur unser kgl. camer- und des Reichs hofgericht und alle land- und ander gericht zu freyen gnediglich geruchten.

[2.] Und wann nu dieselb Eidgnosschaft uns, dem Hl. Reich und teutscher nation in solhem romzug zu erlangung und handhabung dder ksl. cron, des Reichs oberkait und gerechtigkeit, auch der Deutschen eere nutzlichen und wol erschiessen mag, sich auch das zu tun willig erpeutet und insonderheit yetz ein eynung und verstentnus, auch /470’/ rechtlichen außtrag mit uns und edem Hl. Reich angenomen und beslossen, under anderm inhaltend, das sy uns und dem Hl. Reich nit widerwertig sein, noch yemands, der solhs zu tun understuende, weder hilf, beystand oder anhang beweisen, sonder demselben, wo das durch ir land oder leut zu tun furgenommen wurde, widersteen, uns auch auf unsern costen zu der ksl. cron getreulich verhelfen und das zwischen uns, dem Reich und desselben fundertanen und verwandten an einem und inen andern tailsg gute nachpaurschaft und gemainschaft mit getreuem handl und wandl, kauf und verkauf gebraucht werden, alles on besorg leibs und guts, wie das eins yeden tails und der seinen notdurft erfordert und darzu baid teil bey dem iren beleiben.

[3.] Ferrer, das hinfur kein partey der andern die seinen in burkrecht, schutz, scherm, eynung noch versprechen annemen, es were dann, das yemands hinder den andern mit seinem haußheblichen sitz ziehen wellt, den gerichten, darin ein yeder seins sitz halben von alter gehort hat, /471/ unverdingt, das auch yetweder partei, noch die iren kein sloß, stett oder herschaften under der andern partey mit kauf oder wechsel nit an sich bringen on der landschaft oder oberkeit, under der solhs gelegen ist, gunst und willen. Aber umb ander gueter, zinß, zehent, rent und gult mag ein yeder das sein verkaufen, verwechseln und damit handeln frey und unverhindert.

[4.] Und ob wir und das Hl. Reich, desselben undertanen und zugehorigen zu der Eidgnosschaft einem oder mer orten oder iren undertanen, zugehorigen und verwandten oder dieselben Eidgnossen gemeinlich oder sonderlich oder ir undertanen, zugehorigen und verwandten hinwiderumb zu uns und dem Reich oder desselben Reichs undertanen und zugehorigen spruch und vordrung hetten oder kunftiglich gewunnen, darumb die parteyen nit guetlich vertragen werden mochten, das der kleger den antwurter zu recht und außtrag erfordern soll auf den Bf. zu Costenz oder Basel, so ye zu zeiten sein, oder auf burgermaister und rat der statt Costenz; daselbs dann die angesprochen partey den klager auf sein ansuchen des /471’/ rechtens unverzogenlich statt tun und gehorsam erscheinen besonder zu stund und furderlich den angezaigten richter umb beladung der sach und tagsatzung bitten, also das klag, antwort, red und widerred und der rechtsatz innerhalb dreyer monat beschechen und das der antwurter, ob er darin seumig erscheinen wurde, bey sweren penen leibs und guts geweist werden etc. Und darzu, ob dieselb angesprochen partey solhs rechtens und außtrags ungehorsam erscheinen wurde, das dann der angenommen richter, er sey vom widertail gepeten oder nit, auf des gehorsamen tails anruefen procedieren, erkennen und außtreglich recht ergeen lassen. Doch das die spenn, antreffend erbfell, gelegne gueter und klein geltschulden, berechtent werden in den ordenlichen gerichten, darin die erbfell gefällen, die gueter gelegen und die schuldner gesessen sind. Und was an den obgemelten enden einem yeden zu recht erkennt und gesprochen wirdet, das dann baid tail allwegen gestracks dabey beleiben, dem leben und gnug tun, /472/ on ferrer waigern, ziehen und appelliern, auch on weiter furwort, außzug oder behelf. Und ob in den vorberurten ordenlichen gerichten yemands auf yetweder partey rechtlos gelassen wurde, das der an der vorbestimbten ende einem sein recht suchen mog, wie obsteet. Und das auch baid parteyen und all die iren sich solhes außtrags und rechten umb all sachen gegeneinander benuegen und sonst mit kainen andern frembden gerichten anfechten, bekumbern oder ersuchen. hUnd damit die yetzgemelten wilkurten richter zu beladnus solher spennigen hendl zu iren spruchen und urtailen dest freyer sein mogen, so sollen allwegen die spennigen parteyen am eingang der rechtfertigung sich gegen denselben richtern schriftlich verpinden, sy von solher spruch und handlung wegen, so sich deßhalben begibt, nit anzufechten, zu hassen, noch darin einichen schaden, unfug oder argen willen zuzemessen, alles inhalt der brief4, so wir daruber einander gegeben haben.

