Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 10. Der Reichstag zu Worms 1509 bearbeitet von Dietmar Heil
Verhandlungen Winzers über rückständige Reichshilfen, die Veranschlagung Hg. Wolfgangs durch den Konstanzer Reichstag, ein Lehnsindult für Hg. Wilhelm und die weitere Ausübung des Blutbanns durch die bayerische Vormundschaftsregierung.
München, HStA, KÄA 1969, fol. 28–30’ (eigh. Or., sambstag vor oculi) = Textvorlage A. Ebd. fol. 38–39’ (Kop.)2.
Druck: Krenner, Landtagshandlungen XVII, S. 215–220.
Der Ks. gewährte ihm nach seiner Ankunft in Gent auf sein Drängen noch am gleichen Tag eine Audienz.3Bevor er mit seinem Vortrag beginnen konnte, erklärte der sehr ungehaltene Ks., dass die Vormünder ihm durch die Missachtung ihrer offenkundigen Zahlungsverpflichtung Kosten und Spott verursachen würden. Er habe mehrmals seine Räte zu ihnen geschickt4, was sonst bei keinem Fürsten im Reich notwendig gewesen sei. Erst danach konnte er selbst seine Anliegen in Anwesenheit Sernteins und Johann Renners vortragen. Der Ks. versprach, sich darüber zu bedenken und ihm dann eine Antwort zu geben. Er hat es auch nicht versäumt, die Regentschaftsregierung nach bestem Wissen gegen alle Nachreden zu verteidigen.
Serntein und Renner forderten bei den Verhandlungen über die Restanten die Zahlung von 10 000 fl. Im Gegenzug würde der Ks. sich gegenüber Hg. Wolfgang entgegenkommend zeigen, das Verfahren am Kammergericht kassieren und Hg. Wilhelm ein einjähriges Lehnsindult gewähren sowie die Genehmigung zur Ausübung des Blutbanns um den gleichen Zeitraum verlängern. Er erwiderte, dass er keine Weisung für eine Zahlung oder deren Zusage habe. Die beiden ksl. Räte erklärten die Verhandlungen daraufhin für gescheitert. Er konnte jedoch während einer Beizjagd mit dem Ks. sprechen und ihm die schwierige finanzielle Situation des jungen Hg. und seiner Vormünder auseinandersetzen. Bei hohem Schuldenstand würde für das anstehende Treffen Hg. Wilhelms mit dem Ks. Bargeld benötigt und müsste gegebenenfalls außerdem die vom bevorstehenden Wormser Reichstag bewilligte Reichshilfe bestritten werden. Der Ks. hat schließlich entschieden, dass ihm unverzüglich für die Auslösung der Ksin. benötigte 3000 fl.5in bar zu bezahlen seien und außerdem eine am 25. Juli (Jacobi)fällige Obligation über weitere 4000 fl. ausgestellt werden solle. Er hat den Ks. nachdrücklich gebeten, seine Entscheidung noch einmal zu überdenken; er könne und wolle dies nicht an die Regenten schreiben. Der Ks. hat ihn schließlich beschieden, die Regenten vorläufig über die Forderung von 3000 fl. zu informieren; über alles Weitere werde er ihm in den nächsten Tagen einen definitiven Bescheid geben. Er, Winzer, hofft, die Forderung auf 2000 fl. zu reduzieren.6Ein besseres Verhandlungsergebnis war nicht möglich. Hätte er vorab von den Verleumdungen gegen sie und von der Ungehaltenheit des Ks. gewusst, hätte er gebeten, ihm diese Mission zu erlassen und fähigere Gesandte zu schicken.
Er hat den Ks. auch um ein Lehnsindult und die Verlängerung des Blutbanns bis zum Ende der Vormundschaft gebeten. Die entsprechenden Urkunden7 werden ausgestellt.
Der Ks. will sich auf dem bevorstehenden Reichstag darum bemühen, dass der Reichsanschlag nur noch Hg. Wilhelm allein und in Höhe eines kfl. Anschlags auferlegt wird. Er, Winzer, wird um die Ausstellung der Urkunden und einer Quittung über sämtliche noch ausstehenden Reichssteuern nachsuchen.8Falls sie mit den Verhandlungsergebnissen nicht zufrieden sind, sollen sie ihn unverzüglich durch einen Boten darüber informieren. Andernfalls wird er so bald wie möglich zurückkehren. Sollten sie inzwischen zur Zahlung der 3000 fl. aufgefordert werden, empfiehlt er, seine Rückkehr abzuwarten, damit sie die Quittung und die übrigen Schriftstücke zuvor studieren können.
Der Ks. wird jetzt zum Reichstag ziehen. Er geht davon aus, dass er sich noch heute auf den Weg macht, in den nächsten acht Tagen wegen der vielen Angelegenheiten am Hof allerdings noch langsam reisen wird.