Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 11. Die Reichstage zu Augsburg 1510 und Trier/Köln 1512 bearbeitet von Reinhard Seyboth

Nr. 1384 Zyprian von Serntein (ksl. Kanzler) an Vinzenz Rogkner (ksl. Rat)

Bitte um Stellungnahme des Ks. zum Streitfall in Schwäbisch Hall.

Trier, 11. Juni 1512

Wien, HHStA, RK, Maximiliana 27 (alt 21a) 1512 Juni, fol. 37a, Konz.

Hat ihm vor etlichen Tagen der von Swebischen Hall sachen und wie die hie beratslagt worden sein, zugeschickt. Darauf ir mir noch kain antwurt geben. Nu verfolgen sy strenglich darnach. Darumb so wellet solchs ksl. Mt. zum furderlichisten furhalten und, sofer ir Mt. solhs zugibt, die brief darauf fertigen und zaichen lassen und mir sy herschicken, wann aber die ksl. Mt., das also ausgeen zu lassen, abslugen, alsdann mich des berichten, damit ich die parteyen abfertigen muge.1

Nr. 1385 Rothenburg ob der Tauber an Ks. Maximilian

Rothenburg ob der Tauber, 21. Juni 1512 (montags nach Viti)

Rothenburg o. d. Tauber, StadtA, B 219, fol. 58a u. b, Kop.

Im Konflikt zwischen den alten Geschlechtern in Schwäbisch Hall einerseits sowie dem dortigen Rat und der Gemeinde andererseits hat Rothenburg auf Bitten des Rates von Schwäbisch Hall zum 14. Juni (montags nach corporis Cristi) eine Gesandtschaft dorthin geschickt. Diese hat nach ihrer Heimkehr über merklichen jamer, aufrur, geprechen, widerwillen und unainikait, die sie daselbs in der handlung gesehen und gehort hat, berichtet. Hierüber ist Rothenburg angesichts der möglichen Turbulenzen, die für andere Städte daraus erwachsen könnten, äußerst beunruhigt. Hat sich deshalb und aufgrund einer entsprechenden Bitte Schwäbisch Halls entschlossen, den Ks. als Beschirmer der Gerechtigkeit zu bitten, dafür zu sorgen, daß die loblich und wolherkommen statt und commun Hall zum friden und ainigkait gebracht werde, auch furhin bey euer ksl. Mt. und dem hl. Reych behalten und gehandhabt werde.

Nr. 1386 Schwäbisch Hall an Überlingen

Bitte um Teilnahme an den Schiedsverhandlungen zur Beilegung des Konflikts in Schwäbisch Hall.

Schwäbisch Hall, 20. September 1512 (montags vigilia Matei apostoli et ewangeliste)

Karlsruhe, GLA, Abt. 225 Nr. 118, o. Fol., Orig. Pap. m. S.

Vermutlich hat Überlingen gehört von der irrung, so etlich unser unruigen bürger hie bei uns fürgenomen und erwegt, daraus uns, unser gemaind [und] gemainer unser stat nit wenig beschwerd erwachsen. Nun ist zu jetzigem reichstag zu Trier und Coln so vil bei röm. ksl. Mt. gehandelt, das sein Mt. etliche, so sich ye in die sach dringen wollen, derselben enteussert und andere ire comissari her zu uns verordent und deshalb tag nechstkomend Galli [16.10.12] benent hat. So aber die verhandlung dermossen geschaffen, das wir nicht liebers wolten, dan das sie bei vilen und treffenlichen stenden und sonderlich des hl. Reichs steten, zue den wir uns eren und guts und das inen solche verhandlung wider sei, versehen, mit rechtem grund der warhait offen und augenscheinlich auch den ksl. comissariis wol eingebildet werde (des auch zu Trier und Coln nit ganz gefeirt ist) und dan euer ersam weisheit derselben stet aine bei uns geacht, zu der wir uns hohen verstands und alles guten versehen, möge Überlingen bis zum 14. Oktober (nechstkomend dorstag vor Galli) eine Ratsgesandtschaft nach Schwäbisch Hall schicken, die zusammen mit anderen Städtevertretern helfen soll, die irrungen und gemainer unser stat als auch ains armen glids des hl. Reichs notturft [zu] bedenken und die warhait mit vernunften für[zu]bringen. Und fürnemlich, wo sie icht im handel merkt, das wir unsern bürgern zuwider für unersitzlich zusagen, das wollen wir so dankbar annemen, gutwilliglich abstellen und uns dermaß beweisen, das euer ersam weisheit und meniglich uns befinden kains andern gemüts, dan allain zu handeln das, so wir ksl. Mt., dem hl. Reich, auch uns, unser gemaind und unser stat schuldig. In dem will sich euer ersam weisheit erzaigen, als unser gut, vertrostlich hofnung stet. Bittet um Antwort durch den Boten.