[5.] Das wir demnach der genannten Eydgnosschaft gegen solher ir zugesagten hilf, auch eynung, verstentnus /472’/ und rechtlichen außtrag, iund das sy sich bey uns und dem Hl. Reich halten und dem getreulich anhangen, all und yeglich ir gnad, freyheit, privilegia, alt herkommen und gut gewonheit confirmiert und besteet und inen darzu dise sonder gnad getan und freyheit gegeben haben, das sy in gemain noch sonderheit in kunftig zeit an das obberurt unser und des Reichs–a camer- oder hofgericht noch auch an einich land- oder ander gericht von nyemands, wer der oder umb was sachen das were, nyemand noch nichtz außgenommen, nit furgehaischen, geladen noch daselbs wider sy, ir leib, eer, hab oder gueter gericht, gehandelt, geurtailt noch procediert werden, sonder bey dem vorangezaigten außtrag beleiben und dawider nit angefochten noch beswert werden sollen, in dehein [= keiner] weise.

Confirmieren und bestetten inen auch die obgemelten ir gnad, freyheit, privilegia, alt herkummen und gut gewonheit. Tun und geben auch inen die yetzbestimbt sonder /473/ gnad und freyheit als regierender röm. Kg. wissentlich in craft diss briefs und mainen, setzen und wellen, das nu hinfur die vorgenannt Eidgnosschaft jgegen der obbestimbten irer zugesagten hilf, eynung, verstendnus und rechtlichen außtrag sich solher vorangezaigten irer gnad, freyheit, privilegia, alt herkommen und guter gewonheit kzu gleicher weise, als ob die von wort zu wort hierinne begriffen weren, auch der freyheit fur unser und des Reichs camer- und hofgericht und all ander land- und ander gericht gerulich gebrauchen, geniessen und genzlich dabei beleiben und dawider von nyemands gedrungen noch beswert werden sollen. Ob aber daruber gegen inen in gemain oder sonderheit ichts furgenommen, gericht, geurtailt oder gehandlt wurde, in was schein das bescheche, solle doch solhs craftlos und unpundig sein, das wir auch yetz alß dann und dann als yetz abtun und vernichten wissentlich in craft diss briefs, ldoch uns und dem Hl. Reich, unser oberkait und gerechtigkait der stet Basl und Mulhausen, wie dann dieselben stet, die in irer eynung, darein sy mit der Eydgenosschaft komen sein, selbs ausgenomen haben, hierin genzlich vorbehalten.

[6.] Und gebieten darauf allen und yeglichen Kff., Ff., gaistlichen und weltlichen, prelaten, Gff., freyen, Hh., ritter und knechten, auch unser /473’/ und des Reichs camerrichter, hofrichter, urtailsprecher, auch allen und jetlichen landrichtern, richtern, landvogten, schultheissen, burgermaistern, reten und sonst allen andern unsern und des Reichs undertanen und getreuen, in was wirdin, statts oder wesens die sein, ernstlich mit disem brief und wellen, das sy die genannt Eydgnosschaft, ir undertanen, zugehorigen und verwandten bey solher unser kgl. confirmation und bestettung, auch gegeben gnad und freyheit beleiben, sy der gerulich gebrauchen und geniessen lassen und sy dawider nit dringen noch besweren, noch des yemands anderm zu tun gestatten, in kein weiß, als lieb ainem yeden sey, unser und des Reichs swer ungnad und straf, und darzu ein peen, nemlich funfzig mark lotigs golds, zu vermeiden, die ein yeder, sooft er frevenlich hiewider tete, uns halbs in unser kgl. camer und den andern halben tail der genannten Eydgnosschaft samentlich oder sonderlich, welhe also belaidigt /474/ wurden, unableßlich zu bezalen verfallen sein, die auch nach unser und des Reichs ordnung eingezogenm werden sol. Mit urkund diss briefs besigelt mit unserm kgl. anhangenden insigl. Geben.n

Anmerkungen

1
 Gemäß Nr. 250 [Pkt. 1]. Ebenso Ibler, König, S. 58. Allerdings berichtete der Frankfurter Gesandte Johann Frosch bereits am 18.6. anscheinend über diesen kgl. Entwurf [Nr. 643, Pkt. 4]. Jedenfalls ist kein anderes Stück überliefert, das den Vorbehalt über die Reichsrechte an Basel und Mülhausen enthält.
2
 Laut nachträglich eingefügtem Datumvermerk in B [App. n]. Entweder ist diese Datumsangabe irrig – B fungierte eindeutig als Konzept für die in A wiedergegebene Fassung – oder, was wahrscheinlicher ist, die Urkunde wurde von Kg. Maximilian ungeachtet des Widerspruches der Stände [Nrr. 250f.] nach Ende des RT in Vorbereitung auf den eidgenössischen Tag in Zürich [vgl. Nr. 911, Pkt. 3] ausgefertigt.
3
 Das Konzept ist teils zusammengestückelt, teils in der falschen Reihenfolge abgelegt.
a
–a Als ... /472’/  ... Reichs] In B [fol. 127–127’] korrigiert aus: Als wir mit den ersamen unsern und des Reichs lb. getreuen, N., den ortern und lendern der Eidgenosschaft eynung und verstentnus, auch guetlich und rechtlich austreg von des Hl. Reichs und derselben Eidgenosschaft anstosser wegen aufgericht und gemacht und sy uns daneben under anderm angerufen und gepeten, dz wir inen all und yeglich ir gnad, freyheit, privilegy, alt herkumen und gut gewonheit zu confirmiren und zu besteten und sy darzu auf die berurten austreg fur unser kgl. camer- und hofgericht und all ander land- und ander gericht zu freyen genediglich geruchten. Des haben wir angesehen solch ir fleissig bete, auch die getreuen, nutzlichen dienste, der sy sich gegen uns und dem Hl. Reiche willig erpieten und darumb, auch auf die gedachten eynung, verstentnus und austreg mit wolbedachtem mut, zeytigem rat und rechter wissen der vorgenannten Eidgenosschaft all und yeglich ir gnad, freyheit, privilegia, alt herkumen und gut gewonheit zu gleicher weise, als ob die von wort zu wort hierin begriffen weren, confirmirt und bestet und inen darzu dise sonder gnad und freyheit getan und gegeben, also dz sy in gemain noch sonderheit in kunftig zeit an dz obberurt unser und des Reichs.
b
 Als] In B danach: uns.
c
–c der ... fuss] In B korrigiert aus: volks.
d
–d der ... cron] In B Einfügung am Rand.
e
–e dem ... Reich] In B korrigiert aus: des Hl. Reichs undertanen und verwandten, so an die stossen.
f
–f undertanen ... einem] In B korrigiert aus: verwandten.
g
 andern tails] In B Einfügung.
h
–h Und ... zuzemessen] In B Einfügung am Rand.
4
 Friede von Basel, 22.9.1499 (Druck: Eidgenössische Abschiede III/1, Anhang Nr. 35, hier S. 760f.).
i
–i und ... anhangen] In B Einfügung am Rand.
j
–j gegen ... außtrag] In B Einfügung am Rand.
k
–k zu ... weren] In B Einfügung am Rand.
l
–l doch ... vorbehalten] Einfügung am Rand. In B Einfügung am Rand: Wir behalten uns auch hierin nichts bevor dann dz, so zu handhabung unser und des Reich oberkait ausserhalb solher unser bestettung und gegeben freyheit die notdurft erfordert.
m
 eingezogen] In B danach gestrichen: und daran gemeine Eidgenosschaft nit verhindert.
n
 Geben] Datum fehlt. In B von anderer Hd. ergänzt: Datum Costenz, am 8. tag Augusti Ao. etc. septimo.