Nr. 1387 Ks. Maximilian an Schwäbisch Hall

Köln, 3. Oktober 1512

Heidelberg, UB, Cod. Pal. germ. 492, fol. 52a-53b, Kop.

Hat zur Beilegung des Konflikts zwischen Bm. und Gemeinde von Schwäbisch Hall einerseits und den dortigen alten Geschlechtern andererseits eine Kommission eingesetzt, zudem Schwäbisch Hall in einem Abschied angewiesen, die Kommissare in die Stadt einzulassen und bis dahin nichts gegeneinander zu unternehmen. Hört nun zu seinem Befremden, daß Schwäbisch Hall gegen diese Entscheidung in mutwilliger Weise appelliert hat mit der Behauptung, die Kommission sei ohne sein (des Ks.) Wissen eingesetzt worden. Befiehlt demgemäß der Stadt unter Verweis auf ihren Ks. und Reich geleisteten Eid und unter Androhung des Entzugs aller vom Reich erlangten Gnaden, Freiheiten und Privilegien, ihre Appellation zurückzuziehen sowie der Kommission und besagtem Abschied Folge zu leisten, damit es nicht notwendig wird, gegen sie als Verachter von Ks. und Reich vorzugehen. Behält sich eine Bestrafung wegen Ungehorsams vor.

Anmerkungen

1
 Der 1510 entstandene und auch auf dem Augsburger Reichstag thematisierte Konflikt zwischen dem Adel und der Bürgerschaft von Schwäbisch Hall (vgl. Nr. 551 Anm. 1) setzte sich bis ins Jahr 1512 fort. Im Februar d. J. wurden in dieser Angelegenheit der Stättmeister Simon Berler und der Stadtschreiber zum Ks. nach Nürnberg entsandt. Später begaben sich beide in Begleitung mehrerer Mitglieder der Gemeinde, darunter der Haalmeister Hans Wezel, auf den Reichstag nach Trier und Köln, um erneut beim Ks. vorstellig zu werden. Auch der frühere Schwäbisch Haller Stättmeister Hermann Büschler, der seit 1510 dem Ks. lange Zeit nachgereist war, trat (wahrscheinlich in Köln) in ungewöhnlicher Aufmachung vor den Monarchen und übergab ihm eine Supplikation. Dieser nahm sie an und gab danach Weisung, Büschler zu verhören. Schließlich berief der Ks. eine Schiedskommission, bestehend aus Gf. Joachim von Oettingen, Abt Jobst von Roggenburg, Walter von Hürnheim sowie Vertretern der Rstt. Augsburg, Nürnberg, Rothenburg o. d. Tauber und Dinkelsbühl, die am 16. Oktober in Schwäbisch Hall eintraf. Am 29. Oktober hob sie den im Mai 1510 durch Dr. Matthäus Neithart konzipierten und durch den Ks. bestätigten Schiedsvertrag zugunsten der Adelspartei wieder auf. Vgl. Herolt, Cronica, S. 172-174; Wunder, Haller Ratsverstörung, S. 65f.; Ders., Bürgerschaft, S. 41; Ders., Haller Zwietracht, S. 36; Ders., Rudolf Nagel, S. 32-34; Lubich, Geschichte, S. 241f.